(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Respekt! – Gegenruf des Abgeordneten Engelbert Kupka (CSU): Weil wir die Kommunen so gut ausstatten!)
Respekt, Respekt. Zu dieser Entscheidung kann man stehen, wie man will, interessant aber ist, Herr Professor Dr. Waschler, dass Sie mitgestimmt haben.
Dann haben Sie halt nicht dagegen gestimmt. Tatsache ist doch, hier im Landtag beschließt man die Einführung des Büchergelds und vor Ort gibt man die Kosten an die Kommunen weiter. Das ist ein interessantes Verhalten. Ich meine, das stellt die politische Glaubwürdigkeit dieser Entscheidung hier im Hause infrage.
Ich darf auch den ersten Bürgermeister von Thierhaupten zitieren. Franz Neher kritisiert, das Büchergeld verstoße gegen die Lernmittelfreiheit. Es sei in der Summe ungerecht und viel zu hoch, und für andere Dinge, die notwendig wären, ist kein Geld mehr da. Das sagt der Bürgermeister von Thierhaupten. In Nürnberg fordert der Schulausschuss die Abschaffung des Büchergeldes. Es gibt Petitionen, die von Ihren Leuten unterschrieben werden. Ich kann die durchaus zitieren, wie beispielsweise die Fraktionsvorsitzende der CSU im Dachauer Stadtrat. Sie hat eine Petition gegen das Büchergeld unterschrieben, und fordert die Abschaffung des Büchergeldes. Das sind Ihre eigenen Leute! Mitglieder Ihrer Partei treten aus, weil sie gegen das Büchergeld sind. Das muss
Es gibt allerdings noch andere Argumente, inhaltliche Argumente, die man hier ebenfalls anführen muss. Die Frage, warum das Büchergeld 40 Euro bzw. 20 Euro beträgt, haben Sie bis heute nicht beantwortet.
Wie kommen Sie eigentlich auf 40 Euro und auf 20 Euro? Das ist eine völlig willkürliche Berechnung. Tatsache ist, dass die Bücher am Gymnasium 26,50 Euro kosten, an der Realschule 21,60 Euro, an der Hauptschule 13,90 Euro und an der Grundschule 14,70 Euro. Das heißt, Sie gehen bei der Erhebung von Büchergeld weit über die tatsächlichen Kosten hinaus. Wie das sachlich begründet sein soll, nachdem Sie immer wieder sagen, Sie wollen nur die veralteten Schulbücher ersetzen, erschließt sich nicht. Daran wird deutlich, mit welchen Argumenten hier gearbeitet wird. – Nein, es geht nicht um den Ersatz alter Schulbücher; es geht um das nackte Sparen. Das ist völlig klar.
Zu einem weiteren Punkt möchte ich Kollegen Eisenreich aus der Ausschussberatung zitieren, der dort hinten sitzt. – Servus, Herr Eisenreich! – Er sagt immer, das wäre doch ein zumutbarer Beitrag.
Wenn man sonst keine Kosten hätte, wenn die Eltern sonst nichts bezahlen müssten, würde ich Ihnen eventuell Recht geben, Herr Eisenreich. Wenn die Beschulung der Kinder nur 40 Euro kosten würde, dann könnte man das noch akzeptieren. Sie wollen immer wegdiskutieren, dass Sie die Beschulung der Kinder immer weiter privatisieren und die Kosten auf die Eltern verlagern. Tatsache ist nämlich, dass bereits heute die Beschulung der Kinder sehr viel Geld kostet. Dazu gibt es teilweise sehr verschiedene Angaben von den Elternverbänden, die von bis zu 1000 Euro pro Schuljahr sprechen, die die Eltern heute schon bezahlen müssen. Es kommen schnell 180 Euro für einen Schullandheimaufenthalt, 30 Euro für die Klassenkasse und weitere Kosten hinzu.
Es geht hier nicht um 40 Euro als isolierten Beitrag. Es geht um die Frage, was die Beschulung der Kinder kostet, vor allen Dingen für die Familien, die sich das fast nicht mehr leisten können. Ich erinnere an allein erziehende Mütter oder Väter, die um jeden Euro kämpfen müssen.
Das übersehen Sie völlig. Sie sagen: Na ja, 20 Euro oder 40 Euro sind doch nicht so viel, das können die Eltern locker verkraften. – Sie können es eben nicht. Deswegen geht es hier nicht nur um eine schulpolitische Frage, sondern auch um eine soziale, familienpolitische Frage. Gerade die CSU sagt immer, die Familie ist unser prioritäres Ziel. Das sind nur leere Worte, wenn man sieht, wie ungeniert Sie die Familien im täglichen Geschäft belasten.
