Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die posthum versuchte Rechtfertigung eines gänzlich unnötigen Untersuchungsausschusses war für mich zwar keine Überraschung, aber dennoch überfl üssig. Herr Kollege Dr. Kaiser, Sie werden nicht im Ernst behaupten wollen, dass diese Gesetzesinitiative nur deshalb gekommen ist, weil es den von Ihnen beantragten Untersuchungsausschuss gegeben hat.
In der Tat war das, was sich im Zusammenhang mit dem Deutschen Orden zugetragen hat, eine mittlere Katastrophe, vielleicht sogar eine große. Allein diese Katastrophe hätte schon dazu geführt, dass ein solcher Gesetzentwurf auf den Weg gebracht wird, und das auch ohne Untersuchungsausschuss.
Das Desaster, welches wir mit dem Deutschen Orden erlebt haben, war ein einzigartiger Ausnahmefall. Darauf
möchte ich schon noch einmal hinweisen. Man darf Körperschaften des öffentlichen Rechts, bei denen es sich um Ordensgemeinschaften handelt, nicht unter Generalverdacht stellen.
Für kirchliche Körperschaften fehlen bislang die sonst bei wirtschaftlicher Betätigung im Geschäftsleben üblichen Kontroll- und Sicherungsmechanismen, insbesondere der Schutzmechanismus der Insolvenzfähigkeit. Das muss durch eine gesetzliche Neuregelung behandelt werden, denn ändern kann man daran insoweit nichts: Ein Orden päpstlichen Rechts unterliegt keiner staatlichen Aufsicht, aber auch keiner sonstigen und insbesondere auch keiner ortskirchlichen Aufsicht. Er kann derzeit in seiner wirtschaftlichen Betätigung immer nur dann ausreichend kontrolliert werden, wenn sich der Heilige Stuhl dessen annimmt. Das war das Problem beim Deutschen Orden. Dieses Problem war auch deshalb nicht zu lösen, weil für eine Entziehung der Körperschaftsrechte die Rechtsgrundlagen gefehlt haben.
Im Untersuchungsausschuss und auch sonst in diesem Hause war unumstritten: Es ist Aufgabe des Freistaates Bayern, durch gesetzliche Vorgaben dafür zu sorgen, dass die Verleihung von Körperschaftsrechten an religiöse Gemeinschaften mit Nebenbestimmungen versehen werden kann. Insbesondere soll sie mit solchen Nebenbestimmungen versehen werden können, die es dem Orden bzw. der Körperschaft verbieten, sich unmittelbar unter dem eigenen Dach wirtschaftlich zu betätigen, und es ihnen gebieten, sich für eine wirtschaftliche Betätigung der privatrechtlichen Formen – mit der Möglichkeit der Insolvenzfähigkeit zu bedienen. Das wird in diesem Gesetzentwurf geregelt.
Ferner sind Vorkehrungen für den Entzug von Körperschaftsrechten zu treffen, soweit es verfassungsrechtlich zulässig ist – und das ist ein Problem, denn hier sind Grenzen gezogen. Das, was zulässig ist, ist in den Entwurf aufgenommen worden. Nach Artikel 1 Absatz 3 des Kirchensteuergesetzes neuer Fassung sind weiterhin diejenigen Kirchen und Religionsgemeinschaften privilegiert – daran ist nichts zu ändern, und daran soll auch nichts geändert werden, denn dazu gibt es gar keine Veranlassung –, die schon bei Inkrafttreten der Bayerischen Verfassung Körperschaften des öffentlichen Rechts waren.
Eine besondere Bestimmung, so meine ich, ist Artikel 26 a neu, der sich speziell mit Orden und ähnlichen Gemeinschaften befasst. Es ist hier auf der einen Seite ein strengerer Maßstab anzulegen und es gibt mehr Möglichkeiten für staatliches Eingreifen als bei Religionsgemeinschaften. Auf der anderen Seite ist zu Recht davon abgesehen worden, die Anerkennung von der Zahl der Mitglieder – das ist auch nicht mit einem unbestimmten Rechtsbegriff geschehen – abhängig zu machen. Ich hätte eigentlich erwartet, Herr Kollege Dr. Kaiser, dass Sie sich dazu äußern würden. Aber anscheinend haben Sie das übersehen, denn gerade zu dieser Frage haben Sie sich im Ausschuss immer besonders pointiert geäußert.
