Protocol of the Session on October 10, 2007

Herr Huber, wenn Sie sich für den guten Nahverkehr in Bayern loben, dann loben Sie eigentlich nicht sich, sondern die frühere rot-grüne Bundesregierung. Warum hat denn der Nahverkehr in Bayern so gut ausgebaut werden können? – Ganz einfach deshalb, weil Sie von Rot-Grün pro Jahr 117 Millionen Euro an Regionalisierungsmitteln für den Nahverkehr mehr bekommen haben, als dies unter der Vorgängerregierung Kohl der Fall war.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Jetzt wird das Geld bedauerlicherweise wieder gekürzt.

(Franz Maget (SPD): So schaut’s aus!)

Herr Kollege Wörner hat die gekürzte Busförderung angesprochen.

Noch ein letzter Gedanke. Sie sprechen immer gern von Polemik, da staune ich dann immer, denn eine derart polemische Debatte, wie Sie sie führen, haben wir bislang noch nicht geschafft. Wir sind zwar polemisch, kennen jedoch wenigstens die Fakten, während Herr Minister Huber relativ wenig davon zu kennen scheint.

Herr Minister, Sie haben vom Planfeststellungsverfahren gesprochen. Sie haben gesagt, die Kosten wüssten wir erst dann, das sagen Sie schon länger, wenn der Planfeststellungsbeschluss vorliegt. Erinnern wir uns doch einmal an die Debatte zum Flughafen Hof. Es gibt Bedingungen für einen positiven Planfeststellungsbeschluss. Eine wesentliche Bedingung dafür ist die Planrechtfertigung. Hinter der Planrechtfertigung ihrerseits stehen wiederum zwei Dinge, und zwar wird zum einen ein Verkehrsbedürfnis in zufriedenstellender Art und Weise gedeckt, und zum anderen steht da die Finanzierbarkeit. Beim Flughafen Hof wurde vom Luftamt Nord bemängelt – das Luftamt ist, soweit ich weiß, bei der Regierung Mittelfranken angesiedelt –, es fehle an einem Finanzierungskonzept und an der Finanzierbarkeit. Deshalb sei die Planrechtfertigung unzureichend und es werde kein Beschluss erteilt. Sie selbst haben das in einem Schreiben an Herrn Kollegen Christian Magerl vorgetragen. Doch hier drehen Sie das genau um und sagen: Jetzt kriegen wir erst einmal den Planfeststellungsbeschluss, und dann wissen wir, was es

kostet. Dann sorgen wir dafür, dass die Mittel vorhanden sind.

Das ist Ihre Beliebigkeit. So wollen Sie die Bevölkerung Bayerns mit einem Projekt beglücken, das kaum jemandem nutzt, aber sehr viel Geld wegnimmt, das in anderen Bereichen viel sinnvoller ausgegeben werden könnte. Wir haben diese Bereiche immer wieder in unseren Anträgen benannt.

Deshalb noch einmal unsere Bitte, unsere Aufforderung, Herr Minister Huber und Herr Ministerpräsident Dr. Beckstein – der Herr Ministerpräsident ist immer weg, wenn eine Aufforderung an ihn persönlich ergeht –: Stoppen Sie das Projekt möglichst schnell! Ziehen Sie möglichst schnell die Reißleine, damit nicht weitere Millionen – möglicherweise sogar noch mehr – für dieses Unsinnsvorhaben ausgegeben werden!

Vielen Dank, Herr Kollege. Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Franz Maget.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Vielleicht noch ein paar wenige Worte, weil hier so getan wird, als seien allein der Münchner Oberbürgermeister oder die Münchner SPD und die GRÜNEN, also eine kleine, verbohrte Minderheit, gegen dieses leuchtende Projekt. Wenn das so wäre, dann würden wir unseren Widerstand wahrscheinlich einstellen müssen, weil er von der Bevölkerung nicht getragen würde.

(Zuruf des Abgeordneten Engelbert Kupka (CSU))

Das Gegenteil ist der Fall, Herr Kupka. Allein wenn man sieht, wer gestern alles beisammensaß, um zu prüfen, was man noch gegen den Transrapid unternehmen kann: Das waren doch Ihre Bürgermeister aus dem Umland, die Bürgermeister mit dem CSU-Parteibuch in der Tasche. Diese Bürgermeister saßen da und sagten: Wir wollen alles tun, um diesen Unsinn zu verhindern. Verschweigen Sie das doch nicht! Unterschlagen Sie das doch nicht.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Die Mehrheit der Bevölkerung in der gesamten Region und die kommunalen Mandatsträger in der gesamten Region, egal, ob sie von der SPD, der CSU oder von den freien Wählern sind, wenden sich gegen dieses Projekt. Sie tun dies nicht, weil sie ideologisch verbohrt sind, sondern weil sie merken, dass sie von Ihnen nicht mit der ganzen Wahrheit bedient werden. Das ist der Hintergrund.

