Protocol of the Session on March 3, 2005

Weise zurück und strangulieren damit sowohl das Bildungswesen als auch die Universitäten.

Das Ziel unseres Antrags ist: Mit einer Beschäftigungsinitiative könnte die Staatsregierung Investitionen anstoßen. Darum ist es wichtig, die Kommunen mit in das Boot zu holen; denn das sind diejenigen, die an erster Stelle und in höchstem Maße investieren. Sie sind aber auch auf staatliche Zuschüsse angewiesen, und darum muss das, was an Mitteln eingestellt ist, auch bald ausgereicht werden, damit die Kommunen vorankommen.

Auch müssen die Planungs- und Genehmigungsverfahren, gerade an der Schnittstelle zwischen Staat und Kommunen, verkürzt werden. Die Probleme liegen meistens darin, dass den Kommunen eine jahrelange Vorfi nanzierung aufgehalst wird und der Staat die Mittel erst sehr viel später ausreicht. Da die Kommunen – wie wir alle wissen – in ihren fi nanziellen Möglichkeiten äußerst begrenzt sind, muss es vonseiten des Freistaates Bayern eine Initiative geben.

Es geht weiter darum, durch private und öffentliche Partnerschaften zusätzliches Kapital zu gewinnen. Dazu gibt es auch in Bayern schon positive Beispiele. Ich erinnere an den Forschungsbau der Universität Regensburg. Ein Zusammenwirken aller staatlichen Ebenen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit in Bayern ist das Gebot der Stunde. Es wird die Nagelprobe sein, ob Sie nicht nur in Richtung Berlin Forderungen erheben, sondern ob Sie auch hier handeln. Bisher ist davon wenig zu sehen. Ein wichtiger und richtiger Schritt wäre die Zustimmung zu unserem Antrag.

(Beifall bei der SPD)

Als Nächster hat Herr Kollege Pschierer das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Herr Kollege Wahnschaffe, die Zustimmung zu Ihrem Antrag wäre wohl das Letzte, was wir brauchen, um die Probleme zu bereinigen, die wir derzeit in Deutschland haben. Ein Blick in den heutigen Pressespiegel müsste Ihnen eigentlich genügt haben, um zu sehen, dass der Antrag überfl üssig ist. Sie haben die „Frankfurter Rundschau“ zitiert. Diese schreibt heute zum Beispiel – allein aus den Headlines kann man bereits Schlüsse ziehen –: Zahl der Arbeitslosen steigt weiter, Deutschland fällt immer weiter zurück, IWF - Internationaler Währungsfonds - senkt Wachstumsprognose für Deutschland deutlich, Armut in Deutschland nimmt zu. – Sie können Ihren Antrag nehmen, Herr Kollege Wahnschaffe, und den Adressaten ersetzen; Sie schreiben statt „Bayerische Staatsregierung“ „Bundesregierung“ und, was das Land angeht, ersetzen Sie „Bayern“ durch „Bundesrepublik Deutschland“. Dann passt das Ganze. Die Verantwortlichen für die Situation, die wir haben, sitzen nicht in der Bayerischen Staatskanzlei, sondern im Bundeskanzleramt in Berlin.

(Beifall bei der CSU)

Ich will bewusst nicht polemisieren. Auf den ersten Blick ist mir der Antrag so vorgekommen, wie wenn Brandstiftung und Feuerwehr zusammengefasst würden. Das bedeutet, die Entscheidungen, die Sie auf Berliner Ebene fällen, führen zu folgendem Szenario: Sie haben 5,2 Millionen Arbeitslose.

(Joachim Wahnschaffe (SPD): Nicht wir, sondern alle zusammen!)

