- Jetzt hören Sie halt einmal zu! Ich hab doch vorhin auch zugehört. Ich will auch nicht nur mit Zahlen operieren.
2008 - da muss ich jetzt genau hinschauen - waren 4,6 % aller Schüler im Ganztagsschulbetrieb. 2010 waren es bereits doppelt so viele, nämlich 10,5 % insgesamt. Natürlich haben wir da immer noch einen großen Nachholbedarf. Das habe ich eingangs schon gesagt.
(Günther Felbinger (FREIE WÄHLER): Das ist ja die Gesamtstatistik! Die gebundenen sind wieder anders!)
Denn das ist darauf zurückzuführen - das wurde vorhin schon angesprochen -, dass natürlich von der CSU-Vorgängerregierung die gesellschaftliche Realität verkannt wurde und stattdessen gesehen wurde: Ist das eine Vereinbarkeit von Familie und Beruf? Reicht ein bisschen Betreuung oder, wie es immer so schön hieß: Halbtagsschule mit Mittagessen und Trallala. Wir sehen natürlich auch den pädagogischen Mehrwert und wollen den in der Qualität wiederfinden.
Ich wiederhole die Zahlen: Die Schülerquote wurde von 2002 bis 2008 gerade mal von 2,3 auf 4,6 % gebracht. Andere Bundesländer, das wissen wir - ich nenne Niedersachsen -, sind im gleichen Zeitraum von 6,2 auf 21,4 % gekommen. Die Ausgangslage, die wir in Bayern vorfanden, war bei 4,3 % aller Schüler, die eine gebundene Ganztagsschule besuchten, und weiteren 6,2 %, die eine offene Ganztagsschule besuchen. Diese Schülerquoten wurden allein im aktuellen Schuljahr - denn wir legen großen Wert auf den zügigen Ausbau - im gebundenen Bereich um 22,4 % gesteigert. Das ist ein Wort - oder?
(Günther Felbinger (FREIE WÄHLER): Aber Sie haben wieder nur die Angebote aufgeführt und nicht die einzelnen Schüler! Das ist ein Deckmäntelchen!)
Wir wollen es niemandem überstülpen. Wir überlassen es der Schulfamilie, der Kommune und den Schulen vor Ort, dort, wo es gewünscht wird, wo die baulichen Voraussetzungen gegeben sind und wo ein pädagogisches Konzept vorliegt. Da werden derzeit alle Anträge mit einem pädagogischen Konzept, die uns vorliegen, genehmigt.
Deshalb wollen wir unbedingt nicht nur auf die Quantität schauen, sondern auf die Qualität. Das fordern Sie ja.
Uns geht es nicht nur um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, sondern auch - und dazu habe ich einen ganztägigen Kongress gemacht, wo die StEG-Studie eindrucksvoll vorgestellt wurde - darum, die Qualität zu sichern. Es ist entscheidend, dass die Ganztagsschule, vor allem die gebundene Ganztagsschule, einen pädagogischen Mehrwert für alle Kinder bringt, im Übrigen unabhängig von ihrer Herkunft.
Was die Forderung nach den 19 Lehrerwochenstunden anbelangt, stehen wir - das muss ich auch einmal deutlich sagen - mit zwölf Lehrerwochenstunden und 6.000 Euro im bundesweiten Vergleich wirklich gut da. Aber das kostet.
In Baden-Württemberg, das gerade erwähnt wurde, werden sechs Lehrerstunden zur Verfügung gestellt, in Hamburg neun bis zehn.
Ich gebe Ihnen recht, was die Grundschule betrifft. Vor allen Dingen die Jahrgangsstufen 1 und 2 bräuchten aufgrund der Stundentafel durchaus mehr Lehrerstunden.
(Günther Felbinger (FREIE WÄHLER): Also dann: umsetzen! Da müssten Sie unserem Antrag ja zustimmen!)
- Alles sukzessive. Momentan ist es für uns wichtig, den Aufwuchs von gebundenen Ganztagsklassen an Realschulen und Gymnasien voranzubringen. Darauf legen wir großen Wert, damit das nicht stagniert. Damit haben wir ja erst in diesem Schuljahr begonnen, das kann noch gar nicht in der Statistik sein.
Ich sage Ihnen: Auch wenn wir alle wissen, dass Investitionen in Bildung und Bildungseinrichtungen sicherlich die besten Zukunftsinvestitionen und notwendig sind, müssen wir auch auf die Finanzierbarkeit dieser Projekte schauen. Das diskutieren wir in unserer Partei schon länger, schon bevor wir in den Landtag kamen. Jedes Kind sollte ein Recht haben, eine gebundene Ganztagsschule zu besuchen. Aber wir müssen an die Kosten denken und an diejenigen, die diese stemmen müssen.
Ihr Essener Bildungsforscher Klaus Klemm, den Sie oft und gern zitieren, hat das berechnet. Danach wären jährlich 1,7 Milliarden Euro für eine flächendeckende Versorgung mit gebundenen und offenen Ganztagsschulen notwendig. Wenn wir das alles sofort, sofort, sofort machen wollen, frage ich Sie, woher das Geld kommen soll. Wir müssen genau abfragen: Ist es gewünscht? Ist die bauliche Voraussetzung gegeben? Dann können wir sukzessive vorangehen,
aber wir können nicht hier und jetzt beschließen: Wir machen das, und alle müssen mitmachen dort, wo es gewünscht ist.
