Dem vielleicht verlockenden Angebot des Bayerischen Staatsministeriums, die Regelungen des Bayerischen EUG seien eher eine Privilegierung der bayerischen Schülerzeitungen, weil deren Redakteure letztendlich keine Verantwortung für die Druckwerke übernommen müssten, möchte ich nicht erliegen, denn dies wäre weder von mir noch von der SPDFraktion erwünscht. Die Erziehung von Schülerinnen und Schülern zu verantwortungsbewussten Menschen bedingt unter anderem, dass sie rechtzeitig mit den Rechten und Pflichten des Grundgesetzes und insbesondere mit der Presse- und Meinungsfreiheit konfrontiert und vertraut gemacht werden.
Dazu gehört auch eine faire Berichterstattung und die presserechtliche Verantwortung. Verantwortungsbe
wusstsein lernt man nur durch die Übertragung von Verantwortung. Die Grundsätze der Demokratie können sehr gut vermittelt werden, wenn sie bereits in der Schule angewandt werden. Schülerzeitungen sind hierzu ein geeignetes Übungsinstrument.
Wir glauben, dass die Schranken und die Verantwortlichkeiten der Herausgabe einer Schülerzeitung im Bayerischen Pressegesetz ausreichend geregelt sind. Den Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule sehen wir durch die bewusste Übertragung von Verantwortung auf Schülerinnen und Schüler eher gefördert als geschwächt. Ihm wird durch die Einbindung der Schülerzeitung in das pädagogische Konzept der Schule Rechnung getragen. Die seit Jahren von Schülerinnen und Schülern sowie von Jugendpresseverbänden erhobenen Forderung nach Anerkennung der Schülerzeitungen als Druckwerke im Sinne des Presserechts sind unserer Meinung nach begründet und bedürfen somit einer entsprechenden Regelung im EUG. Dieser Entwurf liegt Ihnen vor.
Ich hoffe, dass auch die Kolleginnen und Kollegen der CSU-Fraktion auf der Basis der rechtlichen Rahmenbedingungen und Konkretisierungen dem Wunsch nach selbstständigen und selbstverantwortlichen Schülerinnen und Schülern Rechnung tragen und dem Ende der Zensur von Schülerzeitungen zustimmen werden, um mir damit auch die Freude machen, dass aus meiner Jungfernrede zu einem Gesetzentwurf der Impuls für eine neue sinnvolle Regelung der Presse- und Meinungsfreiheit entstanden ist.
Das Wort hat für die CSU-Fraktion Herr Kollege Dr. Spaenle. Sie haben fünf Minuten, Herr Kollege Dr. Spaenle.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, Hohes Haus! Das Thema der so genannten Zensur von Schülerzeitungen befasst dieses Haus, so glaube ich, seit über 30 Jahren. Ich selber bin im zehnten Jahr mit dem fünften Versuch befasst, mit diesem Thema der Bayerischen Staatsregierung und der bayerischen Kulturpolitik unlautere Motive zu unterstellen. Wir haben immer die bewährten Diskussionsmuster: auf der einen Seite der Maulkorb und die silberne Zitrone der Jungen Presse Bayern, das Unterbinden eines demokratischen Bewusstseins in unserer Schülerschaft und auf der anderen Seite die lichten Höhen des Presserechts.