Ihre Partei hat 1998 die Regierung übernommen, Herr Wahnschaffe. Da hatten wir in Deutschland 10 Millionen Menschen, die unter die Armutsgrenze gefallen sind. Seit der Regierungszeit Ihrer Partei – in den letzten sechs Jahren – haben Sie eine Million Arme dazugewonnen. Sie haben es geschafft, die Zahl der sozialversicherungspfl ichtigen Arbeitsplätze von 28 Millionen im Jahr 1998 um eine Million zu reduzieren. Im Moment verschwinden jeden Tag um die 1000 Arbeitsplätze aus unserem Land. Sie schaffen es, 40 000 Insolvenzen pro Jahr mit zu verantworten. Sie verfehlen zum dritten Mal hintereinander die Kriterien des Stabilitätspakts der Europäischen Union. Hinsichtlich der Wachstumsindikatoren – es gibt einen klaren Indikator, nämlich die Wirtschaftsleistung pro Kopf – stehen Sie schlecht da. Wissen Sie, wer in Europa noch schlechter ist als wir? – Spanien, Portugal und Griechenland. Das haben Sie seit 1998 geschaffen.

Sie stellen sich hier im Bayerischen Landtag hin und sagen: Liebe Staatsregierung, du musst etwas tun, damit es uns hier in Bayern besser geht. – Uns geht es hier in Bayern besser, Herr Wahnschaffe, als den Menschen in vielen anderen Bundesländern. Wir haben nach wie vor die zweitniedrigste Arbeitslosenquote in Deutschland. Hören Sie bitte damit auf zu sagen: Das mag ja sein, dass das im Landesschnitt stimmt, aber innerhalb Bayerns haben wir ein großes Gefälle. Ich widerspreche Ihnen nicht, dass wir in Bayern hinsichtlich der Arbeitslosenquote ein Gefälle habe. Wenn ich in die Region Hof gehe, dann muss ich sagen: Die Bayerische Staatsregierung hat in den letzten Jahren für Hof mehr getan als Ihre sozialdemokratischen Kommunalpolitiker vor Ort.

(Christa Steiger (SPD): Was hat die Staatsregierung denn gemacht?)

Es sind doch Ihre Landräte und Ihre Oberbürgermeister in Oberfranken, die auch Verantwortung für die Region tragen; nicht nur die Bayerische Staatsregierung trägt Verantwortung.

Jetzt kommen wir konkret zu Ihrem Antrag: Sie sagen, es herrsche die höchste Arbeitslosigkeit in Bayern nach dem Krieg.

(Zuruf der Abgeordneten Heidi Lück (SPD))

Frau Kollegin Lück und Herr Kollege Wahnschaffe, wenn in den Bundesländern, in denen Ihre Partei regiert, eine bessere Wirtschaftspolitik gemacht würde, dann müssten nicht so viele Menschen von dort nach Bayern zuwandern, um hier einen Arbeitsplatz zu fi nden. Bayern hat die größte innerdeutsche Zuwanderung zu verzeichnen. Die Menschen ziehen nicht zu uns, weil es bei uns so schlecht

aussieht, sondern weil sie hier eine bessere wirtschaftliche Perspektive haben.

Wenn Sie sich die Zahl der sozialversicherungspfl ichtigen Beschäftigungsverhältnisse ansehen und sich fragen, wo in den letzten Jahren der Rückgang am geringsten gewesen ist, dann werden Sie feststellen müssen, dass er in Bayern am geringsten war. Sie können das Bayerische Statistische Landesamt und das Bundesamt für Statistik in Wiesbaden befragen. Wir im Freistaat Bayern haben dabei immer den geringsten Rückgang gehabt.

(Heidi Lück (SPD): Tafelsilber verscherbelt!)

Sie fordern die Bayerische Staatsregierung auf, einen Beschäftigungspakt zu initiieren. Jetzt frage ich Sie – ich glaube, jeder in diesem Saal weiß das –: Hatten wir den nicht? Der wurde 1996 zwischen Ministerpräsident Stoiber, den bayerischen Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden geschlossen. Wer hat ihn gekündigt?

(Joachim Wahnschaffe (SPD): Wer hat ihn gebrochen?)

Gekündigt haben ihn die Gewerkschaften. Wann haben ihn die Gewerkschaften gekündigt? Im Mai 2002, weil im September 2002 die Bundestagswahl war und man die Gewerkschaften als Hilfstrupp verstanden hat. Das ist ein Skandal.

