Protocol of the Session on March 4, 2005

Letzte Zusatzfrage: Frau Kollegin.

Herr Staatssekretär, gehe ich recht in der Annahme, dass Sie keine Antwort auf meine Frage haben? –

Herr Staatssekretär.

Die Antwort auf Ihre Frage lautet: Wir sind dabei, ein überaus komplexes Vorhaben derzeit abzuprüfen. Was bedeutet es, wenn auf dieser Brücke nur ÖPNV bewegt wird? Was bedeutet es, wenn auf dieser Brücke auch andere Verkeh

re bewegt werden? Was bedeutet es, dass es eine Bundeswasserstraße ist?

Wie sind diese Fragen zu bewerten? Wie ist die fi nanzielle Situation der Stadt? Rechtfertigt das eine höhere oder eine niedrigere Förderung? – Meine Antwort ist, dass wir zunächst die Grundfragen klären müssen; denn dann wird es auch eine Antwort darauf geben, wie hoch der Prozentsatz auf Punkt und Komma ausgestaltet sein wird.

Herr Staatssekretär, damit haben Sie die an Sie gerichteten Fragen beantwortet.

Kolleginnen und Kollegen, ich möchte noch einmal für das Haus und die Kolleginnen und Kollegen, die noch nicht hier sind, sagen, dass wir um 9.15 Uhr über die Tagesordnungspunkte 14 bis 18 abstimmen werden, wobei zwei namentliche Abstimmungen durchgeführt werden.

Ich rufe nun den Fragenkomplex betreffend das Staatsministerium der Justiz auf und bitte Frau Staatsministerin Dr. Merk, die Fragen zu beantworten. Die erste Frage stellt Frau Kollegin Rupp. Bitte schön, Frau Kollegin.

Frau Staatsministerin, wie beurteilt die Staatsregierung die Behauptungen, dass die Justiz „nur ihr genehme Gutachter beauftrage“ und dass oberste Prämisse sei, „die Täter die volle Härte des Gesetzes spüren zu lassen“, und dass „zu viele Gutachten zu gutmütig ausgestellt“ werden, und die Forderung, Gutachter strenger zu kontrollieren und ihnen keine weiteren Aufträge mehr zu erteilen, wenn ein Gutachter eine eklatant falsche Prognose abgeliefert habe?

Frau Staatsministerin, bitte.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Abgeordnete Rupp, ich habe mich bereits gestern zur Situation der Gutachter geäußert. Ich kann das, was hier vorgebracht worden ist, in keiner Weise bestätigen. Die Auswahl der Sachverständigen richtet sich nach deren Sachkunde. Das ist das Wesentliche. Je schwerer der Fall, desto wichtiger ist es, einen erfahrenen und renommierten Sachverständigen zu haben. Die Auswahl richtet sich weiter nach der räumlichen Nähe und der zeitlichen Beanspruchung.

Ergebnisbezogene Vorgaben für die Sachverständigenauswahl gibt es nicht. Ich habe mich mit einigen Sachverständigen ausgetauscht und diese gefragt, wie sie die Situation sehen. Sie haben mir bestätigt, dass sie in keiner Weise jemals das Gefühl hatten, dass man von ihnen ein Gutachten in die eine oder andere Richtung verlangt. Die Gutachten werden völlig autonom und unabhängig abgegeben. Insofern kann ich dieses Vorbringen nicht bestätigen. Ich habe auch gestern schon viel dazu gesagt, Frau Abgeordnete.

Zusatzfrage? – Herr Kollege Schindler, bitte schön.

Frau Staatsministerin, gibt es Erkenntnisse oder Aufzeichnungen darüber, welche Gutachter wie oft in Verfahren, die vor bayerischen Gerichten stattfi nden, herangezogen werden?

Frau Staatsministerin, bitte.

Das müsste ich nachfragen. Ich sehe aber in den einzelnen Fällen, dass es immer wieder unterschiedliche Gutachter sind, die beauftragt werden, um ein möglichst breites Spektrum zu haben.

Weitere Zusatzfrage: Herr Kollege Schindler.