Ich darf auch auf die ursprünglichen Motive der besonderen rechtlichen Konstruktion der Verantwortlichkeit für die Schülerzeitung im Bayerischen Erziehungs- und Unterrichtsgesetz abstellen. Insofern hat, sehr geehrter Herr Dr. Förster, Ihre Argumentation einen logischen Bruch. Sie schlagen vor – ich sehe das in einem gewissen Gegensatz zu der Begründung, die
Sie für Ihre Anregung gegeben haben –, die Schülerzeitungen in vollem Umfang dem Presserecht zu unterstellen. Das heißt, dass wir die volle rechtliche und wirtschaftliche Verantwortung auf letztlich minderjährige Schüler übertragen. Man kann das machen, man muss aber wissen, was man damit erreicht. Ich stelle damit eindeutig – so ist es auch in Ihrem bisherigen Gesetzentwurf formuliert – die Schülerzeitung, die als pädagogisches Instrument heute in Bayern vielfach genutzt wird, außerhalb der normalen Schulfamilie. Wir haben immer – wir waren uns darin auch einig – die Schülerzeitungen und diejenigen, die sich in einer Schülerzeitung engagieren, die nach der Erfahrung oftmals die interessiertesten und engagiertesten Schüler sind, als ganz wichtiges pädagogisches Instrument gesehen. Es ist interessant, sich Zahlen geben zu lassen, um zu sehen, in wie vielen Fällen es überhaupt zu Streitigkeiten mit dem Kultusministerium oder den entsprechenden Beamten kam bzw. parlamentsrelevante Vorgänge entstanden, sind wobei es logisch ist, dass immer die Dinge, die am politisch sensibelsten oder im Einzelfall am schwierigsten zu beurteilen sind, hochkochen. Die Zahlen bewegen sich im Prozentbereich. Vorkommnisse, die zum Gegenstand von Petitionen im Bayerischen Landtag gemacht werden – ich habe die letzten neun Jahre diesen Bereich mitbetreuen dürfen – sind eklatante Fälle. Gerade die von Ihnen, Kollege Herr Dr. Förster, angesprochenen Fälle – ich weiß nicht, ob das konkret die Fälle waren – im Zusammenhang mit dem Golf-Krieg, die wir im Laufe des letzten Jahres zu besprechen hatten, waren zum Teil, vorsichtig gesagt, von einer geistigen Plattheit und von einer bis an die Grenzen der Beleidigung gehenden Qualität. Sie waren nicht mehr journalistisch zu nennen und haben insofern als Exempel, mit dem die Ungereimtheit der bisherigen Aufhängung der bayerischen Schülerzeitungen exemplarisch gemacht werden sollte, nicht getaugt.
Ich sage noch einmal: Das reine Presserecht ist anwendbar; es handelt sich um so genannte jugendeigene Zeitungen, die in voller wirtschaftlicher und presserechtlicher Eigenverantwortung von Schülerinnen und Schülern herausgegeben und dann im Umfeld der Schule verteilt werden. Ich glaube, wir sollten solche Punkte berücksichtigen, wenn wir uns auf den Weg machen, uns erneut mit dem Thema auseinanderzusetzen. Im Zusammenhang mit der Formulierung des pädagogischen Instruments Schülerzeitung, das zur Ausbildung selbstverantwortlichen Handelns, zum redaktionellen Ausdruck und zum Abgleich von Meinungen sowie zur Entwicklung von selbstverantwortlich demokratisch verfassten und handelnden Persönlichkeiten beitragen soll, wie es auch gewünscht wird, fehlt mir eines: Wir wollen die Schule, in welcher Konfiguration auch immer, aus der Gesamtverantwortung für dieses pädagogisch wichtige Unternehmen Schülerzeitung nicht außen vor wissen. Insofern weicht die Formulierung – ich sage das ausdrücklich – des Artikels 63, so wie Sie ihn vorschlagen, von der Argumentation des Kollegen Förster ab. Das ist das eine.
Das Zweite ist natürlich, dass wir die Frage einer presserechtlichen Gesamtverantwortung klären müssen. Sie klären es eindeutig. Ich sage aus meiner Sicht bzw. unserer Sicht: Es ist schwierig zu entscheiden, ob ich die Vorschriften im Zusammenhang mit dem Presserecht und der Informationspflicht der Schulleitung gegenüber den Redakteuren so konstruieren will. Ich wage, ein Fragezeichen zu machen.
Das Dritte ist die Frage, wie ich die Schule als Gesamtunternehmen künftig mit einer entsprechenden Aufhängung und einer Konfliktlösung im so genannten Zensurfall regeln kann.
