Bei allen Überlegungen zur Regelung des Strafvollzugs und des Jugendstrafvollzugs wollen wir das Know-how der Praxis und der betroffenen Verbände nutzen. Ich kann Ihnen dazu jetzt einige grundsätzliche Erwägungen anführen.
Was den Strafvollzug allgemein angeht, hat sich das 1977 in Kraft getretene allgemeine Strafvollzugsgesetz in der Praxis grundsätzlich bewährt; das können wir so sehen. Ein bayerisches Strafvollzugsgesetz wird deshalb die bewährten Elemente des Schutzes der Allgemeinheit und der Resozialisierung konsequent weiterentwickeln.
Wir wollen die bereits erreichten Standards aber nicht aufgeben, sondern sie unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen der Bevölkerung an ihrer Sicherheit weiter ausbauen. Dabei ist oberstes Ziel des Strafvollzugs immer die Vermeidung weiterer Straftaten. Soweit erforderlich soll die Regelung der Wirklichkeit gerecht werden und angepasst werden. Dabei denke ich beispielsweise an eine Klarstellung, dass der geschlossene Vollzug die Regelvollzugsform darstellt. Es gäbe in der Bevölkerung sicherlich kein Verständnis dafür, wenn Freiheitsstrafen grundsätzlich von Beginn an im offenen Vollzug verbüßt würden.
Ich möchte verdeutlichen: Im Gesetz ist die Gleichrangigkeit beider Vollzugsziele, nämlich auf der einen Seite die Resozialisierung und auf der anderen Seite der Schutz der Allgemeinheit zu verankern. Die Verfassung gebietet es, dass wir den Strafvollzug auf das Ziel der Resozialisierung der Gefangenen ausrichten. Das dient auch dem Schutz der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten. In diesem Zusammenhang muss das Thema Opferschutz deutlich im Gesetz betont werden. Außerdem halte ich es für notwendig, den im geltenden Strafvollzugsgesetz bis jetzt noch nicht defi nierten Begriff der Behandlung in einem bayerischen Gesetz klarzustellen.
Erfolgreiche Resozialisierung führt zu einem Mehr an Sicherheit. Deshalb sind für therapiefähige und therapiebedürftige Gefangene therapeutische Maßnahmen erforderlich. Wir werden nach wie vor unseren Strafvollzug so ausgestalten, dass es sich um kein bloßes Wegsperren handelt, sondern ein Arbeiten mit den Gefangenen vorgesehen ist. Nach geltender Rechtslage ist es so, dass Sexualstraftäter mit zeitiger Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren in eine sozialtherapeutische Anstalt zu verlegen sind, wenn eine entsprechende Behandlung angezeigt ist. Alle anderen Gefangenen können nur mit ihrer Zustimmung in eine sozialtherapeutische Anstalt verlegt werden. Ich halte diese Regelung für zu eng und zu starr und möchte sie ausweiten. Ich denke dabei insbesondere an Sexualstraftäter, die zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt worden sind, sowie an Gewalttäter, von denen weitere Gewalthandlungen oder Sexualstraftaten zu erwarten sind; wir müssen auch diesen eine entsprechende Therapie angedeihen lassen.
Zum Thema Jugendstrafvollzug: Wir haben vor, einen entsprechenden Gesetzentwurf für den Jugendstrafvollzug vorzulegen, weil wir die bisher teilweise in verstreuten Gesetzen vorhandenen Regelungen als nicht ausreichend und nicht optimal ansehen. Wir haben den Gesetzgebungsprozess, der bislang vom Bund initiiert wurde, immer konstruktiv unterstützt. Das Bundesverfassungsgericht hat in der vergangenen Woche zu der Notwendigkeit der Kodifi zierung des Jugendstrafrechts verhandelt. Ein von der Altbundesregierung für das Jahr 2004 vorgelegter Gesetzentwurf war aus meiner Sicht nicht die optimale Handhabe für den Jugendstrafvollzug
in Bayern. Die Konzeption hat viel zu sehr darauf abgestellt, dass ein Jugendstrafgefangener ein reumütiger und zur Mitarbeit immer bereiter Strafgefangener ist. Man muss schlichtweg sagen, dass wir solche Gefangenen nach unserer Erfahrung nur sehr selten vorfi nden. Ich meine eher, dass diese Sichtweise der Realität nicht einmal ansatzweise entspricht. Bei unseren Gefangenen sehen wir, dass häufi g enorme Erziehungsdefi zite und Sozialisierungsdefi zite vorhanden sind, sie durch Alkohol- und Drogenmissbrauch physisch und psychisch auffällig sind und wir darauf eingehen müssen. Deswegen sollen die künftigen bayerischen Vorschriften zum Jugendstrafvollzug zum einen das Sicherheitsinteresse der Bevölkerung aufgreifen, zum anderen aber auch die jungen Menschen resozialisieren. Das bedeutet, wir wollen am bewährten Erziehungsgedanken festhalten. Das Gesetz wird unter der Maxime stehen, den Schutz der Bevölkerung am besten dadurch zu erreichen, dass wir den Gefangenen nicht nur während des Vollzugs sicher unterbringen, sondern vor allen Dingen dadurch, dass wir ihn darauf vorbereiten, nach der Entlassung ein Leben ohne Strafe führen zu können.