Frau Staatsministerin, gibt es Erkenntnisse darüber, ob die Tendenz bei der Begutachtung in den letzten 10 bis 15 Jahren tatsächlich in die Richtung gegangen ist, dass verminderte Schuldfähigkeit oder Schuldunfähigkeit bezogen auf die Gesamtzahl der Fälle seltener festgestellt worden ist?

Frau Staatsministerin, bitte.

Ich kann aus meiner Erfahrung sagen, dass es keine solche Tendenz gibt und dass Gespräche mit den Gutachtern sehr deutlich gemacht haben, dass in sehr vielen Fällen verminderte Schuldfähigkeit bzw. Schuldunfähigkeit erkannt wird, aber das liegt am konkreten Fall. Tendenzen sind nicht ersichtlich.

Es gibt keine weiteren Zusatzfragen. Dann darf ich Herrn Kollegen Schindler bitten, seine Frage zu stellen.

Frau Staatsministerin, welche Weisungen sind im Rahmen der Führungsaufsicht gemäß § 68 b Absatz 1 StGB und § 68 b Absatz 2 StGB dem 2004 nach Vollverbüßung einer Jugendstrafe wegen Mordes entlassenen Martin P. erteilt worden, und gegen welche dieser Weisungen hat er nach den Feststellungen der Bewährungshilfe bzw. der Führungsaufsichtsstellen verstoßen?

Frau Staatsministerin, bitte.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Schindler, ich werde den Sachverhalt ausführlich vortragen und bitte um Verständnis, dass das etwas länger dauern wird, weil es um mehrere Weisungen geht.

Der Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts München I vom 25. Februar 2004 lautete hinsichtlich der Weisungen wie folgt:

Der Verurteilte wird angewiesen,

sich unverzüglich nach seiner Entlassung beim Bewährungshelfer zu melden in der Goethestraße 64 in München,

sofort nach seiner Entlassung im Einvernehmen mit dem Bewährungshelfer im BodelschwinghHaus Wohnsitz zu nehmen und sich um einen Arbeitsplatz zu bemühen,

stets einer vom Bewährungshelfer gebilligten Arbeit nachzugehen,

den Anordnungen des Bewährungshelfers und der Aufsichtsstelle Folge zu leisten, insbesondere den Vorladungen nachzukommen,

jeden Wechsel des Wohnsitzes sowie des Arbeitsplatzes nur mit vorheriger Zustimmung des Bewährungshelfers vorzunehmen,

Alkohol zu meiden,

sich unverzüglich im Benehmen mit dem Bewährungshelfer einer Psychotherapie (ohne körperli- chen Eingriff) zu unterziehen und den Therapeuten gegenüber Gericht und Bewährungshelfer von der Schweigepfl icht zu entbinden.

Dem Verurteilten wurden ferner folgende strafbewehrte Weisungen erteilt:

sich im Falle der Erwerbslosigkeit beim zuständigen Arbeitsamt oder einer anderen zur Arbeitsvermittlung zugelassenen Stelle zu melden.

sich mindestens einmal pro Monat beim zuständigen Bewährungshelfer zu melden,

jeden Wechsel des Wohnortes oder des Arbeitsplatzes unverzüglich der Führungsaufsichtsstelle zu melden,

sich an Orten, an denen sein früheres Opfer Christoph T. anwesend ist, nicht aufzuhalten bzw. diese Orte sofort zu verlassen,

außerhalb seiner Wohnung bzw. seines Arbeitsplatzes keine Messer oder (auch erlaubnisfreie) Waffen oder sonstige waffenähnliche Gegenstände (z. B. Baseballschläger, Ketten, Eisenrohre, Knüppel, Drahtseile) mit sich zu führen,

keine Beschäftigungen, Ausbildungen, Beherbergungen oder Aufsichten von Minderjährigen zu übernehmen.

Ihr Einverständnis vorausgesetzt, fasse ich den weiteren Sachverhalt kurz zusammen. Sie können die Informationen auch der schriftlichen Antwort entnehmen.

