Das ist ein Saustall im Bundesverkehrsministerium. Bei der DB gebe es sehr wohl Vorstellungen, bestimmte Verkehre nicht mehr zu fahren,
Wenn wir mit dem Klimaschutz, wenn wir mit der Verlagerung des Verkehrs auf die Bahn ernst machen wollen, dann müssen wir das stoppen, was Tiefensee, Mehdorn und Wiesheu – den nenne ich durchaus auch in diesem Zusammenhang – mit dieser Bahnreform vorhaben.
Wir sehen in Anbetracht dessen, was Stück für Stück herauskommt, dass der Gemeinwohlauftrag der Bahn, der zwar noch im Gesetz steht und pro forma als Text beibehalten wird, hochgradig gefährdet wird. Das kann es auch nicht sein.
Der nächste Punkt, den diese Bahnreform vorhat, ist mehr Wettbewerb auf der Schiene. Einen gewissen Wettbewerb gibt es bereits, okay, d’accord. Wir waren von Anfang an dafür. Als es seinerzeit um die erste Ausschreibung ging, die die Oberlandbahn bekam, haben wir uns dafür ausgesprochen, auch die CSU, das sage ich klar und deutlich, auch der damalige Minister Wiesheu. Es hat am Anfang gezwickt, das war außerordentlich bedauerlich, weil das Zugmaterial nicht sofort funktioniert hat. Aber wenn wir das Netz de facto der Bahn geben – das, was jetzt gemacht wird, es bleibt beim Bund und wird bei der Bahn bilanziert, das sind ja Tricks, die hier gemacht werden –, dann wird es mit mehr Wettbewerb auf der Schiene bitterböse ausschauen. Es wird nicht das vorankommen, was wir eigentlich wollen. Aber der Wettbewerb ist notwendig, nicht um günstigere Preisabschlüsse zu erzielen, sondern um mehr Komfort und ein besseres Angebot auf die Schiene zu bekommen.
Wenn wir diesen Wettbewerb haben, ist es uns letztendlich gleich, ob die DB Regio die Strecke Passau – München befährt, wenn sie es nur mit einem entsprechenden Komfort und mit entsprechenden Zügen macht. Aber diese Zielsetzung sehe ich gefährdet.
Der nächste Punkt der Bahnreform ist die Begrenzung der fi nanziellen Belastungen des Bundeshaushalts. Wenn ich mir überlege, dass weiterhin 2,5 Milliarden Euro bezahlt werden – d’accord, in das Netz müssen wir weiterhin investieren, aber wir haben wenig mitzureden –, und wenn es irgendwann so weit ist, müssen wir das, was in die Schiene hineingesteckt wurde, sogar wieder
zurückzahlen. Der Kollege Rotter hat diese Absurdität schon genannt. Das kann es nicht sein und das darf es nicht sein.
Deshalb gibt es für uns nur eines, nämlich die Trennung von Netz und Betrieb. Deshalb bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Dringlichkeitsantrag der CSU übernimmt Positionen, die die Sonderkonferenz der Verkehrsminister am 25. September formuliert hat. Man kann insoweit diesem Antrag zustimmen – ich bitte Sie, jetzt genau zuzuhören – unter der Voraussetzung, dass eine Teilprivatisierung weiter betrieben wird. Das formuliert die Verkehrsministerkonferenz, das formuliert der Antrag, den Kollege Rotter vorgestellt hat, das sind unverzichtbare Anforderungen, um sozusagen ein Mindestmaß an Sicherheit für den Verkehr in den Bundesländern zu gewährleisten. Für den Fall, dass das so weiter betrieben wird, muss es in der Tat darum gehen, dass die Privatisierung nicht zulasten des Streckennetzes in der Fläche geht,
Das sagt nichts darüber – und darüber ist heute mit diesem Antrag nicht zu entscheiden –, dass das in der Tat der richtige Weg wäre. Herr Kollege Rotter, Sie haben es deutlich gesagt: Sie halten den Weg selber nicht für richtig. Ich weiß allerdings nicht, welchen konkreten Vorschlag Sie machen. Ich werde einen konkreten Vorschlag machen, der allerdings nicht die Wettbewerbsideologie des Kollegen Magerl aufnimmt. Für den Fall, dass also eine Teilprivatisierung kommt, formuliert der Dringlichkeitsantrag auch aus der Sicht der SPD-Fraktion unverzichtbare, also notwendige, – nicht: hinreichende – Bedingungen. Auch das muss man deutlich sagen. Kollege Rotter spricht von einigen Dingen, die auch gesichert sein müssten, nicht. Wir müssen sicherstellen, dass die Bundesmittel für die Investitionen eben letztendlich nicht nur die Renditeinteressen der privaten Anleger bedienen, sondern dass sie wirklich in ein fl ächendeckendes, qualitatives gutes Schienennetz fl ießen.
