Protocol of the Session on April 22, 2004

Zwischen den Anträgen bestehen aber noch weitere Unterschiede: Sie haben es clever gemacht und den CSUAntrag weitgehend abgeschrieben, ihn allerdings geheilt und befreit von einigen Vorwürfen gegen Rot-Grün sowie von einigen Forderungen, mit denen Sie nicht d’accord waren. Ansonsten sind die Anträge deckungsgleich. In unseren Augen haben Sie Ihren Antrag nicht genug geheilt und befreit. Deshalb können wir Ihrem Antrag nicht zustimmen.

Ihr Antrag enthält Fehler und Punkte, die politisch-inhaltlich nicht tragbar sind. Sie bringen zum Beispiel im Vorspann den Satz „EU-Transferleistungen dürfen nicht für unfairen Steuerwettbewerb missbraucht und auf diese Art Arbeitsplätze einfach nach Osten verlagert werden.“ Hier müssten wir bereits darüber diskutieren, was „unfairer Steuerwettbewerb“ ist. Mit diesem Satz machen Sie genau das, was Sie Herrn Dr. Stoiber vorwerfen, der beim Thema „Arbeitszeit im öffentlichen Dienst“ gedroht hat, diejenigen Kommunen an die ganz kurze Leine zu nehmen, die gegen die 42-Stunden-Woche sind. In dieser Weise könnte man den Antrag, den die SPD von der CSU abgeschrieben hat, Punkt für Punkt skelettieren und kritisieren.

Ich möchte deshalb auf den Originalantrag von der CSU eingehen. Meine Damen und Herren von der CSU, ich finde es schön, dass Sie sich jetzt verstärkt Gedanken über die Unternehmen und Menschen im bayerischen Grenzland im Hinblick auf die Erweiterung der Europäischen Union machen. Viele Passagen Ihres Antrags sind sicherlich richtig und finden unsere Unterstützung. Der Antrag ist jedoch über weite Strecken ein Sammelsurium aus Schuldzuweisungen in Richtung Berlin, aus Krokodilstränen, Scheinheiligkeiten und nicht zuletzt aus unsinnigen populistischen Forderungen. Ich möchte einige wenige Forderungen aus Ihrem Antrag herausgreifen: Die Mitgliedstaaten sollen beispielsweise verpflichtet werden, bei den Unternehmenssteuern ein Mindeststeueraufkommen zu erzielen. Herr Kollege Pschierer, das wird schwierig, wenn die Unternehmen überhaupt keine Gewinne erzielen. Diesen Punkt hätte die CSU eleganter ausführen und genauer überlegen müssen. Das zeigt jedoch, welch ein populistischer Schnellschuss dieser Antrag ist.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir müssen nur in die Ausschussprotokolle schauen und die Beratungen zu Ihren Anträgen noch einmal nachlesen. Ich habe vorhin mit unserer früheren Kollegin Emma Kellner gesprochen, weil sie manche der Daten aus früherer Zeit noch besser in Erinnerung hat. Wir haben uns gemeinsam daran erinnert, wie Ihr Parteifreund Theo Waigel

im Jahre 1989 mit stolzgeschwellter Brust aus Brüssel heimgereist ist und erklärt hat, er habe soeben für Deutschland ein Teufelszeug verhindert, nämlich die Annäherung bei den direkten Steuern. Jetzt schwenken Sie um. Man merkt, dass der Wahlkampf massiv begonnen hat.

Sie wollen erreichen, dass im Rahmen der Reform der EUStrukturpolitik ein eigener Beihilferahmen für nationale Fördermaßnahmen mehr Gestaltungsmöglichkeiten

schafft. Diese Forderung ist gut, wohlfeil und findet unsere Unterstützung. Wir müssen uns aber die Realitäten ansehen: Was helfen Spielräume für nationale Förderungen, wenn gleichzeitig erklärter politischer Wille und Fakt ist, dass die nationalen Förderungen heruntergefahren werden sollen? Ich darf Sie an den letzten Nachtragshaushalt erinnern. Im Rahmen dieses Nachtragshaushalts haben Sie nicht nur das Mittelstandskreditprogramm massiv eingedampft, sondern auch die regionale Wirtschaftsförderung gekürzt.

