Protocol of the Session on July 22, 2004

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage? – Sie gestatten keine. Dann bitte ich um Aufmerksamkeit für die Rednerin.

Ich bekomme durch die Zwischenrufe kaum Gelegenheit zu reden. Ich bitte, mich jetzt ausreden zu lassen. Sie haben Ihre Redezeit 15 Minuten ja noch nicht ausgeschöpft.

Meine Damen und Herren, Frau Kollegin Pranghofer war hier wesentlich seriöser, als Sie es sind. Hier wird hineingebrüllt: 12 000 junge Menschen!

(Zurufe von der SPD)

Frau Kollegin Pranghofer hat Maßnahmen für 461 Jugendliche gefordert, die derzeit in den eintägigen Jungarbeiterklassen sind. Dafür fordern Sie von uns Zusagen und Maßnahmen. Diese 461 Jugendlichen sind genau diejenigen, von denen wir erwarten, dass der Bildungspakt, der auf Bundesebene geschlossen wurde, nämlich in dieser Zahl Praktikumsplätze zur Verfügung zu stellen, bis September erfüllt ist.

(Beifall bei der CSU)

Ergänzend dazu werden wir die schulischen Maßnahmen und die schulische Förderung zur Verfügung stellen, wie man es von uns gewohnt ist. Wenn Sie ehrlich sind, müssen Sie zugeben, dass in den vergangenen Jahren zu Schuljahresbeginn – regional bedingt in strukturschwachen Gebieten – immer wieder zusätzliche Berufsfachschulen in einjähriger Form errichtet worden sind.

Hier ist von Frau Kollegin Pranghofer kritisiert worden, dass wir in unserer Fraktion uns auch des Problembereichs derjenigen Jugendlichen angenommen haben, die keine Ausbildungsplätze erhalten haben. Darunter ist ein geringer Anteil Jugendlicher, denen selbst von dem Gutachten der Arbeitsverwaltung Schulunfähigkeit bescheinigt wurde.

Wir, die CSU-Fraktion, stehen dafür, dass die Berufsschule eine Angebotsschule ist. Die Berufsschule bietet höchste Ausbildungsqualität und Fördermaßnahmen für diejenigen, die keinen Ausbildungsvertrag haben.

Wir reden hier nicht von kleinen Kindern, sondern von Jugendlichen, die mindestens 16 Jahre alt sind. Wir müssen von jungen Menschen, die am Scheideweg zwischen Schule und Beruf stehen, die Eigenverantwortung verlangen, dass sie die Angebote der Arbeitsverwaltung anneh

men und nicht durch Schwänzen und Stören die ausbildungswilligen und förderungswürdigen jungen Leute an dem Erreichen der Lernergebnisse hindern. Um diese jungen Leute geht es. Wir brauchen Konzepte und Maßnahmen, um diese jungen Menschen in ihre Lebensverantwortung hineinzubringen.

Es kann ja auch nicht anders sein, dass man, wenn man sich solche Anträge von Lehrern der einzigen Schule, wo es nur Jungarbeiter gibt, nämlich hier in München, schreiben lässt, die vielen Berufsschulen im Lande draußen vergisst. Unterhalten Sie sich dort einmal mit den Berufsschullehrern, deren gesamten Kräfte durch diejenigen Jugendlichen aufgebraucht werden, die das Angebot der Berufsschule als lästige Pflicht begreifen.

(Karin Radermacher (SPD): Früher haben Sie ganz anders geredet!)

Sehr verehrte Frau Radermacher, in diesem Punkt habe ich noch nie anders geredet! Wenn Sie das anders sehen, müssen Sie es mir beweisen, verehrte Frau Radermacher.

(Karin Radermacher (SPD): Damals haben Sie nicht gesagt, die Berufsschule sei eine Angebotsschule, sondern von Pflichtschule gesprochen!)

Dann gehen Sie doch einmal in die Fachgruppe Jungarbeiter der Verbände hinein. Lassen Sie sich einmal das Protokoll der letzten Schulleiterbesprechung aus Niederbayern vorlegen, wo das ein zentraler Punkt war! Lassen Sie sich das vorlegen!

Für unsere Lehrkräfte, die für ein bestimmtes, zugegebenermaßen zahlenmäßig geringeres Schülerklientel nicht ausgebildet sind, muss gesagt werden – selbst Sozialpädagogen sind das nicht –: Wir bräuchten professionelle therapeutische Hilfe. Diese Lehrkräfte dürfen wir nicht verbraten. Sie müssen die Kraft haben, in die förderungswürdigen und ausbildungswilligen jungen Leute zu investieren.

(Beifall bei der CSU)

Als Nächste hat sich Frau Kollegin Tolle zu Wort gemeldet.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich fasse mich kurz und hoffe, dass ich zur Versachlichung beitragen kann. Ich finde, die Debatte darüber – ich denke an Ihren zurückgezogenen Antrag, Frau Heckner – gehört in den Ausschuss. Da kann das Thema ohne Emotionen, wie sie hier jetzt aufgekommen sind, diskutiert werden.

