Joachim Wahnschaffe

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Last Statements

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich darf für unsere Fraktion ebenfalls ankündigen, dass wir für unseren Antrag eine namentliche Abstimmung beantragen.
Auf der einen Seite kann man froh sein, dass dieses Thema heute noch einmal Gegenstand der Beratung der Plenarsitzung ist. Auf der anderen Seite muss man sagen, dass es, wenn man jetzt Bilanz zieht und das, was wir in den letzten Monaten versucht haben und was dabei herausgekommen ist, Revue passieren zu lassen, für die Betroffenen eine bittere Pille ist. Man könnte aber auch sagen: armes Bayern.
Worum geht es? Es gibt eine Reihe von Untersuchungen – leider gehört dazu nicht der Sozialbericht der Bayerischen Staatsregierung –,
die in sehr eindrucksvoller Weise dargestellt haben, dass es in diesem Lande allgemein Armut, aber auch die spezielle Kinderarmut gibt. Das muss uns in einem so reichen Land besonders bedrücken. Wir sehen täglich Bilder aus Dafur und Afghanistan. Aber die Bilder, die es bei uns gibt, sehen wir nicht, weil es meist eine verschämte Armut ist.
Zu denken muss einem der Bericht „der Tafel“ geben – das ist noch gar nicht so lange her –, wonach „die Tafel“ inzwischen 200 000 Kinder mit Nahrungsmitteln versorgt, etwa mit warmen Mahlzeiten, und zwar nur mit den Mitteln, die sie über Firmenspenden und Ähnlichem rekrutieren kann, allerdings nicht flächendeckend. Und wer kennt die „Tafel“ nicht, die es inzwischen deutschlandweit gibt? Wir haben deshalb und nicht zuletzt auch wegen eines sehr objektiven, sehr nüchternen, aber sehr eindringlichen Berichtes des Deutschen Jugendinstituts in München zu Beginn dieses Jahres im Landtag ein Paket von Anträgen zum Thema Kinderarmut gestellt in der Hoffnung, damit auch die Mehrheitsfraktion zu sensibilisieren und zu eigenen Maßnahmen zu veranlassen. Es musste nicht der Antrag der SPD sein, um dieses Thema wieder aufzunehmen. Wir wären schon zufrieden gewesen, wenn die CSU in einem eigenen Antrag gesagt hätte, wir nehmen uns dieses Themas an. Aber leider war auch da Fehlanzeige.
Es gab noch ein Fünkchen Hoffnung.
Frau Kollegin Ackermann, Sie werden sich daran erinnern, dass wir zu diesem Thema gemeinsame Anträge gestellt haben. Aber diese Anträge wurden vertagt, weil die CSU gesagt hat, dazu gebe es einen Bericht der Staatsregierung. Wir waren alle gespannt und elektrisiert,
Wir setzen die Beratungen fort. Das Wort hat Frau Kollegin Ackermann.
Frau Staatsministerin, ich habe Ihnen sehr aufmerksam zugehört, und wahrscheinlich auch alle anderen, die an diesem Thema interessiert sind. Ich habe von Ihnen aber kein Wort darüber gehört, was
Die Kinder brauchen ein faktisches Mittagessen, eines, das sie sich in den Mund schieben können und von dem sie satt werden. Sie brauchen keine Geldleistungen, die sie letztlich doch nicht zu sehen bekommen.
Frau Ministerin, ich habe das Fass mit dem Landeserziehungsgeld nicht aufgemacht, sondern das waren Sie. Aber wir können gern darüber reden. Wir sind deshalb gegen das Landeserziehungsgeld, weil es den Familien nicht weiterhilft. Das Geld ist viel zu wenig, um tatsächlich eine Hilfe zu sein. Wir brauchen Einrichtungen für Kinder, in denen sie Bildung erfahren, in denen sie betreut werden und in denen sie ein Mittagessen bekommen. Genau das verweigern Sie den Kindern. Sie wollen sie mit einem Almosen, das sich Landeserziehungsgeld nennt, abspeisen.
Wenn das Landeserziehungsgeld ausgelaufen ist, wenn kein Anspruch mehr besteht, dann stehen die Familien allein da mit ihrem Kind, dann können sie schauen, wie sie weiterkommen. Deswegen sind wir dafür, dass Bayern ausgestattet wird mit einer Infrastruktur an Bildungseinrichtungen, die den Kindern tatsächlich eine Chance fürs Leben bieten, und nicht mit irgendwelchen Scheinlösungen, die den Familien niemals helfen können.
Frau Kollegin Hohlmeier, ist Ihnen bekannt, dass in dem Bundesprogramm für den Ausbau von Kindertagesstätten für Kinder im Alter von null bis zwei Jahren der Bund 340 Millionen Euro nach Bayern gibt, während der Freistaat Bayern selbst für den Ausbau gerade einmal 100 Millionen bereitstellt, und wie passt das zu Ihrer Aussage, Herr Steinbrück gäbe für Kinderbetreuung weniger aus als der Freistaat Bayern?
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Leider scheint das Interesse an diesem Thema, jedenfalls was die rechte Seite des Hauses angeht, deutlich nachgelassen zu haben.
Herr Kollege, ob das immer das Gleiche ist, ist sehr die Frage.
Das ist eine ganze Menge, jedenfalls wenn man die Zahl in Verhältnis zu der der CSU-Abgeordneten setzt. Das ist zumindest ganz ordentlich.
Ich glaube, wir sollten uns wirklich die Zeit nehmen, über dieses Thema, das nicht nur uns hier im Bayerischen Landtag so intensiv beschäftigt, sondern das auch viele Menschen draußen bewegt, in aller Ausführlichkeit zu reden und es ernst zu nehmen. Es gibt nicht weit von hier Menschen, die seit längerer Zeit eine Mahnwache abhalten. Sie erinnern Tag und Nacht daran, was in ihren Augen hier und heute im Bayerischen Landtag geschehen soll, nämlich der Abbau von Freiheitsrechten. Wenn man das für falsch hält, dann hätte man sich zumindest die Zeit nehmen sollen, das Ganze grundlegend zu diskutieren.
Herr Kollege Schindler hat heute in einer sehr eindrucksvollen Rede die wechselvolle Geschichte des Versammlungsrechts im Nachkriegsdeutschland und teilweise auch im Vorkriegsdeutschland, in der Weimarer Republik, dargestellt.
Wenn man – jeder auf seine Weise – Revue passieren lässt, für was und gegen was in dieser relativ jungen Bundesrepublik Deutschland schon alles demonstriert worden ist, dann muss man eines sagen: Obwohl dieses Gesetz in den Augen der CSU-Staatsregierung bisher unvollkommen war, hat diese Demokratie all das ausgehalten. Das war nicht wenig. Wir haben ja viele Demonstrationen gehabt.
Jedes Mal, wenn die Apfelfront nach Gräfenberg kommt, muss man der Polizei immer wieder aufs Neue erklären, dass diese schicken, schwarz gekleideten Mitglieder der Apfelfront, die eine rote Armbinde mit einem Apfel tragen, einem deutschen Apfel,
zu einer Gruppe gehören, die mit viel Witz und Ironie die Nazis entlarvt. Jedes Mal muss man den Polizisten sagen, dass diese Gruppe zu uns gehört und nicht zu den anderen. Das sind Behinderungen, die aktive Gegnerinnen und Gegner der Nazis erfahren, wenn sie auf die Straße gehen und Mut, Gesicht und Zivilcourage zeigen. Häufig muss in Gräfenberg sehr kurzfristig reagiert werden. Manchmal muss man von einem Tag auf den anderen eine solche Aktion auf die Beine stellen. Glauben Sie, dass die neuen Regelungen, die Sie hier beschließen wollen, im Kampf gegen Rechts hilfreich sind? Sie behindern doch nur die aufrechten Bürgerinnen und Bürger.
Es ist mitunter auch ziviler Ungehorsam gefordert, Herr Minister. Das wird Ihnen jetzt nicht gefallen, aber ich sage Ihnen, dass das nötig ist. Ich habe allergrößten Respekt vor jedem Bürger und jeder Bürgerin, die sich trauen, gegen rechte Aufmärsche auch einmal eine Straße zu blockieren oder den Marktplatz nicht freizugeben.
Ich selbst habe das gemeinsam mit einem CSU-Bürgermeister schon getan. Was wir wirklich dringender als dieses Gesetz brauchen, ist Prävention, Erziehung zur Demokratie, gelebte Demokratie und die Unterstützung der Arbeit gegen Rechts. Da müssen Sie sich fragen lassen, was Sie wirklich dafür tun. Wieviel Geld geben Sie diesen Organisationen? Welche Projekte unterstützen Sie konkret? Es ist keineswegs so, wie Sie immer behaupten, dass in diesem Zusammenhang viel geschehen würde. Keineswegs. Viele Dinge können nicht durchgeführt werden. Viele Organisationen wissen nicht, ob sie im nächsten Jahr ihr Projekt noch weiterführen können und ob sie noch Fördermittel bekommen. Da sollten Sie investieren, und da ist Ihre ganze Kreativität gefragt.
Diese Formen des Widerstands und dieses Engagement gegen Rechts sind mühsam und anstrengend. Da muss man nämlich manchmal kurzfristig Termine absagen und dorthin fahren, manchmal ist es kalt, es regnet, oder es ist unbequem; aber das ist für die Gräfenbergerinnen und Gräfenberger fast jeden Monat so. Alle, die auf die Straße gehen, wissen, dass das nicht der einfachste Weg ist, um die Demokratie zu verteidigen. Das wissen wir. Ich weiß nicht, ob Sie es wissen; denn Sie sind nicht oft in Gräfenberg. Einmal war Herr Kollege Nöth da und hat gesagt, er gehe doch nicht gemeinsam mit linken Chaoten demonstrieren. Das war seine Reaktion. Wenn Sie öfter dort wären, dann hätten Sie vielleicht ein anderes Verhältnis zur Versammlungsfreiheit gewonnen.
so klar formulieren, dass es frei von Rechtsirrtümern sein könnte.
Darum müssen wir sagen: Dieses Gesetz ist ein Verstoß gegen – so hat es einmal Klaus Hahnzog gesagt – die Pressefreiheit des kleinen Mannes, der das Versammlungsrecht nämlich auf Straßen und Plätzen wahrnehmen kann, ohne fürchten zu müssen, dabei mit dem Gesetz in Konflikt zu kommen. Denn nichts ist dem Bürger heiliger, als dass nach Recht und Ordnung verfahren wird.
Die Gewissheit, das Versammlungsrecht ungestört, unangemeldet und ungenehmigt wahrnehmen zu können, wird von Ihnen psychologisch zerstört, indem Sie eine Angstkulisse aufbauen.
