Protocol of the Session on October 17, 2006

denn sie haben im selben Zeitraum zu einer Versechsfachung der Informationsausgaben der Staatskanzlei geführt.

Natürlich – das wissen wir alle – kann mit dem Einzelplan 02 kein Staatshaushalt saniert werden, aber an den kleinen Beispielen sehen Sie, was noch alles möglich ist. Lassen Sie uns dies bei den Beratungen der Einzelpläne in aller Ruhe diskutieren.

Noch eines zu den Einnahmen: Mit Befremden nehmen wir zur Kenntnis, dass in puncto Verbesserung der Personalausstattung der Finanzverwaltung wenig bis gar nichts geschieht. Das ist keine Antwort auf die eindeutigen Feststellungen des Obersten Rechnungshofes, der Defizite bei der Umsatzsteuerprüfung, bei der Betriebsprüfung und im Innendienst ausmacht. Die neuesten Aussagen des Bundesrechnungshofes weisen in dieselbe Richtung. Ohne Zweifel: Kollege Schieder hat recht, wenn er immer wieder einen konsequenteren Steuervollzug anmahnt. Zum einen würde dies die Einnahmesituation des Staates schlagartig bessern; zum anderen wäre es ein Stück Steuergerechtigkeit; und zu guter Letzt wären wir dann nicht auf die Irrungen und Wirrungen Brüsseler Politik

angewiesen, die in gewohnter Arroganz dem Umsatzsteuerbetrug Vorschub leistet und nicht willens ist, den deutschen Antrag auf die Erprobung des ReverseCharge-Verfahrens zu genehmigen.

(Beifall bei der SPD)

Die Mahnungen der Kollegen Schieder und Wolfrum stehen durchaus im Einklang mit den Äußerungen versierter Praktiker. So beklagt ein Finanzamtsvorsteher öffentlich, dass die chronische Unterbesetzung zwangsläufig zu Qualitätseinbußen führen muss.

In einem Volumen von circa 400 Millionen Euro wollen wir andere Schwerpunkte setzen. Mittelfristig muss eine Investitionsquote von 15% erreicht werden. Diese Quote beten wir nicht um ihrer selbst willen an, sondern weil allenthalben im schönen Bayern Investitionsbedarf besteht: beim Schienenverkehr und beim Straßenbau, bei den Unterhaltsmaßnahmen im Tief- und im Hochbau, bei den Schulen, Universitäten und auf zahlreichen anderen Gebieten. Wir müssen die Relation Investitionen versus konsumtive Ausgaben deutlich zugunsten ersterer verändern. Wenn uns das nicht gelingt, wenn wir so weitermachen wir bislang, wird uns bald jeglicher Spielraum abhanden kommen; denn nur über gezielte Investitionen wird es uns gelingen, auf Dauer Standortqualität zu schaffen, zu erhalten und damit auch Steuerkraft zu sichern.

Die Zukunft werden wir nur gewinnen, wenn wir unseren Kindern die beste individuelle Förderung angedeihen lassen, von der Kita bis zur Universität, in der Hauptschule und am Gymnasium, in der beruflichen Fortbildung und in der offenen Jugendarbeit. Ich stimme mit Ihnen überein, Herr Minister: Im strengen Sinne sind Ausgaben für Lehrer keine Investitionen. Aber für die zentrale Aufgabe unserer Zeit, für die Neujustierung unseres Bildungsangebots ist eine ausreichende Versorgung mit pädagogischem Personal unabdingbar.

(Beifall bei der SPD)

Wir dürfen und wir können uns die Entwicklung der letzten Jahre nicht mehr länger leisten. Diese Stagnation bzw. leichte Regression bei den Ausgaben zum Beispiel für Schulen ist kontraproduktiv. Mit Sorge sehen wir, dass der Ausgabeanteil für die Schulen von heuer 17,45% über 17,30% im nächsten Jahr auf schließlich 17,06% im Jahr 2008 absinkt. Wir benötigen an dieser Stelle mehr Geld.

