Herr Staatssekretär Dr. Bernhard, dass wir hier nicht Mindeststandards, sondern mehr wollen, mag korrekt sein. Aber ich habe Ihnen schon einmal gesagt, Sie treffen hier die Falschen. Diese Menschen praktizieren seit vielen Jahren, seitdem es dieses Diplom gibt, als Ärzte. Sie glauben doch nicht wirklich, dass dadurch die Qualität der medizinischen Versorgung leidet,
Ebenso wie im Ausschuss plädieren wir auch hier auf Berücksichtigung der Petition, also auf Ablehnung des entsprechenden Beschlusses der Mehrheitsfraktion.
Wir lehnen auch den Gesetzentwurf in der Fassung der Drucksache 15/4434 ab. Ich appelliere noch einmal eindringlich an alle Kolleginnen und Kollegen der Mehrheitsfraktion, sich zu überlegen, ob sie diesem Gesetz so zustimmen oder ob sie ihre Verantwortung in der Gesetzgebung wahrnehmen und mit uns dagegen stimmen, damit eine vernünftige Lösung gefunden werden kann.
Nach § 105 der Geschäftsordnung kann jedes Mitglied des Landtags seinen Platz in der Rednerliste an ein anderes Mitglied des Landtags abtreten.
Nein, aber Sie haben vorhin Herrn Kollegen Zimmermann auf die Redezeit angesprochen. Im Übrigen handelt es sich um ein Mitglied der Staatsregierung, das sich jederzeit zu Wort melden kann. Außerdem liegt mir eine mit Schreibmaschine gefasste Veränderung der Rednerliste vor. Ich bitte, das zur Kenntnis zu nehmen, damit wir nicht unnötig diskutieren.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir befi nden uns in Bayern wieder einmal in der Situation, einen Alleingang vorzubereiten, der uns in der Zukunft wahrscheinlich mehr Schwierigkeiten machen als Sympathien einbringen wird. Im Moment gibt es, wie von meinen Vorrednern und Vorrednerinnen schon ausführlich geschildert, in der Bezeichnung von praktischen Ärzten eine Ungleichheit; denn während sich praktische Ärzte in 14 Bundesländern, aber auch im europäischen Ausland, als „Facharzt für Allgemeinmedizin“ bezeichnen dürfen, sollen sie in Bayern weiterhin „praktische Ärzte“ genannt werden. Von dieser Regelung sind im Moment 1500 praktische Ärzte betroffen.
Ich halte diese Regelung nicht für zielführend. Ich habe für den Einwand von Fachärzten Verständnis, sie hätten eine lange Ausbildung absolvieren müssen, um den Titel „Facharzt“ führen zu können, und es sei in ihren Augen ungerecht, wenn jetzt Ärzte, deren Zusatzausbildung kürzer sei, diesen Titel führen dürften,. Wir wohnen aber nicht auf dem Mond oder in einem abgelegenen Ländchen, sondern mitten in Europa, und die Einführung dieser Bezeichnung ist eine EU-Bestimmung. Auch wenn wir Argumente dafür anführen könnten, sollten wir uns da nicht ausklinken,
weil es uns nicht zum Ziel führt und weil es letztendlich auch eine Berufsgruppe diskriminiert, die diese Diskriminierung leicht umgehen könnte, indem sie ihren Sitz kurzzeitig ins Ausland verlegt, um dann mit der neuen Berufsbezeichnung wieder zurückzukommen. Wenn also eine Berufsbezeichnung so wackelig ist, dass man sie damit bereits aushebeln kann, dann hat sie ihre Daseinsberechtigung verwirkt und dann ist es nicht wichtig, sie in dieser Form aufrechtzuerhalten. Weil dieser Gesetzentwurf aber darauf abzielt, dass diese Berufsbezeichnung so aufrechterhalten werden soll, werden wir den Gesetzentwurf ablehnen.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bitte um Nachsicht, dass ich Sie durch mein Fernbleiben zu Beginn dieses Tagesordnungspunktes mental etwas durcheinander gebracht habe.
Aber allein die Anwesenheit zum richtigen Zeitpunkt gibt mir die Gelegenheit, auf alle Ihre Fragestellungen und Anmerkungen, die Sie, Frau Kollegin Sonnenholzner, meinten machen zu müssen, antworten zu können.
Man muss die ganze Sache einmal objektiv darstellen. Kolleginnen und Kollegen, eine EU-Richtlinie, die Ende der Neunzigerjahre erlassen wurde, bringt zum Ausdruck, dass eine im Ausland erworbene fachärztliche Tätigkeit in Deutschland anerkannt werden muss. Keine gute Entscheidung, wie ich meine, sondern eine falsche Entscheidung, die unter Qualitätsgesichtspunkten nicht das einfordert, was wir in der Bundesrepublik als Standard generell immer so hochhalten.