(Beifall bei der CSU)

Sie fordern einen Beschäftigungspakt. Wo haben Sie im Mai 2002 Ihre Stimmen erhoben, als man wegen der Haltung des Freistaates Bayern beim Tariftreuegesetz gesagt hat: Da gehen wir raus? Rausgegangen ist man nicht wegen der Tariftreueerklärung, sondern weil man der SPD einen Gefallen tun und etwas Wahlkampfhilfe für Herrn Schröder leisten wollte.

(Christa Steiger (SPD): Unterstellung!)

Thema Ausbildungsinitiative: Hier sitzt die Ministerin Christa Stewens. „Fit for Work“ – ihre Initiative, das heißt die Initiative der Bayerischen Staatsregierung in Zusammenarbeit mit den Kammern und Wirtschaftsverbänden – hat 3000 zusätzliche Ausbildungsplätze gebracht.

Jetzt komme ich zu ein paar konkreten Punkten in Ihrem Antrag: „Investitionen in staatlicher und kommunaler Trägerschaft vorziehen.“ Das ist hier nicht der Platz, an dem wir den kommunalen Spitzenverbänden, den Landkreisen und den Kommunen vorschreiben, was sie zu investieren haben. Sie wollen uns gerne nachweisen, dass wir die Kommunen so schlecht stellen, dass denen die Luft ausgeht.

(Christa Steiger (SPD): Das ist ja auch so!)

Dann schauen Sie sich einmal die Zahlen an: Die höchste Investitionsquote in den Kommunalhaushalten in der Bundesrepublik Deutschland haben die bayerischen Kommunen. Knapp 18 % des Haushaltsvolumens der bayeri

schen Kommunen geht in Investitionen. Fragen Sie einmal, wer den höchsten Finanzausgleich in Deutschland ermöglicht. Das ist die Bayerische Staatsregierung, die alles zusammen – ich widerspreche nicht, wenn jemand sagt, wir hätten in dem einen oder anderen Bereich variiert – einen vorbildlichen Finanzausgleich geleistet hat.

(Christa Steiger (SPD): Oh ja!)

„Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigen“: Es ist gerade drei Wochen her, als wir im Wirtschaftsausschuss des Bayerischen Landtags einen Antrag der CSU diskutiert haben – man höre und staune, formuliert unter anderem auch von mir und einigen Kollegen –, der lautete: Planfeststellungsverfahren vereinfachen, unter anderem durch die Reduzierung der Anzahl der Träger öffentlicher Belange. Von der SPD wurde mir lang und breit erklärt, dass könne man nicht machen und das sei unmöglich. Wir gehen den Weg mit, Planfeststellungsverfahren und Genehmigungsverfahren zu verkürzen.

Das heißt aber auch, dass man bereit ist, wenn es zum Schwur kommt, mitzumachen und zu sagen: Gut, dann müssen wir uns über Träger öffentlicher Belange, Instanzenwege und viele andere Fragen unterhalten.

Letzter Punkt: Public Private Partnership, Datum 10. Februar 2005, Antragspaket der CSU-Landtagsfraktion zu diesem Thema. Herr Kollege, dazu gab es umfangreiche Anhörungen innerhalb der CSU-Landtagsfraktion, Gespräche mit dem Baugewerbeverband, mit dem Bauindustrieverband, mit Kammern, Institutionen, Finanzdienstleistern und vielen anderen. Wenn Sie jetzt sagen, es sei nur ein Prüfantrag, dann sage ich Ihnen ganz konkret, was die Anträge beinhalten.

Erstens soll geprüft werden, welche Rechtsänderungen wir brauchen, um Private bei der Finanzierung von öffentlicher Infrastruktur zuzulassen. Wir erweitern die Experimentierklausel, und wir starten Pilotprojekte. Insofern sind die Forderungen, die Sie in Ihrem Antrag erheben, gegenstandslos. Wir haben da unsere Hausaufgaben erledigt, und was den Rest angeht, ist die Adresse, wie ich vorhin schon gesagt habe, das Bundeskanzleramt.