Weil vor Kurzem eine vogelwilde Pressemitteilung durch die Gegend irisierte, in der diese Zahlen angezweifelt wurden, noch ein Satz: Wer die Ausgaben für die Versorgung und die Beihilfe ehemaliger Lehrer zum Maßstab aktueller Schulpolitik machen möchte, muss sich zu Recht nach seinen Maßstäben fragen lassen.

(Beifall bei der SPD)

Neben dem Personal gilt unser Augenmerk den Ganztagsschulen. Diese Schulform bietet weitaus mehr als nur neue Öffnungszeiten. Sie bietet Raum für individuelle Förderung und für innovative pädagogische Konzepte.

Ganztagsschulen stehen auch für die Anforderungen einer modernen Gesellschaft im Hinblick auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Deshalb wollen wir die Einführung der Ganztagsschule überall dort, wo sie gewünscht wird, wobei die Zielmarke sein soll, dass in fünf Jahren 30% der Schülerinnen und Schüler in Bayern ein Ganztagsangebot wahrnehmen können. In diesem Zusammenhang muss natürlich das mit Bundesmitteln hervorragend begonnene Ganztagsprogramm fortgeführt werden. Es kann nicht sein, dass ausgerechnet die Hauptschulen nunmehr keine Förderung bekommen sollen. Es gibt hier – und Sie haben sie auch – böse Briefe vieler Bürgermeister.

Auf die Agenda muss auch die Entlastung der Familien. Weg mit dem Büchergeld!

(Beifall bei der SPD)

Wir können uns keine Auslese über die Höhe des Kontos leisten. Wir können auch auf kein Talent verzichten. Die bildungspolitischen Akzente, die eine ganze Reihe von Maßnahmen umfassen, beschränken sich keineswegs nur auf den Bereich der Schulen. Vielmehr betreiben wir Bildungspolitik aus einem Guss. Deshalb setzen wir in diesem Zusammenhang auch auf das kostenfreie letzte Kindergartenjahr – das tun auch unwesentliche Teile Ihrer Fraktion – und verstärkte Anstrengungen für Bayerns Universitäten.

(Beifall bei der SPD)

Wissen Sie, Exzellenzförderung ist gut und schön, aber die Formel „Exzellenz fördert der Staat, der Rest finanziert sich selbst“ ist kein Weg, den wir in der Wissenschaftslandschaft mitzugehen bereit sind.

(Beifall bei der SPD)

Wir brauchen Erhöhungen bei den einschlägigen Sammelansätzen für Ausstattungen, für Lehre und Forschung, um auch hier endlich Planungssicherheit herzustellen. Keine Frage: Die Einführung von Studiengebühren darf nicht das letzte große Unterfangen in der bayerischen Wissenschaftslandschaft gewesen sein. Ohne die im Entwurf vorhandenen Einnahmen aus Studiengebühren fallen die Steigerungen für die Universitäten nämlich bescheiden genug aus.

Dem Vernehmen nach – wir haben es heute wieder gehört – erfreut sich das Thema „Ländlicher Raum“ einer gewissen Konjunktur innerhalb von CSU und Staatsregierung.

(Susann Biedefeld (SPD): In Sonntagsreden! – Maria Scharfenberg (GRÜNE): Auf dem Papier!)

Sonderbar genug, weil im Zuge der Neufassung des jüngsten Landesentwicklungsprogramms davon wenig zu spüren war. Diese Meinung äußerte zumindest der regionale Planungsverband Donau/Wald, eine Hochburg des ländlichen Raums, der in einem Schreiben klipp und klar feststellt: „In der Neufassung des Landesentwick

lungsprogramms wird der ländliche Raum teilweise schlechter gestellt als 2003.“ – Nicht nur deshalb wird es allerhöchste Zeit, dass dem Thema des ländlichen Raums bzw. der Förderung strukturschwacher Räume die notwendige Aufmerksamkeit geschenkt wird.