Ich finde den Begriff „Jungarbeiter“ etwas schwierig, weil sich die Betreffenden eigentlich noch nicht für einen Beruf entschieden haben. Es gibt junge Menschen, die keinen Arbeitsplatz haben. Die Staatsregierung macht ihnen ein Angebot. Dieses Angebot nehmen sie nicht an. Jetzt kann man sagen: Ihr bösen jungen Menschen, wir bescheinigen euch Schulunfähigkeit, dann seid ihr aus dem System

heraus; dann ist es uns egal, was aus euch wird. – Ich glaube, wir sollten nicht so handeln, sondern uns überlegen: Was können wir mit diesen jungen Leuten machen, um ihnen eine Perspektivlosigkeit zu ersparen? Da ist aus meiner Sicht der Antrag der SPD eine gute Alternative.

Er bietet die Chance, bei diesen jungen Leuten soziale und fachliche Kompetenz aufzubauen und auszubauen.

Wenn die CSU nur ein Angebot unterbreitet, das nicht angenommen wird – so ist das nämlich in der Marktwirtschaft, Frau Heckner –, dann sollte man es überdenken oder einstellen. Wenn die CSU nichts anderes zu bieten hat, als den Ausschluss zu fordern, dann finde ich das sehr traurig.

Wir werden diesem Antrag zustimmen und ich bedanke mich bei denen, die mir zugehört haben.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aussprache geschlossen.

Wir kommen damit zur Abstimmung, die in namentlicher Form erfolgen soll. Für die Stimmabgabe sind die entsprechend gekennzeichneten Urnen aufgestellt: die Ja-Urne auf der Oppositionsseite, die Nein-Urne auf der Seite der CSU-Fraktion, in der Mitte wie immer die Urne für Stimmenthaltungen.

Wir beginnen mit der Abstimmung. Dafür stehen fünf Minuten zur Verfügung.

(Namentliche Abstimmung von 12.51 bis 12.56 Uhr)

Die fünf Minuten sind abgelaufen. Die Stimmabgabe ist abgeschlossen. Die Stimmen werden außerhalb des Plenarsaals ausgezählt und das Ergebnis wird anschließend bekannt gegeben.

Die Fraktionsführungen haben sich geeinigt, was die Behandlung der weiteren Anträge betrifft. Der Antrag unter Tagesordnungspunkt 14, also der Antrag der Abgeordneten Maget, Hoderlein und Fraktion (SPD) Fehler der Staatsregierung korrigieren: Zweites Ertüchtigungsprogramm Ostbayern, Drucksache 15/988, wird einvernehmlich auf den Herbst verschoben.

Ich rufe auf:

Tagesordnungspunkt 15 Antrag der Abgeordneten Margarete Bause, Dr. Sepp Dürr, Ulrike Gote und anderer und Fraktion (BÜNDNIS/ 90 DIE GRÜNEN) Bericht zum Stand der Planungen für die zivile Mitbenutzung des Militärflughafens Lagerlechfeld (Druck- sache 15/766)

Mir wurde mitgeteilt, dass die Fraktionen auf Aussprache verzichten. – Ich sehe keinen Widerspruch. Damit kommen wir sofort zur Abstimmung.

Der federführende Ausschuss für Wirtschaft, Infrastruktur und Technologie empfiehlt eine Neufassung des Antrags. Ich verweise insoweit auf die Drucksache 15/1394.

(Glocke des Präsidenten)

Ich bitte, die diversen Gespräche einzustellen. Wer sich am Geschehen beteiligen möchte, sollte bitte einen Platz einnehmen – irgendeinen oder seinen Stammsitz.

(Zuruf von der SPD: Noch gibt es sie!)

Noch gibt es sie, ja.

Wer dem Antrag in der Fassung dieses Ausschusses zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. – Das sind drei Fraktionen. Gegenstimmen? – Keine. Stimmenthaltungen? – Auch keine. Damit ist der Antrag einstimmig angenommen.

Das gleiche Verfahren ist auch für den nächsten Tagesordnungspunkt vorgeschlagen.

Ich rufe auf:

Tagesordnungspunkt 16 Antrag der Abgeordneten Margarete Bause, Dr. Christian Magerl, Eike Hallitzky und anderer und Fraktion (BÜNDNIS/90 DIE GRÜNEN) Abschaffung der Umsatzsteuerbefreiung im grenzüberschreitenden Flugverkehr (Drucksache 15/874)

Es findet keine Aussprache statt. Dann kommen wir zur Abstimmung. Der federführende Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen empfiehlt die Ablehnung des Antrags. Wer diesem ablehnenden Votum zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. – Das ist die CSU-Fraktion. Gegenstimmen? – Die Fraktion BÜNDNIS/90 DIE GRÜNEN und die SPD-Fraktion. Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Ich rufe als letzte Anträge mit Aussprache zur gemeinsamen Beratung auf:

Tagesordnungspunkt 18 Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Ulrike Gote, Dr. Martin Runge, Eike Hallitzky und anderer und Fraktion (BÜNDNIS/90 DIE GRÜNEN) Schutz der kleinen und mittleren Brauereien und des Getränkefachhandels bei der Änderung der Verpackungsverordnung (Drucksache 15/624)

Tagesordnungspunkt 19 Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Henning Kaul, Franz Josef Pschierer, Markus Sackmann und anderer (CSU) Verbraucherfreundliche Verpackungsverordnung (Drucksache 15/647)

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Erste Wortmeldung dazu: Herr Dr. Runge.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Wir haben die beiden Anträge vom März dieses Jahrs bewusst herausgenommen, um auszuleuchten, welch schändliches und infames Spiel hier die Staatsregierung in den letzten Wochen und Monaten getrieben hat.