Ich will Ihnen zum Abschluss aber noch etwas mitgeben, Herr Kollege Wahnschaffe, weil Sie bei dem vom bayerischen Ministerpräsidenten und von Frau Merkel gemeinsam geschriebenen Brief von einem „vergifteten Pfeil“ gesprochen haben: Das ist kein vergifteter Pfeil, sondern das ist ein faires Angebot an jemanden, dem das Wasser bis zum Hals, langsam schon bis zur Unterlippe steht, dem die Luft ausgeht.

(Lachen bei der SPD)

Ich kann Sie nur bitten: Tun Sie als bayerische SPD alles – ich weiß, dass Ihr Einfl uss in Berlin nicht mehr so groß ist, aber vielleicht versuchen Sie in diesem Fall, einen gewissen Einfl uss geltend zu machen –, damit dieses Angebot der Bayerischen Staatsregierung und der CDU/CSUBundestagsfraktion angenommen wird, wenn es ganz konkret um einige Punkte geht.

(Zuruf der Abgeordneten Heidi Lück (SPD))

Ich nenne das Steuersystem. Wo sind denn Ihre Initiativen zur Absenkung der Unternehmensteuer? Wir haben in Deutschland nach wie vor die Situation, dass wir bei den Kapitalgesellschaften bei etwa 38 oder 39 % liegen. Bei den Personengesellschaften, bei denen sich verschiedene Dinge kumulieren, liegen wir bei bis zu 45 % der einbehaltenen Gewinne, die als Steuern anfallen. Diesbezüglich sind wir international mit Spitzenreiter.

(Zurufe von der SPD)

Sie haben übrigens Gelegenheit, demnächst einiges dazuzulernen; Die Wirtschaftsredaktion der „Süddeutschen Zeitung“ – nicht unbedingt ein Publikationsorgan, das der CSU immer wohlgesonnen ist – wird demnächst eine Podiumsdiskussion mit dem Thema „Das deutsche Steuersystem – ein Auslaufmodell?“ veranstalten.

Ich bitte Sie dringend, beim Thema Steuersystem schnell voranzukommen. Die Unternehmen haben es nach Österreich nicht weit. In Österreich wurden mit Wirkung vom 1. Januar 2005 die Körperschaftsteuer und vieles andere so reguliert, dass der Abwanderungsdruck auf viele Unternehmen bei uns in den letzten Wochen eher noch gestiegen ist.

(Zurufe von der SPD)

Sie, Herr Wahnschaffe, haben kritisiert, dass im Brief des Ministerpräsidenten ein radikaler Bürokratieabbau gefordert wird, und Sie haben gesagt, da müsste noch viel mehr passieren. Was machen denn Sie in Berlin? Ihnen fällt jedes Jahr irgendein bürokratisches Monster ein.

(Zuruf der Abgeordneten Heidi Lück (SPD))

Ich habe vorhin die Initiative der Ministerin Christa Stewens „Fit for work“ zitiert. Als sich die Ministerin Stewens um zusätzliche Ausbildungsplätze im Freistaat Bayern gekümmert hat, hat man auf Ihrer Ebene noch über die Ausbildungsplatzabgabe diskutiert.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Sie erwarten doch nicht von den Betrieben, dass sie Arbeits- und Ausbildungsplätze schaffen, wenn solche Themen kommen. Jetzt könnte man sagen: Die SPD hat etwas dazugelernt; das war ein Schuss ins Knie, ein Schuss in den Ofen beerdigt; es ist nichts gekommen.

Was fällt Ihnen heuer ein? – Das Antidiskriminierungsgesetz. Glauben Sie denn, dass ein bayerischer Unternehmer bereit ist, die Zahl seiner Beschäftigten zu vergrößern, wenn er Gefahr läuft, bei jeder Neueinstellung vor dem Arbeitsgericht zu landen?