Die Angstkulisse wirkt schon jetzt, im Vorfeld dieses Gesetzes. Wie ist es sonst zu erklären, dass eine so merkwürdige Koalition – merkwürdig wegen der Heterogenität – zwischen Gewerkschaften einerseits, Jugendverbänden, Kirchen und Rechtsorganisationen andererseits entstehen konnte, die alle ihre Bedenken angemeldet haben, deren Bedenken Sie aber in den Wind geschlagen haben, und die Sie nicht ernst genommen haben, die Sie schlicht ignorieren, und zwar nicht nur mit Ihrem Gesetzentwurf, sondern auch indem Sie den Dialog letztlich verweigert haben?
Sie haben gesagt, Sie hätten mit Herrn Schösser geredet. Aber haben Sie auch einmal mit den Petenten geredet, die sich massiv an den Bayerischen Landtag gewandt haben? Ich glaube, das ist nicht geschehen.
Heute ist es so weit, dass ein Gesetzentwurf verabschiedet werden soll, über den nicht einmal Sie froh werden. Denn er wird einer verfassungsrechtlichen Nachprüfung wohl kaum standhalten. Es sind ja nicht die großen Dinge, die da verändert werden, sondern es sind die vielen kleinen Stellschrauben, die einen Eingriff in das Recht der Versammlungsfreiheit darstellen und das Versammlungsrecht Stück für Stück einengen.
Ob die Verfassungsrichter dies gutheißen werden, steht zwar in den Sternen, aber ich bin gewiss: Es wird nicht standhalten. Deswegen werden wir uns mit diesem Thema noch einmal auseinandersetzen müssen. Allerdings ist dann sehr viel Porzellan zerschlagen.
Sie wären klug beraten, das Gesetz heute nicht durchzupeitschen, sondern auf die zu hören, die zur Mäßigung und dazu geraten haben, die wahren Traditionen Bayerns, nämlich die Grundsätze des freiheitlich-demokratischen Rechtsstaats in dem Gesetz zu verankern. All diese Warnungen haben Sie in den Wind geschlagen. Deswegen sind Sie für das verantwortlich, was Sie ernten werden. Dies wird nichts Gutes sein.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein guter Rettungsdienst kann Leben retten. Davon konnte ich mich Anfang der Woche selbst überzeugen. Ich bin in einem Rettungswagen mitgefahren und in einem Rettungshubschrauber mitgeflogen. Ich habe erleben dürfen, welch schwierige, aber auch welch gute Arbeit Rettungsassistenten und Rettungssanitäter Tag und Nacht in diesem Land leisten. Dafür, meine ich, sollten wir uns alle bei ihnen bedanken.
Dieses Gesetz ist deswegen so wichtig, weil es eine Weichenstellung dafür ist, ob die Bedingungen, die Kollege Ettengruber beschrieben hat, flächendeckend erfüllt werden können. Das heißt also, dass Lebensrettung oder überhaupt Rettung an jedem Ort in Bayern zu gleichen Bedingungen stattfindet. Nicht nur in den Ballungsräumen sind die Rettungsfristen einzuhalten – dort ist es relativ einfach –, sondern beispielsweise auch in entlegenen Gegenden wie entlang der deutsch-tschechischen Grenze. Das ist für uns sehr wichtig gewesen.
Wir glauben, dass durch das Gesetz eine ganze Reihe von guten Grundlagen gelegt wird. Ich will die positiven Aspekte kurz für meine Fraktion darstellen. Wir sind der Meinung gewesen, dass der Vorrang der Rettungsorganisationen schon deswegen berechtigt ist, weil damit das Ehrenamt nicht nur gestärkt sondern gesichert worden ist; denn man muss wissen, dass bei den Rettungsorganisationen rund 20 % Ehrenamtliche sind, die eine sehr gute Ausbildung haben und den Dienst zu Bedingungen leisten, die wahrscheinlich sonst kaum jemand annehmen würde, die im Schichtdienst eingesetzt werden und die eine hohe Leistungsbereitschaft aufweisen.
Deswegen ist es auch im öffentlichen Interesse, dass das Ehrenamt gestärkt wird, und deswegen gebührt dem Ehrenamt auch der Vorrang. Im Übrigen sind die Privaten, soweit sie Bestandsschutz genießen, weiterhin beteiligt.
Das Zweite kann man unter den Begriff der Verbesserung der Ergebnisqualität subsumieren. Es ist schon gesagt worden, es wird ein Ärztlicher Leiter Rettungsdienst eingeführt. Das, was er genau machen wird, ist wohl Gegenstand der Ausführungsverordnung. Es geht um den arztbegleiteten Krankentransport und den Fahrer eines Notarzteinsatzfahrzeuges. Das ist schon eine wichtige Neuerung, die auch deswegen notwendig war, um die Frage der Finanzierung gegenüber den Krankenkassen besser abzusichern. Denn das war bisher ein Punkt, der sich in der Grauzone bewegt hat. Da gab es viel Streit. Dass dies so geregelt worden ist, ist sicher ein Fortschritt, auch wenn man genauer hinsehen muss.
Ich komme nun zu den Kritikpunkten. Wir haben uns mit unseren wichtigsten Forderungen nicht durchsetzen können. Trotzdem meinen wir, in der Abwägung der Vor- und Nachteile, dass die Vorteile der Novellierung des Gesetzes nach zehn Jahren die Nachteile überwiegen. Deshalb werden wir dem Gesetz zustimmen.
wie mit den Beteiligten, mit den Betroffenen, mit den Mitwirkenden im Rettungsdienst ein neues Gesetz erarbeitet wird. Ich möchte mich bei allen, besonders bei den Hilfsorganisationen, sehr herzlich für die konstruktive Mitarbeit bedanken: angefangen beim Roten Kreuz über den Malteser Hilfsdienst bis hin zu den privaten Leistungserbringern.
Auch das Ministerium hat sich hier – zunächst der damalige Innenminister Dr. Beckstein und dann der jetzige Innenminister Herrmann – sehr intensiv in die Erarbeitung dieses Gesetzes eingeschaltet. Die Minister haben dieses Gesetz zur Chefsache gemacht und damit zum Erfolg beigetragen. Insbesondere der Leitende Ministerialrat Anding hat sich über Monate hinweg mit allen Beteiligten zusammengesetzt und die Dinge besprochen. Dafür darf ich mich an dieser Stelle ganz herzlich bedanken.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch einige ganz persönliche Bemerkungen anfügen.
Für mich ist es ein schöner Zufall, dass sich mein letzter Beitrag in diesem Hohen Hause mit der Behandlung dieses Gesetzentwurfs befasst. Damit schließt sich für mich ein Kreis; nach dem Inkrafttreten des ersten Rettungsdienstgesetzes war ich im Jahr 1974 als Geschäftsleiter des neu gegründeten Rettungszweckverbandes Straubing, dem drei Landkreise und die Stadt angehören, mit der Organisation des Rettungsdienstes befasst. Es war damals ein Anfang bei Null; denn es gab damals keinen organisierten Rettungsdienst. Es gab die Hilfsorganisationen, die punktuell und ehrenamtlich Rettungsdienst betrieben und ausschließlich auf freiwilliger und gesetzlich nicht abgesicherter Basis den Rettungsdienst durchgeführt haben. Mit einfachem Gerät, aber mit umso größerem Engagement wurde Hilfe für die Menschen in Bayern geleistet, das aber nicht flächendeckend, das war auch nicht landesweit sondern nur punktuell und kleinräumig und deswegen auch nicht verlässlich. Nicht jeder Bürger konnte in einer kurzen Frist erreicht werden. Deswegen war das damalige Gesetz notwendig. Auch dieses neue, heute zur Verabschiedung anstehende Gesetz ist notwendig, weil damit der Rettungsdienst auf eine zeitgemäße Grundlage gestellt wird. Die Bürger Bayerns können auch in Zukunft damit rechnen, dass sie jederzeit und an jedem Ort verlässliche und sachgerechte Hilfe erhalten. In diesem Sinne bitte ich Sie um Ihre Zustimmung. Ich darf mich verabschieden und wünsche eine gute Zeit.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich weiß nicht, von welchem Gesetzentwurf Kollege Unterländer gesprochen hat – jedenfalls nicht von dem Gesetzentwurf, der heute zur Zweiten Lesung ansteht.
Herr Kollege Unterländer, Sie haben im Zusammenhang mit diesem Gesetzentwurf von einem großen Wurf gesprochen. Ich habe außer CSU-Politikern niemanden gehört, der diese Vokabel „großer Wurf“ in den Mund genommen hat. Herr Kollege Unterländer, Sie waren bei der Anhörung im sozialpolitischen Ausschuss dabei, in der wir Fachkräfte befragt haben, was sie denn von diesem Gesetzentwurf halten. Ich habe von der Euphorie, von der Sie sprechen, nirgendwo etwas gespürt. Sie haben soeben von vier Visionen gesprochen, die Sie mit diesem Gesetzentwurf verbinden.
Meine Damen und Herren, ich bilde mir ein, diesen Gesetzentwurf sorgfältig gelesen zu haben.
Ich kann nirgendwo auch nur eine dieser Perspektiven entdecken. Sie haben davon gesprochen, es würde eine Perspektive geboten, nach eigenen Vorstellungen zu wohnen. Sie haben von guten Rahmenbedingungen und einer Heimaufsicht, die Qualität vermittelt, und vielem mehr gesprochen. Sie haben auch vom Einbettzimmer gesprochen. Ich habe genau hingehört. Was haben Sie genau zum Einbettzimmer gesagt? Sie haben so viel gesagt, wie es die Ministerin getan hat. Die Ministerin hat vollmundig beim Münchner Pflegestammtisch – da kann man so etwas schon einmal loslassen – gesagt: Ich setze mich für das Einbettzimmer ein. Was hat Sie im sozialpolitischen Ausschuss gesagt? Sie hat gesagt: Einen Rechtsanspruch auf ein Einbettzimmer wird es nicht geben. Das ist die Realität. Die Realität ist auch, dass man bei der Finanzierung – darauf werde ich noch zu sprechen kommen – vom Freistaat Bayern nichts als leere Versprechungen bekommt.
Kollege Unterländer hat von Perspektiven in der ambulanten Pflege gesprochen. Herr Kollege Unterländer, kennen Sie nicht die Gesetzeslage, die Sie selbst durch Beschluss herbeigeführt haben? Sie haben in das Ausführungsgesetz zum Sozialgesetzbuch hineingeschrieben, dass die Kommunen nur nach Kassenlage handeln müssen. Das bedeutet, Kommunen können selbst entscheiden, ob sie etwas tun wollen oder ob sie nichts tun wollen. Der Freistaat Bayern ist völlig außer Obligo. Ob das zu Recht der Fall ist, dazu wird noch etwas zu sagen sein.
