Protocol of the Session on June 14, 2012

Offene Ganztagsschule: 1.286 Schulen, 3.386 Gruppen, 75.000 Schüler und Finanzmittel in Höhe von 76 Millionen Euro.

Verlängerte Mittagsbetreuung: 5.503 Gruppen, 88.000 Schüler, Finanzmittel in Höhe von rund 30 Millionen Euro. Zusammengerechnet macht das rund 120 Millionen Euro. Ich denke, Sie haben mitgerechnet.

Alle - ich betone alle - beantragten und genehmigungsfähigen Ganztagsangebote - das ist das Entscheidende - wurden genehmigt. Und sie werden auch in Zukunft genehmigt.

(Alexander König (CSU): Hervorragend!)

Wir lehnen eine verpflichtende Ganztagsschule, wie sie im Antrag gefordert ist, ab. Wir wollen die Wahlfreiheit der Eltern. Das ist für uns ein wesentliches Element, und es ist unser oberstes Ziel, das aufrechtzuerhalten.

(Alexander König (CSU): Sehr richtig!)

Den Rechtsanspruch auf eine gebundene Ganztagsschule lehnen wir ab, weil er in der Praxis nicht umzusetzen ist.

Wir wollen die kleinen Grundschulen in den Dörfern erhalten.

(Zuruf der Abgeordneten Maria Noichl (SPD))

- Hören Sie doch einmal zu, Frau Noichl. Sie wissen doch gar nicht, von was Sie hier reden. Ein Beispiel: 21 Schüler sind in einer Klasse einer einzügigen Schule. 15 wollen in die gebundene Ganztagsschule. Was machen wir dann mit den anderen sechs? Da

müssten wir sozusagen die kleinen Grundschulen auflösen und eine Zusammenlegung hin zur Zweizügigkeit vollziehen.

(Anhaltende Zurufe von der SPD)

So könnte die Umsetzung eventuell aussehen.

Mit den 12 Lehrerwochenstunden in Verbindung mit anderen Angeboten kann aus meiner Sicht ein hochwertiges pädagogisches Angebot vorgehalten werden. Die 19 Lehrerstunden, die es einmal gab, stammen aus der Zeit, als diese Ganztagsmodelle eingeführt wurden. Im Übrigen wird natürlich da reagiert, wo es notwendig ist. Ich denke an den Integrationszuschlag, weil dort ein besonderer Bedarf besteht.

Wir wollen und wir schaffen Gerechtigkeit. Dazu ist die Ganztagsschule aber nur ein Instrument. Als wesentliches Element kommt die individuelle Förderung hinzu, die wir weiter ausbauen werden. Wir sind da schon relativ weit und werden es schaffen, noch viel weiter zu gehen. Ein wesentliches Element der Gerechtigkeit ist auch die Durchlässigkeit unseres differenzierten Bildungssystems.

Wenn Sie schon die Studie der Bertelsmann-Stiftung zitieren, möchte ich Ihnen auch den Lernatlas dieser Stiftung ans Herz legen. Da wird recht deutlich aufgezeigt, dass in Bayern beste Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Bildung herrschen. Das wissen und schätzen alle an der Schule Beteiligten: alle Schülerinnen und Schüler, alle Lehrerinnen und Lehrer und vor allen Dingen auch die Eltern.

(Zuruf von der CSU: Bravo! - Beifall bei der CSU)

Auf die Leistungen unseres bayerischen Bildungssystems können wir zu Recht stolz sein.