Uns ist auch wichtig, die Interessen der Beschäftigten zu sehen, dass wir die Beschäftigungssicherung, die im Tarifvertrag vereinbart ist, weiterführen können, dass wir
den konzernweiten Arbeitsmarkt erhalten und dass wir die Rechte der Beamtinnen und Beamten bei der Bahn sicherstellen. Die Bahn ist einer der größten Arbeitgeber überhaupt. Liebe Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN, ich bitte Sie, auch das einmal zu berücksichtigen: Nach übereinstimmenden Erwartungen der Arbeitgeber- wie der Arbeitnehmerseite stehen dann, wenn Sie die falschen Entscheidungen treffen, bei der Bahn mindestens 50 000 Arbeitsplätze auf dem Spiel. Darüber sollten wir nicht so läppisch hinweggehen, wie es manchmal auf mich den Eindruck macht.
Ich habe nur gesagt, was die von Herrn Magerl immer wieder apostrophierten Fachleute für den Fall der Zerschlagung erwarten. Das darf die SPD sagen und das ist eine Position, mit der Sie sich dann auseinandersetzen können.
Bei dieser Gelegenheit ist es gut und richtig, dass Kollege Magerl zu aktuellen Entwicklungen deutliche Worte gefunden hat. Auch ich bin mehr als erstaunt über das, was ich heute in der Zeitung gelesen habe. Ich glaube, wir müssen in diesem Hohen Haus in einem Punkt absolut einig sein: Es darf keine Aufweichung des Daseinsvorsorgeauftrages der Eisenbahnen in diesem Land geben.
Das heißt, dass der Verfassungsgrundsatz nach Artikel 87 e gesichert sein muss und dass das Regionalisierungsgesetz nicht unterlaufen werden darf. – Frau Kollegin Stahl, hören Sie zu, dann können Sie nachher sagen, dass ich mich gegen den Bundesverkehrsminister wende, wenn er das so planen würde.
Warten Sie es ab, dann können Sie hinterher sagen, ich tue es, wenn er es so plant. Ob er es so plant, wissen wir nicht.
wenn die Pläne stimmen, in einer völlig unzureichenden Weise umgesetzt werden würde, nämlich dass die Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung so gestrickt wäre, dass bestimmte Strecken nicht mehr bedient werden sollen. Dazu ein klares Nein von der SPD.
Nehmen Sie das mit. Ich sage das auch dem Bundesverkehrsminister: ein klares Nein gegen eine fi nanzielle
Erdrosselung des Nahverkehrs in der Fläche, ein klares Nein gegen das Unterlaufen der Bestellungen der Bundesländer im Regionalisierungsverkehr durch die kalte Küche. Wenn diese Pläne stimmen, sind sie ein Skandal, und sie müssen verhindert werden.
Den Dringlichkeitsantrag der GRÜNEN – wie gesagt – haben wir schon einmal diskutiert, Kollege Rotter hat Ihn eingeordnet. Zur damaligen Zeit, in der letzten Legislaturperiode, hat er eine ganz andere Situation betroffen. Da war er als solcher auch richtig. Seitdem haben wir die Bundesnetzagentur usw. Das alles ist Gesetz, das ist Verfassungslage. Dem könnte man auch zustimmen. Aber nehmen Sie es uns nicht übel, wenn wir ablehnen, was Sie wollen – nicht was der Wortlaut hier ist, sondern was Sie bezwecken. Sie wollen auf jeden Fall eine Zerschlagung der Bahn, wie sie jetzt noch besteht, und das will die SPD nicht. Das sage ich Ihnen ganz deutlich. Wir wollen keine Zerschlagung, die zu weniger Verkehr führt, keine Zerschlagung, die zu weniger Arbeitsplätzen führt, die zu einer schlechteren Bahn führt. Deshalb lehnen wir diesen Antrag ab.
Ich habe Ihnen auch gesagt, dass wir tatsächlich große Zweifel haben – so wie sie auch bei Kollege Rotter durchgedrungen sind –, ob dieser Weg überhaupt der richtige ist. Ich sage Ihnen: Das ist eine politische Frage. Der Parteitag meiner Partei hat in Würzburg eine Antwort gegeben und gesagt: Wir wollen diese Teilprivatisierung nicht. Sie wissen, dass sich der Bundesparteitag der SPD mit dieser Frage intensiv beschäftigen wird. Wir werden dann weitersehen.
