Protocol of the Session on March 16, 2004

Lassen Sie mich zum Schluss zur Gewerbesteuer kommen. Wenn das geschehen wäre, was weite Kreise der SPD in Berlin wollten, dann hätten wir heute eine massive Substanzbesteuerung.

(Franz Maget (SPD): Ist doch nicht wahr!)

Das ist das Letzte, was die Wirtschaft in einer Situation, in der wirtschaftlicher Aufschwung und Wachstum notwendig sind, brauchen kann. Dies haben wir, CDU und CSU gemeinsam, Gott sei Dank verhindert. Dieses Verhindern hat uns Geld gekostet. Die Senkung der Gewerbesteuerumlage hat allein Bayern 193 Millionen Euro gekostet.

Notwendig ist, die nachfolgenden Schritte zu gestalten, denn ohne eine grundsätzliche Reform der Gewerbesteuer werden wir keinen Erfolg haben. Wir werden dies im Rahmen unseres Steuerkonzeptes auch umsetzen. Der Zuschlag auf die Einkommensteuer, Herr Kollege, ist nicht der Vorschlag, der jetzt in der Diskussion ist. Wir haben vielmehr Folgendes gesagt: Die Kommunen brauchen ein konstantes Steueraufkommen. Wie kann ich diese Konstanz am besten erreichen? Ich kann sie am besten erreichen, wenn ich die Kommunen an allen drei Steuerarten angemessen beteilige, und zwar an der Mehrwert

steuer – jetzt liegt der Anteil bei nur 2,2 % –, an der Einkommensteuer - dort liegt der Anteil bei nur 15 % – und erstmalig auch an der Körperschaftsteuer. Es ist doch ein Angebot an die Kommunen, an allen drei wichtigen Steuern beteiligt zu werden.

(Franz Maget (SPD): Ohne Steuererhöhung?)

Wenn das akzeptiert wird, dann gibt es eine Konstanz im Steueraufkommen.

(Joachim Wahnschaffe (SPD): Wie wollen Sie das finanzieren?)

Wir haben das in einer Fülle von Berechnungen dargelegt. Die Kommunen müssen das akzeptieren. Wir wollen die ganze Angelegenheit gemeinsam mit den Kommunen in einem Gespräch erledigen. Eines ist aber auch klar: Was Sie hier erzählt haben, ist nicht der aktuelle Stand. Ich bitte Sie dringend, als Fraktionsvorsitzender die Wahrheit zu sagen, und nicht Märchen von vorgestern zu erzählen.

(Beifall bei der CSU)

Wir kommen jetzt zur inneren Sicherheit. Hierzu hat sich Herr Kollege Schuster gemeldet.

Sehr geehrter Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Die Bürgerinnen und Bürger in Bayern haben einen Anspruch auf wirkungsvollen Schutz ihres Lebens, ihrer Freiheit und ihres Eigentums und damit auf ein Höchstmaß an Leistung der Polizei zur Gewährleistung der inneren Sicherheit. Deswegen braucht Bayern eine leistungsfähige Polizei.

(Beifall bei der SPD)

Die unverhältnismäßig hohen Kürzungen der Haushaltsmittel bei den Sachinvestitionen in den Polizeihaushalten, vor allem im Haushalt des Landeskriminalamtes, der Landespolizei, der Bereitschaftspolizei und des Polizeiverwaltungsamtes, gefährden jedoch die Funktionsfähigkeit der Polizei in Bayern und schaden dadurch der inneren Sicherheit unseres Landes.

Für die Erhaltung der Funktionsfähigkeit und Leistungsfähigkeit der Polizei in Bayern ist neben der Aufrechterhaltung von Planstellen für die Polizei eine entsprechende Ausstattung vor allem mit elektronischen Datenverarbeitungsanlagen, Ausstattungsund Ausrüstungsgegenständen, Geräten, Software und Dienstfahrzeugen eine unabdingbare Voraussetzung.

Die Anschläge vom 11. September in New York und Washington und die Anschläge in Madrid in der letzten Woche haben auf erschreckende Weise die Bedrohung durch den internationalen Terrorismus ge

zeigt. An diesen Tagen wurde uns auch gezeigt, dass auch vollkommen unbeteiligte Bürgerinnen und Bürger Opfer von furchtbaren Terroranschlägen werden können.

Bayern hat als Durchgangsland nach Ost- und Südosteuropa eine besondere sicherheitspolitische Bedeutung und Verantwortung. Dieser Verantwortung müssen wir alle gerecht werden. Deshalb ist es für uns auch völlig unverständlich, dass gerade in diesen sicherheitspolitisch so schwierigen Zeiten im Bereich der inneren Sicherheit so stark gespart werden soll.