Es gibt noch eine ganze Reihe von Forderungen, die wir im Rahmen dieser Beratungen aufgestellt haben. Ich will sie nur kurz streifen, weil die Zeit verrinnt: Das Wichtige, das für uns bei diesem Gesetzentwurf mit entscheidend war, steht leider im Kleingedruckten. Es geht dabei um die Wohnungsstandards sowie um die Personal- und Fachkraftquote, die Mitwirkung der Bewohner und die Qualitätsstandards.
Lassen Sie mich dazu noch ein paar Worte sagen. Zum Personal: Wir kämpfen seit Jahren darum, dass die Personalfachkraftquote auf ihrem Stand von 50 % gehalten wird. Die Staatsregierung hat uns bei diesem Bemühen nicht unterstützt, sondern hat im Gegenteil Versuche unternommen, diese Fachkraftquote zu unterlaufen.
Dazu hat es im Landespflegeausschuss Anträge gegeben. Gott sei Dank ist die Öffentlichkeit hellhörig geworden. Daraufhin hat man die Finger davon gelassen. Aber beim Thema Personal geht es nicht nur darum, Fachkräfte zu halten und angemessen zu bezahlen. Es geht vor allem darum, Nachwuchspersonal zu gewinnen. In bestimmten Gebieten Bayerns gibt es bereits wieder einen Pflegemangel, nämlich in den Ballungsräumen. Dort ist es sehr schwer, qualifiziertes Personal zu bekommen. Deshalb fordern wir seit Jahren, dass sich der Freistaat Bayern bei der Ausbildung in die Pflicht nehmen lässt.
Eine Reihe von Trägern bildet vorbildlich aus. Andere jedoch treten als Profiteure auf. Sie übernehmen lediglich ausgebildete Fachkräfte, ohne zu deren Ausbildung selbst einen Beitrag zu leisten.
Das führt zu einer Wettbewerbsverzerrung; denn die Einrichtungen, die ausbilden, haben höhere Kosten und müssen diese in ihren Pflegesatz einrechnen, während andere billiger erscheinen, weil sie nicht ausbilden. Deshalb hat der Bundesgesetzgeber in das Pflegeversicherungsgesetz eine Ermächtigungsnorm aufgenommen, wonach die Länder die Möglichkeit haben, eine Ausbildungsabgabe einzuführen. Diese Forderung erheben 70 % der Träger. Handeln Sie endlich, damit wir in Bayern vorankommen.
Mit dem Heimvertragsrecht haben Sie eine rechtspolitische Geisterfahrt angetreten. Sie gängeln Menschen, die ihre Pflegekosten selbst bezahlen. Diese Leute wollen nicht von Ihnen belehrt werden, wie etwas zu entscheiden ist, sondern diese Entscheidung in Augenhöhe mit den Trägern selbst treffen. Dazu sind die entsprechenden Rahmenbedingungen im Heimvertragsrecht nötig. Dafür ist jedoch der Bund und nicht der Freistaat Bayern zuständig. Die Lösung, die Sie mit diesem Gesetzentwurf vorlegen, ist nicht nur verfassungsrechtlich bedenklich, sondern nützt im Grunde auch den Heimbewohnern sehr wenig, zumal darin von Selbstvertretung und Mitbestimmung kaum die Rede ist.
gefordert –: Sie hätten neben diesen Gesetzentwurf, der ein reines Ordnungsgesetz zur Folge haben wird, weil er keinerlei Leistungsansprüche enthält, den Entwurf eines Leistungsgesetzes stellen müssen. In diesem Entwurf für ein Leistungsgesetz – wir haben das in unserem Antrag genau formuliert – hätten folgende Punkte enthalten sein müssen – ich darf sie Ihnen noch einmal nennen –: Sie haben im Zuge Ihres Sparwahns sämtliche Investitionskosten für den Neubau und die Sanierung von stationären Pflegeeinrichtungen in Bayern gestrichen. Das ist ein gesellschaftspolitischer Skandal, weil gerade jetzt solche Maßnahmen der Modernisierung von stationären Pflegeeinrichtungen das Gebot der Stunde wären.
Wenn Sie menschenwürdigere Pflege fordern, dann müssen Sie auch eine menschenwürdigere Pflege gewährleisten, indem Sie dafür sorgen, dass die Heime auf einen modernen Stand gebracht werden. Genau das Gegenteil haben Sie getan und das werden wir Ihnen auch weiterhin vorhalten.
Ich habe schon davon gesprochen, dass Sie selbst das Ausführungsgesetz dahingehend verändert haben, dass Sie Verpflichtungen für den Unterhalt ambulanter Strukturen auf die Kommunen verlagert haben. Wohl wissend, dass die Kommunen dies allein gar nicht schultern können, haben Sie dann hineingeschrieben, die Kommunen müssten dies nur nach Kassenlage tun. Also eine Kommune, die kein Geld dafür hat oder glaubt, kein Geld dafür zu haben, ist auch nicht in der Pflicht. Das wiederum geht zulasten der Pflegebedürftigen und der Menschen mit Behinderung. Die Realität fragt nicht, ob eine Kommune Geld hat oder nicht, sondern Realität ist, dass es Menschen gibt, die diese Pflege unbedingt benötigen. Dabei spielt es keine Rolle, ob sie in der Oberpfalz, in Oberfranken oder im reichen Oberbayern leben.
Dieser Gesetzentwurf formuliert auch eine Reihe von Anforderungen an die Träger von stationären Einrichtungen.
Das steht schon drin, Sie fordern zwar andere, nur sich selber nicht.
Es steht im Entwurf, dass bestimmte Dinge getan werden müssen, zum Beispiel Fort- und Weiterbildung, Ausbau interkultureller Kompetenz und andere Dinge, wie zum Beispiel Einbettzimmer. Nur, wer das bezahlen soll, das haben Sie nicht gesagt, und zwar wohl wissend, dass über die Pflegeversicherung diese Kosten nicht abgedeckt sind. Also wollen Sie offenbar, dass die Träger dies in eigener Kompetenz bzw. zu ihren eigenen Lasten selbst übernehmen. Damit sind aber die Träger weitgehend überfordert. Deswegen gehörte dieser Punkt in ein Leistungsgesetz, das der Freistaat Bayern erlassen müsste und für dessen Umsetzung auch Geld zur Verfügung gestellt werden müsste.
die entsprechenden Gelder aus dem Staatshaushalt nicht zu haben. Darum setzen wir uns dafür ein, neben dieses Pflegequalitätsgesetz – –
Ich komme zum Schluss. Wenn neben dieses Bayerische Heimgesetz auch ein Leistungsgesetz gestellt würde, würde ein Schuh draus. Meine Damen und Herren, wir lehnen diesen Gesetzentwurf ab.
Meine Damen und Herren, wer soll die Prüfung leisten? Darüber gab es einen langen Streit. Sie haben die Zuständigkeit dafür im Zuge der Verwaltungsreform geändert. Das war ein Schlag ins Wasser; denn die Folge war nicht mehr Qualität, sondern weniger Qualität. Sie haben völlig ignoriert, dass die kommunalen Spitzenverbände genau diesen Punkt gerügt haben. Sie haben angeführt, dass es aus fachlichen Gesichtspunkten Sinn machen würde, die Kompetenz bei den Regierungen zu bündeln, weil dort die Fachleute tätig sind, die für eine kompetente Prüfung in Frage kommen. Eine Verteilung dieser Aufgabe über die Gebietskörperschaften nach dem Gießkannenprinzip wäre nicht sinnvoll, zumal die Gebietskörperschaften zu 14 % – so steht es im Gesetzentwurf – selbst die Träger dieser Einrichtungen sind. Die Juristen würden dies als „In-sich-Geschäft“ bezeichnen. Damit würden die Glaubwürdigkeit und die Seriosität solcher Prüfungen in Zweifel gezogen.
Meine Damen und Herren, über diesen Gesetzentwurf ließe sich noch vieles sagen. Ich möchte aber jetzt ein Fazit ziehen. Dieser Gesetzentwurf nimmt alle Akteure der Pflege in die Pflicht. Nur der Freistaat Bayern bzw. die Staatsregierung bleiben ausgespart. Das ist das entscheidende Manko dieses Gesetzentwurfs. Wir brauchen in Bayern mehr Qualität. Diese Qualität ist jedoch ohne
der Durchführung unangemeldeter Heimkontrollen seit Jahren einnimmt, fortgeschrieben und als unverrückbarer Baustein nachhaltig hoher Pflegequalität im Gesetz mit verankert.
Der Gesetzentwurf und die darin enthaltenen Qualitätssicherungsmechanismen folgen im Übrigen dem Grundsatz, dass gut funktionierende Einrichtungen weniger häufig, andere hingegen öfter und mit härteren Konsequenzen geprüft werden. Auch das ist in meinen Augen ein guter Schritt. Dort, wo man nachschaut, soll man genau hinschauen, aber dort, wo man weiß, dass qualitativ hochwertig gearbeitet wird, also bei gut funktionierenden Einrichtungen, kann man weniger häufig nachschauen. Damit sind die Kontrollen künftig zielgenauer möglich. Damit setzen wir einen Schwerpunkt auf die effektive Stärkung der Qualität und deren nachhaltige Durchsetzung.
Zum Zweiten möchte ich neben der Qualitätsoffensive auf die Förderung des Qualitätswettbewerbs durch mehr Transparenz eingehen. Dabei geht es darum, den Betroffenen den nötigen Einblick in die nur schwer zu durchblickenden Preis- und Leistungsstrukturen von Heimen zu geben. Der Gesetzentwurf verpflichtet die Träger, die wichtigen Informationen in geeigneter Form zukünftig für jedermann zugänglich zu machen. Herr Kollege Wahnschaffe hat dazu durchaus positiv bemerkt, dass diese Transparenz gerade für diejenigen wichtig ist, die sich danach erkundigen, in welchem Heim welche Leistungen angeboten werden, um für ihre Angehörigen und für diejenigen, die sich bewusst für einen Heimplatz entscheiden, einen Vergleich zu haben. Deshalb ist Qualitätswettbewerb durch mehr Transparenz ein wichtiger Baustein.