Wir werden künftig alle miteinander vor allem darauf zu achten haben, dass ein Schaden, wie er in der Vergangenheit – einmalig – gestiftet worden ist, auch aufgrund unzureichender Möglichkeiten der Rechtsordnung, künftig nicht mehr eintritt. Ich möchte aber noch einmal sagen: Was beim Deutschen Orden passiert ist, war derartig ohne Beispiel, dass es auch ein Prophet nicht hätte vorhersagen können.
Herr Präsident, meine Herren und Damen! Mit Abschluss des Untersuchungsausschusses Deutscher Orden standen für uns zwei Sachverhalte fest:
Erstens. Ministerpräsident Stoiber betreibt Spezlwirtschaft, die wenig mit Wirtschaft und noch weniger mit einer realistischen wirtschaftspolitischen Klugheit zu tun hat.
Zweitens. Um Spezlwirtschaft künftig zu verhindern und einen Schutz von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Kirchen, kirchlichen Vereinigungen und Orden zu erreichen, gilt es, brauchbare, anwendbare und klare Regelungen zu formulieren, die für die Verleihung oder den Entzug – die Rücknahme, den Widerruf oder die Erledigung – von Körperschaftsrechten gelten.
Diese Klarstellung haben wir bereits am 26.04.2001 – Herr Welnhofer, noch vor dem Untersuchungsausschuss – beantragt. Der Antrag wurde mit Änderungen einstimmig angenommen, weil man Änderungsbedarf gesehen hat.
Die Regelungen sind das eine und der Untersuchungszweck bzw. Untersuchungsauftrag sowie die Zielsetzungen sind das andere. Mit den gesetzlichen Regelungen hätten wir nicht so eindeutig feststellen können, dass hinter der wirtschaftspolitischen Kompetenz von Herrn Stoiber eher eine Luftnummer steht.
Beinahe auf den Monat genau fi nden wir jetzt nach vier Jahren – vier Jahre hat die von uns beantragte Prüfung durch die Staatsregierung gedauert – einen Gesetzentwurf vor, der eigentlich zu einer Klarstellung beitragen sollte, es aber unseres Erachtens nicht tut.
Bereits im August des letzten Jahres ist die Staatsregierung, das heißt die Staatskanzlei, mit Falschmeldungen vorgeprescht und wollte uns weismachen, man hätte eine befriedigende Lösung gefunden. Man hat dann den Kirchen im Rahmen eines Anhörungsverfahrens den Gesetz
entwurf zukommen lassen. Bei mir persönlich ist eher der Eindruck entstanden, dass in diesem Jahr Besitzstandswahrungen vorgenommen worden sind als dass man tatsächlich klare und vor allem einvernehmlich geltende Regelungen gefunden hätte. Der Staat bzw. seine Steuerzahlerinnen und -zahler dürfen zwar bürgen und möglicherweise auch zahlen, aber kontrollieren dürfen sie nicht.
So ist denn auch der Gesetzentwurf mehr als halbherzig. Die Änderungen im Kirchensteuergesetz sind bezüglich der Rücknahme und hinsichtlich des Widerrufs des Status der Körperschaft des öffentlichen Rechts nicht auf Kirchen, Religionsgemeinschaften und weltanschauliche Gemeinschaften anwendbar, die ihren Status mit In-KraftTreten der Verfassung von 1946 erhalten haben. Man muss diesen Punkt hervorheben; es wurde auch von unserem neuen Kultusminister so gesagt. Das ist selbst dann der Fall – ich zitiere nur ein Beispiel –, wenn an der Rechtstreue der Gemeinschaft begründete Zweifel bestehen. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen. Man hat den alteingesessenen Kirchen und Vereinigungen ein Zuckerl bieten wollen und diese daher aus einer Haftung bzw. aus der Möglichkeit eines Aberkennungsverfahrens herausgenommen.
Für Orden und kirchliche Vereinigungen – man muss diese von den Religionsgemeinschaften, Kirchen und weltanschaulichen Gemeinschaften trennen – gilt annex die Regelung des Artikels 26 a. Es wird auf das In-KraftTreten des Reichskonkordats abgestellt. Eine Reihe von Kann-Bestimmungen im Gesetzentwurf überlassen die Entscheidung letztendlich der Staatsregierung. Es wird auch in Zukunft so sein: Die Staatsregierung entscheidet, wenn sie es für opportun hält, zum Beispiel bei einer überschuldeten Vereinigung, Weltanschauungsgemeinschaft oder einem Orden, ob eine Aberkennung erfolgen darf oder nicht.
