Protocol of the Session on April 22, 2004

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Wortmeldungen liegen mir bereits vor. Ich darf nun dem stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der CSU das Wort erteilen. Bitte, Herr Kollege Sackmann.

Liebe Frau Präsidentin, einige Kolleginnen und Kollegen! Der 01.05.2004 bedeutet für uns in der Bundesrepublik, aber auch in ganz Europa einen massiven Einschnitt. Die Osterweiterung ist sicher ein sehr mutiger, ein historischer Schritt. Grenzräume, die immer schon zusammengehört haben, werden wieder zusammenwachsen. Damit werden wir mitten in Europa eine langfristige Garantie für Frieden, Freiheit und vielleicht auch für Wohlstand bekommen. Dabei wird entscheidend sein, dass wir zur Kenntnis nehmen, dass dies eine Veränderung nicht nur für jene aus den Grenzbereichen ergeben wird, nicht nur für die Menschen in Ostbay

ern, sondern auch massive Veränderungen für die Menschen in ganz Bayern und darüber hinaus.

Wir müssen die Osterweiterung im Zusammenhang mit der Globalisierung sehen. Wir haben damit Chancen, müssen aber auch die Risiken sehen: Wir haben auf der einen Seite einen höheren Wettbewerbs- und Anpassungsdruck, auf der anderen Seite die Chance, neue Absatzmärkte zu erschließen, neue Beschaffungsmärkte und darüber hinaus Möglichkeiten der Arbeitsteilung zu schaffen.

Um das alles bewältigen zu können, brauchen die Unternehmer und die Bevölkerung die Politik, die tätig werden muss. Als jemand, der aus der ostbayerischen Grenzregion kommt, möchte ich auf einige Notwendigkeiten in den nächsten Monaten eingehen, um die Osterweiterung positiv und in die Zukunft gerichtet gestalten zu können.

Wir können besonders begrüßen, dass der Freistaat Bayern – das hat die SPD in ihrem Antrag auch gewürdigt – ein Ertüchtigungsprogramm von 100 Millionen aufgelegt hat, das bereits viele Impulse gegeben hat. Mehr als 50 Millionen davon sind inzwischen abgeflossen; weitere Maßnahmen laufen an. Ich habe mich darüber gefreut, dass während des Termins in Hof und im Beschluss des Parteivorstands der CSU klar festgestellt worden ist, dass es ein weiteres Ertüchtigungsprogramm, eine Anschlussfinanzierung, geben wird. Herr Kollege Rubenbauer, wir, die wir aus dieser Region kommen, haben das immer gefordert und diese Nachricht mit Freude aufgenommen.

Im Dezember 2000 war der Bundeskanzler in Selb und in Weiden. Er hat damals gesagt, dass es ein gemeinsames Programm von Europa, den Ländern und des Bundes geben wird. Europa hat von Finnland bis Griechenland 260 Millionen zur Verfügung gestellt – viel zu wenig, aber wenigstens etwas –, der Freistaat Bayern hat 100 Millionen Euro bereitgestellt, und das Versprechen des Kanzlers ist bis heute mit keinem einzigen Euro eingelöst worden. Deshalb fordern wir Sie von der Opposition auf: Üben Sie in Berlin gemeinsam mit uns Druck aus. Gebrochene Versprechen können wir nicht akzeptieren.

(Beifall bei der CSU)

Wir brauchen neue Ansätze in der Strukturpolitik. Wir wollen ein Grenzgürtelprogramm, und wir wollen im Hinblick auf künftige Fördertatbestände in der Europäischen Union die Möglichkeit, dass wir einen eigenen Fördertatbestand „Grenzregion“ schaffen können. Darüber hinaus muss die Gemeinschaftsaufgabe über 2006 fortgeführt werden, und wir wollen außerdem eine flexiblere Handhabung der bestehenden Förderprogramme. Hier ist besonders die Staatsregierung gefordert. Wir in Ostbayern erwarten im Hinblick auf den Beschluss des Kabinetts am 25. Mai in Freyung konkrete Handlungen, um den kleinen und mittelständischen Unternehmen entgegenzukommen.

Wir könnten nicht akzeptieren, dass die Europäische Union Fördermittel in die künftigen Nachbarländer gibt und damit nur Arbeitsplätze verlagert werden; das sage ich in aller Deutlichkeit.

Ganz wichtig ist für uns die Verkehrsinfrastruktur: Straße, Schiene, der Donauausbau und auch der Staatsstraßenbau. Wir fordern, dass von allen Seiten die notwendigen Schritte unternommen werden.

