Protocol of the Session on December 14, 2005

Bitte schön, Herr Kollege.

Herr Kollege Wahnschaffe, ist Ihnen erstens bekannt, dass es in der Juristerei einen Fachanwalt für Familienrecht, für öffentliches Recht, für Steuerrecht, für Strafrecht usw. gibt? Wären Sie dann zweitens der Meinung, man müsste auch in diesem Bereich einen Fachanwalt für Allgemeinjurisprudenz einführen?

Herr Kollege Wahnschaffe, bitte.

Herr Kollege Kupka, das gehört zwar nicht unbedingt zum Thema, aber ich habe es mit all diesen Fachanwälten schon fachlich zu tun gehabt, sodass ich weiß, wovon Sie reden. Aber das Problem, das ich Ihnen nahe zu bringen versuche, ist wirklich himmelschreiendes Unrecht, das Sie den Medizinern in Bayern antun.

(Beifall bei der SPD)

Die vorliegenden 500 Petitionen sind mehr als gerechtfertigt. Wir haben heute nur über eine von ihnen zu entscheiden. Ich hoffe, Sie sind Frau und Manns genug, wenigstens diese Petition der Staatsregierung zur Berücksichtigung zu überweisen und sich nicht mit Mehrheit diesem unsinnigen Gesetzesvorhaben anzuschließen. Herr Staatssekretär Dr. Bernhard hat bereits in einem Nebensatz gesagt, es gebe auch andere Lösungen, die andere Bundesländer angesichts dieser unglücklichen

EU-Richtlinie gefunden haben. Ich sehe nicht ein, warum wir Bayerns Mediziner benachteiligen sollten. Sie sollten nicht auf die Ärztekammer schauen und dieser die Verantwortung zuschieben. Wir haben heute im Rahmen der namentlichen Abstimmung unsere Verantwortung wahrzunehmen.

(Beifall bei der SPD)

Mir liegt keine weitere Wortmeldung vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Ich bitte darum, für die Abstimmung die Plätze einzunehmen.

Ich lasse zunächst über die mitberatene Eingabe betreffend die Änderung des Heilberufe-Kammergesetzes abstimmen. Der Ausschuss für Sozial-, Gesundheits- und Familienpolitik hat sich mit dieser Eingabe in seiner Sitzung am 8. Dezember 2005 befasst und beschlossen, diese gemäß § 80 Nummer 4 der Geschäftsordnung aufgrund der Stellungnahme der Staatsregierung für erledigt zu erklären. Gemäß § 126 Absatz 7 der Geschäftsordnung ist bei Eingaben, über die die Vollversammlung zu beschließen hat, der Abstimmung die Entscheidung des die Eingabe behandelnden Ausschusses zugrunde zu legen.

Wer dem Votum des Ausschusses für Sozial-, Gesundheits- und Familienpolitik zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die CSU-Fraktion. Wer ist dagegen? – Das sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist dem Votum des Ausschusses entsprochen worden.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Gesetzentwurf der Staatsregierung. Der Abstimmung liegen der Gesetzentwurf auf Drucksache 15/3947 und die Beschlussempfehlung mit Bericht des federführenden Ausschusses für Sozial-, Gesundheits- und Familienpolitik auf Drucksache 15/4434 zugrunde. Der federführende Ausschuss für Sozial-, Gesundheits- und Familienpolitik empfi ehlt die unveränderte Annahme. Der Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen stimmt bei seiner Endberatung ebenfalls zu, allerdings mit der Maßgabe von Änderungen. Ich verweise insoweit auf Drucksache 15/4434.

Wer dem Gesetzentwurf in der Fassung des endberatenden Ausschusses für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die CSU-Fraktion. Gegenstimmen? – Das sind die SPD-Fraktion und die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Stimmenthaltungen? – Keine. Dann ist so beschlossen.

Da ein Antrag auf Dritte Lesung nicht gestellt wurde, führen wir gemäß § 56 der Geschäftsordnung sofort die Schlussabstimmung durch. Dafür wurde namentliche Abstimmung beantragt. Die Urnen stehen bereit. Sie haben wie immer fünf Minuten Zeit.

(Namentliche Abstimmung von 14.36 bis 14.41 Uhr)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, die Abstimmung ist abgeschlossen. Die Stimmen werden ausgezählt, das Ergebnis wird zu einem späteren Zeitpunkt bekannt gegeben. Ich bitte, die Plätze einzunehmen, damit wir in der Tagesordnung fortfahren können. Die Fraktionen sind übereingekommen, dass wir jetzt Tagesordnungspunkt 17 aufrufen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 17 auf:

Gesetzentwurf der Abg. Franz Maget, Hans-Ulrich Pfaffmann, Susann Biedefeld u. a. u. Frakt. (SPD) zur Änderung des Bayerischen Schulfi nanzierungsgesetzes (Drs. 15/4000) – Zweite Lesung –

Eingaben zum Thema Büchergeld (BI. 0533.15, 0534.15, 0538.15, 0540.15, 0541.15, 0544.15, 0545.15, 0547.15, 0548.15, 0550.15, 0552.15, 0554.15, 0558.15, 0562.15, 0563.15, 0564.15, 0565.15, 0568.15)

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Im Ältestenrat wurden 30 Minuten pro Fraktion vereinbart. Ich darf zunächst Herrn Kollegen Pfaffmann das Wort erteilen.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben heute ein Thema zur Zweiten Lesung anstehen, das ausführlich diskutiert wurde, und zwar nicht nur in der Ersten Lesung und in den Ausschüssen, sondern auch in den Institutionen, in den Schulen, bei den Eltern, bei den Lehrerverbänden, sozusagen allerorten. Wie emotional dieses Thema diskutiert wurde, zeigt ein etwas erstaunlicher Vorgang in Naila. Ich möchte darauf hinweisen, dass dort eine erzürnte Mutter wegen des Büchergeldes tätlich auf den Bürgermeister losgegangen ist.