(Beifall bei der SPD)

Was die Einsparungen beim Personal betrifft, so ist festzustellen, dass die Polizeigewerkschaften alleine wegen der Arbeitszeitverlängerung auf 42 Stunden in der Woche von einem Verlust von 1300 Stellen ausgehen. Wir werden sicher in den nächsten Wochen noch Gelegenheit haben, darüber zu sprechen.

Heute geht es um Sachinvestitionen. Sachinvestitionen sind - ich habe es vorhin schon angedeutet - neben ausreichenden Planstellen die unabdingbare Voraussetzung für eine gute Polizeiarbeit. Durch Ihre Kürzungen gefährden Sie diese gute Polizeiarbeit.

(Beifall bei der SPD)

Lassen Sie mich zuerst zu den Kürzungen beim Landesamt für Verfassungsschutz kommen. Die beabsichtigte Kürzung in Höhe von 128 000 Euro entspricht 18,5 % der ursprünglich für das Haushaltsjahr 2004 bereitgestellten Mittel. Dies gefährdet den reibungslosen und sicheren Dienstbetrieb der EDV beim Landesamt für Verfassungsschutz.

Wir waren vor 14 Tagen mit dem Parlamentarischen Kontrollgremium beim Landesamt und haben uns dort ein Bild über die Arbeit des Landesamtes für Verfassungsschutz machen können. Dort wird dringend aufgrund von technischen Voraussetzungen im Telekommunikationsbereich neue Software unter anderem für die Telefonüberwachung benötigt. Sie fordern nach außen immer eine Ausweitung der Telefonüberwachung, nehmen aber gerade in diesem Bereich Kürzungen vor. Ich bin mir sicher, dass es wegen dieser Kürzungen Probleme bei der Telefonüberwachung geben wird. Um dem entgegenzuwirken, haben wir unseren Antrag gestellt.

Beim Landeskriminalamt soll beim Erwerb von Dienstwagen eine halbe Million Euro gespart werden. Das sind über 45 % der ursprünglich für das Haushaltsjahr 2004 bereitgestellten Mittel. Bei Datenverarbeitungsanlagen, Ausstattungs- und Ausrüstungsgegenständen sollen Kürzungen in Höhe von 1 600 000 Euro erfolgen. Das sind über 52 % der für das Jahr 2004 bereitgestellten Mittel. Bei

einer solchen Absenkung können dringend benötigte Geräte zur Kriminalitätsbekämpfung nicht mehr im nötigen Umfang gekauft bzw. in der erforderlichen Qualität beschafft werden. Bei weiteren Kürzungen für Geräte und Ausrüstungsgegenstände in diesem Bereich sollen zusätzlich 340 000 Euro gespart werden. Dies gefährdet den gesamten Ablauf des Dienstbetriebes des Landeskriminalamtes.

Bei der Bereitschaftspolizei, von deren guten Arbeit ich mich am Rande der Sicherheitskonferenz überzeugen konnte, sollen beim Erwerb von Dienstfahrzeugen fast 48 % eingespart werden, insgesamt über 3 Millionen Euro.

(Franz Maget (SPD): Stimmt das, Herr Beckstein?)

Darin sind die staatlichen Hochbaumaßnahmen noch nicht enthalten. Hier sollen zusätzlich 5 Millionen Euro eingespart werden. Das sind 64 % der Mittel. Solche Kürzungen würden nahezu einen Baustopp für alle wichtigen Anlagen der Bereitschaftspolizei bedeuten.

Ich bin Mitglied im Freundeskreis der 4. Bereitschaftspolizeiabteilung in Nürnberg.

(Markus Sackmann (CSU): Sehr gut!)

Ich gehe davon aus, dass der Herr Innenminister dort ebenfalls Mitglied ist. Der Innenminister und ich kennen den baulichen Zustand der dortigen Polizeikaserne. Hier müsste dringend investiert werden, schon allein deshalb, damit nicht noch größere Schäden in Zukunft entstehen und damit noch größere Investitionen getätigt werden müssen. Es ist nicht nur Nürnberg betroffen, sondern es sind noch andere Kasernen der Bereitschaftspolizei betroffen. Ich denke unter anderem an die in Königsbrunn, die baugleich mit Nürnberg errichtet wurde.

Außerdem ist zu bedenken, dass es sich bei staatlichen Hochbaumaßnahmen um wirtschaftliche Investitionen handelt, die vor allem konjunkturell geboten sind.