Der dritte Punkt ist die qualitätswahrende Deregulierung. Was haben wir damit vor? Unser Ziel ist die Entbürokratisierung in der Pflege, um die Zeit, die mit unnötigen bürokratischen Anforderungen verbraucht wird, besser einsetzen zu können. Hier muss ich dem Kollegen Wahnschaffe widersprechen. Das Entgelt bleibt gleich. Wenn ich aber für die Bürokratie weniger Zeit brauche, habe ich für die Pflege mehr Zeit. Damit ist das Gesetz in keiner Weise ein Spargesetz, weil es bei der Entgelthöhe bleibt. Wir wollen, dass mehr Zeit für die zu Pflegenden zur Verfügung steht. Diese Zeitressourcen sollen wirklich gut eingesetzt werden. Deshalb setzen wir uns dafür ein, dass in einzelnen Bereichen die Bürokratie um bis zu 50 % reduziert wird.
Dazu möchte ich einige Beispiele nennen, die Herausnahme von Einrichtungen der Tages- und Nachtpflege, eine weit reichende Deregulierung im Bereich ambulant betreuter Wohngemeinschaften bzw. die Reduzierung der Anzeigepflichten, die Pflicht zur Koordination behördlicher Kontrollen und damit die Vermeidung von Doppel- und Mehrfachprüfungen. Man kann diese Beispiele noch ein Stück weit konkretisieren. Ich möchte das in Anbetracht der Zeit nicht tun. Ich möchte nur auf zwei Punkte ganz kurz eingehen. Die vorgegebene Zahl der Mitarbeiterstellen muss nicht gleich zu Beginn geschaffen werden, sondern erst dann, wenn man sie wirklich braucht, um zu zeigen, dass Pflegepersonal in ausreichender Zahl vorhanden ist. Ob Pflegepersonal in ausreichendem Maße
haben kann? Sie werden sich dazu sicher gleich noch einmal äußern.
Ich halte es nicht für verwerflich, sich von guten Ideen überzeugen zu lassen. Nebenbei möchte ich bemerken, dass Ihre Parteifreunde in Baden-Württemberg das Gleiche getan haben; denn sie haben einen eigenen Gesetzentwurf eingebracht, der dem Gesetzentwurf der Bayerischen Staatsregierung so ähnlich ist, dass man die redaktionellen Veränderungen darin mit der Lupe suchen muss. Wir können uns deshalb über die Landesgrenzen hinweg nur für die Unterstützung unseres Gesetzentwurfs bedanken. Er ist offenbar so überzeugend, dass er sogar von anderen Fraktionen und anderen Bundesländern übernommen wird.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, kommen wir zu unserem Gesetzentwurf. Unser Entwurf eines Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes setzt bundesweit Maßstäbe. Bayern nutzt mit diesem Gesetzentwurf die Föderalisierung des Heimrechts und gestaltet aktiv die Rahmenbedingungen zur Sicherung und Stärkung der Lebensqualität älterer Menschen und der Menschen mit Behinderung. Mit dem neuen Pflege- und Wohnqualitätsgesetz werden unnötige bürokratische Hürden abgebaut, und es wird mehr Transparenz in die Leistungsqualität in der Pflege und Betreuung gebracht. Damit ist ein echter Qualitätswettbewerb möglich.
Darüber hinaus wird die notwendige Flexibilität für eine nachhaltige und qualitätsgesicherte Entwicklung neuer Wohn-, Pflege- und Betreuungsformen geschaffen. Ich möchte Ihr Augenmerk darauf lenken, dass diese neuen Wohn-, Pflege- und Betreuungsformen in das Gesetz mit aufgenommen sind. Kollege Joachim Unterländer hat bereits erwähnt, dass es ebenso wichtig ist, sich zu fragen, wie wir im Alter leben wollen und wie neue Wohnformen in das Gesetz aufgenommen werden können. Daher ist es auch wichtig, dass wir diese Möglichkeiten schaffen, damit sich ältere Menschen und Menschen mit Behinderung überlegen können, auf welche Art sie alt werden möchten, wie sie ihr Leben verbringen möchten und wie sie möglichst lange selbstbestimmt leben können. Deswegen ist es so wichtig, diese neuen Wohnformen in diesen rechtlichen Rahmen mit aufzunehmen.
Nun zu einigen inhaltlichen Schwerpunkten im Einzelnen. Ich möchte zuerst die Qualitätsoffensive in der Pflege und der Betreuung nennen. Um die Qualität in der Pflege in Zukunft auf hohem Niveau sicherzustellen, verpflichtet der Gesetzentwurf die Leistungserbringer dazu, regelmäßig bei Bedarf Supervisionen durchzuführen, Qualifizierungsangebote für die Beschäftigten zu gewährleisten und ein Qualitäts- und Beschwerdemanagement zu betreiben. Es muss also immer wieder auf die Qualität in den Heimen geachtet werden. Darüber hinaus werden wir die seit Jahren in der Praxis geübten unangemeldeten Heimkontrollen nun ausdrücklich gesetzlich verankern. Bei Gesprächen mit den Heimbetreibern und Heimträgern wird immer wieder gesagt, gegen unangemeldete Kontrollen hätten sie keine Bedenken, denn in ihren Heimen sei alles in Ordnung, und deswegen könne die Kontrolle gerne auch gesetzlich verankert werden. Damit wird die Vorreiterrolle, die Bayern mit
Ich glaube, es ist ebenso wichtig, dass wir das aufgenommen haben.
Bei den neuen Wohnformen muss man darauf schauen, dass die Vorzüge der ambulanten Versorgung im persönlichen Umfeld mit der Sicherheit einer stationären Einrichtung verbunden sind. Dadurch kommen wir dem Wunsch der Menschen näher, die möglichst selbstbestimmt älter werden wollen, und den Wünschen von Menschen mit Behinderung, die möglichst selbstbestimmt in ihrem Wohnumfeld leben möchten. Ich denke, in dieser Ambulantisierung der Pflege und der Betreuung älterer Menschen und der Menschen mit Behinderung liegt eine echte Chance. In diesem Gesetz, Frau Kollegin Ackermann, sehe ich eine echte Chance.
Ich freue mich, dass wir dieses Gesetz auf den Weg bringen können. Ich bitte Sie alle um Zustimmung zum neuen Pflege- und Wohnqualitätsgesetz. Wir setzen Maßstäbe und wir geben die Rahmenbedingungen vor zur Sicherung und zur Stärkung der Lebensqualität älterer Menschen und für Menschen mit Behinderung. Im Sinne dieser Menschen kann ich Sie nur um Ihre Unterstützung und um Ihre Zustimmung bitten.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist schon eine merkwürdige Situation, in der wir uns im Augenblick befi nden. Wir alle kennen wohl den Terminkalender des Bayerischen Landtags recht genau und wissen, dass nach dieser heutigen Plenarsitzung nur noch eine Sitzungswoche in der alten Legislaturperiode stattfi ndet, in der der Bayerische Landtag verhandelt.
Nun sagt der Kollege Unterländer vollmundig: Der Sozialbericht kommt noch rechtzeitig in dieser Legislaturpe
riode. Herr Kollege Unterländer, für wie dumm halten Sie eigentlich Ihre Kollegen?
Ich muss sagen, es ist schon dreist, darzustellen, wie wichtig ein solcher Bericht ist, wie viele Menschen an der Untersuchung teilnehmen, wie viel Hirnschmalz man darauf verwenden muss, was man alles tun muss, um ihn mit Qualität zu erfüllen, und dann dem Bayerischen Landtag zumuten zu wollen – wenn es denn überhaupt zuträfe –, in der letzten Sitzungswoche dieses Parlaments einen solchen Bericht entgegenzunehmen und zu diskutieren. Das ist eine Zumutung, meine Damen und Herren!
Wir erleben in diesen Tagen Erstaunliches, zugleich aber auch Empörendes. Die Bayerische Staatsregierung schüttet das Füllhorn ihrer Wohltaten über der bayerischen Bevölkerung aus, wobei die bayerische Bevölkerung noch in Erinnerung haben sollte, dass dies auch im Jahr 2003 vor der letzten Landtagswahl der Fall war und dass man hinterher all diese Wohltaten wieder einkassiert hat. Man sollte also die Versprechungen der Staatsregierung, die dieser Tage in den Zeitungen zu lesen sind, besonders kritisch würdigen.
Da wird uns von der CSU angeboten – die Frage ist: Warum haben Sie es nicht längst getan? –, dass sich in den Kindertagesstätten einiges ändern soll. Die Personalquote soll verbessert werden, der Basiswert soll erhöht werden.
Meine Damen und Herren, wissen Sie denn nicht, dass der Nachtragshaushalt 2008 längst verabschiedet ist? Woher soll das Geld kommen, das Sie versprechen?
Ob Sie dazu Gelegenheit haben werden, wird der Wähler entscheiden und nicht Sie.
Sie versprechen mehr Ganztagsschulen, und zwar nicht nur für die Hauptschulen; jetzt sollen plötzlich alle daran Anteil haben. Heute ist in der Zeitung zu lesen, dass der Finanzminister die bayerischen Beamten verwöhnen will, indem er ihnen mehr Wegegeld zubilligt.
Auch den Hochschulen soll es besser gehen.
Ich hätte eigentlich von Ihnen, Frau Staatsministerin, erwartet, dass Sie sich energisch zu Wort melden und sagen: Es gibt noch ein bayerisches Sozialministerium, und das vertritt nicht nur die genannten Gruppen; auch die Menschen, die ganz unten sind, haben einen Anspruch auf Teilhabe an dem, was im Augenblick an Steuermehreinnahmen erzielt wird.
Nicht nur jene, von denen Sie hoffen, dass sie Sie am 28. September wählen werden, sondern alle Menschen in diesem Land haben Anspruch auf Teilhabe.
Genau diese Menschen, die ganz unten sind, lassen Sie links liegen. Sie lassen sie, um es drastisch zu formulieren, am ausgestreckten Arm verhungern.
Warten Sie es nur ab, Herr Kollege Unterländer.
Der Bayerische Sozialbericht ist eine unendliche Geschichte. Mit der aktuellen Stunde, die die GRÜNEN heute beantragt haben, fi ndet das seine Fortsetzung, was wir vor 14 Tagen behandelt haben. Seinerzeit habe ich Sie, Frau Staatsministerin, von dieser Stelle aus gefragt: Wo bleibt der Sozialbericht? Antwort: null. Wir bekommen nicht einmal eine Antwort. Wenn Sie nicht einmal eine Antwort auf gestellte Fragen geben, so ist das eine Desavouierung des Parlaments.
Und heute stellen die GRÜNEN wieder die Frage – und wir stellen sie auch –, wann der Sozialbericht kommt, wie er hier dem Parlament zur Kenntnis gebracht wird und vor allen Dingen wie das Parlament Gelegenheit erhält, seine eigenen Gedanken dazu einzubringen. Darauf haben wir einen Anspruch. Denn 1998 – es ist also gut zehn Jahre her – ist diesem Haus der letzte Sozialbericht vorgelegt worden. Ich habe ihn mir heute nochmals angeschaut. Der letzte Sozialbericht ist inzwischen etwas vergilbt, aber die Zahlen, die dort genannt wurden, vor allem die Schlussfolgerungen, die sowohl die Staatsregierung als auch die Experten gezogen haben, sind nach wie vor hochaktuell.