Bei der Gemeinschaftsaufgabe „regionale Wirtschaftsstruktur“ war es für uns irrsinnig spannend, Ihre Krokodilstränen zu sehen und Ihr Geschrei zu hören, als der Bund ankündigte, sich zurückzuziehen. Damals belief sich die Höhe der Gemeinschaftsaufgabe auf 10 Millionen Euro, jetzt sind wir bei 7,5 Millionen Euro. Gleichzeitig hatten wir die Worte Ihres großen Vorsitzenden bei der Föderalismus-Debatte im Ohr. Er hat die Gemeinschaftsaufgabe als eine Todsünde gegeißelt.

Hier wird es ganz anders dargestellt und zetermordio geschrieen. Für den Ausbau der Infrastruktur und für ein Sonderprogramm „Verkehrsprojekte der Europäischen Einheit“ sollen die notwendigen Mittel für Schiene und Straße bereitgestellt werden. Auch wir hätten gerade für die Schiene im Grenzland gerne mehr Mittel. Herr Hoderlein, Sie irren sich. Auch wir können uns mit der einen oder anderen Straßenbaumaßnahme anfreunden. Wenn aber von der CSU diese Forderung erhoben wird, ist es Scheinheiligkeit pur.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich darf Sie an den letzten Bundesverkehrswegeplan erinnern. In einer Größenordnung zwischen 80 und 90 Milliarden DM war damals der BVWP unterfinanziert. Sie waren es, die die damals noch schwarz-gelbe Bundesregierung und die Bahn in milliardenschwere Finanzabenteuer hineingetrieben haben. Ich denke nur an die Bahnstrecke München – Ingolstadt – Nürnberg, die jetzt statt 4 Milliarden DM 4 Milliarden Euro kostet. Sie wollen die Strecke über Nürnberg – Erfurt durch den Gottesgarten und den Thüringer Wald fortsetzen. Dann werden wir ungefähr bei weiteren 14 Milliarden Mark liegen. Wenn Sie hier das Geld hinausschleudern, brauchen Sie sich nicht darüber zu beschweren, dass für das Grenzland zu wenig Geld zur Verfügung steht.

Sie zeigen immer nur auf den Bund. Schauen Sie sich doch einmal die Prioritäten der maßgeblichen CSU-Politiker an. Ich denke nur an die Fußballweltmeisterschaft. Herr Stoiber würde in die Luft gehen, wenn Berlin nicht bereit wäre, sofort die notwendigen Erschließungsmaß

nahmen, soweit es sich dabei um Bundesverkehrswege handelt, zu finanzieren. Für die bessere Erschließung des Stadions über die A 99 und die A 9 werden gerade 100 Millionen Euro ausgegeben.

Wir können uns auch ruhig bei den Landesmitteln aufhalten. Für die U-Bahn-Baumaßnahmen zur besseren Bedienung der Stadien wird eine Förderung gewährt, die erheblich über der Regelförderung liegt. Begründet wird diese erhöhte Förderung mit der landespolitischen Bedeutung der Fußballweltmeisterschaft. Herr Sinner, schön wäre es, wenn Sie auch bei der Osterweiterung eine solche landespolitische Bedeutung erkennen würden. Davon habe ich aber noch nichts gehört.

Uns ist es ein Anliegen, dass wir zuvorderst über die Politik der Staatsregierung und über die Politik des Bayerischen Landtags reden. Das ist Ziel und Zweck unseres Antrags. Wir machen keine Schuldzuweisungen an Berlin, auch wenn man dort vieles kritisieren könnte. Wir machen auch keine Schuldzuweisungen gegenüber Brüssel und Straßburg, auch wenn sich dort der eine oder andere Kritikpunkt nennen ließe. Wir wenden uns konkret an die Landespolitik. Wir fordern die Staatsregierung auf, dazu beizutragen, dass allzu starke Friktionen verhindert werden und dass den Menschen, Unternehmern und Kommunen der Übergang erleichtert wird.