Bei der Bayerischen Landespolizei sollen insgesamt 36 Millionen Euro allein an Sachmitteln eingespart werden. Das sind bei Dienstfahrzeugen 58 %, bei Verbrauchsmitteln 66 % und so weiter. Kolleginnen und Kollegen, diese massiven Kürzungen werden erhebliche nachteilige Folgen auf die tägliche Polizeiarbeit haben. Da es sich bei den Kürzungen bei der Landespolizei um den größten Betrag handelt, haben wir namentliche Abstimmung beantragt.

(Markus Sackmann (CSU): Gott sei Dank!)

Ja, genau.

Im Hinblick auf die die Funktionsfähigkeit der Bayerischen Landespolizei ernsthaft gefährdenden

Haushaltskürzungen in den vorgenannten Bereichen ist es unserer Einschätzung nach absolut nicht vertretbar, dass im Hinblick auf die Beschaffung von Videoüberwachungs- und Kennzeichenlesesystemen die dort geplanten Einsparungen durch die Bereitstellung von zusätzlich 800 000 Euro kompensiert werden sollen. Ich stelle noch einmal fest: Wir sind nicht grundsätzlich gegen eine mobile Videoüberwachung, wir sind auch nicht gegen das mobile Kennzeichenscanning. Aber es kann nicht sein, dass hierfür zusätzlich Geld bereitgestellt wird, weil dann vielleicht der Herr Innenminister publikumswirksam jede Woche eine mobile Videoüberwachung vorstellen kann, wenn für die ureigenste Polizeiarbeit kein Geld mehr da ist.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)

Lassen Sie mich noch kurz zum Digitalfunk kommen. Wir haben in unserem Antrag gefordert, für das Haushaltsjahr 2004 Mittel in Höhe von 15 Millionen Euro bereitzustellen. In allen europäischen Ländern außer in Deutschland – unser haushaltspolitischer Sprecher, der Kollege Kaiser, hat es ja schon angedeutet – und in Albanien wurde bereits zügig von Analogfunk auf Digitalfunk umgestellt. Gerade im Hinblick auf die Fußballweltmeisterschaft 2006 in Deutschland ist dies auch dringend geboten. Wenn nicht in diesem Jahr noch mit der Umstellung angefangen wird, ist es bis zur Weltmeisterschaft nicht zu schaffen. Wenn im Innenausschuss in der letzten Woche plötzlich gesagt wurde: „So schlecht ist unser analoger Funk doch überhaupt nicht“, dann ist das von Ihnen der absolute Salto rückwärts. Denn ich kann mich noch an Pressemitteilungen des Innenministeriums erinnern, in denen gefordert wurde, das digitale Funksystem zügig umzusetzen. Ich habe so ein bisschen den Eindruck, dass das Nichteinigenkönnen mit der Bundesregierung über die Finanzierung Ihnen ganz recht kommt.

Kolleginnen und Kollegen, in all Ihren Reden, erst letzte Woche wieder, als die Kriminalstatistik herausgegeben wurde, oder auch beim Bericht des Herrn Staatssekretärs über das Autokennzeichenscanning, heißt es immer wieder: Bayern hat die Marktführerschaft in der inneren Sicherheit. Sehr geehrte Damen und Herren der Staatsregierung, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der CSUFraktion, mit der Entscheidung, diese massiven Kürzungen im Polizeihaushalt vorzunehmen, haben Sie die Marktführerschaft Bayerns in der inneren Sicherheit abgegeben.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der GRÜNEN)

Mit der Entscheidung, die Ihnen der Ministerpräsident in seiner Regierungserklärung vorgegeben hat, die Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten im

Polizeibereich auf 42 Stunden zu verlängern, die besondere Lebensarbeitszeit zu verlängern, haben Sie die Motivation der Beamtinnen und Beamten der Polizei auf den Nullpunkt gebracht. Das hat man bei den Protesten in Passau gesehen und das hat man auch heute Nachmittag bei den Protesten in München anschaulich vorgeführt bekommen.

(Prof. Dr. Walter Eykmann (CSU): Wo haben Sie das mit der Lebensarbeitszeit her?)

Von der Regierungserklärung.

(Prof. Dr. Walter Eykmann (CSU): Da steht nichts von dieser Art Lebensarbeitszeit drin!)

Selbstverständlich. Man macht sich Gedanken, die besondere Lebensarbeitszeit sukzessive zurückzuführen.

(Helga Schmitt-Bussinger (SPD): Das sind Ihre Aussagen!)

Das sind Ihre Aussagen. Distanzieren Sie sich davon, Herr Professor Eykmann?

(Franz Maget (SPD): Will der nicht mehr mitmachen bei euch? – Karin Radermacher (SPD): Der will auch austreten!)