Man hätte eigentlich erwarten können, dass die Staatsregierung mit dem großen Mitarbeiterstab, über den sie verfügt, einmal eine Zwischenbilanz hätte ziehen können, indem sie gesagt hätte, wir haben dieses oder
jenes aus dem letzten Sozialbericht abgearbeitet oder wir sehen diese oder jene veränderten Probleme. Stattdessen haben Sie immer nur eine Verhinderungs- und Vertuschungspolitik betrieben.
Das haben Sie schon. Ich darf aus einer Rede der Sozialministerin zitieren, die sie vor diesem Hohen Hause am 21.07.2005 gehalten hat, und zwar auf die Interpellation der GRÜNEN hin. Damals hat Frau Staatsministerin Stewens gesagt:
Wesentlich wichtiger als die nicht weiterführende Diskussion über den Umfang der Antworten auf die Interpellation sind mir – und sicher auch den Bürgerinnen und Bürgern – die mit dieser Interpellation belegten Aussagen.
Und jetzt kommt es:
In Bayern leben Menschen in einem Land mit breit gestreutem Wohlstand und einem hohen Niveau an sozialer Sicherheit. Wir setzen in Bayern die richtigen Akzente durch unsere aktivierende und nachhaltige Sozialpolitik. In Bayern gibt es keinen ziellosen Schlingerkurs wie bei der Bundesregierung;
damals noch rot-grün.
Gleichzeitig muss man sagen, dass wir nicht mehr alles Wünschenswerte fi nanzieren können. Wir müssen uns zusammenfi nden, um das Notwendige herauszufi nden. Wir müssen alles Notwendige fi nanzieren.
Meine Damen und Herren, was ist denn das Notwendige? Frau Staatsministerin, leider sind Sie uns die Antwort darauf schuldig geblieben. Das Einzige, was ich in diesem Zusammenhang gefunden habe, war – damals haben Sie sich noch nachdrücklich gegen eine Erneuerung bzw. Fortschreibung des Sozialberichtes ausgesprochen –: Sie haben immer nur gesagt: Das kostet eine Million. Diese Million haben wir nicht. Im Übrigen ist die Datenlage so unübersichtlich, dass wir das überhaupt nicht machen können.
Woher dann der spätere Sinneswandel? – Der spätere Sinneswandel kam nicht ganz freiwillig. Nach den Kürzungsorgien des Jahres 2003/2004 sind die Freien Wohlfahrtsverbände auf die Barrikaden gegangen. Um sie ruhigzustellen, haben Sie ihnen ein „Forum Soziales Bayern“ versprochen, an dem aber diese Organisationen nur dann mitwirken wollten, wenn sie die Aussicht haben, dass dabei etwas Konkretes herauskommt, unter anderem der Sozialbericht. Und siehe da, kaum war das „Forum Soziales Bayern“ geboren, wurde gesagt – erst etwas verschämt, dann immer etwas deutlicher –, ja,
wir haben uns geeinigt. Nachdem die neue Bundesregierung einen Reichtums-/Armutsbericht abgibt, werden wir uns anhängen und dazu einen eigenen Teil liefern. Dieser Reichtums-/Armutsbericht liegt längst vor. Die Bundesregierung hat ihn vorgelegt, der Bundestag hat ihn diskutiert. Es gibt dazu auch eine Menge Vorschläge, auch außerhalb des Deutschen Bundestages, wie man mit diesen Fakten umgehen soll. Nur: Auf das, worauf wir alle warten, warten wir immer noch. Das ist Warten auf Godot. Ich weiß nicht, ob die Frau Staatsministerin heute in der Lage ist, uns überhaupt eine Antwort zu geben; ich hoffe, doch.
Aber lassen Sie mich zu dem Sozialbericht als solchem etwas sagen.
Das ist nicht l’art pour l’art. Wir wollen ja keinen Bericht, um damit nach Hause zu gehen und zu sagen, jetzt haben wir unsere Arbeit getan, sondern das ist – so verstehen wir es – eine Handlungsanleitung für die Staatsregierung. Und im Unterschied zu der Schönfärberei, die ich gerade aus Ihrer Rede zitiert habe, können Sie die harten Fakten auch in Bayern nicht leugnen. Es gibt auch in Bayern Armut, und zwar nicht nur verschämte Armut. Es gibt harte Armut, und es gibt Armut, die sich an der Grenze bewegt. Diese Armut hat auf die Menschen, die davon betroffen sind, enorme Auswirkungen.
Ich dachte, ich habe gerade erst angefangen.
Meine Damen und Herren, dann muss ich leider zum Schluss kommen, wir werden dieses Thema nicht zu Ende führen. Ich will nur noch auf eine Zahl hinweisen. Sie sagen immer: Wir tun etwas in der Familienpolitik. Dieser Tage gibt es einen aktuellen Bericht des Deutschen Jugendinstituts München – letzte Woche erschienen in der „Süddeutschen Zeitung“–, wonach der Freistaat Bayern in den Jahren 2002 bis 2006 die Kinder- und Jugendhilfe um 21 % gekürzt hat. Das ist Ihre Antwort auf die Nöte in unserem Land, insbesondere auf die Kinderarmut. Das ist ein Skandal.
Ich hätte dazu gerne noch mehr gesagt.
Meine Damen und Herren, nur noch ein Schlusssatz. In Berlin den großen Maxe mit Spendierhosen spielen wollen und in Bayern die Taschen zuhalten, das wird Ihnen in Bayern keiner mehr durchgehen lassen.
Herr Präsident, es lag mir fern, Ihnen widersprechen zu wollen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, in den letzten Wochen haben wir mehrere Berichte der Bundesregierung zur Kenntnis nehmen müssen – sowohl den Armuts- wie den Reichtumsbericht, wie auch den UNICEF-Bericht, wobei die beiden ersten signifi kante Untersuchungen bezüglich der Kinderarmut in Deutschland und damit auch in Bayern wiedergeben.
Umso mehr stellt sich die Frage, wann die Bayerische Staatsregierung wie versprochen endlich ihren eigenen Sozialbericht vorlegt. Sie hatte ihn für den Sommer dieses Jahres angekündigt. Inzwischen ist es sehr still geworden. Frau Staatsministerin, wir sind gespannt, was Sie heute dazu zu sagen haben.
Arme Kinder in Bayern sind für ein so reiches Land eine Schande. Deswegen müsste man eigentlich annehmen, dass angesichts von 4,2 Milliarden Euro Mehreinnahmen alleine im bayerischen Staatssäckel die Staatsregierung ein Programm erstellt oder zumindest Maßnahmen ankündigt oder sogar verwirklicht, die dieser Kinderarmut entgegenwirken.
Der CSU-Vorsitzende und Finanzminister dieses Landes zieht durch die Lande und fordert ein milliardenschweres Entlastungsprogramm für Leistungsträger. Nun fragt man sich allerdings, warum er, wenn er für Leistungsträger eintritt, die Leistungsträger von morgen, nämlich die Kinder und insbesondere die armen Kinder, am Wege zurücklässt. Wir haben vor einer Woche eine Diskussion geführt, in der es um einen kleinen Baustein zur Bekämpfung der Kinderarmut ging, nämlich der Beitragsfreistellung in den Kindergärten. Im Januar wie auch letzte Woche hat Frau Staatsministerin sinngemäß gesagt: Das Geld haben wir nicht.
Noch einmal: 4,2 Milliarden Euro nimmt der Freistaat Bayern mehr ein, aber er hat die 100 Millionen Euro nicht, um in diesem einen Punkt die Kinderarmut zu bekämpfen. Nun könnte man annehmen, dass das Geld anderweitig gebraucht wird, beispielsweise dafür, die Zumutungen, die den Menschen 2003 nach der Landtagswahl in Bayern auferlegt worden sind, wo Blinde, Kranke und Pfl egebedürftige Leistungseinbußen hinnehmen mussten, zurückzunehmen und wenigstens einen Teil wieder zurückzugeben. Aber weit gefehlt.
Wir haben nach wie vor den Zustand, dass die Staatsregierung der Entwicklung tatenlos zusieht. Das ist eine schlimme Situation für unser Land; denn Frau Staatsministerin, ob es nun 143 000 Kinder sind, wie Sie behaupten, oder 160 000 Kinder, die von Armut bedroht oder arm sind in Bayern – wir müssen jetzt etwas tun. Wir müssen mehr tun, als Sie in dem Papier des Vorstands der CSU ankündigen, das im Übrigen ein offenes Eingeständnis Ihrer Untätigkeit ist. Wenn Sie dort für die Zukunft fordern,
scheidende Schlüssel. Das müssen wir immer wieder im Fokus haben. Wenn Väter und Mütter einen Arbeitsplatz bei entsprechender Bezahlung haben, ist dies der erste Schritt aus der Armutsfalle. Insofern ist aktivierende Familienpolitik, aktivierende Sozialpolitik natürlich eine, die in diesem Bereich den Schwerpunkt auf die Sicherung von Arbeitsplätzen legt.
Die zweite Forderung ist der Familienlasten- und der Familienleistungsausgleich. Familien werden wegen ihrer Mehrbelastung und aufgrund ihres Dienstes an Staat und Gesellschaft im Familienlasten- und Familienleistungsausgleich stärker zu unterstützen sein. Hierzu dient der Vorschlag der CSU zur Steuerreform, die Initiative für ein Betreuungsgeld, das Bundeselterngeld, das anzuhebende Kindergeld und das Landeserziehungsgeld mit am 01.01.2009 angehobenen Einkommensgrenzen, die gerade auch Durchschnittsverdiener vor Armut bewahren. Es ist ein großer Fortschritt, wenn, Frau Staatsministerin, wieder ein wesentlich höherer Anteil von Familien im Freistaat Bayern in den Genuss der Anspruchsberechtigung des Landeserziehungsgeldes kommt.
Deswegen müssen wir auch als dritten Punkt darauf hinweisen, dass gerade das Ziel, Durchschnittsverdiener vor dem familienbedingten Abrutschen in fi nanzieller Hinsicht zu bewahren, eine entscheidende Strategie darstellt. Das müssen wir bei allen Leistungen und bei allen Konzepten immer wieder hinterfragen. Wir müssen diejenigen, die in der Armut sind, herausholen, aber wir müssen verhindern, dass andere in die Armut gelangen.