(Alexander König (CSU): Sehr richtig! - Beifall bei der CSU)

Danke, Herr Kollege. Herr Gehring, wenn Sie möchten, sind Sie dran. Als nächste Rednerin folgt dann die Kollegin Will. Bitte sehr, Kollege Gehring.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die CSU-Landtagsfraktion, insbesondere deren Bildungspolitiker, demonstrieren durch ihre Abwesenheit den Grad ihrer Verantwortung für die Ganztagsschulen, eine Verantwortung, die auch von dieser Staatsregierung nicht wahrgenommen wird.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Kollege Taubeneder, Sie sagten, Sie seien als CSUler nicht von vorgestern; Sie machten jetzt auch in Bayern Ganztagsschule. Das stimmt schon; allerdings habe ich bei manchen Ihrer Äußerungen durchaus den Eindruck, es ist CSU-Folklore dabei, vor allem dann, wenn suggeriert wird, die guten Eltern ließen ihre Kinder zu Hause, ließen, die schlechten Eltern würden ihre Kinder aber in die Ganztagsschule schicken.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das ist eine Politik von gestern, es ist Ihre Politik der letzen Jahre, die Bayern auf den letzten Platz beim Ausbau der Ganztagsschulen brachte.

Man muss leider sagen, Frau Kollegin Will, auch Schwarz-Gelb hat es in den vergangenen dreieinhalb Jahren nicht geschafft, sich von dieser Politik von gestern zu lösen. Bayern verharrt nach wie vor auf dem letzten Platz beim Ausbau der Ganztagsschulen.

Ich will da mal ein bisschen nachrechnen. Wenn Sie mit Ihrem jetzigen Ausbautempo so weitermachen, werden im Jahre 2020 in Bayern immer noch weniger als zehn Prozent der Schülerinnen und Schüler in gebundene Ganztageszüge gehen. Sie haben damit im Jahre 2020 immer noch den letzten Platz inne. Und ich sage Ihnen, mit diesem Tempo werden Sie auch im Jahre 2030 noch auf dem letzten Platz sein.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Baden-Württemberg war bisher schon besser und wird jetzt noch viel besser, als es Bayern je sein wird, solange es in Bayern keinen Regierungswechsel gibt. Uns geht es um Qualität und Gerechtigkeit, und genau darum geht es auch beim Ausbau der Ganztagsschulen. Darüber hinaus geht es auch um das Thema gerechte Finanzierung und gerechte Lastenverteilung zwischen Land, Kommunen und Eltern.

Kollege Taubeneder, Sie haben gerade die kleinen Grundschulen angesprochen. Ich weiß nicht, wer von Ihnen alles im Gemeinderat ist. Aber in unserem Gemeinderat hatten wir kürzlich eine Diskussion um die Mittagsbetreuung an den Grundschulen. Ich sage Ihnen: Das ist eine Diskussion zum Mäusemelken. Da haben wir eine Extrafinanzierung bei der Mittagsbetreuung. Dann kommen eine erweiterte Mittagsbetreuung und eine erweiterte Mittagsbetreuung mit Zuschlag hinzu. Gleichzeitig muss man praktisch ein gutes Ganztagsangebot zusammenbauen, das heißt, die Kommune muss zahlen, die Eltern müssen zahlen, und die Qualität leidet trotzdem.

Wenn Sie nun meinen, Sie könnten nicht überall gebundene Ganztagszüge an Grundschulen einführen,

dann schaffen Sie wenigstens gleiche Bedingungen an den Grund- und den Hauptschulen und machen Sie so etwas wie offene Ganztagsangebote. An der Hauptschule gibt es nämlich für eine Gruppe 24.000 Euro vom Land, an der Grundschule sind es nur 7.000 Euro. Diese Diskrepanz versteht kein Mensch.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie ist auch durch nichts zu begründen. Unser Ziel muss es sein, die gebundenen Ganztagsangebote auszubauen; denn dort ist die beste pädagogische Arbeit und Qualität möglich. Das muss allerdings dann auch entsprechend finanziert werden.

In Bayern besteht da bis heute eine unzureichende Situation. Es gibt zwölf Stunden zusätzlich für eine gebundene Ganztagesklasse. Und nun rechnen wir einmal. Wir haben in der Grundschule in der ersten Klasse 23 Stunden. Nehmen Sie 23 plus 12 : 6, dann stellen Sie fest, dass Sie gerade den halben Tag voll kriegen. Damit bekommen wir mit diesem Stundenangebot keinen ganzen Tag ausgefüllt.

