Protocol of the Session on December 14, 2005

Verehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir tragen dem Wunsch verschiedener Berufsstände Rechnung, das Versorgungswesen eigenständig regeln zu können. Das ist aus meiner Sicht kein Verstoß gegen die Friedenspfl icht, sondern eine Abrundung.

Ich hebe auch hervor, dass bei diesen Versorgungswerken der Steuerzahler schließlich nichts dazubezahlt, während bei der Rentenversicherung hohe Milliardenzahlungen getätigt werden. Es wird häufi g übersehen, dass es zwar in der Phase der Beitragseinzahlung für die Rentenversicherung angenehm ist, möglichst viele Beitragszahler zu haben, aber wenn es um die Auszahlung der Renten geht, wird es schwieriger. Von daher ist das Versorgungswerk, glaube ich, ein durchaus vernünftiger Weg, und er sollte in der Weise ermöglicht werden, wie es von den verschiedenen Berufsständen vorgeschlagen wird.

Hinsichtlich des Wechsels der Wirtschaftsprüfer verhehle ich nicht, dass ich lieber den ursprünglichen Gesetzesantrag gehabt hätte, weil die entsprechenden Kammern bzw. das Versorgungswerk mitteilen, dass andernfalls ein Wechsel der Wirtschaftsprüfer nach Jahrzehnten überhaupt nur sehr schwer denkbar ist.

Aber ich nehme zur Kenntnis, dass der Landtag dem nicht Rechnung tragen will. Das ist keine Frage, über die man größere Auseinandersetzungen suchen müsste, deshalb bitte ich Sie, dem Gesetzesvorhaben zuzustimmen.

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Der Abstimmung liegen der Gesetzentwurf auf Drucksache 15/4059 und die Beschlussempfehlung mit Bericht des federführenden Ausschuss für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie auf Drucksache 15/4437 zugrunde.

Der federführende Ausschuss für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie empfi ehlt Zustimmung mit der Maßgabe, dass § 1 Nummer 3 gestrichen wird. Die bisherigen Nummern 4 bis 8 würden dann die Nummern 3 bis 7. Der Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen stimmte bei seiner Endberatung der Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses zu. Ergänzend schlägt er vor, in § 4 als Datum des Inkrafttretens den 1. Januar 2006 einzufügen. Ich verweise insoweit auf die Drucksache 15/4437.

Wer dem Gesetzentwurf in der Fassung des endberatenden Ausschusses für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind CSU-Fraktion und SPD-Fraktion. Gegenstimmen? – Keine. Enthaltungen? – Bei Stimmenthaltung der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN ist das so beschlossen.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, da ein Antrag auf Dritte Lesung nicht gestellt wurde, führen wir gemäß § 56 der Geschäftsordnung sofort die Schlussabstimmung durch. Ich schlage vor, sie in einfacher Form durchzuführen. – Widerspruch erhebt sich nicht.

Wer dem Gesetzentwurf in der Fassung des endberatenden Ausschusses für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen seine Zustimmung geben will, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. – CSU-Fraktion und SPDFraktion. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Stimmenthaltungen bei der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Das Gesetz ist damit so

angenommen. Es hat den Titel: „Gesetz zur Änderung des Gesetzes über das öffentliche Versorgungswesen“.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 15 auf:

Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Gesundheitsdienst- und Verbraucherschutzgesetzes und des Heilberufe-Kammergesetzes (Drs. 15/3947) – Zweite Lesung –

hierzu:

Eingabe betreffend Änderung des Heilberufe-Kammergesetzes (SO.0992.15)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor ich die allgemeine Aussprache eröffne, darf ich bekannt geben, dass zu diesem Gesetz namentliche Abstimmung beantragt worden ist. Das wird jetzt gleich durch das Hohe Haus gegeben, sodass wir am Ende der Beratung sofort in die namentliche Abstimmung eintreten können.