Ich möchte auf den Bau der A 6 hinweisen. Herr Kollege Rubenbauer, das ist ein Markstein für den gesamten ostbayerischen Raum. Das wurde x-mal versprochen, wurde vor Ort immer wieder gefordert und wurde jetzt von der Bundesregierung wegen des Mautdebakels wieder einmal zurückgestellt. Das können wir in der Grenzregion nicht hinnehmen. Hier ist die Bundesregierung gefordert. Wir können auch nicht nachvollziehen, dass es europäische Verkehrsprojekte gibt, für die nicht einmal die Kofinanzierungsmittel abgerufen werden können, weil dafür kein Geld bereitgestellt wurde.

Mir – wohl uns allen – ist besonders wichtig, dass bei der Grenzöffnung – ich bin dankbar dafür, dass das auch die SPD in ihren Antrag aufgenommen hat – die innere Sicherheit gewährleistet wird und die Polizeipräsenz vor Ort erhalten bleibt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie, unserem Antrag zuzustimmen. Wir werden dem Antrag der SPD und dem Antrag der GRÜNEN nicht zustimmen. Der Antrag der GRÜNEN greift in vielen Bereichen viel zu kurz. Die SPD hat zwar viele Punkte von uns aufgenommen; vieles ist sogar wortgleich. Trotzdem werden wir Ihrem Antrag aus bestimmten Gründen nicht zustimmen.

(Susann Biedefeld (SPD): Warum?)

Ich bitte das Hohe Haus, unseren Antrag zu unterstützen.

(Beifall bei der CSU)

Ich erteile das Wort Herrn Kollegen Hoderlein für die SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Osterweiterung der Union wird von allen ernst zu nehmenden politischen Kräften begrüßt, so auch, wie ich annehme, von allen hier im Hause Befindlichen. Mit der Osterweiterung werden in der Regel die Begriffe „Chancen und Risiken“ verbunden.

In der Tat ist es auch so, dass mit dieser Osterweiterung Chancen und Risiken verbunden sind. Die Chancen liegen auf der Hand. Der erweiterte europäische Markt bietet einer exportorientierten Nation wie Deutschland oder auch dem Freistaat Bayern größere Absatzmärkte. Jenseits der Ökonomie dürfen wir aber auch nicht den Kulturraum Europa und den Friedensraum Europa vergessen.

Diese Metapher „Chancen und Risiken“ lässt sich konkretisieren. Die Chancen werden woanders liegen als dort, wo die Risiken aufzufinden sein werden. Das gilt für Regionen und, bezogen auf die Ökonomie, für bestimmte Branchen. Die Risiken werden sich auf die Gebiete konzentrieren, die unmittelbar an die Osterweiterungsstaaten anschließen. Von Usedom bis Passau gilt: Diese Regionen im Osten unseres Vaterlandes und im Osten unseres Frei

staates sind schon ohne Osterweiterung, also auch heute und noch vor dem 1. Mai, jene, die gemessen am jeweiligen Standard ihrer Länder deutlich hinter dem Durchschnitt zurückbleiben. Die Frage lautet: Wird sich das durch die Osterweiterung noch weiter verschärfen? Alle Auguren sind übereinstimmend der Meinung: Das wird so sein, zumindest für einen überschaubaren Zeitraum. Zu Beginn der Osterweiterung werden wir, wenn keine Maßnahmen ergriffen werden, eine Situation erleben, in der sich der wirtschaftliche Abstand der Ostregionen – ich sage noch einmal ganz unpolemisch: von Usedom bis Passau – zu dem jeweiligen Bundesland oder der Bundesrepublik insgesamt vergrößert.

Deshalb ist es geboten, entsprechende Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Dies gilt sowohl für die Europäische Union als auch für den Bund als auch für den Freistaat Bayern. Diese Aufgabe haben alle; denn alle haben unisono dafür gesorgt, dass für die Beitrittsländer besondere Beitrittsbedingungen gelten. Das bedeutet, dass sie neben den Verpflichtungen, das Rechtssystem, also die Rechtsauflagen und das vergemeinschaftete Recht, zu übernehmen, natürlich zu Recht Vorteile haben, indem sie besondere Wirtschaftsförderung erhalten.