Ich bin nach Ihrem Wortbeitrag – weniger nach Ihrer konkreten Formulierung; ich bin auch auf das Protokoll sehr gespannt, ich bin nicht in dem Ausschuss, begleite das Thema aber schon seit Jahren auch aus der eigenen Praxis, denn ich habe 1974 in einer Schülerzeitung hier in München meine journalistische Tätigkeit begonnen – gespannt, ob wir aus den Begründungen und dem, was Sie vorgetragen haben, auf dem Weg ein Stück weiterkommen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mir gedacht, Herr Dr. Förster, dass Sie schon die meisten Argumente bringen würden. Deshalb füge ich nur noch eines hinzu, das uns Herr Dr. Müller vom Kultusministerium in der letzten Woche geliefert hat. Er sagte: Die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen hat sich verändert. Sie sind reifer geworden.
All jene unter Ihnen, meine Damen und Herren, die bisher noch nicht davon überzeugt waren, sind nun eines Besseren belehrt. Nicht nur die Diskussion um das achtjährige Gymnasium hat gezeigt, dass Bayerns Schülerinnen und Schüler Lust haben, ihre Meinung zu sagen. Sie haben auch Lust, diese Meinung aufzuschreiben, gerade weil sie damit Diskussionen entfachen wollen. Und das wollen sie ungehindert in ihren Schülerzeitungen tun.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich bin Mutter einer erwachsenen Tochter und kann die Bedenken des Kollegen Spaenle ein wenig verstehen. Denn manchmal gefallen uns die Meinungen der Jugendlichen nicht so sehr.
Für manchen Schulleiter scheinen sie das Bild seiner Schule zu stören. Wenn der Schulleiter das als pädagogisches Instrument weiter nützen will, dann
Die Schule ist ein Hort der Demokratie und es wird Mühe kosten, sich mit dem einen oder anderen Artikel und seinen Autoren auseinander zu setzen. Aber wenn wir die Schule als einen Ort verstehen, an dem man für das Leben lernt, müssen wir unseren Schülern und Schülerinnen auch die Möglichkeit geben, ihre Lust an der Meinung und an der Auseinandersetzung zu erproben. Die Jugendlichen haben ein natürliches Recht darauf, sich zu erproben und ungehindert ihre Meinung sagen zu dürfen.
Herr Kollege Spaenle, stören wir sie nicht dabei. Wir sollten ihnen den Weg freimachen; denn wir brauchen junge Leute, die sich einmischen und auch uns immer wieder durch ihre Lust an der Meinung fordern.
Vielen Dank Frau Kollegin. Damit ist die Aussprache geschlossen. Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat schlage ich vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? – Das ist der Fall. Ich bedanke mich. Dann ist das so beschlossen.
Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung (Drucksache 15/145)
Zu Wort gemeldet hat sich Herr Staatsminister Dr. Beckstein. Es ist mir eine Freude; bitte schön, Herr Staatsminister
Frau Präsidentin, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Gesetzentwurf hat die auf zwei Jahre befristete probeweise Abschaffung des Widerspruchsverfahrens im Regierungsbezirk Mittelfranken in den meisten Rechtsgebieten zum Gegenstand. Ausgenommen sind aus zwingenden rechtlichen Gründen die Prüfungsverfahren.
Damit greift der Gesetzentwurf einen Vorschlag des Henzler-Gutachtens auf, in dem vor allem Verbesserungsvorschläge aus Industrie, Handel und Gewerbe ihren Niederschlag gefunden haben. Schnellere Verwaltungsgerichtsentscheidungen und raschere Mög
lichkeiten der Durchsetzung sollen Unternehmen und Bürgerinnen und Bürgern mehr Planungssicherheit geben und Innovationen erleichtern. Insgesamt geht es darum, möglichst die Entscheidungsabläufe zu beschleunigen, damit der Betroffene früher weiß, was geht und was nicht.
Ich will nicht verhehlen, dass es auch sachliche Bedenken gegen die Initiative gegeben hat, nicht zuletzt im Hinblick auf Erfahrungen mit der Abschaffung des Widerspruchsverfahrens in Bausachen in den Jahren 1970 bis 1973. Das liegt allerdings 30 Jahre zurück. Seit diesem Zeitpunkt hat sich vieles verändert. Deshalb gehe ich davon aus, dass wir heute andere Voraussetzungen haben.