Nun haben wir nach den Rückfallstatistiken eine sehr hohe Rückfallquote bei Jugendstrafgefangenen zu verzeichnen. Gleichzeitig wird mir aber aus der psychologischen und psychiatrischen Praxis mitgeteilt, dass gerade bei jungen Straftätern eine Intervention deshalb noch sinnvoll ist, weil sie noch nicht in sich selbst gefestigt sind und die kriminelle Entwicklung am ehesten noch gestoppt werden kann. Daher setze ich nicht nur auf technische Sicherheit, sondern gerade auch bei den jungen Straftätern auf Behandlung. Das ist mit ein Grund dafür, weshalb wir im Oktober in Neuburg/Herrenwörth ein Projekt eingerichtet haben. Es wird ein Therapiezentrum zur Behandlung sozialer Defi zite eingerichtet. Weiterhin wird dort demnächst auch eine sozialtherapeutische Abteilung ans Netz gehen. Das alles geschieht, ohne dass wir bisher die Verpfl ichtung im Gesetz haben. Wir wollen damit die erforderliche Therapie gerade für jugendliche Sexualstraftäter leisten. Es kommt immer auf den Willen der Gefangenen zur Mitarbeit an – das ist klar –, aber wir können gerade in Neuburg/Herrenwörth sehen, dass die Gefangenen sehr wohl bereit sind und sich sogar bemühen, in solche Therapien zu kommen, weil sie selber spüren, dass sie Defi zite haben und merken, dass es gut tut, wenn man sich mit ihnen beschäftigt und ihnen neue Wege weist. Das ist in einem runden Paket aber nicht alles. Wir müssen auch auf die jugendlichen Strafgefangenen eingehen, bei denen wir feststellten müssen, dass sie fi xiert sind und wir durch eine Therapie nichts mehr erreichen können. Deswegen geht unser Ansatz dahin, für diese ganz wenigen extremen Fälle die Möglichkeit einer nachträglichen Sicherungsverwahrung im Gesetz zu verankern.
Frau Staatsministerin, wie sind vor dem Hintergrund Ihrer Ausführungen die Äußerungen des Ministerpräsidenten zu verstehen, wonach künftig zwar die Resozialisierung weiterhin ein Ziel sein soll, aber der Strafcharakter des Strafvollzugs in Bayern fürderhin sehr deutlich werden solle?
Wir haben in Bayern immer Wert auf geschlossenen Vollzug gelegt. Wir haben sehr wenig den offenen Vollzug propagiert, weil wir aus der Erfahrung heraus gesehen haben, damit nicht das erreichen zu können, was wir wollen. Das bedeutet, dass die Gefangenen in aller Regel im Gefängnis sind und dass die Gefangenen bei uns in Bayern – man muss das deutlich sagen – sehr lange im Gefängnis sind. Vor allen Dingen, wenn es um die Frage von Sexual- und Gewaltstraftaten geht, bieten wir keine vorzeitige Entlassung an, wenn eine Gefahr für die Bevölkerung besteht. Ich denke, darin liegt der große Effekt, mit dem wir die Sicherheit in Bayern sicherstellen. Wir wollen in diesem Zusammenhang auch keine Änderung vornehmen. Ich habe Ihnen das gerade eben bestätigt. Auf der anderen Seite ist es wichtig, die Zeit im Gefängnis für die Gefangenen zu nutzen und Resozialisierung zu betreiben, wo es möglich ist, und zwar nach dem Motto: Jeder Gefangene, der nie wieder in ein Gefängnis einrücken muss, ist ein wichtiger Beitrag zur inneren Sicherheit in Bayern.