Die Abwanderungsgelüste mancher oberfränkischer Gemeinden sollten die Letzten überzeugt haben. Die strukturschwachen Gebiete Bayerns brauchen eine klare Perspektive. Sie brauchen zuallererst eine zielgenaue und umfassende Wirtschaftsförderung, ganz egal, ob im Wege einer Sonderwirtschaftszone oder als Sonderprogramm. Zudem benötigen sie gesonderte Ansätze für Infrastrukturmaßnahmen. Ein ganzes Bündel an Maßnahmen muss diese Förderwege unterstützen: Erhalt der wohnortnahen Schulen, Ganztagsangebote auch im ländlichen Raum, Nachbesserungen beim Bayerischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz, integrierte medizinische Versorgung, Pflegenetzwerke und vieles mehr. Die Förderung des ländlichen Raumes muss eine ressortübergreifende Querschnittsaufgabe werden. Natürlich gehören auch die harten Infrastrukturmaßnahmen dazu: Schienenanbindungen und Straßen, moderne Telekommunikation und Technologietransfereinrichtungen. Keine Frage: Kongresse zum Thema sind gut, Haushaltsansätze sind besser.

(Beifall bei der SPD)

Gar nichts bringen dagegen Sätze wie dieser: „Natürlich werden große Wünsche für den ländlichen Raum formuliert, aber man muss sehen: Was passiert in der Welt?“ – Ich weiß jetzt nicht genau, was uns der Ministerpräsident damit sagen wollte.

(Heiterkeit bei der SPD)

Auf alle Fälle sollte ihm klar sein, dass der größte Teil Bayerns ländlicher Raum ist und dass dieser die nötigen Freiheiten und Mittel braucht.

(Susann Biedefeld (SPD): Das Geld für Ihre Showveranstaltungen – wie die in Amberg - können Sie auch gleich einsparen!)

Bürokratieabbau sollte Daueraufgabe sein. Offenbar ist aber mit der flächendeckenden Liquidation von dezentralen Ämtern und Behörden dieses Thema vergessen.

Den nächsten Schritt, die Reform der obersten Dienstbehörden, traut sich keiner zu machen. Den wichtigsten Schritt, den Abbau von Vorschriften, überlässt man ganz irgendwelchen Kommissionen. So verwundert es nicht, dass die Weisheit von Verwaltungsreformen massiv bezweifelt wird.

Ein Beispiel dafür ist die Polizeireform. Mittlerweile ist wenigstens ein Teil der Kosten bekannt. An den Standorten der neuen Präsidien erfolgen umfangreiche Neubauten, Umbauten und Sanierungen. Davon war bei Verabschiedung der Reform nicht die Rede. Obendrein wird das Herzstück der Reform, mehr Polizisten auf die Straße zu bringen, zur Makulatur. Es ist wie immer: Die Indianer haben keine Chance gegen die Häuptlinge. Erst heute

haben wir wieder erfahren, in wie vielen Städten schon private Sicherheitsdienste unterwegs sind, weil der Polizei anscheinend die Leute ausgehen. So wird umgebaut, im Bereich der B-Besoldung wird munter befördert, und Kritiker werden munter mit einem Maulkorb bedacht. Eine Verwaltungsreform ist das nicht.

Kosten werden nur dann in nennenswertem Umfang gespart, wenn Vorschriften fallen gelassen oder gar nicht erst erlassen werden. Kollegin Weinberger ist hier. In einer kleinen Bayerwaldgemeinde kann man die Regulierungswut gleichsam am lebendigen Objekt verfolgen. Die Gemeinde benötigt ein neues Feuerwehrfahrzeug. Sie hat sich als Ersatz für ihr 28 Jahre altes Fahrzeug ein zweckdienliches Tragkraftspritzenfahrzeug ausgesucht, das immerhin 100 000 Euro kostet – eine Menge Geld für die kleine Gemeinde. Die Staatsregierung aber schreibt der Gemeinde vor, dass sie ein Fahrzeug für 270 000 Euro kaufen soll. Natürlich bleibt der Zuschuss der gleiche. Diese Vorfälle veranlassen Ihre Bürgermeister nur zu einem müden Lächeln, wenn sie von Bürokratieabbau hören.