Ich eröffne die Aussprache und darf dafür zunächst Herrn Dr. Zimmermann das Wort geben. – Nein, ich höre gerade, dass zunächst Herr Staatssekretär Dr. Bernhard das Wort wünscht. Bitte sehr.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben jetzt zwei Gesetzesänderungen zu beraten. Das ist zum einen die Novellierung des Gesundheitsdienst- und Verbraucherschutzgesetzes. Sie hat zum Thema die gesetzliche Grundlage für die Ethik-Kommissionen, die in Zukunft einen Behördencharakter haben sollen, weil sie über die Arzneimittelprüfung und deren Zulassung in den Kliniken entscheiden. Diese Rechtsgrundlage muss schnell geschaffen werden; denn sie basiert letzten Endes auf EU-Recht und auf einer Änderung des Arzneimittelgesetzes. Ich denke, dass wir hier alle übereinstimmen, dass diese Novellierung richtig und vernünftig ist. Ich glaube, dass das kein Problem ist.

Der zweite Punkt ist die Novellierung des Heilberufe-Kammergesetzes verbunden mit der Aufhebung des Instituts der spezifi schen Ausbildung in der Allgemeinmedizin.

Ich glaube, dass wir in der Zielsetzung, die mit dieser Neuregelung verbunden ist, im Grunde keine Differenzen haben. Wir wollen die Qualität hochhalten und die Bedeutung der hausärztlichen Versorgung und damit verbunden der Qualifi zierung der Hausärzte unterstreichen. Ich will die Historie, die zu dieser Novelle geführt hat, nicht wiederholen; sie ist den Kollegen, die sich damit befasst haben, bekannt.

Wir sollten festhalten, dass auch die rot-grüne Koalition im Jahre 1999 die Kassenzulassung von einer fünfjährigen Ausbildung abhängig gemacht hat. Das bedeutet, auch hier sind wir uns einig, dass diese Qualifi zierung, die einen gewissen Zeitraum in Anspruch nimmt, notwendig ist.

Der Punkt, der manchmal strittig erscheint, ist, dass mit dem Gesetzentwurf nicht darüber entschieden wird, wie hier verfahren werden soll; denn das ist eine Entscheidung der Landesärztekammer, die dafür zuständig sein wird und die am ehesten eine sachgerechte Lösung für diese Problematik entwickeln kann.

Das EU-Recht lässt es zu, dass wir in Bayern – ähnlich wie in Sachsen-Anhalt – anders verfahren als andere Länder, was die Behandlung der Hausärzte anlangt, die jetzt praktische Ärzte sind.

Das EU-Recht lässt zu, dass wir für unsere inländischen Ärzte höhere Standards setzen. Das ist mit der EU-Kommission ausdrücklich geklärt worden. Es ist allerdings so, dass Ärzte, die die EU-rechtlich vorgeschriebene Ausbildung im Ausland absolvieren, bei uns auch zugelassen werden müssen. Ich glaube allerdings, die Konsequenz kann nicht sein zu sagen, wir senken auch bei uns das Niveau ab.

(Joachim Wahnschaffe (SPD): Das ist ja der Pferdefuß des Gesetzes!)

Das ist kein Pferdefuß, ich glaube vielmehr, es ist vernünftig, so zu verfahren. Denn immerhin kann die Landesärztekammer auch vernünftige Übergangsregelungen aufstellen, die einerseits für die praktischen Ärzte akzeptabel sind und andererseits dazu führen, dass man für diese Hausärzte – es ist ja mehr eine Regelung für die Vergangenheit, denn wie gesagt, für die Zukunft sind wir uns ja einig – eine Regelung über eine gewisse Qualifi zierung fi ndet – so könnten wir uns das vorstellen –, die zum Führen der Facharztbezeichnung „Arzt für Allgemeinmedizin“ berechtigt.

Sie betonen immer die Haltung der praktischen Ärzte, die im Übrigen vor Jahren schon sehr hohe Qualitätsanforderungen gestellt haben, diese jetzt aber zum Teil nicht mehr wahrhaben wollen. Das eine ist doch die Gerechtigkeit für die praktischen Ärzte, das andere aber ist die Gerechtigkeit auch gegenüber denen, die jetzt diese höherwertige ausgedehntere Facharztausbildung gemacht haben. Ich glaube, es ist auch im Interesse der Letzteren, ebenso wie im Interesse der Transparenz für die Patienten, klarzustellen, welche Qualität und welche Ausbildung sich dahinter verbirgt, wenn jemand den Titel „Facharzt für Allgemeinmedizin“ führt. Wir sollten in Bayern keine Mindeststandards setzen, sondern uns um eine hohe Qualität bemühen. Ich bin, wie gesagt, der Meinung, dass wir eine vernünftige Übergangsregelung fi nden werden, mit der am Ende alle zufrieden sein können.

