Protocol of the Session on January 27, 2004

Noch ein Wort zu Herrn Faltlhauser. Natürlich wollen wir nicht, dass das Steuergeheimnis gebrochen wird. Wir hätten aber ein Eingeständnis vor diesem Hohen Hause erwartet, dass etwas schief gelaufen ist, ein Eingeständnis, dass insgesamt auch vonseiten der CSU und der Staatsregierung etwas nicht richtig gelaufen ist. Sie haben sich in den letzten Tagen wenigstens entschuldigt. Selbst diese Entschuldigung hat heute gefehlt. Es ist einfach zu wenig, hier von missverständlich, unsensibel, schädlich oder holprig zu sprechen. Man hätte zumindest auch die Worte Pietätlosigkeit und Instinktlosigkeit gebrauchen müssen.

Ich möchte noch einmal zurückweisen, dass über die Finanzbeamten geschimpft und alles auf sie geschoben wird. Das ist nicht in Ordnung.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, ich sage das auch an die CSU-Abweichler: Ich halte es für pietätlos, damit alte Rechnungen zu begleichen.

(Beifall der Abgeordneten Christine Stahl (GRÜ- NE))

Ich habe Verständnis dafür, dass Politiker der CSU, die selbst Opferlamm spielen mussten, nun darstellen, wie Stoibersche Machtpolitik aussieht, aber bitte nicht an diesem Beispiel. Meiner Meinung nach wäre von beiden Seiten Zurückhaltung angebracht gewesen.

Es wurde schon angesprochen: Wenn es darum geht, Fehler die zweifellos gemacht worden sind, zuzugeben, wäre mehr Offenheit und mehr Ehrlichkeit notwendig gewesen. Ich möchte mich auch noch einmal an Herrn Gauweiler und an Herrn Sauter wenden: Dies ist nicht der Ort, an dem man alte Rechnungen begleicht.

Zum Schluss möchte ich aufgreifen, was Fraktionsvorsitzender Maget gesagt hat: Der Zeitpunkt erstaunt schon, zu dem die Angelegenheit in die Öffentlichkeit lanciert wurde. Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, ich werde den Verdacht nicht los, dass man, von welcher Seite auch immer, von dem eigentlichen Prozessgeschehen und den Hintergründen ablenken will.

Rudolf Erhard meinte dazu im Bayerischen Rundfunk, im Programm Bayern II: „Der künstliche Wirbel um die nie zur Zwangsversteigerung anstehende Familiengruft Strauß lenkt da nur wieder einmal vom Wesentlichen ab“. Eines aber ist sicher: Wir als Opposition werden uns auf das Wesentliche und damit auf das Prozessgeschehen konzentrieren. Mir persönlich, das sage ich hier ganz deutlich, geht es nicht so sehr um die Steuerhinterziehung, sondern mir geht es um die Aufklärung einer Amigo-Affäre. Ich hoffe, dass dies trotz aller Aufgeregtheit um die „Gruft-Affäre“ auch weiterhin Mittelpunkt des öffentlichen Interesses sein wird.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat Herr Kollege Dr. Dürr:

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Wie so häufig in solchen Affären ist nicht der ursprüngliche Fehler das Hauptproblem, sondern der eigentliche Skandal kommt erst mit dem sogenannten Krisenmanagement. Das heißt, wer einmal auf der schiefen Bahn ist, rutscht häufig immer tiefer hinein. Als erstes machte es in diesem Fall die CSU-Fraktion. Die CSU-Fraktion hat sich immer tiefer verstrickt, und zwar verstrickt in Heuchelei.

(Unruhe bei der CSU)

Sie, die CSU-Fraktion, haben die Affäre an die Presse und damit an die Öffentlichkeit gezerrt. Niemand sonst hat das getan. Es war eine reine CSU-Debatte. Sie ist hochgekocht, und damit ist die ganze Sache in die Presse gekommen. Jetzt aber sollen andere Schuld sein. Ihr wart das doch, Ihr habt das hochgezogen.