Zum Schutz von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern: Ich kann mich noch sehr gut an die Debatte im Landtag erinnern. Das Thema hat die Staatsregierung immer stark vor sich hergetragen, indem sie gesagt hat: Wir müssen bürgen und die Schulden übernehmen, auch die Insolvenz ist ein Problem, weil sonst die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter darunter leiden. Entgegen der Behauptung der Staatskanzlei vom letzten Jahr gibt es keinen echten Schutz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Herr Schneider, Sie haben die Behauptung auch nicht mehr so wiederholt und das ist auch gut so, denn wir würden die Schutzbestimmungen wirklich mit der Lupe suchen müssen.
Wie schaut es denn aus? Wird der Körperschaftsstatus wegen Insolvenz aberkannt, weil keine Staatsregierung den schützenden Arm über die Gemeinschaft hält, dann treten die Rechtsfolgen des Vereinsrechts nach BGB ein. Das bedeutet für die Arbeitnehmerinnen und die Arbeitnehmer: Erst nach einem unsicheren und hinsichtlich der Dauer nicht absehbaren Aberkennungsverfahren kann ein Insolvenzverfahren eingeleitet werden. Das bedeutet, dass ein echter Schutz nicht gegeben ist, wenn zunächst ein Aberkennungsverfahren durchgeführt werden muss. Was aber ist bei einem Insolvenzverfahren wichtig? Wichtig ist, dass man schnell handelt und sehr schnell die
Befriedigung der Forderungen, unter anderem die Löhne, sicherstellt. Die Alternative wäre, dass die Staatsregierung kein Aberkennungsverfahren durchführt und wieder, wie es bisher schon war, die Schulden übernimmt.
Man kann nicht sagen, dass klare Regelungen erlassen worden sind. Ich lasse mich gern im Rahmen der Debatte im Ausschuss überzeugen. Die Grundsätze für die Anerkennung sowie die Grundsätze für die Aberkennung sind nicht klar formuliert. Es bleibt alles im vagen und die Entscheidungskompetenz bleibt bei der Staatsregierung. Spezlwirtschaft verhindert man so ganz sicher nicht.
Die Aussprache ist geschlossen. Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat schlage ich vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Verfassungs- Rechts- und Parlamentsfragen als federführendem Ausschuss zu überweisen. Gibt es Widerspruch? – Das ist nicht der Fall. Dann ist so beschlossen.
Gesetzentwurf der Abg. Franz Maget, Karin Radermacher, Wolfgang Vogel u. a. u. Frakt. (SPD) zur Änderung des Bayerischen Hochschulgesetzes (Drs. 15/3325) – Erste Lesung –
Der Gesetzentwurf wird vonseiten der Antragsteller begründet. Erste Wortmeldung: Frau Kollegin Rupp. Soweit ich informiert bin, werden Begründung und Aussprache zusammengefasst. Sie haben Zeit, Frau Kollegin. Lassen Sie sich Zeit.
Ganz reizend, Herr Präsident. Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Wir haben an den bayerischen Hochschulen eine äußerst schwierige Situation. Oft wird dieses Problem nicht erkannt, insbesondere nicht von den Kollegen der CSU und vom Ministerium. Mit einer Vielzahl von Ideen, Vorschlägen und Aktivitäten wurden die bayerischen Hochschulen in den letzten Monaten überschüttet: Elitenetzwerk, Innovationsbündnis, Mittelstraß-Kommission, Clusterbildung, stärkere Kooperation der einzelnen Fachbereiche usw. Morgen wird eine Debatte zum Innovationsbündnis geführt werden. Wir haben immer wieder gesagt, dass auf diese Weise das Pferd völlig falsch herum aufgezäumt wird. Bevor ich die Hochschulen mit derartigen Aktivitäten überschütte, durch die eine Baustelle nach der anderen aufgemacht wird, wäre es wichtig und zentral, dafür die rechtlichen Grundlagen zu schaffen.
Diese rechtlichen Grundlagen sind nicht vorhanden. Sie haben es bis heute versäumt, eine Novellierung des Bayerischen Hochschulgesetzes vorzulegen.
Meiner Ansicht nach drückt dies eine absolute Unstrukturiertheit Ihrerseits und auch eine Unfähigkeit aus, all die Probleme, die an den bayerischen Hochschulen anstehen, in einen passenden rechtlichen Kontext zu fassen.