Frau Staatsministerin, halten Sie es im Hinblick auf die von Ihnen vorgegebenen Ziele für erforderlich, die Haushaltsmittel für den Strafvollzug auszuweiten?
Ich denke, dass sowohl die Justiz insgesamt als auch der Strafvollzug in einer Situation sind, die gestellten Aufgaben gerade noch erfüllen zu können. Wir haben versucht, die Resozialisierungsprojekte, die wir in Neuburg/ Herrenwörth durchführen, so weit es geht, durch Umstrukturierungen zu erfüllen. Darauf werden wir auch weiterhin ein Auge haben, sodass wir innerhalb der bestehenden Möglichkeiten alles zur weiteren Verbesserung und zur weiteren Entwicklung des Strafvollzugs tun. Ich muss aber dazu sagen, dass dies mit den vorhandenen Mitteln auf Dauer nur schwerlich erreichbar sein wird.
Keine weitere Zusatzfrage. Dann darf ich für die nächste Frage Herrn Kollegen Werner Schieder bitten.
Wann kann beim Amtsgericht Tirschenreuh die Sanierung der zur Liegenschaft gehörenden Fischhofbrücke, im Haushalt 2006 bei Kap. 04 04 „Kleine Baumaßnahmen“ mit 100 000 Euro etatisiert, voraussichtlich in Angriff genommen werden?
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, mit der Sanierung der Fischhofbrücke in Tirschenreuth kann nach unserer Meinung vorläufi g nicht begonnen werden. Die Kosten für die sehr umfangreiche Sanierung der Fischhofbrücke werden auf circa 900 000 Euro geschätzt. Diese Mittel stehen im Haushaltsjahr 2006 nicht zur Verfügung. Wir müssen abwarten, ob es gelingt, die erforderlichen Mittel für die Sanierung in den Doppelhaushalt 2007/2008 einzustellen. Das ist momentan nicht absehbar. Wir haben im Haushaltsplan beim Sammeltitel für das Amtsgericht Tirschenreuth für das Jahr 2005 145 000 Euro und für das Jahr 2006 100 000 Euro veranschlagt.
Mit diesen Beträgen sollten die neue Zufahrt zum Amtsgerichtsgebäude sowie die Anlage von Kfz-Stellplätzen fi nanziert werden.
Um einen wirtschaftlichen Abbau der Baumaßnahmen zu gewährleisten, hat das OLG Nürnberg die Baumaßnahmen bereits im Haushaltsjahr 2005 vorfi nanziert. Die Gesamthöhe betrug 255 000 Euro. Dafür mussten andere Baumaßnahmen zurückgestellt werden. Diese müssen wir heuer durchführen, sodass für die Sanierung der Fischhofbrücke momentan keine Finanzmittel zur Verfügung stehen.
Frau Staatsministerin, sind Sie sich darüber im Klaren, dass diese Maßnahme, die den zweiten Bauabschnitt einer Gesamtmaßnahme darstellt, seit Jahren immer wieder hinausgeschoben worden ist und dass dieses Bauwerk, das denkmalgeschützt ist, im öffentlichen Interesse, endlich saniert werden muss?
Herr Kollege Schieder, mir ist klar, dass es sich um ein denkmalgeschütztes Bauwerk handelt. Ich stelle fest, dass seit der Fertigstellung der neuen Zufahrt zum Amtsgerichtsgebäude in Tirschenreuth die Fischhofbrücke für den Schwerverkehr sowie für Personenkraftwagen gesperrt ist. Sie ist nur noch für den Fußgängerverkehr geöffnet, sodass keine aktuelle Gefahr besteht. Sicherlich wäre die Sanierung der Brücke aus Gründen des Denkmalschutzes wünschenswert. Die aktuelle Notwendigkeit ist nach der Sperrung der Brücke aber nicht so dringlich, sodass die zur Verfügung stehenden Mittel zuerst einmal für prioritäre Baumaßnahmen verwendet werden müssen.
Frau Staatsministerin, ist der Umstand, dass die Brücke gesperrt werden musste, nicht ein klarer Hinweis darauf, dass die Sanierung dringendst erforderlich ist?
Herr Kollege Schieder, dies wäre lediglich ein Hinweis auf eine notwendige Sanierung, wenn die entsprechenden Verkehre über die Brücke fahren müssten. Da wir jedoch die neue Zufahrt haben, ist die Sanierung nicht erforderlich. Die Benutzung der Brücke reduziert sich augenblicklich auf den Personenverkehr. Allerdings handelt es sich bei der Brücke um ein denkmalgeschütztes Bauwerk. Dessen sind wir uns bewusst. Wir müssen jedoch Prioritäten setzen. Das ist in Zeiten knapper Kassen notwendig.