In vier Spiegelstrichen haben wir zahlreiche konkrete Maßnahmen genannt. Der erste Punkt lautet, dass die Staatsregierung aufgefordert wird, über den Bundesrat am Erlass einer bundesgesetzlichen Tariftreueregelung mitzuwirken bzw. sich ernsthaft um eine Öffnungsklausel für landesrechtliche Tariftreueregelungen zu bemühen. Dazu gab es schon einmal einen Landtagsbeschluss, er wurde aber kaum umgesetzt. Wir meinen, dass solche Tariftreueregelungen notwendig wären, damit in Deutschland ausuferndes Lohndumping verhindert wird. Sie werden jetzt sagen, dass es schon die Tariftreue- und Nachunternehmer-Erklärung für den Bau gibt. Dagegen müssen wir allerdings sagen, wir wollen mehr. Tariftreueregelungen gelten nicht nur für öffentliche Vergaben, sondern überall dort, wo Mindestlöhne gezahlt werden, wie zum Beispiel in der gesamten Bauwirtschaft. Mit einer solchen Regelung wäre sehr viel geholfen.

Wir fordern auch die Einführung eines bundesweiten Registers – vor ein paar Wochen haben wir darüber diskutiert –, in dem neben Delikten wie Geldwäsche, Subventionsbetrug und Korruption auch Verstöße von Unternehmern gegen gesetzliche Vorschriften zur Arbeitnehmerüberlassung und Arbeitnehmerentsendung aufgelistet werden. Die Forderung nach einem solchen Register sollte von der Staatsregierung unterstützt werden. Vor zwei Jahren erklärte Herr Bocklet im Bundesrat, die Bundesregierung würde ein solches Register überfrachten. Er fragte, inwieweit Subventionsbetrug und Geldwäsche mit Wettbewerb zusammenhingen. Ich meine, diese Delikte hängen sehr stark mit dem Wettbewerb zusammen, denn eine Baufirma, welche als Geschäftszweck Geldwäsche betreibt, kann Bauleistungen günstiger anbieten als eine reelle und redliche Baufirma. Wenn die Staatsregierung und die CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag endlich ihre Blockadehaltung aufgeben, kann einiges für bayerische Firmen und bayerische Arbeitnehmer getan werden.

Dann fordern wir die Staatsregierung auf, doch dazu beizutragen, dass die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass die Landesmittel für regionale Wirtschaftsförderung nicht weiter gekürzt werden. Diesen Punkt habe ich schon angesprochen, als ich gemeint habe, was denn ein größerer Rahmen für nationale Förderungen hilft, wenn gleichzeitig die nationalen Förderungen zurückgefahren werden.

Die dritte Forderung betrifft die Verkehrspolitik. Herr Hoderlein, ich glaube, Sie haben es in der Kürze der Zeit noch nicht ganz begreifen können. Wir fordern, dass nicht nur die milliardenschweren, großen und prestigeträchtigen Projekte einseitig gefördert werden. Wenn ich von einer besonderen landespolitischen Bedeutung der Fußballstadien und der Fußballweltmeisterschaft lese, muss ich im gleichen Atemzug auch der EU-Erweiterung eine besondere landespolitische Bedeutung zuerkennen. Dann würde ich auch für die Förderung von Verkehrsprojekten in Ostbayern Mittel freibekommen. Dabei kann es sich durchaus auch um kommunale Verkehrsprojekte im Grenzland handeln.

Bei der nächsten Forderung kann ein Dissens bestehen. Weitere Finanzierungszusagen für Unfugsprojekte sollen eingestellt werden. Konkret haben wir den Flughafen Hof/ Plauen genannt, der nach Ansicht von Gutachtern und auch nach dem Bericht des Rechnungshofes verkehrspolitisch ohne großen Nutzen und wirtschaftlich nicht ansatzweise tragfähig sein wird. Für solche Projekte soll es keine weiteren Finanzzusagen mehr geben, damit auf der anderen Seite auch mehr Mittel für sinnvolle und tragfähige Projekte frei sind.