Viertens. Wir brauchen die Möglichkeit, dass ein Mittagessen zur Verfügung steht und dass es auch eine kostenmäßige Entlastung gibt. Hierzu gibt es übrigens auch einen fraktionsübergreifenden, einstimmigen Beschluss des sozialpolitischen Ausschusses. Hierzu wird die Staatsregierung auch berichten. Kollege Imhof wird auf die Details noch näher eingehen.
Fünftens. Die bildungspolitischen Rahmenbedingungen für die Familien sind weiterzuentwickeln und zu stärken. Dies ist ebenfalls ein präventiver Ansatz, der Familien durch bessere Chancen der Teilhabe am Arbeitsmarkt und der gesellschaftlichen Teilhabe durch verbesserte Bildungsbedingungen nachhaltig hilft. Hierzu wird die Kollegin Brendel-Fischer auch noch im Detail etwas sagen.
Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang einen sechsten Punkt benennen: die frühkindliche Bildung. Die frühkindliche Bildungseinrichtungen sind, wie auch die Haushaltszahlen des Freistaates Bayern beweisen – sie gehen seit Jahren ständig nach oben; das hat nicht nur mit dem quantitativen Ausbau zu tun –, familien-, gesellschafts- und sozialpolitische Prioritäten im Freistaat Bayern. Die Kinderbetreuung hat in der CSU-Landtagsfraktion und in
Kollege Unterländer. Mir wurde gemeldet, Sie haben zehn Minuten. So steht es auch auf dem Bildschirm.
Frau Staatsministerin, es ist noch gar nicht lange her, es war nämlich im Januar dieses Jahres, dass die SPD-Landtagsfraktion hier einen Dringlichkeitsantrag gestellt hat, das letzte Kindergartenjahr für die Eltern beitragsfrei zu stellen. Sie haben dies damals abgelehnt mit der Begründung in Ihrer Antwort, das koste 100 Millionen Euro, und dieses Geld sei nicht vorhanden.
Wie beurteilen Sie den Sinneswandel, der sich nun im CSU-Papier niederschlägt bzw. wiederfi ndet, worin eindeutig formuliert ist: Es ist ein Kindergartenjahr mittelfristig beitragsfrei zu stellen? Nun, heute haben Sie das relativiert: Sie haben gesagt, das sei wünschenswert. Heißt das, dass Sie wieder einen Schritt hinter die Forderungen des CSU-Papiers zurückgehen, oder heißt das, Sie wollen es verbindlich einführen? Und wenn Sie es einführen wollen, warum sagen Sie dem Hohen Haus nicht, wann das geschehen soll?
Herr Kollege König, ich wundere mich schon sehr, dass Ihnen das Thema so wenig am Herzen liegt.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich habe mich deswegen zu Wort gemeldet, weil ich zunächst den Eindruck hatte, dass dieses Thema von allen Fraktionen dieses Hauses ernst genommen wird.
Nach dem Beitrag der dafür zuständigen Sozialministerin habe ich diesen Eindruck nicht mehr. Frau Staatsministerin, Sie fragen nicht zu Unrecht, was ein solches Recht in der Verfassung bewirken soll. Da Sie außerhalb dieses Hauses als Verfechterin aufgetreten sind, hätten Sie sich die Antwort eigentlich selbst geben können.
Ich eröffne die Aussprache und darf zunächst Frau Kollegin Paulig das Wort erteilen.
Herr Präsident, meine lieben Kollegen und Kolleginnen! Nach zehn Jahren stehen wir vor einer Novellierung des Bayerischen Rettungsdienstgesetzes. Man hätte erwarten können, dass dabei ein neuer, großer Entwurf herauskommen würde.
Was in der Kürze der Zeit heute zu bewerten ist, ist Folgendes: Es ist kein schlankes Gesetz geworden – darauf legt die Staatsregierung doch sonst immer so großen Wert –, sondern vielmehr ist es ein Konvolut von 56 Artikeln. Das alte Gesetz kam mit 31 Artikeln aus. Ob es ein besseres Gesetz wird, wird erst die Zukunft erweisen müssen. Alles in allem ist es – das kann man jetzt schon sagen – für die Staatsregierung ein Spargesetz geworden. Sie gibt ganze 100 000 Euro gegenüber dem Ist-Zustand mehr aus.
Das Bemerkenswerteste an dem Gesetz ist aber, dass darin Regelungen enthalten sind, die Dritte, insbesondere die Kostenträger der Sozialversicherung, enorm belasten werden. So sind allein für die Einführung des sogenannten NEF-Fahrers für den ärztlichen Dienst 6,5 Millionen bis 10,5 Millionen Euro Mehrkosten zulasten der Versicherten veranschlagt, der Ärztliche Leiter selbst wird 2 bis 3 Mil
Wenn Sie sagen, das Gesetz sei kein großer Wurf, was hätte dann Ihrer Meinung nach geändert werden müssen, damit es ein großer Wurf wird? Wollen Sie den Vorrang der Hilfsorganisationen aufheben?
Meine Damen und Herren, das moderne Samaritertum hat viele Gesichter. Die Hilfsorganisationen sind auf vielen Gebieten tätig: auf dem Gebiet der Altenhilfe, der Gesundheitsvorsorge, der Behindertenhilfe usw. Aber das klassische Aufgabengebiet der Hilfsorganisationen ist der Rettungs- und Sanitätsdienst. Wer daran rütteln will, muss schon darlegen, wie er es besser machen will.
Meine Damen und Herren, das Gesetz bindet auch weiterhin die privaten Unternehmer ein, auch das ist richtig, weil es Bereiche gibt, wo die privaten Unternehmer durchaus sinnvoll und sachgerecht mitwirken. Das Gesetz passt den Rettungsdienst an moderne Anforderungen an.
In den letzten Jahren – das hat Herr Wahnschaffe kritisiert, und deshalb habe ich gesagt, Sie haben nicht sehr viel Ahnung – gab es ungeheuere Schwierigkeiten bei der Kostenabwicklung zwischen den Leistungserbringern und den Kostenträgern.
Das ist zum Teil über Jahre gegangen.
Zum Teil sind die Kreisverbände, die das vor Ort tragen, in Liquiditätsschwierigkeiten gekommen, weil die Abrechung nicht funktioniert hat.
Ich möchte nur wissen, was daran falsch sein soll.
Natürlich funktioniert es. Es ist ja festgelegt, dass es zügig abgewickelt werden muss.
Was die Hilfsfrist betrifft: Die Hilfsfrist wird, wie sie jetzt besteht, in ganz hohem Maße eingehalten, auch in schwierigem Gelände, auch in abgelegenen Orten.
Weil das die Hilfsfrist nicht verändert. Wenn Sie sie verändern wollen, müssen Sie das Netz der Rettungswachen völlig erneuern, und ich wünsche Ihnen dabei viel Glück:
gibt ellenlange Ausführungen darüber, wer was mit wem zu vereinbaren hat. Ob das wirklich zielführender ist und vor allem, ob es zu schnelleren Entscheidungen, wie von Ihnen erhofft, führen wird, das steht im Augenblick noch in den Sternen. Das hängt natürlich nicht zuletzt von der Höhe der Entgeltvereinbarungen ab.
Deshalb sind wir der Auffassung, dieses Gesetz sollte ohne Eile und mit der nötigen Sorgfalt beraten werden. Und wenn ich noch etwas anmerken darf: Wir finden es schon äußerst merkwürdig, dass der Sach- und Fachausschuss, nämlich der sozialpolitische Ausschuss, der jahrzehntelang federführend war, nun durch Mehrheitsbeschluss im Ältestenrat sozusagen entmachtet wurde und das Ganze dem Innenausschuss gegeben wurde. Ich will damit nicht die Qualität dieses Ausschusses in Zweifel ziehen, aber die Sachorientierung, nämlich daran, dass Rettungsdienst vor allem der Hilfe für Menschen dient, wird dadurch nicht unterstrichen, sondern eigentlich ins Gegenteil verkehrt.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Erfreulichste vorweg: Endlich diskutieren wir auch im Bayerischen Landtag über das Thema Kinderarmut. Ich hoffe, dass wir darüber auch zielorientiert diskutieren. In anderen Parlamenten, wie zum Beispiel im Deutschen Bundestag, ist die Kinderarmut schon lange ein Thema. Der Bund hat auch bereits gehandelt. Wir warten immer noch darauf, dass auch Bayern handelt, denn die Bayerische Staatsregierung hat bisher den Eindruck erweckt, dass dieses Thema sie nicht berühre und dass es vor allen Dingen Bayern nicht berühre. Ich werde dagegen versuchen darzulegen, dass es ganz anders ist.
Zunächst zu den Aktivitäten des Bundes. Der Bund prüft im Augenblick – dazu gibt es auch Bundesratsinitiativen, allerdings nicht von Bayern –, ob die Pauschale für Kinder bei den Leistungen nach Hartz IV erhöht werden soll. Der Bund hat – darüber haben wir auch bei anderer Gelegenheit gesprochen – vier Milliarden Euro für den Ausbau von Ganztagsschulen zur Verfügung gestellt. Das Geld ist in Bayern nicht so verwendet worden, wie es eigentlich gedacht war. Es ist teilweise auch für den Ausbau des G 8 verwendet worden. Der Bund hat – dafür
Anträge. Wir fordern vor allem, dass in der Bildung etwas getan wird; denn das ist das Instrument, um Kinderarmut nachhaltig zu beseitigen. Wir wollen natürlich auch, dass die bereits bestehenden Einrichtungen – davon gibt es auf kommunaler Ebene eine Menge – staatliche Unterstützung bekommen, wie das bei anderen Projekten, zum Beispiel bei der Ausbildung, geschieht. Wir brauchen mehr Schulsozialarbeit, und wir brauchen Ganztagsschulen. Sie kennen all diese Forderungen, die auf der Tagesordnung bleiben werden, ob Sie das wollen oder nicht. Wir wären schon froh, wenn Sie heute ein Zeichen dafür geben würden, dass Sie etwas gegen Kinderarmut in Bayern tun wollen.
Es gibt jedenfalls kein Signal, dass hier etwas geschieht. Wir fordern ein Sofortprogramm. – Herr Präsident, ich bin sofort am Ende. – Sie kennen alle die
Herr Wahnschaffe, ich habe Ihnen auch zugehört. Ich bitte noch um zwei oder drei Minuten Aufmerksamkeit. Natürlich denken wir auch an Freistellungen von Kindergartenbeiträgen. Bisher legen wir aber die Priorität auf die Verbesserung der Qualität in den Einrichtungen. Das allein wird uns etwa 100 Millionen Euro im Jahr kosten. Das dritte Kindergartenjahr von Gebühren freizustellen, würde etwa 110 Millionen Euro kosten, und die Kommungen wegen der Konnexität noch einmal denselben Betrag. Im Übrigen wird für 40 % der Kinder, deren Eltern den Kindergartenbeitrag nicht bezahlen können, der Beitrag in Großstädten von der wirtschaftlichen Jugendhilfe bezahlt.