Herr Wirtschaftsminister Huber hat gerade so nebenbei gesagt, der Planfeststellungsbeschluss werde im Sommer, Mitte des nächsten Jahres, erwartet. Das ist deutlich später als alles, was ich bisher gehört habe.

(Franz Josef Pschierer (CSU): Es war immer von Anfang 2008 die Rede!)

Anfang 2008? – Jetzt hieß es, Mitte 2008. Das ist doch ein gewisser Unterschied. Denn zwischen dem Anfang des Jahres 2008 und dem Sommer des Jahres 2008 liegt nämlich ein Wahldatum, meine Damen und Herren!

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Komisch, gell! – Heiterkeit bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Zwischen Anfang 2008 und Sommer 2008 liegen die Kommunalwahlen, auch in dieser Region. Sie haben offenkundig überhaupt kein Interesse, die Entscheidung über den Transrapid noch vor den Kommunalwahlen zu treffen oder sich festzulegen. Sie wissen genau, dass Sie dann sehenden Auges in eine noch größere Wahlniederlage in der Region München stolpern würden. Deswegen, nur deswegen, ist die Forderung der CSU nach einer kompletten Untertunnelung der Strecke aufgetaucht.

Herr Wirtschaftsminister Huber, Sie haben gerade zwanzig Minuten geredet, doch Sie haben kein Wort darüber verloren, ob Sie diese aktuelle Forderung – dabei ist sie Gegenstand dieser Aktuellen Stunde – übernehmen wollen. Sie haben kein Wort darüber verloren, ob Sie eine Finanzierung dieses Vorschlages für realistisch erachten. Das haben Sie nicht gesagt, das hätte ich aber gerne von Ihnen gehört, denn das wollen die Münchnerinnen und Münchner wissen.

(Beifall bei der SPD)

Kriegen wir das, oder kriegen wir das nicht?

Nun noch ein paar Bemerkungen zur Express-S-Bahn. Wir dürfen nicht nur die Kosten zwischen der ExpressS-Bahn und dem Transrapid vergleichen, sondern wir müssen auch den Nutzen vergleichen, meine Damen und Herren. Der Transrapid nutzt nur denjenigen, wenn überhaupt, die vom Hauptbahnhof zum Flughafen wollen und umgekehrt. Die Express-S-Bahn hingegen stärkt das gesamte ÖPNV-System in der gesamten Region. Das ist doch der entscheidende Vorteil!

(Beifall bei der SPD)

600 000 Menschen fahren täglich in der S-Bahn der Region München. Mit einer Express-S-Bahn könnten sie sehr viel schneller bereits bestehende Umsteigemöglichkeiten nutzen. Das ist doch der entscheidende Vorteil: Eine schnellere Flughafenanbindung würde man auch dann bekommen, wenn man nicht vom Hauptbahnhof aus startet. Man hätte diese schnellere Verbindung auch an einer Schnittstelle, wo die U-Bahn auf die S-BahnStrecke trifft.

(Engelbert Kupka (CSU): Also ist das nur zum Nutzen von München und nicht zum Nutzen der Übrigen!)

Wieso ist das nur zum Nutzen von München, wenn ein Mitarbeiter der BMW AG mit einer Express-S-Bahn, die in Feldmoching hält, dann bis zum Flughafen durchfährt,

schneller den Flughafen erreicht als mit dem Transrapid, weil er sonst erst zum Hauptbahnhof hineinfahren muss, um mit dem Transrapid zum Flughafen hinauszufahren?

(Engelbert Kupka (CSU): Das stimmt doch nicht! Das ist doch nur auf die Interessen der Münchner aufgebaut! Das ist nicht im Interesse Bayerns!)

Das ist doch alles nicht logisch, meine Damen und Herren. Ich sage Ihnen deshalb, Herr Kupka, das Interesse der gesamten Region besteht in einer Ertüchtigung des Massenverkehrsmittels S-Bahn, das täglich von Hunderttausenden genutzt wird. Das ist der entscheidende Unterschied.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN – Engelbert Kupka (CSU): Sie argumentieren nur für München und für sonst gar nichts!)