Das viel zitierte Fördergefälle - sprich: die bis zu 50 % Förderung, die sie erhalten - ist an sich nicht falsch, nur geschieht dies an einer Nahtstelle zu Regionen, die ihrerseits heute schon ohne die Osterweiterung Probleme haben. Deshalb stimmen wir überein, Herr Kollege Sackmann und Frau Kollegin Männle, dass wir uns anschicken müssen, etwas auf den Weg zu bringen, um das Gefälle zu verringern. Ich war vor kurzem in Brüssel und habe das mit verschiedenen Leuten besprochen. Dort wird eher mit den Schultern gezuckt. Dort herrscht eher Skepsis vor. Im Moment gibt es auf europäischer Ebene nämlich noch keine Zustimmung, dass für diese Grenzregionen – ich nenne sie einmal Grenzregionen; in dem komischen Deutsch aus Brüssel heißen Sie „beitrittsnahe Gebiete“ –, zu denen unsere Regionen von Hof bis Passau gehören, ein eigener Förderstatus geschaffen wird. Dieser Gedanke sollte uns alle tragen. Dieser eigene Förderstatus ist zu rechtfertigen, weil diese Regionen eigenen spezifischen Bedingungen unterliegen, die jenseits der Frage, ob sie die Kriterien von Ziel 1 und Ziel 2 erfüllen, in jedem Falle greifen. Weil das so ist, meine Damen und Herren, müssen wir dieses gemeinsame Ziel verfolgen.

(Beifall bei der SPD – Zuruf von der CSU: Das müssen Sie der Bundesregierung sagen!)

Lassen Sie doch die billige Polemik sein, Herr Kollege! Sie beklagen in Ihrem Antrag, so wie wir auch, das Gefälle bei den Steuern, bei den Löhnen, bei den Sozialbeiträgen usw. Das kann man beklagen. Ihr Antrag ist in manchen Passagen richtig. Sie beklagen das aber immer mit dem unterschwelligen Ton: Die Welt war in Ordnung, und plötzlich und unerwartet ist sie Ende Oktober 1998 aus den Fugen geraten.

(Beifall bei der SPD)

Genau so war es nicht. Wir haben heute Sozialversicherungsbeiträge, die sich nicht von jenen des Jahres 1998

unterscheiden. Sie jammern so sehr über das Steuergefälle. Wir haben heute Körperschaftsteuersätze, die bei 25 % liegen, während sie bei Ihnen bei 45 % lagen. Das ist die Wahrheit. Sie beklagen etwas, was während ihrer Zeit eher noch in stärkerem Ausmaß vorhanden war, während es in unserer Zeit in dem Maß reduziert worden ist, das die Bundesregierung verantworten kann. Die Bundesregierung kann aber nicht die Körperschaftsteuersätze in Estland festlegen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Deshalb haben wir das Steuergefälle. Wir haben das Steuergefälle nicht deshalb, weil unsere Sätze zu hoch sind, sondern weil andere Länder Steuerdumping betreiben. Angesichts Ihres Sachverstandes hätte ich eigentlich gerade von Ihnen erwartet, dass Sie das verstehen; aber man täuscht sich.

Ein neu zu schaffender Förderstatus für die Grenzregionen ist das Kernanliegen, das sowohl Ihren als auch unseren Antrag auszeichnet. Alle anderen Dinge hat man schon da und dort gehört. Das Gefälle zu beanstanden, ist die eine Sache, es national beheben zu können, ist die andere Sache.

Nun zum Anteil, den das Land Bayern leisten kann. Ich will ausdrücklich anerkennen – wir haben das schon an anderer Stelle getan –, dass sich der Freistaat Bayern bemüht hat, im Rahmen des so genannten Ertüchtigungsprogramms – zum Teil handelt es sich um Fördertatbestände, die früher anderswo untergebracht waren; insofern ist das ein kleiner Etikettenschwindel; das ist aber jetzt egal – Ostbayern zu helfen. Das will ich ausdrücklich anerkennen, meine Damen und Herren. 100 Millionen sind immerhin 100 Millionen, Herr Kollege Sackmann. Auch das will ich anerkennen. Andererseits werden Sie mir nicht wesentlich widersprechen, jedenfalls nicht im Vier-AugenGespräch, wenn ich sage: Sie haben rund 4,5 Milliarden an Privatisierungserlösen gehabt. Diese 100 Millionen entsprechen rund 2 % der Privatisierungserlöse. Angesichts der Tatsache, dass die Osterweiterung für unsere Regionen im Osten Bayerns ein so riesiges Problem darstellt, sind 2 % aus den Privatisierungserlösen ein einfach zu geringer Beitrag, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Deshalb kommen wir in diesem einen Punkt etwas konkreter zur Sache als Sie und sagen nicht das, was Herr Huber schon immer sagt und Herr Schnappauf seit kurzem nachbabbelt. Der eine sagt, Niederbayern ist Aufstiegsregion, der andere sagt, Oberfranken ist Aufstiegsregion, dann sagt Herr Spitzner, dass auch die Oberpfalz Aufstiegsregion sein muss. An den Daten sehen wir alle, welches Problem wir haben. Das Ertüchtigungsprogramm ist ein Mittel, um diesem Problem zu begegnen, aber es reicht vom Volumen her nicht aus. Deshalb sagen wir von der SPD-Fraktion: Wir brauchen im nächsten Doppelhaushalt eine wirkliche Anstrengung, die den Worten Taten folgen lässt. Das bedeutet: Wir brauchen ein Ost-Ertüchtigungsprogramm – so will ich es einmal nennen – mit einer nennenswerten Ausstattung. Nur das hilft unseren Grenzregionen wirklich weiter.