Ich bin der Meinung, es war eine falsche Entscheidung, Herr Kollege Wahnschaffe. Ich gehöre zu denen, die der Meinung sind, wenn man erkennt, dass eine Entscheidung falsch war, dann sollte man sie kein zweites Mal treffen. Und vor dieser Situation, zum zweiten Mal einen Fehler zu machen, sind wir jetzt. Ich würde davon abraten und sage das speziell an die Kolleginnen und Kollegen meiner Fraktion, nachdem sie angesprochen worden sind, diesen Fehler noch einmal zu machen. Warum, Kolleginnen und Kollegen? Ich bin der Meinung, um es auf den Punkt zu bringen: Wo Facharzt draufsteht, muss auch Facharzt drin sein. Das ist eine qualitätssichernde Maßnahme, weil wir eine gewisse Sicherheitspfl icht den Ärzten gegenüber dahingehend haben,
weil alle diejenigen, die sich zum Facharzt für Allgemeinmedizin weitergebildet haben, eine Weiterbildungszeit von fünf Jahren hinter sich gebracht haben und eine Prüfung abgelegt haben. Was wir jetzt auf dem kalten Wege beschließen sollten, würde bedeuten, dass alle diese Notwendigkeiten beim Facharzt für Allgemeinmedizin nicht mehr gegeben wären.
Herr Kollege Dr. Zimmermann, Sie haben eben so schön formuliert, dass, wo „Facharzt“ draufsteht, auch „Facharzt“ drin sein sollte. Wie beurteilen Sie denn die Tatsache, dass die Kollegen und Kolleginnen aus dem EU-Ausland und aus den anderen Bundesländern diese Bezeichnung führen dürfen, ohne dass sie diesen von Ihnen so gelobten Inhalt vorweisen können?
Herr Kollege Wahnschaffe, ich bedanke mich für die Frage. Das leitet sich ab von dem hier schon apostrophierten so genannten EUDiplom, das keines ist, weil die EU im Bereich der Medizin überhaupt keine Diplome zu verteilen hat. Dies ist Gott sei Dank immer noch Ländersache. Wir müssen, wie schon erwähnt, hier die Entscheidung treffen: Wollen wir unser
Heilberufe-Kammergesetz diesbezüglich ändern, ja oder nein? Lassen Sie mich gleich dazu sagen, wir sind eben der Meinung, dass selbstverständlich der Artikel 22 im jetzt zur Diskussion stehenden Heilberufe-Kammergesetz in hervorragender Art und Weise die Möglichkeit gibt, beide Bereiche, einmal die Qualitätssicherung, Ausbildung und Weiterbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin, aber auch, Herr Kollege Wahnschaffe, die juristischen Notwendigkeiten, die uns die EU vorgibt, in vortrefflicher Art und Weise lösen zu können.
Herr Kollege Wahnschaffe, wir schreiben in Artikel 22 ausdrücklich, dass Weiterbildung und die Weiterbildungsordnung selbstverständlich innerhalb der zuständigen Bayerischen Landesärztekammer geregelt werden kann.
Wir haben uns in den vorberatenden Ausschüssen eingehend damit beschäftigt, auch dahingehend, dass wir an die zuständige Landesärztekammer appelliert haben, doch einen Modus zu fi nden – dieser Modus lässt sich fi nden, Herr Kollege Wahnschaffe –, einmal der qualitätssichernden Maßnahme der Weiterbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin, aber auch den juristischen Vorgaben der EU-Richtlinie gerecht zu werden.
Wie stellen wir uns das vor? Es muss halt entsprechend der Anmerkung, die ich schon gemacht habe, dass zum Erwerb des Facharztes eine Weiterbildungszeit und eine Prüfung gehört, ein Äquivalent gefunden werden, indem durch die Weiterbildungsordnung das so geregelt wird, dass man dem gerecht wird.
Kolleginnen und Kollegen, es ist auch angesprochen worden, dass sich die Bayerische Landesärztekammer sehr wohl mit dieser Thematik bereits beschäftigt hat. Warum hat sich die Bayerische Landesärztekammer damit beschäftigt? Weil sie sehr wohl weiß, dass dies Bestandteil der gültigen Weiterbildungsordnung der Ärzteschaft ist. Und so hat man dies in Coburg, auf dem letzten Bayerischen Ärztetag, thematisiert, einen Antrag eingebracht, der beraten worden ist – selbstverständlich divergent beraten worden ist – und abgestimmt worden ist. Und siehe da, das Ansinnen, die Weiterbildungsordnung zu ändern, hat keine Mehrheit gefunden.
Und jetzt, weil auf dem Ärztetag bei den Beratungen und bei der Abstimmung nicht das Ergebnis herausgekommen ist, wären wir, Kolleginnen und Kollegen, plötzlich in der Verpfl ichtung, den Entwurf der Staatsregierung zum Heilberufe-Kammergesetz zu ändern, der die Weiterbildungsordnung beinhaltet und für die Landesärztekammer zwingend zur Erledigung vorschreibt? – Kolleginnen und Kollegen, das ist die typische Aufgabe der Selbstverwaltung, die wir der Landesärztekammer übertragen haben. Darum bin ich der Meinung, es wäre völlig falsch, die gesetzliche Grundlage zu ändern, nur weil man in einem gewissen Bereich der Ärzteschaft mit diesem Ergebnis nicht zurechtkommt.