(siehe Anlage 1)

Ich komme zur Frage der Weisungsverstöße. Zunächst ging es um die Weisung, sich unverzüglich im Benehmen mit dem Bewährungshelfer einer Psychotherapie zu unterziehen. Der uns vorliegende Bericht der Bewährungshelferin zeigt, dass nach Haftentlassung im April ab August große Schwierigkeiten bei der konsequenten Einhaltung der Therapietermine auftraten, der Proband von vielen Therapeuten entlassen wurde, die Bewährungshilfe immer wieder neue Therapeuten vorgeschlagen hat, der Proband zusätzlich in Therapie in der Justizvollzugsanstalt war und es sich um einen sehr schwierigen Fall gehandelt hat, der von der Bewährungshilfe sehr intensiv verfolgt worden ist. Den chronologischen Ablauf muss ich jetzt wohl nicht vortragen, er ist aber sehr deutlich, was die Wechsel angeht.

Zum Zweiten gab es einen Verstoß gegen die Weisung, keine Beschäftigungen, Ausbildungen, Beherbergungen oder Aufsichten von Minderjährigen zu übernehmen. Dabei ging es nicht um die Beschäftigung, Ausbildung oder Beherbergung. Diesbezüglich haben wir nichts feststellen können. Dabei hätte es sich um einen Verstoß gegen strafbewehrte Weisungen gehandelt. Konkret ging es um das Thema der Aufsicht. Wir haben festgestellt, dass der Verurteilte die Aufsicht über Kinder hatte. Mit Schreiben der Führungsaufsichtsstelle vom 28. Oktober 2004 an die Mutter der Kinder wurde dieser unter Hinweis auf die Herrn P. erteilte Weisung dringend angeraten, künftig ihre Kinder nicht mehr Herrn P. zur Beaufsichtigung zu übergeben. Hinsichtlich der weiteren Maßnahmen, die in diesem Zusammenhang von der Führungsaufsichtsstelle und der Bewährungshelferin ergriffen wurden, verweise ich auf meine Antwort zu der Anfrage der Abgeordneten Narnhammer, in der das sehr ausführlich dargestellt ist.

Die nächste Weisung war, sich im Falle der Erwerbslosigkeit beim zuständigen Arbeitsamt oder bei einer anderen zur Arbeitsvermittlung zugelassenen Stelle zu melden. Zu diesem Punkt muss man sagen, der Verurteilte war durch eigenes Verschulden arbeitslos geworden. Es wurde deshalb mit ihm unmittelbar danach vereinbart, dass er sich arbeitslos meldet. Am 17. September 2004 teilte der Verurteilte mit, dass er vom Arbeitsamt eine Sperre zu erwarten hat, weil er den letzten Arbeitsplatz selbstverschuldet verloren hat. Im weiteren Betreuungsverlauf wurde am 22. Oktober 2004 in einem Telefonat mit einem Psychologen der Justizvollzugsanstalt vermutet, er würde „schwarz“ arbeiten. Zu diesem Zeitpunkt hat der Verurteilte keine öffentlichen Leistungen bezogen. Der Verurteilte wurde darauf hingewiesen, dass er für eine etwaige Tätigkeit einen Arbeitsvertrag vorlegen soll. Am 1. Dezember 2004 teilte der Verurteilte mit, dass er für maximal 400 Euro monatlich bei einer Firma beschäftigt sei. Den geforderten Arbeitsvertrag hat er aber nicht vorgelegt. Am 3. Februar 2005 räumte er bei einem Sprechstundenbesuch ein, dass er sich nie beim Arbeitsamt gemeldet hat. Stattdessen arbeitete er stundenweise für eine Firma.

Die nächste Weisung war, den Anordnungen des Bewährungshelfers und der Aufsichtsstelle Folge zu leisten, insbesondere den Vorladungen nachzukommen und sich mindestens einmal pro Monat beim zuständigen Bewäh

rungshelfer zu melden. Dazu kann ich mitteilen, dass er viel öfter als nur einmal im Monat Kontakt mit der zuständigen Bewährungshelferin hatte und auch kein Verstoß gegen diese Weisung vorliegt.

Weitere Zusatzfragen? – Bitte schön, Herr Kollege.

Frau Staatsministerin, halten Sie die erteilten Weisungen für geeignet, um dem spezifi schen Problem in diesem Fall gerecht zu werden?

Frau Staatsministerin.