(Beifall bei der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist wohl unbestreitbar – ich weiß nicht, wie die GRÜNEN dazu stehen; offensichtlich nicht ganz so wie wir –, dass wir mit der bestehenden Verkehrsinfrastruktur das zu erwartende Verkehrsaufkommen nicht bewältigen werden. Das gilt nicht nur für Autobahnen, sondern das gilt für alle Straßen bis zu Ortsumgehungen und Staatsstraßen und für die Schiene. Andererseits ist wohl klar, dass Forderungen in Richtung Bund, über den bestehenden Bundesverkehrswegeplan hinaus – ich will jetzt gar nicht das Thema Maut ins Spiel bringen – allen Ernstes noch weitere Mittel zu erhalten und den Bundesverkehrswegeplan so zusätzlich für Verkehrsprojekte der europäischen Einheit – ich nenne diese einmal so – auszustatten, angesichts der Haushaltssituation und auch angesichts des Maastricht-Kriteriums, das wir einhalten müssen, illusionär sind.

Deshalb sage ich: Überlegen Sie sich einmal, Kollege Sackmann und Frau Kollegin Männle oder wer auch immer von Ihnen, ob wir nicht realistischerweise sagen sollten: Lieber Bund – das richtet sich an den gesamten deutschen Bundestag –, wir erwarten von euch nicht, dass ihr zusätzliche Hunderte von Millionen ausgebt, die ihr gar nicht habt, sondern wir erwarten von euch, dass wir bei der europäischen Osterweiterung so verfahren, wie wir weiland bei der Deutschen Einheit verfahren sind, dass also ein Sondertitel mit Prioritätsstatus geschaffen wird, der „Verkehrsprojekte Europäische Einheit“ heißt. Innerhalb des bestehenden Bundesverkehrswegeplans und der darin enthaltenen Maßnahmen sollten Maßnahmen im Rahmen der „Verkehrsprojekte Europäische Einheit“ Prioritätsstatus bekommen, evtl. auch wie damals mit entsprechenden Beschleunigungsgesetzen flankiert, was Genehmigungsvereinfachungen nach sich zieht.

Meine Damen und Herren, das würde bedeuten, dass wir mit den finanziellen Mitteln, die wir haben, in der Tat zu einer bevorzugten Behandlung der Verkehrsprojekte kommen, die in Ostbayern anstehen, darunter die A 6, aber nicht nur diese.

Das könnten wir erreichen, wenn wir zusammenhülfen. Den Appellen für mehr Geld kann jedoch nicht entsprochen werden.

Ich komme damit zum letzten Aspekt, nämlich zur Polizei, zur Sicherheit und zu Schengen. Das Schengen-Abkommen ist einzuhalten. Das wird jedoch nicht von heute auf morgen möglich sein. Wir werden das ab dem Jahr 2006 sehen. Am Abkommen selbst darf jedoch nicht gerüttelt werden.

Zur Polizeipräsenz: Die Kriminalitätsstatistik weist aus, dass wir bereits jetzt, das heißt in der Zeit nach der Grenzöffnung von 1991 bis heute, eine deutliche Zunahme der Kriminalität im grenznahen Raum und im grenzüberschreitenden Bereich zu verzeichnen haben. Sie wissen, welche Sparten der Kriminalität davon betroffen sind. In den letzten 12 Jahren sind wir trotz erhöhter Polizeipräsenz und größter Anstrengungen weder personell noch von den Sachmitteln her in der Lage gewesen, diesem Anstieg der Kriminalität zu begegnen. Deshalb reicht die Metapher in

Ihrem Antrag nicht aus, wonach die Polizeipräsenz „weiterhin zu halten“ sei.