Es ist immer wieder einmal Kritik an der Zeitschiene geübt worden. Auch dazu möchte ich eine Bemerkung machen. Der Bund hat Regelungen zum Gesundheitsdienst- und Verbraucherschutzgesetz im Jahre 2004 verabschiedet. Da kann es zu keinem Vorwurf kommen, dass wir jetzt sozusagen diese Regelungen erst ein Jahr später umsetzen; immerhin waren verschiedene Abstimmungsmodalitäten mit den einzelnen Kliniken und anderen notwendig, um die Fragen mit den Ethikkommissionen zu regeln. Im Übrigen sind die meisten anderen Länder noch gar nicht so weit.

Ähnliches gilt für das Heilberufe-Kammergesetz.

(Kathrin Sonnenholzner (SPD): Da gibt es schon 14 Regelungen!)

So ist es. Ich denke also, dass wir jetzt eine vernünftige Regelung treffen, die sachgerecht ist und die Qualität hoch hält und die am Ende auch für die praktischen Ärzte akzeptabel ist, wenn die Landesärztekammer eine vernünftige fachliche Regelung fi ndet.

(Beifall bei der CSU)

Nächste Wortmeldung: Frau Kollegin Sonnenholzner. Bitte schön, Frau Kollegin.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Darf ich daraus schließen, dass Sie sich an die Geschäftsordnung halten und dass der Redebeitrag des Kollegen Zimmermann verfallen ist, nachdem er vorher, als er aufgerufen wurde, nicht da war?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wenn nicht, würden wir das noch einmal großzügig tolerieren. Ich weise nur darauf hin, wie der Weg wäre.

Herr Staatssekretär, es gibt in der Tat bei der Änderung des Gesundheitsdienst- und Verbraucherschutzgesetzes keinen Dissens. Beim Heilberufe-Kammergesetz, konkret bei der Neuregelung zur Titelführung für die praktischen Ärzte, sieht es anders aus. Wir haben eine namentliche Abstimmung beantragt, weil wir glauben, dass es wirklich ein wichtiges Thema ist. Ich hoffe, dass die eine oder andere Kollegin oder der eine oder andere Kollege aus der Mehrheitsfraktion jetzt die Gelegenheit wahrnimmt, sich nochmals darüber zu informieren, worum es konkret geht: Es geht in Bayern um circa 1500 praktizierende Ärzte, die im Besitz eines EU-Diploms nach Titel IV der Richtlinie 93/16/EWG sind. Dieses Diplom beinhaltet eine zweijährige Ausbildung mit einem Diplom der jeweiligen Landesärztekammer, also in diesem Fall der Bayerischen Landesärztekammer. Für diese Menschen ist in Umsetzung dieser EWG-Richtlinie in Bayern eine Titelbezeichnung zu fi nden.

Das Problem ist in der Tat – der Herr Staatssekretär hat es schon angesprochen –, dass der Facharzt für Allgemeinmedizin, den es in Bayern gibt, eine vier- bis fünfjährige Weiterbildung impliziert, je nachdem, wann die Ärzte diese Weiterbildung haben. Dies ist ein gewisses Problem. Dessen sind wir uns bewusst.

Tatsache ist aber auch, dass der Freistaat tatsächlich in der Pfl icht steht, für die betroffenen Ärztinnen und Ärzte eine vernünftige Regelung zu treffen, die sie gegenüber anderen nicht benachteiligt.

Herr Staatssekretär Dr. Bernhard, da sind wir als Gesetzgeber in der Pfl icht – nicht der Bayerische Ärztetag oder die Landesärztekammer.

(Beifall bei der SPD)

Wir sind der Gesetzgeber, und wir haben vernünftige Regelungen zu treffen – nicht diese Gremien. Im Übrigen haben in den Jahren 2003 und 2004 sowie Anfang des Jahres 2005 bereits 14 Bundesländer solche Regelungen getroffen. Deswegen ist der Vorwurf durchaus erlaubt, dass Bayern erst wieder auf den allerletzten Drücker reagiert.