Frau Staatsministerin, teilen Sie meine Auffassung, dass Ihre Politik und die Politik Ihres Finanzministers zunehmend dazu führt, dass unsere wertvolle öffentliche Infrastruktur immer mehr vernachlässigt wird?
Herr Staatsminister, von der Regierungsbank gibt es keine Zwischenrufe. Ich wünsche Ihnen einen guten Morgen. Bitte, Frau Staatsministerin.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter, ich glaube nicht, dass wir uns jetzt noch einmal über die Frage, warum die Kassen leer sind, unterhalten müssen. Das haben wir bereits des Öfteren und zur Genüge getan. Ich denke, auch in diesen Zeiten ist es möglich, sehr viele Investitionen zu tätigen und Sanierungsmaßnahmen vorzunehmen. Das gilt auch für den Bereich der Justiz. Selbstverständlich ist aber auch, dass wir nach einem Prioritätenkatalog vorgehen und sehr klar defi nieren müssen, was zuerst getan werden muss. Das haben wir getan. Wir haben die Projekte entsprechend aufgelistet. Ich gehe davon aus, dass das im Sinne der Bevölkerung ist.
Frau Staatsministerin, vielen Dank für die Beantwortung der Fragen. Nachdem wir noch ein bisschen Zeit haben, rufe ich jetzt noch die Fragen an das Staatsministerium für Landwirtschaft und Forsten auf. Herr Staatsminister Miller hält sich bereit. Ich rufe jetzt noch zwei Fragen auf, dann werden wir die Fragestunde beenden. Die erste Fragestellerin ist Frau Kollegin Paulig.
Herr Staatsminister, in welcher Höhe erhält die Staatsregierung Geld oder geldwerte Leistungen von Monsanto direkt bzw. über entsprechende Interessengruppen für den Bt-Mais-Erprobungsanbau und Bt-Mais-Sortenversuche, bezogen auf Saatgut, Anbau, Auswertung und Personal, und ist der Staatsregierung bekannt, ob privaten Gentech-Anbauern Geld oder geldwerte Leistungen gezahlt oder angeboten wurden, wenn ja, in welcher Höhe?
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Die Staatsregierung erhält von der Firma Monsanto oder über entsprechende Interessengruppen für die Durchführung der Versuche mit Bt-Mais weder Geld noch sonstige Unterstützung in Form geldwerter Leistungen. Das Saatgut für die Durchführung von Landessortenversuchen wird von Züchtungsunternehmen kostenlos zur Verfügung gestellt. Das ist bei allen Sortenversuchen der Fall. Hier handelt es sich um eine generelle Regelung, die für alle Sorten in den Landessortenversuchen gilt. Über Vereinbarungen von Landwirten mit Züchtungsunternehmen bezüglich des Anbaus von gentechnisch veränderten Sorten hat die Staatsregierung keine Kenntnis, weil der Kauf oder Verkauf zwischen den Sortenanbietern und den Landwirten vorgenommen wird.
Herr Staatsminister, ist der Staatsregierung bekannt, dass die Firma Monsanto Mais von benachbarten Feldern aufkauft, um diesen Bauern mögliche Schäden durch gentechnische Verunreinigung abzunehmen?
Frau Kollegin Paulig, welche Verträge die einzelnen Partner untereinander abschließen, ist deren Sache. Ich persönlich habe davon keine Kenntnis.
Herr Staatsminister, hat die Staatsregierung Kenntnis bzw. ist sie bereit, sich Kenntnis darüber zu verschaffen, mit welchen Methoden Monsanto versucht, die Nachbarn von Erprobungsanbaufeldern unter Druck zu setzen?
Frau Kollegin Paulig, ich habe davon keine Kenntnis. Ich habe aber sehr wohl davon Kenntnis, dass diejenigen, die gentechnisch verändertes Saatgut ausbringen, sehr stark unter Druck gesetzt werden. Diejenigen, die für sich Wahlfreiheit fordern, gestehen diese Wahlfreiheit anderen nicht zu. Diese Bauern stehen erheblich unter Druck.
Letzte Zusatzfrage: Frau Kollegin Paulig. Frau Kollegin Paulig, wenn Sie eine Frage stellen wollen, sollten Sie – –