Protocol of the Session on March 3, 2005

Ist es denn bitte möglich, die Gespräche einzustellen, auch dort hinten an der Tür? Wir kommen also jetzt zur Abstimmung über die Nummer 3 des Dringlichkeitsantrags der CSU auf Drucksache 15/2919. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. – Das ist die CSU-Fraktion. Gegenstimmen? – Das sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist dieser Teil des Dringlichkeitsantrags angenommen. Damit ist auch die Stimmabgabe zu diesem Antrag abgeschlossen. Das Ergebnis der namentlichen Abstimmung liegt noch nicht vor.

Wir können in der Abstimmung fortfahren und kommen jetzt zum SPD-Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 15/2928. Auch hier kommen wir zu einer getrennten Abstimmung. Es wurde beantragt, getrennt zunächst über

den ersten Absatz abzustimmen und in einer zweiten Abstimmung über die Nummern I, II und IV. In einer weiteren, einer dritten Abstimmung, werden wir dann über Nummer III Beschluss fassen, und zwar jeweils in namentlicher Form.

Ich lasse daher zunächst über den ersten Absatz des Dringlichkeitsantrags der SPD auf Drucksache 15/2928 in namentlicher Form abstimmen. Die Urnen sind bereitgestellt. Mit der Stimmabgabe kann begonnen werden.

(Namentliche Abstimmung von 17.07 bis 17.12 Uhr)

Meine Damen und Herren, mit Blick auf eine Beschleunigung des Verfahrens bitte ich, die Plätze wieder einzunehmen. Wir können die Stimmabgabe demnächst abschließen und werden dann zunächst mit einfachen Abstimmungen weiterfahren können.

Die Stimmabgabe ist abgeschlossen.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Ich glaube, wir müssen an bestimmten Stellen des Saales die Lautsprecher verstärken, damit man sich leichter verständlich machen kann. Insbesondere der Eingangsbereich ist für diverse Gespräche anfällig. Die SPD-Fraktion hat mitgeteilt, auf die beiden weiteren beantragten namentlichen Abstimmungen zu verzichten, sodass in einfacher Form abgestimmt werden kann. Die Aufteilung bleibt aber wie vorgesehen bestehen.

Wir kommen also jetzt zur Abstimmung über die Nummern I, II und IV des Dringlichkeitsantrages der SPD. Wer zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? – Das ist die Fraktion der CSU. Stimmenthaltungen? – Keine. Damit sind diese Nummern mit Mehrheit abgelehnt. Damit ist über diesen Teil abgestimmt.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die Nummer III des SPD-Dringlichkeitsantrages. Die Abstimmung erfolgt wiederum in einfacher Form, nicht mehr namentlich. Wer der Nummer III zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Die SPD-Fraktion. Gegenstimmen? – Die CSU-Fraktion. Stimmenthaltungen? – BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Damit ist die Nummer III ebenfalls abgelehnt.

Damit ist die Abstimmung über den SPD-Antrag abgeschlossen. Das Ergebnis der namentlichen Abstimmung wird anschließend bekannt gegeben.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Wir kommen jetzt zur namentlichen Abstimmung über den Dringlichkeitsantrag der Fraktion des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN auf Drucksache 15/2929. Die Urnen sind bereitgestellt. Wir beginnen mit der Stimmabgabe.

(Namentliche Abstimmung von 17.14 bis 17.19 Uhr)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Stimmabgabe ist abgeschlossen. Das Abstimmungsergebnis wird außerhalb des Plenarsaales ermittelt und später bekannt gegeben.

Wir fahren in der Beratung der Dringlichkeitsanträge fort. Ich bitte die Damen und Herren Kollegen, wieder Platz zu nehmen.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Meine Damen und Herren, können Sie bitte die kleinen Gesprächszirkel aufl ösen?

(Joachim Herrmann (CSU): Und größere bilden!)

Herr Stöttner zum Beispiel. Sogar die Minister gehen jetzt hinaus und verhandeln dort weiter.