Deswegen gibt es auch viel Zurückhaltung bei den Anträgen; denn alle Schulleiter wissen, dass man Harakiri betreibt, wenn man eine solche gebundene Ganztagsklasse beantragt. Ich verlagere die Arbeit auf die Lehrkräfte; sie müssen Zusatzarbeit erbringen. Man muss irgendwo anders Stunden "herausschwitzen", und in vielen Fällen muss die Kommune noch mit zusätzlichen Mitteln einsteigen. Das ist kein gutes Angebot. Deswegen ist diese Forderung von 19 Stunden absolut notwendig und wird von uns unterstützt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir müssen mehr auf die Qualität der Ganztagsangebote achten und nicht nur auf die Quantität. Denn die Ganztagsschule lebt von der Akzeptanz, und Akzeptanz gibt es nur bei Qualität. Deswegen müssen die Schulleitungen entlastet werden, und deswegen ist es auch wichtig, was die FREIEN WÄHLER beantragt haben, nämlich die Ganztagsangebote so auszuweiten, dass sie der Vereinbarung von Familie und Beruf gerecht werden.

Wir brauchen eine stärkere Vernetzung mit den anderen Angeboten. Es reicht nicht, vom Kultusministerium Berichte zu bekommen, dass es einzelne Modelle gibt. Das alles muss flächendeckend in guter und vernünftiger Weise geregelt werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn man vor Ort mit den Menschen redet, gerade auch über die Finan

zierungsmöglichkeiten von Ganztagsschulen, versteht niemand, wie solche Bedingungen vom Land auf die Kommunen und die Schulen runtergedrückt werden. Ich habe bei mehreren Terminen Kollegen von der CSU erlebt, die sich wunderten, wie man eine solche Ganztagsfinanzierung machen kann. Wer macht so etwas? Wer so etwas macht, den kann man das nächste Mal nicht mehr wählen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank Herr Kollege. Nächste Rednerin ist die Kollegin Will. Im Anschluss daran hat Herr Staatsminister Spaenle das Wort. Bitte sehr, Frau Will.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Es sind schon viele Zahlen gebracht worden, es wurde darüber geredet, was alles nicht passiert, und es wurden Statistiken und Studien herangezogen. Ich sage einfach: Es ist unbestritten, dass die Zahlen über die Ganztagsbetreuung in gebundener Form alles andere als zufriedenstellend sind. Es wäre scheinheilig von mir, hier zu sagen, ich wäre mit dem Stand der Dinge zufrieden. Ich bin durchaus nicht damit zufrieden. Dafür brauche ich, ehrlich gesagt, keine BertelsmannStudie, aus der man dann populistisch einen Antrag macht, weil wir gerade wieder neue Erkenntnisse haben. Wir sind kontinuierlich daran, das zu ändern. Wir wissen um die Zahlen, und wir wissen um die Situation.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP - Harald Güller (SPD): Ihr CSU-Kollege hat vorhin vor Selbstzufriedenheit gestrotzt! Dann müssen Sie aber etwas ändern!)

Aber wir sind eben nicht bei "Wünsch Dir was" und können nicht über Nacht die Quote um 100 % erhöhen.

(Harald Güller (SPD): Ihr CSU-Kollege hat doch gerade gesagt, dass er nichts ändern will! Das ist das Problem!)

Der Unterschied zu Ihnen ist einfach, dass wir in der Verantwortung stehen und genau hinschauen müssen: Was ist finanzierbar? Das müssen wir auch in Relation sehen zu den Zahlen, die wir 2008 vorgefunden haben. Wir sind 2008 in die Regierungskoalition gestartet und können nicht nur auf die absoluten Zahlen schielen.

(Harald Güller (SPD): Wenn Sie es nicht allein können, machen Sie doch mit uns Anträge! Wir sind dazu bereit!)

- Jetzt hören Sie halt einmal zu! Ich hab doch vorhin auch zugehört. Ich will auch nicht nur mit Zahlen operieren.