(Beifall bei der SPD – Susann Biedefeld (SPD): Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit werden sogar noch bestraft!)

Diese Vorfälle lassen Bayern im Ländervergleich ziemlich weit hinten stehen. Die Staatsregierung liebt diese Rankings. Sie haben ein solches Ranking heute auch schon zitiert. Jüngst hat die „Wirtschaftswoche“ wieder ein Ranking der Wirtschaftskraft der Länder veröffentlicht. Bayern – wir hörten es aus Ihrem Munde – schneidet dabei sehr passabel ab,

(Staatsminister Prof. Dr. Faltlhauser: Spitze! – Zurufe von der SPD: Zuhören!)

aber nicht in jeder Kategorie, Herr Minister. Bei der Kategorie „Dieses Land vermeidet Bürokratie“ landet Bayern auf Platz 14 von 16 Plätzen. Das ist wahrlich kein Spitzenplatz.

(Beifall bei der SPD – Zurufe von der SPD: Zuhören!)

Mit diesem Doppelhaushalt sollten wir der Entbürokratisierung neuen Schwung geben.

Beim kommunalen Finanzausgleich sind wir dieses Jahr ein gutes Stück weitergekommen. Allerdings bleiben Themen wie die vollständige Übernahme der G-8-Kosten auf der Tagesordnung. Ebenfalls müssen wir uns mittelfristig eine Anpassung des Finanzausgleichs an die demografischen Gegebenheiten überlegen. Zu guter Letzt sollten die überlangen Wartezeiten bei Zuschüssen der Vergangenheit angehören. Bei den oft gelobten Investitionen auf vielen Gebieten – auch auf dem Gebiet des FAG – haben wir noch längst nicht das Niveau von 2003 erreicht. Mit dem Investitionsniveau von 2007 liegen wir um 200 Millionen unter dem Niveau von 2003. Es besteht also reichlich Nachholbedarf.

Für alle diese Aufgaben benötigt der Staat natürlich eine adäquate Finanzausstattung. So sehr wir gewillt sind, bei den obersten Dienstbehörden einzusparen, so sehr werden wir uns um eine ausreichende personelle Ausstattung an den Schulen, in der Justiz, bei den Lebensmittelkontrollen, in den Finanzämtern und natürlich bei der Polizei bemühen. Wir wollen den privaten Sicherheitsdienst in unseren Städten nicht als Regelinstrument haben. Die Bürgerinnen und Bürger haben ein Recht auf guten Service, auf garantierte Sicherheit und Zukunftschancen. Mit diesen ambitionierten Zielsetzungen freuen wir uns auf die Etatberatungen. Wir halten vom Kurshalten sehr viel. Es kommt allerdings darauf an, wohin der Kurs geht – ob mit Captain Jack Sparrow auf der Black Pearl oder auf der Titanic, das werden wir sehen. Wir sehen es in den Haushaltsberatungen.

(Anhaltender Beifall bei der SPD)

Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Kupka.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Jetzt kommt die heile Welt in Unterhaching!)

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Doppelhaushalt 2007/2008 ist wohl der letzte Haushalt, den Finanzminister Prof. Dr. Faltlhauser nicht nur einzubringen, sondern inklusive eines Nachtragshaushalts auch zu vollziehen hat.

(Franz Maget (SPD): Wieso? Tritt er zurück?)

Dieser Haushalt ist auch der Doppelhaushalt, der wie kaum ein anderer zuvor die Finanzpolitik Bayerns weit in die Zukunft hinein ausrichten und bestimmen wird.

(Zurufe von der SPD: Es ist Ihr allerletzter Haus- halt! – Franz Maget (SPD): 2008 ist Schluss!)