Ich rufe auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Franz Maget, Joachim Wahnschaffe, Dr. Hildegard Kronawitter und anderer und Fraktion (SPD) Beschäftigungspakt Bayern zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit neu beleben (Drucksache 15/2920)

Ich eröffne die Aussprache. Als Erster hat sich Herr Kollege Wahnschaffe zu Wort gemeldet. Bitte schön.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Außer dem eben diskutierten Thema gibt es wohl nur ein anderes Thema, das die Menschen bei uns mehr beschäftigt: die hohe Arbeitslosigkeit. Knapp 600 000 Arbeitslose in Bayern – das ist Nachkriegsrekord. Frau Staatsministerin Stewens – ich sehe sie noch nicht – macht dafür mit einem nicht nur meteorologisch verunglückten Vergleich das Tief Gerhard und Wolfgang verantwortlich. Dabei wäre es wohl angemessener, für Bayern auf das Hoch Edmund hinzuweisen, das bei klirrender Kälte den bayerischen Arbeitsmarkt in eisernem Griff hält. 13,2 % Arbeitslosigkeit in Hof, 13 % in Weiden, 12,9 % in Passau – das sind traurige Rekordmarken.

Die Verantwortlichen – die Sie tragende Zweidrittelmehrheit dieses Hauses – müssen sich fragen lassen, was sie bisher getan haben und was sie in Zukunft zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit in Bayern tun wollen. Sie machen es sich zu leicht, wenn Sie mit dem Finger nach Berlin zeigen, sobald es um negative Arbeitsmarktzahlen geht. Wenn dagegen bayerische Unternehmen wirtschaftliche Erfolge erzielen, ist dafür natürlich nur die Staatsregierung verantwortlich.

Allerdings haben wir nie ein Wort der Staatsregierung zu den Pleiten bei Grundig in Nürnberg, Walter-Bau in Augsburg oder zuletzt zu der Schließung des Porzellanwerks in Mitterteich vernommen. Diese Pleiten sind nicht nur Ausdruck eines tiefgreifenden Strukturwandels, sondern in

Einzelfällen auch von Missmanagement in diesen Unternehmen.

(Beifall bei der SPD)

Die Staatsregierung muss sich fragen lassen, was sie getan hat, um strukturschwachen Regionen wie beispielsweise wie die nördliche Oberpfalz oder Hochfranken zu stärken. Die Verlagerung von Behörden ist darauf sicher keine angemessene Antwort.

(Susann Biedefeld (SPD): Das ist völlig unzureichend!)

Die Bundesregierung, der Sie alle Verantwortung zuschieben, hat im Gegensatz zu Ihnen gehandelt. Sie hat die größte Arbeitsmarktreform durchgeführt. Diese Arbeitsmarktreform ist gerade einmal zwei Monate alt und wurde übrigens von Ihnen mit-beschlossen. Die Staatsregierung lässt keine Gelegenheit aus, sich nachträglich in die Büsche zu schlagen und sich davon zu distanzieren. Meine Damen und Herren, diese Arbeitsmarktreform braucht natürlich eine Chance, damit sie wirken kann. Nach zwei Monaten ist selbstverständlich noch keine Wirkung sichtbar. Die Bundesregierung hat die größte Steuerreform in der Nachkriegsgeschichte dieses Landes durchgezogen. Darüber hinaus hat sie soziale Reformen angestoßen, die nicht nur dazu geführt haben, dass die Lohnnebenkosten – wenn auch nicht in dem erhofften Umfang, aber doch kontinuierlich – gesunken sind, sondern auch in dieser schwierigen Zeit der soziale Friede in diesem Lande erhalten geblieben ist.

Meine Damen und Herren, die Bundesregierung hat in nicht einmal sieben Jahren mehr Reformen als die KohlRegierung in 16 Jahren durchgesetzt. Was tut dagegen die Staatsregierung? – Arbeit gibt es auch in Bayern genug. Ein marodes Staatsstraßensystem, veraltete Kanal- und Abwasseranlagen, Universitäten, bei denen es reinregnet, Krankenhäuser, die veränderten Strukturen angepasst werden müssen, um zu überleben, Altenheime und Behinderteneinrichtungen, die erweitert oder modernisiert werden müssen, sind die Stichworte. Für alle diese notwendigen und auf die Zukunft ausgerichteten Aufgaben haben Sie die Mittel gekürzt. Teilweise streben Sie sogar die Privatisierung dieser Aufgaben an.