Das waren also vier Forderungsblöcke mit noch wesentlich mehr konkreten Forderungen an die Bayerische Staatsregierung, die sie umsetzen kann, um den Grenzregionen zu helfen. Jetzt wende ich mich noch einmal verstärkt an Sie, meine Damen und Herren von der CSU und von der Staatsregierung. Ein Beispiel für die Scheinheiligkeit und Doppelzüngigkeit in Ihrer Argumentation sind Ihre Aussagen zur Wirtschaftsförderung und Eigenmittelobergrenze. Sie fordern auf der einen Seite mehr Anstrengungen der Europäischen Union für das Grenzland. Auf der anderen Seite plädieren Sie für einen stringenten Deckel bei der Eigenmittelobergrenze, also für eine Deckelung der kommenden europäischen Haushalte. Jetzt müssen Sie schon so ehrlich sein und sagen, dass es eine europäische Wirtschaftsförderung, wie wir sie mit Ziel 2, Ziel 3 und Gemeinschaftsaufgabe haben, für das bayerische Grenzland nicht mehr geben wird, wenn in der Höhe ein Deckel eingezogen wird, wie es die Bundesregierung wünscht. Sie müssen auch gegenüber den bayerischen Bauern ehrlich sein und sagen, dass der Sparmechanismus der Europäischen Union am stärksten bei den Direktzahlungen für die Landwirte ansetzt. Die bayerischen Landwirte bekommen im Vergleich zu den Landwirten in Deutschland insgesamt überproportional viele Direktzahlungen aus Brüssel. Deshalb fordern wir mehr Redlichkeit.

Im Zusammenhang mit den Finanzen erheitert uns immer wieder der Vorwurf, der Bund würde sich in der Europäischen Union zu wenig für die Interessen Deutschlands einsetzen. Hier haben wir prima Vergleichsmöglichkeiten.

Wie war es unter Kohl und Waigel? Wie ist es seit RotGrün? Deutschland war zu Zeiten von Kohl und Waigel ein weitaus größerer Nettozahler, als es Deutschland heute ist. Wir haben damals brutto wesentlich mehr gezahlt, und netto haben wir damals etwa 10 Milliarden Euro bezahlt, heute zahlen wir 5 Milliarden Euro. Herr Sinner, Sie sagen zu Recht, dass die Wirtschaftskraft in Deutschland stärker zurückgegangen ist als in anderen Ländern. Das hängt aber auch mit der Wende in Deutschland zusammen. Das ist ein ganz maßgeblicher Grund.

Es gibt aber einen ganz anderen Grund, Herr Sinner, auch wenn Sie ihn nicht gerne hören. Ich kann es Ihnen nicht ersparen, Sie an den Gipfel 1999 in Berlin zu erinnern. Damals haben Schröder und Fischer ganz anders verhandelt als zuvor Helmut Kohl, Theo Waigel und der damalige Außenminister. Sie haben es geschafft, den deutschen Beitrag am Briten-Rabatt von knapp 30 % auf 8 % herunterzufahren. Wir können uns genau daran erinnern, dass Maggie Thatcher „I want my money back“ gerufen hat. Begeistert haben Kohl und Waigel zugestimmt und ihr das Geld aus Deutschland nachgetragen.

(Eberhard Sinner (CSU): So groß war die Begeisterung auch nicht!)

Solche Maßnahmen gibt es unter Rot-Grün nicht mehr.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vieles, was Sie hier vortragen, ist nichts anderes als Scheinheiligkeit und Populismus pur. Deswegen bitte ich Sie noch einmal herzlich darum, unserem Antrag zuzustimmen, denn in unserem Antrag geht es konkret um die bayerische Landespolitik. Stimmen Sie den beiden anderen vorliegenden Anträgen nicht zu.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Wort hat Herr Kollege Pschierer. Bitte schön, Herr Kollege.

Frau Präsidentin, liebe Kollegen, liebe Kolleginnen! Zunächst eine Vorbemerkung: Die CSU-Landtagsfraktion befasst sich mit dem Thema „EU-Osterweiterung“ nicht erst in jüngster Zeit, sondern dieses Thema begleitet die Arbeit der Mehrheitsfraktion seit langem. Ich will jetzt nicht auf die Chancen und Risiken der EU-Osterweiterung eingehen, will aber meinen Eindruck nicht verschweigen, dass dieses Thema mit viel Blauäugigkeit behandelt wird. Dies trifft auch für die bayerische Wirtschaft zu. Ich erinnere mich an Diskussionen, in denen das Wort „Chance“ sehr groß geschrieben wurde und das Wort „Risiko“ sehr klein. Inzwischen ist überall und auch bei den Gewerkschaften ein Stück Ernüchterung eingetreten.