Ich sage klipp und klar: Wir müssen zu einer verstärkten Polizeipräsenz, sowohl in personeller als auch in sächlicher Hinsicht kommen; denn auch die technische Ausstattung der Polizei ist vielfach nicht hinreichend. Wenn wir das nicht schaffen, werden wir ein weiteres Ansteigen der Kriminalität im Grenzraum erleben. Den Menschen, die bereits vor den kurzfristigen ökonomischen Folgen der Osterweiterung Angst haben, ist eine erhöhte Angst vor der Kriminalität durch die Osterweiterung nicht zuzumuten. In diesem Fall würden die Sprüche von der „Friedensunion“ und von den großen Erfolgen auf dem europäischen Kontinent bei diesen Menschen sehr schnell verblassen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, vielleicht haben Sie gemerkt, dass wir durchaus anerkennen, dass Sie mutige Aussagen in Ihren Antrag geschrieben haben. Wir haben diesen Antrag übernommen, nicht weil er literarisch überzeugt hätte, sondern um zu zeigen, dass wir Ihre Bemühungen anerkennen. Allerdings enthält der Antrag auch Passagen, die wir Ihnen nicht durchgehen lassen können. Wir werden uns deshalb zu Ihrem Antrag der Stimme enthalten. Das ist doch auch schon etwas, oder?

Der Antrag der GRÜNEN enthält einen langen Text und wenig Spiegelstriche. Der Text und die Spiegelstriche 1 und 2 sind in Ordnung. Bei den Spiegelstrichen 3 und 4 werden Sie sich nicht wundern, dass sich daran unsere Geister scheiden. Wir stimmen aber überein, dass wir die Schiene und die Straße äquivalent behandeln müssen. Angesichts der Verkehrsanteile von Schiene und Straße ist das ein riesiger Schritt. Die Feststellung der GRÜNEN, dass die Straße nicht weiter ausgebaut werden sollte, wird mehr als 90 % der Menschen in der Grenzregion nicht zu verkaufen sein. Hier kann es nicht nur um die Pflanzen und die Tiere gehen, sondern auch um den anderen Teil der Natur, der „Mensch“ heißt. Der Mensch hat Anspruch darauf, ein ruhiges Leben zu führen. Das kann er jedoch nicht, solange er unter extremen Verkehrsbelastungen durch die gegebene Verkehrsinfrastruktur leidet.

Meine Damen und Herren, ich hoffe, dass uns dieses Thema nicht nur bis zum 13. Juni begleiten wird. Wenn es uns mit diesem Problem wirklich ernst ist, müssen wir das übliche parteipolemische Verhalten, das jeder von uns ab und zu an den Tag legt, überwinden; denn die momentane Situation erfordert Anstrengungen von allen Seiten, also von Europa, vom Bund und vom Land. Manchmal ist man in der Opposition, manchmal in der Regierung, und manchmal weiß man in Europa überhaupt nicht, wo man gerade ist. Eine Periode ist schnell vorbei, die Probleme bestehen jedoch länger. Lassen Sie uns deshalb diese Herausforderung, die eine großartige Zukunftsperspektive für die Menschen in Bayern und Europa bietet, gemeinsam angehen.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat Herr Kollege Dr. Runge.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Nachdem der Herr Kollege Oberlehrer Hoderlein uns zuletzt mit seiner Rede beglückt hat, möchte ich mit dem Antrag der SPD-Fraktion beginnen. Herr Kollege Hoderlein, wenn Sie sich die Anträge ansehen, werden Sie in unserem Antrag wesentlich mehr konkrete Vorschläge und Forderungen finden, die sich an die Staatsregierung in ihrem eigenen Wirkungsbereich richten. Unser Antrag enthält dagegen nicht das allgemeine Gesummse in Richtung Rot-Grün.

Zwischen den Anträgen bestehen aber noch weitere Unterschiede: Sie haben es clever gemacht und den CSUAntrag weitgehend abgeschrieben, ihn allerdings geheilt und befreit von einigen Vorwürfen gegen Rot-Grün sowie von einigen Forderungen, mit denen Sie nicht d’accord waren. Ansonsten sind die Anträge deckungsgleich. In unseren Augen haben Sie Ihren Antrag nicht genug geheilt und befreit. Deshalb können wir Ihrem Antrag nicht zustimmen.