Ich habe allergrößte Zweifel und bin sicher, dass dieser Weg der falsche Weg ist. Er ist jedenfalls abzulehnen, solange nicht andere Wege ernsthaft erörtert worden sind. Da gibt es das Volksaktienmodell, das wird geprüft; darüber kann und sollte man reden. Und es gibt einen ganz anderen Weg. Den sollten gerade auch die GRÜNEN unterstützen, wenn sie wirklich mehr Verkehr auf der Schiene wollen. Ich zweifl e keine Sekunde daran, dass Sie das wollen. Wenn die Bahn mehr Geld für das deutsche Schienennetz braucht, wenn sie mehr Geld braucht, um in einem Schienenverkehrsmarkt – ich möchte jetzt einmal den Schienenverkehr, nicht die Logistik ins Zentrum stellen – europäischen Chancen und Herausforderungen zu begegnen, dann soll gefälligst der, der zu 100 % Eigentümer ist, diesem dann sehr chancenreichen Unternehmen auch das Geld geben, also eine Eigenkapitalaufstockung bei der Deutschen Bahn AG. Das ist eine Position, die Sie von mir schon öfter gehört haben, die, wenn nicht wiederum ideologische Gründe auf der anderen Seite dagegen stünden, ein Weg wäre, den man gehen könnte, den die Haushaltslage des Bundes zulässt und der sicherlich der Königsweg wäre.
Über andere Modelle wie beispielsweise, ob die Förderbank KfW Anteile hält, kann man ebenso reden. Auf jeden Fall wäre eine öffentlich-rechtliche Verantwortung
richtig, gerade wenn die CSU zu Recht auch hier fragt, wie sichergestellt wird, dass nicht die Privaten mittelbar die Entscheidungen treffen, wo noch Züge fahren.
Ich bitte Sie hier um Ihre Unterstützung. Noch ist es nicht zu spät; der Zug ist noch nicht abgefahren; er fährt nicht zwingend in diese Richtung, die jetzt als Teilprivatisierung beschrieben wird. Ich glaube, dass eine Bahn in öffentlicher Verantwortung und in öffentlicher Bindung, ausgestattet mit den nötigen Mitteln, die beste Bahn für dieses Land ist. Wir haben die große Chance, das zusammen zu verwirklichen. Ich danke Ihnen.
Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Beyer. Als nächster hat sich für die Staatsregierung Herr Staatssekretär Spitzner zu Wort gemeldet. – Bitte schön, Herr Staatssekretär.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Dr. Beyer, ich darf Ihren letzten Satz aufgreifen und unterstreichen, der lautet, wir haben die große Chance, in gemeinsamer Zusammenarbeit das Beste daraus zu machen und einiges zu verhindern. Genau darum geht es. Es ist in der Tat ein Thema – Kollege Rotter hat das richtig dargestellt –, das aktueller, brennender und gewichtiger gar nicht sein könnte. Ich weiß, dass immer noch über die Zweckmäßigkeit einer Trennung von Netz und Betrieb diskutiert wird. Das ist vorbei. Die politische Entwicklung in den Bundestagsfraktionen und bei der Bundesregierung ist in eine andere Richtung gegangen. Wir haben leider auch festgestellt, dass es bei den Ländern keine einheitliche Meinung bezüglich dieser Frage gegeben hat.
Uns hat sich die Frage gestellt, ob man diesen Gesetzentwurf insgesamt ablehnen soll. Hierfür hätten wir, Kollege Rotter, keine Mehrheit gehabt. Oder sollten wir klaren Pragmatismus zeigen, der da heißt, wir müssen jetzt gemeinsam, ganz gleich, wie wir politisch gestrickt sind, mit einheitlicher Stimme der Länder versuchen, unsere Interessen durchzubringen?
Wir hatten in den letzten Wochen eine ganze Reihe von Verkehrsministerkonferenzen; ich habe an fast allen teilgenommen. Es war eindrucksvoll, dass die Länder, ganz gleich, welcher politischer Farbe, in den entscheidenden Fragen einer Meinung waren. Auf der Sonderverkehrsministerkonferenz am 25. September wurden insgesamt 21 entscheidende und wichtige Anliegen beschlossen, die meisten einstimmig. Bekanntlich fi ndet übermorgen eine Sitzung des Bundesrates statt. Hier sind die Beschlüsse der Verkehrsministerkonferenz eingebracht, und sie sind Gegenstand der Beratung.