Was passiert in diesen 14 Bundesländern? Diese 14 Bundesländer haben mit dieser Weiterbildung nach Titel IV ausnahmslos für die betroffenen Ärztinnen und Ärzte die Gebietsbezeichnung „Facharzt für Allgemeinmedizin“ gewählt. Diese Ärzte dürften sich also in 14 deutschen Bundesländern so nennen. Dies ist wie bei Asterix: die ganze Welt – nein; in Bayern ist es anders. Für die 1500 in Bayern niedergelassenen Ärzte gilt, dass sie sich weiterhin „praktischer Arzt/praktische Ärztin“ nennen müssen. Alle Ärzte, die sich in Bayern niederlassen, sei es aus dem EU-Ausland oder aus anderen Bundesländern, dürfen sich auch in Bayern „Facharzt für Allgemeinmedizin“ nennen, wenn sie dieses EU-Diplom besitzen. Das kann weder dieses Gesetz noch sonst jemand verhindern.

(Joachim Wahnschaffe (SPD): Das ist grotesk!)

Wenn ein bayerischer praktischer Arzt in Neu-Ulm eine Praxis hat, sich für vier Wochen eine Praxisvertretung nimmt und sich vier Wochen bei der Landesärztekammer in Baden-Württemberg anmeldet, bekommt er dort die Bezeichnung „Facharzt für Allgemeinmedizin“. Dieser Arzt kann nach Bayern zurückkommen und sich auch hier so nennen. Sie können mir doch nicht ernsthaft sagen, dass das vom Gesetzgeber so gewollt ist. Das heißt, wenn dieser Gesetzentwurf verabschiedet wird, wird eine Benachteiligung der bayerischen praktizierenden Ärzte mit diesem EU-Diplom nach Titel IV erreicht. Dass es dazu in der Mehrheitsfraktion zumindest Unbehagen gibt, drückt sich im Abstimmungsverhalten aus: Es gab jeweils eine Enthaltung von Ihrer Seite im Haushalts-, Europa- und Sozialausschuss.

Sie haben hier mehrheitlich die Chance, dieses Gesetz durch die Ablehnung dieses Gesetzentwurfs zu kippen und das Ergebnis der Mehrheitsabstimmung zu korrigieren.

Wir haben bei diesem Gesetzentwurf ein weiteres Problem, nämlich die Tatsache, dass dazu – zumindest so weit mir bekannt ist, wahrscheinlich sind es mehr – 58 Petitionen eingereicht worden sind, die im Ausschuss vor der Gesetzesberatung aufgrund der von der Staatsregierung gesetzten engen Zeitschiene nicht behandelt werden konnten. Wir haben beantragt, diese Gesetzesberatung noch einmal aufzuschieben, doch dem ist leider nicht entsprochen worden. Wir haben deswegen auf die Schnelle eine dieser Petitionen, nämlich die Eingabe des Herrn Dr. Nikolaus aus Augsburg, im Ausschuss behandelt. Wir wollen diese Petition hier stellvertretend für die anderen Eingaben behandeln. Ich sage Ihnen an dieser Stelle schon noch einmal: Sie haben dieses Verfahren schon beim Bayerischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz – BayKiBiG – so praktiziert. Auch in diesem

Fall stößt das, was Sie hier tun, draußen zu Recht auf allergrößtes Missfallen.

(Beifall bei der SPD)

Die Menschen in Bayern sind über den Umgang mit den demokratischen Rechten, die Sie hier im Parlament praktizieren, entsetzt.

Konkret fordert der Petent für sich und für seine betroffenen Kollegen die Einhaltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes, auch in der Frage der Titelführung, und wendet sich natürlich gegen die Diskriminierung im Vergleich zu anderen europäischen Kolleginnen und Kollegen.

Herr Staatssekretär Dr. Bernhard, dass wir hier nicht Mindeststandards, sondern mehr wollen, mag korrekt sein. Aber ich habe Ihnen schon einmal gesagt, Sie treffen hier die Falschen. Diese Menschen praktizieren seit vielen Jahren, seitdem es dieses Diplom gibt, als Ärzte. Sie glauben doch nicht wirklich, dass dadurch die Qualität der medizinischen Versorgung leidet,