Der Gesetzentwurf hat zum Inhalt, dass in allen verfassungsrechtlich möglichen Rechtsbereichen in einem begrenzten Regelungszeitraum erstmals der Versuch unternommen wird, das Für und Wider einer verwaltungsinternen Nachprüfung als Prozessvoraussetzung für das verwaltungsgerichtliche Verfahren in einem Gesamtkonzept zu prüfen und zu bewerten. Wir wollen damit feststellen, ob angesichts der knapper werdenden Ressourcen und des dringenden Bedürfnisses, endgültige Entscheidungen in kürzerer Zeit zu erhalten, eine Abschaffung des Widerspruchverfahrens vorteilhaft ist, also ob die Vorteile die Nachteile überwiegen. Ein Nachteil ist die Verfahrensverlängerung, der Vorteil besteht darin, ein zusätzliches Verfahren zu haben.
Wir schlagen im Regierungsbezirk Mittelfranken eine zeitweilige, das heißt eine zweijährige Erprobungsphase vor. Mittelfranken ist es deshalb, weil es einerseits von der Größe und andererseits von der Struktur her ein guter Pilotbezirk ist. Der Bezirk umfasst einerseits einen Ballungsraum und andererseits auch kleinere Städte und ländliche Gebiete. Daher erwarten wir, während des Erprobungszeitraumes Erfahrungen sammeln zu können, die dann auf Gesamtbayern übertragen werden können.
Von kommunaler Seite wird eingewendet, dass dadurch die Kommunen mehr arbeiten müssen, weil es umfangreicherer Begründungen bedarf. Wir meinen allerdings, dass bereits heute im Prinzip jede Kommune die Aufgabe hat, ihre Verwaltungsbescheide, die sie erlässt, ordentlich zu überprüfen.
Wir erwarten auch, dass durch eine engere Verbindung zwischen der Ausgangsbehörde und dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren der Druck auf richti
ge, vor Gericht standhaltende Bescheide verstärkt wird. Das ist etwas Positives. Es wird nicht zunächst einmal ein Bescheid herausgegeben und an schließend soll sich die Regierung überlegen, ob er richtig ist, sondern die Ausgangsbehörde muss die richtigen Überlegungen anstellen.
Ich habe mich gerade am Wochenende mit Herrn Oberbürgermeister Balleis intensiv über diese Problematik unterhalten. Da gibt es unterschiedliche Prognosen. Aber es ist wie meistens: Bei Prognosen weiß man nicht zuverlässig, was kommt. Es gibt nur ganz wenige Leute, die 100 % sichere Prognosen abgeben können. Nur die retrospektive Prognose ist absolut sicher. Deswegen haben wir diesen zweijährigen Erprobungszeitraum vorgesehen.
Wir werden das mit den betroffenen Verbänden dann auch entsprechend auswerten. Ich betone ausdrücklich, wie das Ganze klappt, hängt einerseits von der Qualität der Verwaltungsbehörden ab, das heißt, wie qualifiziert sie ihre Bescheide begründen. Andererseits hängt es davon ab, ob die Bürger bereit sind, sich von solchen Bescheiden überzeugen zu lassen oder ob sie trotzdem zur Prozesshanselei neigen.
Dass wir mit solchen Vereinfachungen gute Erfahrungen machen, hat die Veränderung des Rechtsweges im Bereich der Bauordnung gezeigt. Die Erfahrungen in diesem Bereich zeigen in überwältigendem Maße, dass die Veränderungen richtig waren.
Ich bin überzeugt, das sage ich auch für mich persönlich, dass sich die Neuerung in weiten Teilen als positiv herausstellen wird. Es gibt möglicherweise im Abgabenrecht gewisse Zweifel, weil es sich hier um eine komplizierte Materie handelt und kleinere Gemeinden viele Bescheide herausgeben müssen, bei denen sie möglicherweise überfordert sind. Aber in den allermeisten Rechtsgebieten werden bei Widerspruchsverfahren nur relativ wenige Bescheide aufgehoben. Da wird mit anderen Worten wiederholt, was im Ausgangsbescheid bereits gesagt worden ist, und das ist dann in der Tat nur eine Verzögerung.