Die bayerische Bauindustrie hat in einer ihrer letzten Verbandsausgaben beklagt, dass die öffentlichen Bauinvestitionen in Bayern im Vergleich aller alten Bundesländer an letzter Stelle stehen. Sie behaupten immer, Sie wären der Motor. Das sind Sie schon lange nicht mehr. Sie sind das Schlusslicht der wirtschaftlichen Entwicklung.

(Beifall bei der SPD)

Ihr eigener Partei-Vize, Herr Seehofer, hat erst heute in der „Frankfurter Rundschau“ gesagt:

Mit Sozialeinschnitten schaffen wir keinen Arbeitsmarkteffekt. Die Irrlehre der vergangenen Jahre – auch in der Endphase der Regierung Kohl – ist widerlegt: Es hat keine Verbesserungen auf dem Arbeitsmarkt gegeben und weder Wachstum noch konjunkturelle Erholung.

Das sollten sich Ihr Ministerpräsident, Ihr Wirtschaftsminister und Ihre Arbeitsministerin hinter die Ohren schreiben. Meine Damen und Herren, das Mitglied des Sachverständigenrates, Herr Prof. Dr. Bofi nger, hat darauf hingewiesen, dass die rigide Kürzungspolitik der Staatsregierung zu einer Verminderung des Wirtschaftswachstums in Bayern führen wird. Dabei gäbe es sehr viel zu tun. Die Staatsregierung ist gefordert, Vorstände von großen Unternehmen an ihre Verantwortung gegenüber ihren Mitarbeitern zu erinnern. Dass viele Arbeitsplätze in Bayern verloren gehen, liegt auch am Missmanagement einzelner Unternehmensführer.

Was ist eigentlich davon zu halten, wenn der Chef einer deutschen Großbank erklärt, man müsse Personal – nicht nur ein paar Leute, sondern Tausende – abbauen bzw. auf die Straße schicken, weil die Rendite von 17 % nicht ausreichend sei, da die Bank 24 % anstrebe? – Ein anderer Bankenchef in Bayern erklärt, er müsste Tausende Mitarbeiter entlassen, weil die Bank schlecht gewirtschaftet hätte. Das Ergebnis ist das gleiche, ob gut oder schlecht. Ausbaden müssen dies immer die Mitarbeiter.

Meine Damen und Herren, in dieser Situation schlägt der Ministerpräsident ein Fünf-Punkte-Programm vor. Manche haben dies als „vergifteten Pfeil in Richtung Bundesregierung“ bezeichnet. Ich will die vorgeschlagenen fünf Punkte kurz benennen:

Bürokratieabbau. Sie haben in Bayern in den letzten Jahrzehnten eine gewaltige Bürokratie aufgetürmt. Hier könnten Sie beginnen und etwas tun, damit die bayerische Wirtschaft von diesen Bürokratismen entlastet wird.

(Beifall bei der SPD)

Sie fordern eine Steuersenkung. Allerdings sagen Sie nicht, wie Sie die Steuerausfälle kompensieren wollen, ohne neue Schulden aufzunehmen. Dafür sagen Sie, es müsste endlich Schluss sein mit weiteren Staatsverschuldungen. Das ist Ihr Rezept. In Bayern sagen Sie, es gehe nichts mehr, weil Sie sparen müssten. In Berlin fordern Sie hingegen alles, ohne sich um die fi nanziellen und wirtschaftlichen Folgen zu scheren.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, das ist Ihre unseriöse Politik.

Außerdem fordern Sie Bündnisse für Arbeit.

Auch hier könnten Sie handeln, und wir fordern Sie ausdrücklich dazu auf, etwas anzustoßen. Das ist der Sinn unseres Antrags. Ich werde darauf noch zurückkommen.

Stopp der Staatsverschuldung: Ich habe schon darauf hingewiesen, dass dies im Widerspruch zu Ihrer Forderung nach Steuersenkung steht.

Bildung und Forschung: Auch auf diesem Gebiet könnten Sie in Bayern handeln. Stattdessen fahren Sie die Schulden bei den Universitäten in einer unverantwortlichen

Weise zurück und strangulieren damit sowohl das Bildungswesen als auch die Universitäten.