Nun sollen auf einmal die Beamten Schuld sein. Ihr sucht Euch die Beamten heraus. – Wenn das keine Heuchelei ist. Am heuchlerischsten aber empfinde ich, dass Ihr eine „Lex-Strauß“ fordert. Ich lese in einer Presseerklärung: „Die CSU-Fraktion missbilligt die Vorgehensweise bei der Pfändung“. Weiter heißt es: „Wir erwarten von den Finanzbehörden...“. Das finde ich schon interessant, dass die CSU-Fraktion etwas „erwartet“. Einer weiteren Presseerklärung ist zu entnehmen, dass Kollege Söder sagt - wohl schon im Vorgriff darauf, was Sie unter Rechtstaat verstehen: „Unabhängig von der rechtlichen Situation muss die Totenruhe respektiert werden“. – Das finde ich interessant.

Dann geht es weiter mit der Presseerklärung von heute. Dort steht unter Punkt 4: „Auch über das Andenken an unseren früheren Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß hinaus halten wir es aus Gründen der Pietät für geboten, Gräber und Grüfte nicht in Pfändungsverfahren einzubeziehen.“ Wir halten das prinzipiell für geboten. Aus unserer Sicht hat das mit Strauß über

haupt nichts zu tun. Lex Strauß ist der völlig falsche Ansatz.

(Beifall bei den GRÜNEN - Unruhe bei der CSU)

Wir verlangen gleiches Recht für alle. Für alle Gräber. Falls es übliche Praxis sein sollte, dann muss diese Praxis abgeschafft werden.

Der zweite, der immer tiefer in diesen Strudel gerät, ist der Finanzminister. Herr Finanzminister, was Sie heute sagten, wird immer undurchsichtiger. Sie haben vorhin gesagt, Sie hätten eine Weisung erteilt. Ich würde gerne wissen: Wann haben Sie diese Weisung erteilt? Gibt es hierüber einen Aktenvermerk? Können wir den sehen? - Ich würde ihn gerne einsehen. Wenn diese Weisung in Form eines Aktenvermerks besteht, dann würde ich gerne wissen, ob der Beamte, der geschrieben hat, was ich gleich zitieren werde, gegen Ihre Weisung verstoßen hat. Ziehen Sie ihn zur Rechenschaft? - Das wäre schon besonders toll, wenn dieser Beamte zur Rechenschaft gezogen würde. Hier steht eindeutig: „Es geht um das Objekt Kaiserhof und die Familiengruft.“ Sie haben aus dem Schreiben des Beamten zitiert, in dem - wie soll ich sagen – dieser unleugbare Satz zu relativieren versucht wird. Diesem Schriftstück entnehme ich, dass Sie nicht nur selbst lügen, sondern jetzt auch noch versuchen, andere zum Lügen zu verleiten. Das ist unerhört: Sie zwingen Beamte, zu lügen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es sind zwei Dinge, die diese CSU-Affäre zum Politikum machen. Es sind zwei Dinge, die wir heute hier diskutieren müssen. Erstens. Es ist pietätlos, Gräber zu pfänden. Das habe ich schon gesagt. Diese nicht unübliche Praxis muss aber generell geändert werden. Andererseits kann es aus unserer Sicht nicht so sein, dass Beamte Mut aufbringen müssen, Gesetze in Bayern umzusetzen, wenn es um Strauß geht.

Zweitens. Die Lüge des Finanzministers. Sie ist bis heute nicht ausgeräumt, im Gegenteil. Er hat sie verschlimmert. Deshalb müssen wir uns im Parlament damit befassen. In diesem Punkt fordern wir deshalb nach wie vor eine Klarstellung durch die Staatsregierung.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Jetzt hat sich der Staatsminister der Finanzen, Prof. Dr. Faltlhauser, zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Staatsminister.

Aufgrund der Wortmeldung von Herrn Dürr will ich zwei Feststellungen machen: Erstens. Ich weise den unglaublichen Versuch, den Minister nicht nur der Lüge zu bezichtigen, sondern ihn auch noch

zu bezichtigen, er hätte andere zur Lüge angestiftet, als empörend und ehrabschneidend zurück.

(Beifall bei der CSU)

Wenn Sie sich mit den sachkundigen Beamten unterhalten, werden Sie feststellen, dass diese ihrerseits betroffen und empört sind, was man ihnen in der ganzen Sache unterstellt. Das wollte ich hier in aller Deutlichkeit einmal sagen.