Das Netz an Erziehungsberatungsstellen in Bayern ist für die ganze Bundesrepublik vorbildhaft. Dieses Netz ist vorbildlich finanziert, und die Wartezeiten gehen deutlich zurück.
Sie kennen unser Basis-Modulsystem mit verschiedenen Bausteinen, das die Ministerin sicherlich im Herbst 2008 vorstellen wird. Es geht viel weiter und wird viel weitmaschiger gestrickt, als Sie mit Ihrem Ansatz und Ihrer kurzfristigen Herangehensweise vorschlagen.
„Länger gemeinsam lernen“ steht als Motto in diesen Anträgen. Ich spreche hier auch für die Schule. Sie kennen die neueste Studie aus Berlin, die von einem Berliner Bildungssenator in Auftrag gegeben wurde.
Fünf Jahre lang wurden 4700 Kinder untersucht. Das Ergebnis wurde vorgestern in der „Zeit“ vorgestellt: Längere gemeinsame Schulzeiten verstärken soziale Disparitäten und bremsen die Lernentwicklung in jeder Weise bei den Kindern, unabhängig von ihrer Herkunft.
Habe ich noch Redezeit, Herr Präsident? – Ich habe noch eine Minute Zeit. Hier wäre eine konsequente Früh- und Sprachförderung notwendig, die wir gerade für Benachteiligte anbieten, eine klare Leistungsorientierung und eine qualitative Lehrerbildung, die von uns auch ganz konsequent angegangen wird.
Ihr siebter Antrag, Kolleginnen und Kollegen, befasst sich mit der Lernmittelfreiheit. Die Absicherung, dass Eltern alle Lernmittel frei bekommen, ist eine Illusion. Denn auch hier gibt es eine Leitmarge, das ist der Hartz-IVSatz. Wenn Sie diesen Satz für Sechs- bis Vierzehnjährige anheben – das haben wir nämlich vor; das ist ein Milliardenbetrag – und gleichzeitig das Kindergeld und die Kinderfreibeträge erhöhen, steht uns als Familien- und Sozialpolitikern ein Mordsbrocken bevor. Sie müssen einfach sagen: Ich brauche erst einen Bericht über das Exis
und im Bundesdurchschnitt bei etwa 18 %. Diese Zahlen sprechen Bände. Wir steuern dagegen. Es war blanker Unsinn, was Sie vorher zur Kinderbetreuung gesagt haben. In Bayern spielte der Ausbau der Einrichtungen für die Kinderbetreuung in den letzten Jahren eine zentrale Rolle, und er wird das auch in den nächsten Jahren tun. Wir bauen die Einrichtungen stark aus.
Wir geben zu den Bundesmitteln Hunderte von Millionen dazu. Der Unterschied zwischen Ihnen und uns besteht darin, dass wir die Achse breiter auslegen. Wir helfen den Familien auch durch das Landeserziehungsgeld. Sie wissen, dass zwei Drittel der Bezieher des Landeserziehungsgeldes hart an der Grenze zum Bezug von Leistungen nach dem SBG II liegen, also fast Hartz-IV-Empfänger sind. Wir helfen den Familien auch mit dem Betreuungsgeld, das Sie im Bund und im Land bekämpfen.
„Herdprämie“ war das Unwort des Jahres, Frau Kollegin. Wenn Sie sich den Schuh anziehen wollen, spricht das Bände.
Schließlich nenne ich noch die Chancengerechtigkeit, die das zentrale Thema sein muss. Dazu hat die CSU hier ein breites Paket von Maßnahmen vorgeschlagen.
Ich muss das in aller Kürze darstellen, weil ich nur zehn Minuten Zeit habe. Der Kinderbeauftragte – wir haben darauf hingewiesen – hilft niemandem; das zeigt schon der Blick auf andere Bundesländer. Wir alle hier im Parlament sind Familien- und Kinderbeauftragte.
Wenn die Staatsregierung zwei- bis dreimal im Jahr eingehend über die Armut im Land berichtet und einen Landessozialbericht erstellt, dann ist das weit informativer, als das ein Kinderbeauftragter sein könnte.
Nun zum Kindergartenbeitrag: Lassen Sie sich doch einmal vom Sozialreferenten der Stadt Nürnberg belehren, der ein SPD-Referent ist. Er kennt sich wahrscheinlich etwas besser aus als Sie. Er setzt nicht beim letzten Kindergartenjahr an, was pädagogisch falsch ist, sondern er möchte das erste Kindergartenjahr von Beiträgen freistellen. Das ist auch unsere Haltung.
und sagen: Na, bei den anderen ist es ja noch schlimmer, da haben wir es eigentlich noch ganz gut erwischt. Wir müssen vielmehr sagen: Acht Prozent sind acht Prozent zu viel. Jetzt müssen wir handeln, und zwar sofort. Wir sind ein reiches Land, und wir können es.
Wir müssen es nur wollen. Deshalb sage ich: Ran an den Speck und anfangen, die Kinderarmut wirksam zu bekämpfen. Da gibt es ganz konkrete Maßnahmen, die in den Anträgen der SPD durchaus angesprochen sind.
Wir haben – das ist schon erwähnt worden – im Sozialausschuss beschlossen, dass es in den Einrichtungen ein warmes Mittagessen geben sollte. Das heißt, wir haben unserem Wunsch Ausdruck gegeben und die Staatsregierung gebeten, ein Konzept zu entwickeln, wie dies passieren könnte. Ich hoffe nur, dass wir dieses Konzept noch vor Ende der Legislaturperiode sehen und nicht, dass die Kinder am Schluss wieder die Verlierer sein werden, weil sich dieses Konzept entweder als unpraktikabel oder als – in Anführungszeichen: – unfinanzierbar erweisen wird.
Ich bin im Gegensatz zu Ihnen, Herr Imhof, nicht der Meinung, dass ein Kinderbeauftragter nichts bewirken kann. Wir haben auch in anderen Bereichen Beauftragte. Wir haben eine Behindertenbeauftragte, es gibt Frauenbeauftragte, Gleichstellungsbeauftragte.
Wenn wir der Meinung wären, dass sie nichts bewirken, müssten wir sie abschaffen.
Es wäre sehr, sehr schade, wenn wir auf die wertvolle Arbeit dieser Menschen verzichten würden.
Eine Kinderbeauftragte oder ein Kinderbeauftragter hat die Aufgabe, tatsächlich auf die Not der Kinder aufmerksam zu machen, den Finger in die Wunde zu legen und Maßnahmen zu empfehlen. Ich bin dagegen, dass sich ein ganzes Parlament zu einem Konglomerat von Kinderbeauftragten ernennt.
Ich denke, da brauchen wir einen kompetenten Menschen, der das ernsthaft betreibt. Von daher halte ich diesen Antrag für sehr gerechtfertigt.
tenzminimum, um festzustellen, dass Lernmittelfreiheit nicht eingrenzbar, nicht definierbar, nicht kontrollierbar und nicht kalkulierbar ist.
Ich komme zu den Ganztagsschulen. Auf die Ganztagsangebote haben der Staatsminister und der Staatssekretär in den letzten Monaten ständig hingewiesen: 340 Angebote an standortgebundenen Hauptschulen werden es im Herbst sein, Tausende Ganztagsangebote wird es geben. Unsere Fraktion weist aber darauf hin: Nicht alles kann man verpflichtend tun, sondern man muss auch auf das Wunsch- und Wahlrecht der Eltern achten. Insofern, Kolleginnen und Kollegen, setzt die CSU im Haushalt ganz konkrete Prioritäten: Die zentrale Priorität wird bei Kindern und bei Familien gesetzt. Lassen Sie uns gemeinsam anpacken, damit wir in den nächsten Jahren entscheidend vorankommen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Dass wir jetzt eine so aufgeheizte Stimmung haben, das haben wir dem Herrn Staatsminister zu verdanken.
Der Herr Staatsminister hat, ohne auf sein Amt zu achten, hier im Hohen Haus dazu aufgerufen, wie demnächst die CSU-Kandidaten in ihren Wahlversammlungen aufzutreten hätten.
Wenn das so ist – meine Damen und Herren, Sie haben hier ein Zerrbild Ihrer christ-sozialen Familienpolitik ent
Die Erbschaftssteuer wird somit zum Arbeitsbeschaffungsprogramm bzw. ist aus Ihrer Sicht eine reine Neidsteuer.
Ich sage Ihnen eines voraus: Auch nach der Verabschiedung des Gesetzes im Bundestag wird es für die Erbschaftssteuer keine Ewigkeitsgarantie geben. Schauen Sie doch einmal nach Österreich. Dort regiert ein sozialistischer Bundeskanzler. Was gibt es dort an Erbschaftssteuer und was gibt es dort an Vermögenssteuer, Herr Schieder? Darüber verlieren Sie kein Wort. Schauen Sie doch einmal, wie viele mittlerweile den Weg nach Österreich suchen. Sie brauchen hier nicht so zu lästern, Sie kennen offensichtlich die Realität nicht.
Sie werden es sehen: Auf Dauer lässt sich auch Deutschland nicht von der internationalen Steuerentwicklung abkoppeln. Das wird nicht gehen.
Steuergerechtigkeit und Leistungsfähigkeitsprinzip sind vom gesamten Steuersystem zu leisten, liebe Kolleginnen und Kollegen, und nicht von einer einzelnen Steuerart. Das müssen wir realistisch sehen. Wir werden unter Wahrung der sozialen Symmetrie und des gesamten Steuersystems die Erbschaftssteuer in Zukunft wieder auf den Prüfstand stellen. So muss es sein und so wird es auch sein, weil die anderen Länder in der Konkurrenz und im Wettbewerb überhaupt keinen Respekt vor den Befindlichkeiten haben, die Sie hier vorgetragen haben.
Frau Staatsministerin, wenn es so ist, wie Sie behaupten, dass Sie die Einwände und Bedenken der Eltern, der Träger und der Erzieherinnen ernst nehmen, wie ist es dann zu erklären, dass auch zwei Jahre nach Einführung des BayKiBiG diese Klagen nicht nachlassen? Ich sage Ihnen, wovon ich rede: Ich habe heute gemeinsam mit der Kollegin Ackermann eine neue Petition in Empfang genommen, unterschrieben von 4000 Eltern aus dem schönen Allgäu, die genau das, was Sie alles gutheißen, auf das Heftigste kritisieren.