Weil es so kostenintensiv ist, meine Damen und Herren, fordert die FDP-Fraktion im Bayerischen Landtag, aber auch im Bund, um diese Herausforderung bestehen zu können, die Beteiligung des Bundes an den Kosten, die Verpflichtung von Bund, Ländern und Kommunen, wenn es um den Ausbau von Bildungsstätten geht.
Deshalb sage ich: Das unsägliche Kooperationsverbot, das 2006 durch die Große Koalition ins Grundgesetz geschrieben wurde, muss wieder aufgehoben werden. Vorhin wurde es schon erwähnt: Dank der IZBB-Mittel konnten damals viele Kommunen Schulen ausbauen, um auf die Ganztagsschule vorzubereiten. Deshalb sollten wir alles tun, um die projektbezogene Förderung für die Länder, also auch für Bayern, für die baulichen Veränderungen, für den Ausbau von Ganztagsschulen zu erreichen, übrigens zum Beispiel auch für Inklusion.
Auch den Antrag der FREIEN WÄHLER lehnen wir ab. Sie sollten sich einmal die KMK-Vereinbarung anschauen. Darin steht nämlich, dass an vier Tagen Ganztagsschule sein soll und nicht länger.
Frau Kollegin Will, Sie haben das Kooperationsverbot angesprochen. Wir können uns daran erinnern, dass bei den Ganztagsschulen wirklich etwas passiert ist, als das rot-grüne IZBB-Programm auf den Weg gebracht wurde.
Nachdem Sie das angesprochen haben, frage ich Sie: Würden Sie einem Antrag von uns zustimmen, der die Staatsregierung auffordert, das Kooperationsverbot wieder aufzuheben, wenn wir einen solchen Antrag im Landtag stellen?
Das müssen wir natürlich in der Fraktion besprechen. Wir sind in einer Koalition, wie bekannt ist. Ich persönlich würde dem sofort zustimmen. Ich habe auch den Antrag in der Fraktion eingebracht, dass wir das als Positionspapier beschließen. Das ist einstimmig bei uns beschlossen worden, das Gleiche ist in der Bundestagsfraktion passiert. Wenn die Regierung dazu aufgefordert wird, müssen wir unseren Koalitionspartner dazu noch befragen.
Frau Kollegin Will, Sie haben die KMK-Vereinbarung angesprochen: vier Tage in der Woche. Das heißt aber nicht, dass man es nicht trotzdem erweitern kann; denn wir reden ja über Qualität, und Sie haben vorhin auch betont, dass qualitativ ausgebaut und weiter verbessert werden soll.
Dann habe ich noch die Frage: Was empfiehlt denn die FDP-Fraktion den Eltern zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf in den Ferien?
Ich komme zur KMK. Wir wollen von qualitätvoller Ausrichtung sprechen. Die gebundenen Ganztagsschulen versprechen wesentlich mehr Qualität als die offenen.
- Nein, weil feststeht, dass die Stundentafel eingehalten wird, dass die Rhythmisierung eingehalten wird und dass es Anspannungs- und Entspannungsphasen gibt.
- Das ist die Schule, die das, wenn sie es macht, dann auch wirklich einhalten muss. - Nun gut, wir wollen das nicht vertiefen. Das ist so. Die KMK-Vereinbarung lautet, Schulen vier Tage in der Woche zu empfehlen. Alles, was darüber hinausgeht, wird im Moment kritisiert und mit dem Hortbetrieb vermischt. Mit den entsprechenden Kommunen wäre zu vereinbaren, ob ein Hortbetrieb zusätzlich installiert wird oder nicht.
(Beifall bei der FDP und des Abgeordneten Ale- xander König (CSU) - Günther Felbinger (FREIE WÄHLER): Und in den Ferien?)
Sehr geehrter Herr Präsident, Hohes Haus! Die Versorgung mit Ganztagsangeboten bester Qualität hat in Bayern höchste Priorität. Die Bertelsmann-Studie stellt fest, dass Bayern unter den Ländern mit die höchste Dynamik beim Ausbau von Ganztagsangeboten aufweist. Wir können auch feststellen, dass wir nach einer IHK-Studie im Bereich der Grundschulen einen Versorgungsgrad von etwa 90 % erreichen. Die Koalition investiert massiv in den Ausbau von Ganztagsangeboten. Jeder Antrag, der gestellt wird und den Genehmigungsbedingungen im Bereich der gebundenen oder offenen Ganztagsschule entspricht, wird genehmigt. Ich darf nur darauf verweisen, dass sich zum Beispiel die Münchner Bürgermeisterin, Frau Kollegin Strobl, heute früh ausdrücklich beim Freistaat Bayern genau für diese Genehmigung jedes Antrags, der gestellt wird und genehmigungsfähig ist, bedankt hat. Auf der anderen Seite hat zum Beispiel die Landeshauptstadt München - was durchaus notwendig ist, wenn vorhandene Raumprogramme verändert werden müssen - von der Möglichkeit, Baumaßnahmen für Ganztagsschulen mit einem um 15 % über den Ansätzen des FAG liegenden durchschnittlichen Fördersatz auf den Weg zu bringen, im Jahr 2011 mit keinem einzigen Antrag Gebrauch gemacht.