Die EU-Osterweiterung ist im Freistaat Bayern ein zentrales Thema und stellt die bisher größte Herausforderung für die bayerische Volkswirtschaft dar. Wir greifen die Herausforderung gerne auf. Wir begrüßen die EU-Osterweiterung, weil wir wissen, dass sie eine einmalige historische Chance darstellt. Niemand will in die Zeiten zurück, in denen der Eiserne Vorhang durch Europa gezogen war.

Trotzdem möchte ich, liebe Kolleginnen und Kollegen, vor der Illusion warnen, dass die Angleichung der Abgaben, der Steuerstandards und vieler anderer Dinge schnell gehen wird. Dazu möchte ich ein konkretes Beispiel nennen: Die Lohnkosten in Tschechien betragen etwa ein Fünftel der in der Bundesrepublik Deutschland. Das Verhältnis zu Polen sieht besser aus. Laut Untersuchung des Ifo-Instituts kann man bestenfalls davon ausgehen, dass bis 2020 das Lohnniveau in der Volksrepublik Polen 45 % bis 50 % unseres Niveaus erreichen wird. Die Angleichung wird also sehr lange dauern. Umso wichtiger ist es, dass wir unsere Unternehmen fit machen, damit sie in diesem Wettbewerb bestehen können. Dazu gehört auch, dass der Wettbewerb fair ist.

Deshalb möchte ich, Herr Kollege Dr. Runge, konkret zum Steuerwettbewerb Folgendes ausführen: Unternehmensteuersätze von weit unter 20 % in den Beitrittsstaaten sind nicht hinnehmbar. Es ist also nicht unverschämt – Kollege Hoderlein hat dies angedeutet –, darauf zu achten, dass es für die Unternehmensbesteuerung ein Mindeststeueraufkommen geben muss, und falls dies nicht erfüllt wird, über die Kürzung von EU-Fördermitteln nachzudenken. Schließlich können wir nicht hinnehmen, dass unsere Betriebe hohe Abgaben und Steuern zahlen und hohe Standards einhalten müssen, mit diesen Steuerzahlungen die Netto-Transferleistungen nach Brüssel gezahlt werden und von dort aus die Konkurrenz in Tschechien und Polen subventioniert wird. Das können wir nicht akzeptieren.

(Dr. Martin Runge (GRÜNE): Auf einmal!)

Nein. Diese Aussagen machen wir seit langem. Das ist nichts Aktuelles.

Zum Zweiten hätten wir erwartet, dass die Europäische Union etwas mehr Geld bereitstellt. 260 Millionen Euro für alle Grenzregionen von Finnland bis Griechenland und davon 15 Millionen Euro für die Regionen, die ganz besonders von der EU-Osterweiterung betroffen sind, sind zu wenig.

Da die Bedeutung des EU-Ostertüchtigungs-Programms des Freistaats Bayern in Abrede gestellt wird, will ich dessen Bedeutung darstellen. Wir werden für gute, Erfolg versprechende Maßnahmen, für Investitionen und Begleitmaßnahmen wie Qualifizierung, Beratung und vieles andere 100 Millionen Euro zur Verfügung stellen. Sie kennen die Regionen, kreisfreien Städte und Landkreise, die davon ganz besonders profitieren werden. Wir wollen, dass mit diesem Programm Stellen geschaffen und gesichert werden.

Wir erwarten deshalb von der EU die Bereitschaft, wegen des Fördergefälles auf unsere Forderungen einzugehen. Wir brauchen einen nationalen Förderstatus für die Grenzregionen. Wir brauchen einen eigenen Beihilferahmen, und wir erwarten vom Bund, Herr Kollege Hoderlein und Herr Kollege Dr. Runge, etwas mehr als Absichtserklärungen zu den Verkehrsprojekten. Es dürfen nicht nur Worte in den Mund genommen, sondern es muss auch Geld in die Hand genommen werden. Bayern ist eines der zentralsten Binnenländer der Europäischen Union. Der Ver

kehr rollt von Ost nach West und von Nord nach Süd durch den Freistaat Bayern hindurch. Um die Wachstumschancen, die die EU-Osterweiterung bringt, nutzen zu können, brauchen wir mehr Geld, um die Verkehrsinfrastruktur auszubauen.