Wir haben vor Kurzem – es ist noch gar nicht lange her, vor ein paar Wochen – einen Erzieherinnentag durch die SPD-Landtagsfraktion durchgeführt. Bei diesem Erzieherinnentag brauchten wir gar nicht so viel zu sagen, Frau Dodell, wir brauchten auch niemanden aufzuhetzen. Was wir dort zu hören bekommen haben – ich hätte mir gewünscht, dass auch Sie sich das anhören –, waren Klagen über den Alltag in den Kindergärten. Wir bestätigen uns hier immer gegenseitig, nur das Beste für unsere Kinder zu wollen, aber der Alltag sieht leider ganz anders aus. Jeder Mann und jede Frau – auch solche Personen außerhalb Bayerns, die sich mit dieser Materie auseinandergesetzt haben – sagen, dass der bayerische Bildungs- und Erziehungsplan gut ist. Nur die Erzieherinnen sagen: Wir können angesichts der derzeit obwaltenden Umstände diesen bayerischen Erziehungsplan nicht umsetzen. Er kommt also bei den Kindern nicht an. Das muss Ihnen doch zu denken geben. Deswegen muss ich Ihnen sagen: Wir werden nicht nachlassen, auf eine Änderung dieses Gesetzes zu drängen, und zwar nicht, weil wir recht haben wollen, sondern weil wir Besseres für die Kinder wollen.
Herr Kollege Imhof, Sie haben eben bemerkenswerte Zahlen aus der Stadt Nürnberg genannt. Sind Sie mit mir der Meinung, dass es die Intention des im Jahr 2005 verabschiedeten Bayerischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetzes war, die frühkindliche Bildung zu fördern? Ist Bildung nicht eine andere Aufgabe, als 40 % der Besuche – Sie nannten das Beispiel Nürnberg – über die Jugendhilfe zu fi nanzieren?
Wäre es nicht vielmehr Aufgabe der Bildung, dafür Gelder bereitzustellen und die Jugendhilfe für andere, dringendere Aufgaben zu entlasten?
Frau Staatsministerin! Nachdem heute der Nachtragshaushalt „das Licht der Welt erblickt hat“, also eingebracht wurde, bitte ich Sie, dem Hohen Hause zu erklären, wo die 100 Millionen Euro zur Qualitätsverbesserung zu fi nden sind, von denen Kollege Imhof gesprochen hat.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich zu Wort gemeldet, denn, Frau Staatsministerin Stewens, zu so viel Eigenlob besteht eigentlich kein Anlass.
Nicht alles, was Sie hier so rosig dargestellt haben, ist für die Menschen, um die wir uns kümmern müssen. Ich finde es sehr beeindruckend, Frau Kollegin Stamm, was Sie hier gesagt haben. Ich möchte das auch deutlich unterstreichen: Es handelt sich um Menschen, die für sich die geringste Lobby haben, einmal abgesehen von Vereinigungen, die Sie angeführt haben. Diese Menschen gehörten zu den Schwächsten in unserer Gesellschaft. Um sie müssen wir uns deshalb in besonderer Weise kümmern.
Ich habe mich aber vor allem deshalb zu Wort gemeldet, Frau Staatsministerin, weil ich es nicht im Raum stehen lassen kann, dass Sie wieder einmal auf den Bundesgesetzgeber gezeigt und gesagt haben: Der Bundesgesetzgeber hat unsauber gearbeitet. Sie sagten: Wir könnten
uns da nicht einigen. Wo waren Sie denn im Bundesrat, als dieses Gesetz beschlossen worden ist? – Sie hatten doch damals bereits die Mehrheit im Bundesrat und hätten das Gesetz verändern können. Ich kann mich aber nicht erinnern, dass Sie initiativ geworden wären. Das ist das eine.
Das andere ist Folgendes, und in dieser Frage stimme ich Ihnen zu: Es muss im Interesse der Menschen eine Lösung gefunden werden, die nicht darauf hinausläuft, dass die Eingliederungshilfe nur als freiwillige Leistung gewährt wird. Vielmehr muss es sich um eine Maßnahme handeln, auf die diese Menschen Anspruch haben. Ein Mittagessen ist eben ein Anspruch, den sie als Eingliederungshilfe erhalten sollen und müssen. Das ist eine ganz klare Sache.
Nun zu dem Gesetzentwurf, den wir heute hier beraten. Sie sagen, der Bundesgesetzgeber hat unsauber gearbeitet. Wir haben wiederholt darauf hingewiesen – und das zieht sich seit dem Jahr 2006 durch die Debatte –, denn das Gesetz ist mehrfach geändert worden, dass die Änderungen auch mit enormen Einsparmaßnahmen verbunden waren. Ich erinnere nur an die Einsparungen, die Sie beim AGSG mit Ihrer Mehrheit in diesem Hause beschlossen haben. Sie haben damit entschieden, dass es für stationäre Pflegeeinrichtungen keine Finanzierung mehr geben wird. Das steht nun ausdrücklich in diesem Gesetz. Sie haben die Verantwortung für die ambulante Versorgung auf die Kommunen abgeschoben, obwohl der Bundesgesetzgeber Ihnen auferlegt hat, für die notwendige Infrastruktur sowohl im ambulanten als auch im stationären Bereich Sorge zu tragen.
An diesem Gesetz haben Sie sogar derart „sauber“ gearbeitet, dass es notwendig war, einen Nachtrag einzureichen und darüber hinaus über die CSU-Fraktion Formulierungsveränderungen nachzuschieben. Das war notwendig, weil Ihr Gesetz so unsauber gearbeitet war. Bevor man mit dem Finger auf den Bundesgesetzgeber zeigt, sollte man besser mit dem Finger an die eigene Nase fassen und sich fragen: Haben wir das richtig gemacht? Wir haben Ihnen jedenfalls empfohlen, das kann ich nur wiederholen, den Gesetzentwurf, wie er nun zur Abstimmung steht, nicht vorzulegen, sondern ein Gesamtkonzept zu erarbeiten. Bei einem Gesamtkonzept hätten wir schlüssig entscheiden können, ob die gefundene Lösung richtig ist oder ob sie eine gewisse Schieflage hat.
Nun noch zum Schluss, weil hier anscheinend ein bisschen die Stunde „Wünsch Dir was“ ist: Ich möchte anmerken, dass die Integrationsfirmen schon wieder erhebliche Nöte haben. Die Briefe haben Sie doch sicher auch bekommen. Die Firmen haben Probleme, weil die Ausgleichsabgabe so knapp ausfällt, dass die Einrichtungen auf Dauer nicht mehr in der Lage sein werden – wenn die Kürzungen weiterhin durchgehalten werden sollten –, ihren Betrieb wie bisher aufrechtzuerhalten. Das wäre eine Katastrophe; denn die Menschen, die in diesen Firmen beschäftigt sind, haben keine Chance, auf dem ersten Arbeitsmarkt unterzukommen. Der Finanzminister hat vorhin schon etwas über den Nachtragshaushalt 2008
gesagt. Deshalb unser Appell an Sie: Wir hoffen, dass Sie in diesem Punkt gemeinsam mit dem Finanzminister handeln werden.
Frau Staatsministerin, ich habe, ehrlich gesagt, dem, was Sie jetzt ausgeführt haben, relativ wenig entnehmen können, was denn dafür spricht, den Mindestlohn abzulehnen. Sie haben das Beispiel gebracht, dass eine Familie, die von Hartz IV leben muss, mit den entsprechenden Zuschlägen für Kinder über 1000 Euro erhält. Da wäre es doch eigentlich folgerichtig, weil die CDU/CSU immer das Lohnabstandsgebot gefordert hat, dass eine Familie, bei der einer oder beide von ihrer eigenen Hände Arbeit leben, mehr bekommt, zumindest so viel, dass sie davon leben kann. Nicht einmal das wollen Sie denen zugestehen, wenn Sie sagen, sie bekämen doch eine Grundsicherung. Die Grundsicherung ist nicht dafür da,
dass Menschen, die voll arbeiten, zusätzlich etwas bekommen müssen.
Außerdem haben Sie davon gesprochen, dass die Einführung des Mindestlohns dazu führen würde, dass die geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse zurückgingen. Wir haben heute ganz aktuell aus der Bundesagentur für Arbeit die neuesten Zahlen bekommen. Diesen können wir die erfreuliche Tendenz entnehmen, dass die Zahl der Beschäftigungsverhältnisse von Menschen, die keine oder eine geringfügige Qualifikation haben, von denen man immer sagt, dass sie in Deutschland keine Chance hätten, wieder steigt.
Wie soll das mit dem, was Sie gesagt haben, zusammenpassen? Ich kann Ihnen nur empfehlen: Machen Sie sich bei denen kundig, denen es wirklich schlechter geht, als wir alle uns hier vorstellen können.
Frau Staatsministerin, wenn einer oder mehrere der hunderttausend Pflegebedürftigen in Bayern dieser Ministerbefragung heute zuhören würden, wären sie wahrscheinlich enttäuscht; denn die Fragestellung der CSU hat viel erwarten lassen, aber bisher wenig gebracht. Die Staatsregierung hat zu diesem Thema bisher viel geredet, aber sie hat kaum gehandelt. Entscheidend für Ihr Handeln – und daran müssen Sie sich messen lassen – sind die Gesetze, die Sie auf den Weg bringen, und das Geld, das Sie für selbst gesetzte Zwecke einzusetzen bereit sind. Wenn man das auf den Prüfstand stellt, ist das in diesem Jahr sehr wenig.
Laut dem SGB XI sind die Länder verpflichtet, zur Vorhaltung einer leistungsfähigen, zahlenmäßig ausreichenden und wirtschaftlichen pflegerischen Versorgungsstruktur beizutragen. Das heißt, sie haben die Letztverantwortung. In Bayern hat man das geschickt gelöst, indem man diese Verantwortung den Kommunen übertragen hat. Aber man hat die Kommunen – und zwar sinngemäß nach dem Kommunalen Entlastungsgesetz – in dieser Frage aus der Pflicht entlassen; denn sie müssen für die Struktur nur soweit etwas tun, als das die kommunalen Haushalte zulassen. Der Freistaat Bayern hat sich aus der Förderung der Pflege, der Investitionspflege, vollständig zurückgezogen. Wir warten sehnsüchtig auf ein neues Heimgesetz. Frau Staatsministerin, wir warten darauf, dass Sie etwas tun, um einen drohenden Pflegenotstand zu beseitigen, indem zum Beispiel der Nachwuchs stärker gefördert wird. Bisher haben Sie das weitgehend abgelehnt.
Wir haben es mit der neuen Situation zu tun, dass Tarifverträge unterlaufen werden und Kommunen neuerdings mit den Trägern darum feilschen, wer der Billigste ist. Das trifft ausgerechnet auf die Behindertenhilfe zu, die schließ