Von den Kleinstproblemen, beispielsweise davon, dass die letzten Klassen an den Schulen ebenfalls Büchergeld bezahlen müssen, obwohl es für die überhaupt keine Bücher mehr gibt, reden Sie überhaupt nicht. Was ist das für ein Verfahren? Die letzten Klassen an den Schulen werden keine neuen Bücher mehr anschaffen, müssen sie aber trotzdem bezahlen. Das sind Probleme, die Sie wegdiskutieren. Das Problem des mangelnden Lehrplans in der Oberstufe des G 8 ist ebenfalls völlig ungelöst.
Das ist eine Situation – darum kommen wir nicht herum –, in der Familien immer stärker für die Beschulung der Kinder bezahlen müssen. In Bayern wird dadurch das Armutsrisiko der Kinder erhöht. Wollen Sie wirklich, dass man stückchen- und scheibchenweise die Kosten auf die Familien verlagert und damit das Armutsrisiko für die Familien und die Kinder erhöht?
Das Gesetz ist nicht nur ein unverschämter Griff in die Familienkasse, es ist auch eine bürokratische Katastrophe. Das zeigt sich jetzt in verstärktem Maße auch in der Praxis. Das wollen Sie nicht wahrhaben. Der Städtetag hat das von Anfang an gesagt, auch die Verbände: ein bürokratisches Monster. Es gibt Berechnungen, die bestätigen diese Äußerung.
Für einen Schüler werden im Schnitt etwa 22 Minuten der Arbeitszeit von Schulleitern, Verwaltungsangestellten und Lehrern benötigt. Daraus ergeben sich am Beispiel München für 150 000 Schülerinnen und Schüler insgesamt 3 300 000 Minuten, entspricht 55 000 Arbeitsstunden.
Das ist die Konsequenz der Politik einer Partei, die Entbürokratisierung verlangt. Das ist der Treppenwitz schlechthin. Es ist keine Entbürokratisierung, wenn Sie ein Gesetz machen, das zusätzlich 55 000 Arbeitsstunden alleine in München zur Konsequenz hat.
Hauptsächlich müssen die Lehrerinnen und Lehrer das Geld einsammeln, was sehr aufwendig ist. Dazu gibt es ebenfalls Berechnungen. 10 000 Lehrerstunden sollen für die Einführung des Büchergeldes verwendet werden. Wir meinen, dass diese Stunden besser für den Unterricht verwendet werden sollten, als für das Einsammeln von Büchergeld.
Alleine die Landeshauptstadt München – an dem Beispiel haben wir es hochgerechnet, das gilt ebenso für alle anderen Gemeinden im Freistaat Bayern – braucht fünf Planstellen in der Verwaltung, um das abzuwickeln, was Sie hier anrichten.
Zum Thema Konnexität: Wollen Sie diese fünf Planstellen bezahlen? Dann können wir darüber reden. Ich glaube aber, dass dieser Wunsch unerfüllt bleiben wird.
(Joachim Herrmann (CSU): Keine Ahnung, Herr Pfaffmann! – Gegenruf der Abgeordneten Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Das ist immer das beste Argument, wenn einem nichts mehr einfällt!)
Kolleginnen und Kollegen, ein Beschäftigungsprogramm für Verwaltungen ist das, und zwar ein unsinniges noch dazu. Der Städtetag hat das ebenfalls gesagt. Der hat dann auch keine Ahnung, Herr Fraktionsvorsitzender.
Der Städtetag hat gesagt: Die Kosten für den entstehenden Verwaltungsausfall übersteigen vielfach die Einnahmen aus dem Büchergeld. Das muss man sich vorstellen. Das hat der Städtetag gesagt. Sie sagen: keine Ahnung.
Das werde ich Herrn Schaidinger ausrichten, dass Sie meinen, er hätte keine Ahnung, wenn er solche Dinge sagt.
300 000 Befreiungsanträge sind zu bearbeiten. Es sind weit mehr als 300 000 Befreiungsanträge. Das war die ursprüngliche Planung. Es werden mehr Anträge sein, die zu bearbeiten sein werden. Man kann sich hier locker hinsetzen und so etwas beschließen. Die Arbeit erledigen die Kommunen. Soviel zum Thema Entbürokratisierung.
Ich werde Herrn Schmidt sagen, dass Sie über das Problem gelacht haben. Der Bayerische Philologenverband sagt in seiner neuen Zeitung – lesen Sie es nach, das
scheint auch ein lächerliches Argument zu sein –, dass 14 000 Stunden gebraucht werden, um das Büchergeld einzufordern.
14 000 Stunden werden dafür verwendet, das Büchergeld einzufordern. Ich sage es Ihnen noch einmal: Mir wäre es lieber, die 14 000 Stunden würden für einen vernünftigen Unterricht verwendet, anstatt dafür, das Büchergeld einzusammeln.
Lieber Herr Herrmann, wenn Sie das als lächerlich bezeichnen, kann man das dahingestellt sein lassen. Ich habe hier die Stellungnahmen dabei: „Büchergeld übertrifft negative Erwartungen bei weitem“. Sie müssen zur Kenntnis nehmen, was die Verbände sagen.