Diesen Appell wollen wir von dieser Stelle aus an die Bundesregierung richten. Ich bitte um Zustimmung zum Antrag der CSU.

(Beifall bei der CSU – Abgeordneter Dr. Martin Runge (GRÜNE) meldet sich zu einer Zwischenfrage)

Tut mir Leid, Herr Kollege Dr. Runge, dass ich nicht mehr nachfragen konnte. Sie haben aber noch Redezeit, falls Sie noch etwas sagen wollen. Für die Staatsregierung erteile ich Herrn Staatsminister Sinner das Wort. Bitte schön, Herr Staatsminister.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! In neun Tagen ist der 1. Mai, und mit diesem 1. Mai 2004 wird die Europäische Union um zehn Staaten größer. Acht Staaten davon liegen unmittelbar vor unserer Haustüre. Ich sage dies deshalb, weil viele meinen, dass an diesem 1. Mai ein Urknall, ein „big bang“, passieren wird. Vielmehr ist der 1. Mai 2004 ein Meilenstein in einer Entwicklung, die seit zehn Jahren läuft und die sich über weitere Jahrzehnte fortsetzen wird. Ich stimme denen zu, die in dieser Debatte deutlich darauf hingewiesen haben, dass es ein langwieriger und langfristiger Prozess zur Angleichung sein wird, der Jahrzehnte dauern wird.

Ich stelle für die Staatsregierung fest, dass wir schon zu Zeiten des Mauerfalls und des Falls des Eisernen Vorhangs mit den mittel-, ost- und südosteuropäischen Ländern sehr intensive Beziehungen aufgenommen haben und mit vielen Projekten und Möglichkeiten der Zusammenarbeit versuchen, den Annäherungsprozess dieser Staaten an die Europäische Union und auch die Ertüchtigung unserer Wirtschaft und unseres Wirtschaftsstandortes für diesen Erweiterungsprozess deutlich voranzubringen.

In dieser Debatte wurde das 100-Millionen-Euro-Programm als großes Programm erwähnt. Im Vergleich zu den gesamten Privatisierungsmitteln mag dies ein kleiner Betrag sein. Im Vergleich zu dem, was in der Gemeinschaftsaufgabe – 7,5 Millionen Euro – bereitgestellt wurde, stellt der Freistaat Bayern aber einen gewaltigen Betrag zur Verfügung.

Ich will das Thema der Privatisierungserlöse aufgreifen. Die Strategie war richtig, weil im ostbayerischen Raum die Fachhochschulen und Universitäten ertüchtigt wurden und somit Innovationspotenzial geschaffen wurde, das uns jetzt zugute kommt. Es war auch richtig, im Vorfeld der gesamten Entwicklung eine Verkehrsanlage wie den Rhein-Main-Donau-Kanal auszubauen, der eine wichtige Verkehrsader in diesem Raum darstellt. Dieses Projekt

stieß noch vor einigen Jahren auf ihren entschiedenen Widerstand.

Aufbauend auf diese Maßnahmen müssen wir fordern, dass die Bundesregierung und die Europäische Union sich wesentlich mehr engagieren. Herr Kollege Dr. Runge, Sie haben es als großen Verdienst von Bundeskanzler Schröder herausgestellt, dass Deutschland in seiner Nettozahlerposition deutlich niedriger liegt. Dies beruht aber im Wesentlichen darauf, dass das Wirtschaftswachstum in Deutschland dramatisch zurückgegangen ist. Wir haben seit drei Jahren ein Null-Wachstum. Da sich der Beitrag für den europäischen Haushalt am Volkseinkommen orientiert, geht der deutsche Anteil automatisch zurück. Die Zuflüsse in die neuen Bundesländer sind ebenfalls abzurechnen. Auch dies heißt, dass unsere Position besser wird. Das ist aber nicht das Verdienst der Bundesregierung, sondern letztendlich ein Versagen der Bundesregierung bei der Wirtschaftspolitik, das uns auch allgemein vor große Probleme stellt.

(Beifall bei der CSU)