Zweitens: Weil Sie so auf die Unterscheidung zwischen dem Grab der Familie Strauß auf der einen Seite abstellen und der Pfändung von Grabmälern ganz generell, weise ich darauf hin, dass wir die Finanzbehörden in einem Rundschreiben anweisen werden, bei der Pfändung von Erbschaftsanteilen stets darauf hinzuweisen, dass Verwertungsrechte an Grabstätten bzw. Grabgrundstücken nicht ausgeübt werden.

(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Das hätten Sie vor Wochen machen sollen!)

Dieser Vorfall ist für uns Anlass, diese Klarstellung zu machen.

(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Reichlich spät!)

Die Qualität von Politik wird meiner Ansicht nach immer daran sichtbar, ob sie klare Schlussfolgerung zieht. Diese Schlussfolgerung zur Klarstellung werden wir unternehmen.

(Beifall bei der CSU)

Das Wort hat der Fraktionsvorsitzende der SPD, Herr Maget.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will mich kurz mit zwei Themen befassen. Hier wurde der Vorwurf erhoben, die Opposition würde einen politischen Vorteil daraus ziehen wollen, dass sie sich mit diesem Thema befasst. Ich will einmal feststellen, der erste, der sich mit diesem Thema befasst hat, war der Herr Ministerpräsident, und zwar in einer öffentlichen - wie ich meine - gespielten Empörung.

(Beifall bei der SPD)

Dann hat sich der Präsident des Bayerischen Landtages mit Empörung dazu geäußert. Dann hat sich der zuständige Finanzminister geäußert. Die CSU-Fraktion hat sich zweimal damit befasst und Ihr Fraktionsvorsitzender hat sich mehrfach mit diesem Thema beschäftigt und dazu geäußert. Das alles ist in Ordnung.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Herr Gauweiler! Herr Sauter!)

Herr Gauweiler hat sich geäußert, Herr Sauter hat sich geäußert. Das alles ist in Ordnung, aber wenn wir uns äußern, dann ist das Grabschändung. Dann wollen wir uns angeblich einen politischen Vorteil verschaffen.

(Beifall bei der SPD)

Soweit sind wir noch nicht, meine Damen und Herren, dass nur Sie sich zu politisch relevanten Sachverhalten in Bayern äußern dürfen.

(Beifall bei der SPD - Johanna Werner-Muggen- dorfer (SPD): Soweit sind wir nicht! - Dr. Otmar Bernhard (CSU): Es kommt darauf an, wie Sie das tun!)

Genau. Ich tue das in aller Sachlichkeit. Demjenigen, der sich dann mit dieser Frage in einer Aktuellen Stunde befasst - und mit dem Finanzminister, der offenkundig eine falsche Auskunft gegeben hat -, darf man eine solche Unterstellung nicht entgegenbringen. Das geht nicht. Das geht auch nicht von Ihnen, Frau Hohlmeier

(Beifall bei der SPD)

Was Frau Hohlmeier betrifft, so ist uns doch lediglich Folgendes bekannt: Die Familie Strauß muss sich seit Wochen - ich sage: leider - mit dieser Angelegenheit befassen. Wir wissen nicht, wann Sie welche Briefe bekommen haben. Aber dass die Pfändung dieser Gruft von den Finanzbehörden erwogen wird, das wissen Sie und Ihre Anwälte seit Wochen. Die Öffentlichkeit weiß das seit einer Woche.

Nicht mehr, aber auch nicht weniger haben wir heute festgestellt. Und daraus lassen wir Sie keinen Vorwurf an die Opposition konstruieren. Das, was in dieser Sache schlecht gelaufen ist, haben doch nicht wir zu verantworten.

(Thomas Kreuzer (CSU): Zurückrudern nennt man das!)

Das haben Sie zu verantworten, und zwar in jeder Beziehung.

Der Ministerpräsident kennt den Sachverhalt und handelt nicht. Herr Dr. Bernhard, noch einmal: Wenn der Ministerpräsident sich dafür eingesetzt hätte, dass eine Grabstätte für wen auch immer – ich wiederhole: für wen auch immer – nicht gepfändet wird, dann hätte darüber niemand ein einziges kritisches Wort verloren.