Kolleginnen und Kollegen, ich darf vielleicht noch einmal präzisieren, was der tatsächliche Hintergrund ist. Wir
haben die Ausbildung zum praktischen Arzt, die europaweit nur zwei Jahre dauert. Ich halte es nicht für angezeigt, dies durch die EU-Richtlinie, die der ganzen Auseinandersetzung zugrunde liegt, letztlich zu konterkarieren, indem wir sagen: Wir stellen die Kolleginnen und Kollegen Ärzte, die eine zweijährige Ausbildung zum praktischen Arzt haben, auf die gleiche Ebene der Fachärzte für Allgemeinmedizin, die eine fünfjährige Weiterbildungszeit mit Prüfung absolviert haben.
Es ist mein Anliegen, Kolleginnen und Kollegen, hier heute rüberzubringen, dass es nicht der Moment sein kann, das zugrunde liegende Heilberufe-Kammergesetz zu ändern, Herr Kollege Wahnschaffe, sondern vielmehr einvernehmlich mit Ihnen allen, Kolleginnen und Kollegen, an die Bayerische Landesärztekammer zu appellieren, die Instrumentarien, die sie aufgrund des heute zu verabschiedenden Gesetzes in Händen hat, zu nutzen, um die Weiterbildungsordnung anzuwenden und die Möglichkeit zu ergreifen, dem Anliegen der betroffenen Ärzte – es sind übrigens keine 1500, wie ich mich habe informieren lassen, sondern nur 1100, die in Frage kommen – gerecht zu werden.
Zugegeben, eine erkleckliche Anzahl. Ich bin auch der Meinung, dass für diese 1100 Ärzte eine vernünftige, beide Seiten berücksichtigende Möglichkeit der Erledigung dieses Problems gefunden werden kann.
Zu den angesprochenen Petitionen, Frau Kollegin Sonnenholzner: Sie werden genauso wie ich feststellen haben können, dass die Petitionen, die noch nicht behandelt sind, identisch sind mit der, wenn Sie so wollen, Musterpetition, die eingereicht und bei uns im Ausschuss beraten wurde und mit Erklärung der Staatsregierung als erledigt beschlossen wurde. Wir haben kein Problem damit, weiter eingehende Petitionen im dafür zuständigen Ausschuss zu diskutieren und mit einem identischen Votum zu beschließen.
Ich bin zusammenfassend der Meinung, Kolleginnen und Kollegen, ich habe es schon kurz angesprochen, möchte es aber aufgrund der Wichtigkeit der Thematik noch einmal wiederholen: Wir sollten als Parlament an die Bayerische Landesärztekammer appellieren – es gibt bereits Signale –, entsprechend dieses Heilberufe-Kammergesetzes die Chance zu ergreifen, um mit dem Zusammentragen aller Argumente diese Problematik auch für die praktischen Ärzte im Hinblick auf die Weiterbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin einvernehmlich zu lösen.
Weitere Wortmeldung: Herr Kollege Wahnschaffe. Sie haben noch gute drei Minuten, Herr Kollege. Bitte schön.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Dr. Zimmermann, ich weiß nicht, ob es Ihnen gelungen ist, den zahlreich anwesenden Kolleginnen und Kollegen dieses Problem näher zu bringen. Frau Kollegin Sonnenholzner hat es
meines Erachtens auf den Punkt gebracht: Das, was heute hier beschlossen werden soll, bedeutet zunächst einmal, dass es in Bayern in Zukunft zweierlei Ärzte geben wird bzw. dass mit zweierlei Maß gemessen wird.
Es gibt die praktischen Ärzte, die aus dem EU-Ausland zu uns kommen und sich hier niederlassen und die sich kraft Segens der EU in Bayern Fachärzte für Allgemeinmedizin nennen dürfen. Daneben gibt es Ärzte, die aus den anderen 14 Bundesländern stammen, in denen eine andere Regelung getroffen wurde, und die sich ebenso Fachärzte für Allgemeinmedizin nennen dürfen, obwohl sie nur die zweijährige Ausbildung haben. Nun besteht Ihre famose bayerische Regelung darin, dass Sie die bayerischen Ärzte diskriminieren, indem sich diejenigen, die nicht die fünfjährige Ausbildung haben, aber dem EUStandard gerecht werden, nicht Fachärzte nennen dürfen. Eines werden Sie auf jeden Fall damit erreichen: Sie werden nicht nur diese 1500 Ärzte diskriminieren, sondern auch Verfassungsbeschwerden heraufbeschwören.