(Zurufe von der CSU: Oha! Oha!)

Das zeigt doch, wie emotional dieses Thema diskutiert wird, auch wenn das hier nicht immer zur Kenntnis genommen wird.

(Unruhe bei der CSU)

Es handelt sich dabei um eine Frau, die meines Wissens nicht SPD-Mitglied ist, Herr Dr. Waschler. Ich möchte auch erwähnen, dass die Befürworter des Büchergeldes in Bayern mit der Lupe gesucht werden können, es gibt sie nämlich nicht.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wenn man lange sucht, kommt man auf die CSU-Landtagsfraktion.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Aber nur halbherzig!)

Aber auch da nur halbherzig. Wenn man noch länger sucht, kommt man auf das Kultusministerium, wo es ebenfalls nur halbherzig gewollt wird. Wenn man weiter sucht, dann kommt man auf das Finanzministerium.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Dort aber mit aller Macht!)

Dort nicht halbherzig, sondern mit voller Kraft. Das Finanzministerium will Geld einsparen, und das ist der wahre Grund, warum Sie, meine Damen und Herren der CSU, das Büchergeld einführen.

(Beifall bei der SPD)

Sie haben vielleicht auch vergessen, wie das Büchergeld eigentlich zustande gekommen ist, deshalb möchte ich es zu Beginn der Debatte noch einmal aufführen. Es gab die Diskussion, die Lernmittelfreiheit abzuschaffen. Das war der Ursprung des Büchergeldes. Die Lernmittelfreiheit sollte, wenn es nach dem Willen der CSU-Mehrheit hier im Landtag und nach dem Finanzministerium gegangen wäre, abgeschafft werden. Sie haben sich das aber nicht getraut, weil einige mit einem Volksbegehren gedroht haben. Da haben Sie sich gesagt, das wird zu gefährlich. Alternativ haben Sie dann das Büchergeld eingeführt. Ich sage Ihnen, faktisch ist das die Abschaffung der Lernmittelfreiheit.

(Beifall bei der SPD)

Sie wissen ganz genau, zumindest einige Kolleginnen und Kollegen von Ihnen, dass der Herr Ministerpräsident in Kreuth das Büchergeld eingeführt hat, in dem er in das Mikrofon eines Journalisten hineinsprach: Wir werden ein Büchergeld einführen. Sie saßen in Ihrem Sitzungssaal und haben davon nichts gewusst.

(Engelbert Kupka (CSU): Das stimmt nicht! – Thomas Kreuzer (CSU): Das ist Geschichtsklitterung!)

So ist das zustande gekommen. Sie erfüllen sozusagen – –

(Prof. Dr. Gerhard Waschler (CSU): Das war nicht in Kreuth!)

Dann war es eben im Kloster Banz.

(Thomas Kreuzer (CSU): Ihnen ist doch egal, ob es so war!)

In der Tat, es ist egal, wo es war. Sie erfüllen den Wunsch Ihres Herrn und Meisters, nichts anderes tun Sie. Inhaltlich sind Sie doch von der Einführung des Büchergeldes selbst nicht überzeugt. Das muss man schon mal sagen. Es ist ein ungenierter Griff in die Geldbeutel der Eltern, das muss schon einmal gesagt werden.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Sie haben noch nicht einmal den Anstand, zuzugeben, dass das so ist. Sie streiten es ab. Es ist aber ein Griff in die Geldbeutel der Eltern, es ist die faktische Abschaffung der Lernmittelfreiheit. Sie haben in Ihren eigenen Reihen riesige Probleme, das Büchergeld zu rechtfertigen. Ich möchte ein paar dieser Probleme darstellen. Bernd Singer

beispielsweise, der Bürgermeister von Halblech sagt: „Dieser CSU möchte ich nicht mehr angehören.“ Der Grund: die verfehlte Schulpolitik. Er meint damit das Büchergeld.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Hört, hört!)

Zwanzig oberfränkische Bürgermeister fordern die Abschaffung des Büchergeldes. Begründung: bürokratisch, familienfeindlich.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Wo sie Recht haben, haben sie Recht!)

Wo sie Recht haben, haben sie Recht, diese zwanzig oberfränkischen Bürgermeister. Der Bayerische Städtetag fordert die Rücknahme des Gesetzes, weil sich das Büchergeld immer mehr zum bürokratischen Monster aufbläht. In Passau, Herr Kollege Dr. Waschler, passiert etwas ganz Interessantes.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Das fi nde ich auch!)

In Passau beschließt der Stadtrat, dass er das Büchergeld übernehmen möchte.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Respekt! – Gegenruf des Abgeordneten Engelbert Kupka (CSU): Weil wir die Kommunen so gut ausstatten!)