Sie haben mit Beginn der Legislaturperiode angekündigt, dass Sie schnellstmöglich eine Novellierung vorlegen wollen. Zunächst war die Rede vom Frühjahr 2005; dann wanderte dieser Termin immer weiter nach hinten. Inzwischen sind wir, wie heute kurz mit Herrn Kollegen Stockinger besprochen, voraussichtlich bei November dieses Jahres angelangt – wenn es denn funktioniert, was ich noch nicht glaube.
Sie haben uns auch vorgeschlagen, beide Gesetzentwürfe in der Einzelberatung gemeinsam zu beraten. Wir sind dazu gern bereit, und zwar aus gutem Grund: Wir wissen ganz genau, dass Sie alles, was sinnvoll und richtig ist – wir werden Teile davon in Ihrem Gesetzentwurf lesen können –, nicht beschließen werden, weil dies ein Gesetzentwurf der SPD ist. Sie handeln hierbei nicht im Interesse der bayerischen Hochschulen, sondern Sie handeln nur in dem engstirnigen, kleingeistigen Interesse, sich als CSU zu profi lieren. Das, was Sie hier vorlegen, halte ich nicht für gute politische Arbeit.
In einigen Punkten, denke ich, gibt es durchaus Gemeinsamkeiten. Hierzu werde ich später noch kommen. Zunächst aber zu einem Grundsatz, der sich durch unseren Gesetzentwurf zieht. Wir sind der Ansicht, die Hochschulen in Bayern brauchen wesentlich mehr Autonomie. Allerdings ist diese Autonomie mit uns nicht im Sinne einer Mittelstraß-Kommission zu machen, die sagt: Autonomie an die Hochschulen; der Staat soll bezahlen, aber der Staat wird dann aus der Verantwortung entlassen. Genau das ist nicht unser Weg. Unser Weg ist die innere Demokratisierung der Hochschulen verbunden mit mehr Autonomie. Nach wie vor bestehen an unseren Hochschulen stark hierarchische Verhältnisse. Wir haben ein Hochschulsystem, das sich von der Struktur längst überlebt hat. Dies ist eine Struktur, die noch nicht einmal in das letzte Jahrhundert, sondern eigentlich in das vorletzte Jahrhundert gehört.
Das hat nichts mit Sozialismus zu tun; Herr Spaenle, selbst in dieser Frage habe ich Sie für gebildeter gehalten.
(Beifall der Abgeordneten Susann Biedefeld (SPD) – Prof. Dr. Hans Gerhard Stockinger (CSU): So viel Lob!)
Wenn ich an den Hochschulen modern, innovativ und zukunftsfähig sein will, wenn ich an den Hochschulen tatsächlich vorankommen will, dann kann ich das nur im Konsens mit allen Gruppen. Das heißt für mich: Ich kann nicht den Hochschulleitungen Autonomie geben und dabei nicht berücksichtigen, wie es bei den Professoren
aussieht, wie es im Mittelbau aussieht. Im Übrigen muss man immer wieder feststellen, dass gerade der wissenschaftliche Mittelbau die größten Forschungsleistungen an unseren Hochschulen erbringt und mit am meisten für die Lehre tut. Diese Gruppe kann man nicht weiter wie eine Gruppe behandeln, die nichts zu sagen hat. Dann muss ich die Studierenden einbinden, die zentral gefordert sind, sich in Richtung Verbesserung der Lehre zu engagieren, und man muss natürlich auch den nicht wissenschaftlichen Bereich einbinden.
Das sind unsere Kriterien. Wir sagen: Den Hochschulen Autonomie zu geben, ist richtig, aber nicht, ohne den Weg zu beschreiten, die Gruppen an den Hochschulen tatsächlich einzubinden.
Ein wichtiger Punkt unseres Gesetzentwurfs ist: Die Hochschulen müssen einen Globalhaushalt bekommen. Es kann nicht sein, dass wir als Landtag Detailregelungen für die Hochschulen treffen. Das halte ich für falsch. Ich bin der Ansicht, die Hochschulen müssen wesentlich mehr Eigenständigkeit erhalten, was aber wiederum nicht heißen darf, dass der Staat aus der Verantwortung entlassen wird. Der Staat selbst und der Bayerische Landtag müssen vielmehr darüber befi nden, was mit dem Geld geschieht, und dies nicht, indem gefragt wird, wie Stellen besetzt werden oder wohin Stellen gehen, sondern mit klaren Zielvorgaben, die bei Ihnen immer wieder nur in Richtung Rankings gehen. Hauptsache, die Hochschulen Bayerns sind im Ranking gut.