Sehr geehrter Herr Kupka, gestern war bei der Besprechung im Münchner Rathaus ein großer Teil der CSUUmlandbürgermeister anwesend,

(Engelbert Kupka (CSU): Das ist doch Münchner Region!)

um sich dem Kampf gegen den Transrapid anzuschließen, und jetzt kommen Sie schon wieder daher und sagen: ausschließlich München. Stimmt nicht. Es wird Ihnen nicht gelingen, das zu einer ideologischen Auseinandersetzung zu stilisieren. Es ist die Frage der besseren Lösung, meine Damen und Herren,

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

größerer verkehrlicher Nutzen für weniger Geld. Das verstehen die Menschen. Nicht für null Geld, wie Herr Huber sagt. So bescheuert ist keiner von uns. Natürlich kostet auch die Express-S-Bahn Geld, aber weniger und sie bringt mehr verkehrlichen Nutzen.

(Engelbert Kupka (CSU): Das stimmt doch wirklich nicht! Das ist eine Bauernfängerei, die Sie hier betreiben!)

Es wird der Tag kommen, an dem Sie sehen müssen, dass wir recht haben, und an dem Sie zurückrudern werden. Das verspreche ich Ihnen.

(Beifall bei der SPD)

Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Pschierer.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich will mit ein paar Missverständnissen aufräumen, die im Lauf der Debatte aufgekommen sind.

Zunächst, Herr Kollege Dr. Runge, darf ich eines klarstellen. Wenn ich mich recht entsinne, haben Sie

behauptet, der Oberbürgermeisterkandidat der CSU der Landeshauptstadt München, Josef Schmid, habe sich vom Transrapid-Projekt verabschiedet. Ich empfehle Ihnen, die Haushaltsrede von Josef Schmid bei der Einbringung des Haushalts zu lesen. Er hat sich im Rahmen dieser Rede klar zu diesem Projekt bekannt. Es gibt keine Distanzierung der Münchner CSU und auch keine ihres Oberbürgermeisterkandidaten vom Transrapid. Das darf ich als Erstes festhalten.

Das Zweite, was das Thema Planfeststellungsverfahren angeht. Herr Maget, ich könnte Sie mir gut vorstellen, wie Sie hier vorne stehen und Herrn Staatsminister Huber und der CSU vorwerfen, wir würden alles ausnutzen und alle möglichen Druckmittel einsetzen, um das Planfeststellungsverfahren zu beschleunigen. Das geht aber seinen ganz ordnungsgemäßen Gang und wird im Jahr 2008 abgeschlossen.

Drittens. Herr Maget, das war provinziell. Das war eines Landespolitikers nicht würdig, wenn Sie sagen, bei der Express-S-Bahn kann der Fahrgast in Feldmoching noch zusteigen. Dafür brauchen wir keine Express-S-Bahn. Das kann er jetzt auch schon.

(Beifall bei der CSU)

Argumentieren Sie nicht als Stadtpolitiker, sondern als Landespolitiker. Sie sind im Bayerischen Landtag und nicht im Münchner Stadtrat.

Viertens. Sie wollen den Leuten draußen immer erklären, der Transrapid sei ein Prestigeobjekt für München, und für das fl ache Land passiere nichts. Ich darf, wenn ich die schwäbischen Kollegen sehe, an folgende Maßnahmen erinnern: Mobilitätsdrehscheibe Augsburg, Ausbau Trambahn, auch an den Ausbau S-Bahnnetz Nürnberg. Ich darf an die Münchner Kollegen appellieren, an den Ausbau der S 7, Geretsried und andere Bereiche zu denken. Der Freistaat Bayern nimmt viel Geld in die Hand, um die SBahnen im Freistaat auszubauen, und investiert auch viel Geld in den öffentlichen Personennahverkehr, viel mehr als alle anderen Bundesländer. Oder nennen Sie mir ein Bundesland, das in der Fläche mehr ausgegeben hat als wir.

Fünftens. Thema Finanzierung. Herr Maget, Sie haben wieder so schön die 1,85 Milliarden Euro in den Raum gestellt und gefragt: Wie wird es denn werden? Die Dinge liegen doch klar auf dem Tisch. Das Planfeststellungsverfahren läuft derzeit. Dann gibt es einen Planfeststellungsbeschluss, dann wird der Liefer- und Leistungsumfang defi niert, und dann gibt es Ausschreibungen. Dann werden die DB AG und das Konsortium zum Festpreis anbieten. Dann ist der Punkt gekommen, wo Sie im Bayerischen Landtag wieder anfangen können, über dieses Thema zu diskutieren.