Protocol of the Session on October 10, 2007

Fünftens. Thema Finanzierung. Herr Maget, Sie haben wieder so schön die 1,85 Milliarden Euro in den Raum gestellt und gefragt: Wie wird es denn werden? Die Dinge liegen doch klar auf dem Tisch. Das Planfeststellungsverfahren läuft derzeit. Dann gibt es einen Planfeststellungsbeschluss, dann wird der Liefer- und Leistungsumfang defi niert, und dann gibt es Ausschreibungen. Dann werden die DB AG und das Konsortium zum Festpreis anbieten. Dann ist der Punkt gekommen, wo Sie im Bayerischen Landtag wieder anfangen können, über dieses Thema zu diskutieren.

Sie haben auch noch einmal den Nutzen-Kosten-Faktor angesprochen. Der Transrapid – das ist nachgewiesen, das ist keine Erfi ndung der Staatsregierung oder der CSU-Fraktion – hat den höheren Nutzen-Kosten-Faktor, das bessere Verhältnis, nämlich bis zu 2,5. Zu den

Münchner Kollegen sage ich: Wir sind gespannt, wie das Nutzen-Kosten-Verhältnis bei der zweiten Stammstrecke aussieht. Auf jeden Fall wird es nicht so gut sein wie beim Transrapid. Ein Punkt, lieber Herr Dr. Runge, lieber Herr Maget, ist mir besonders wichtig: Es kann doch keiner ernsthaft erwarten, dass man in der Landeshauptstadt München zwei Rad-Schiene-Konzepte parallel fi nanziert und baut, nämlich die zweite Stammstrecke und das Wunschkind des Münchner Oberbürgermeisters, die Express-S-Bahn. Das wird es nicht geben.

Darum werfe ich Ihnen vor, dass Sie Ihrer Verantwortung als Vertreter der Landeshauptstadt nicht gerecht werden. Es gibt bislang kein schlüssiges Konzept des Münchner Oberbürgermeisters, wie er dieses Problem lösen will. Bisher kommt von Herrn Ude nur Schall und Rauch, nicht mehr und nicht weniger. Ich erwarte von Ihnen, dass Sie entweder Ihren Widerstand aufgeben oder ein schlüssiges Konzept vorlegen.

Der allerletzte Punkt: Herr Staatsminister Erwin Huber hat sehr sauber vorgerechnet, dass das, was Sie wollen, eindeutig zulasten des ländlichen Raumes geht, sowohl was die Finanzierung der S-Bahn-Strecke wie auch was den Betrieb, das Bestellen jeden Kilometers angeht. Deswegen sind wir nicht bereit, auf Ihre Winkelzüge einzugehen. Wir bleiben beim Thema Transrapid und hoffen, dass wir das durchsetzen können, gemeinsam mit den Partnern Deutsche Bahn AG und Industriekonsortium. Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CSU)

Jetzt hat sich Herr Minister Huber noch einmal zu Wort gemeldet.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, ich habe den Eindruck, nach meinen Erläuterungen ist Ihnen ziemlich der Dampf ausgegangen.

(Johanna Werner-Muggendorder (SPD): So kann man sich überschätzen!)

Ich möchte nur noch auf drei Fragen eingehen.

Erstens. Sie brauchen uns nicht zu unterstellen, wir würden den Zeitpunkt des Planfeststellungsbeschlusses in irgendeiner Weise manipulieren. Herr des Verfahrens ist das Eisenbahn-Bundesamt, eine Bundesbehörde, die dem Bundesverkehrsminister untersteht, der natürlich ebenfalls materiell rechtlich nicht eingreifen darf. Er könnte es formell und vom Verfahren her, aber ich habe keine Zweifel, dass das Eisenbahn-Bundesamt korrekt arbeitet. Uns ist vor Kurzem gesagt worden: In dem Moment, wo alle Unterlagen aus den Erörterungsterminen vorliegen, braucht man noch ein halbes Jahr. Wenn ich also von jetzt an rechne, sind wir schon bei März/April. Derzeit habe ich gesagt: bis Mitte 2008. Wenn es früher ist, ist es recht. Aber dieser Beschluss ist eigentlich unabhängig von Wahlterminen in Bayern.

Zweitens. Sie haben gesagt, ich hätte nichts über andere Tunnellösungen in München gesagt. Das ist unzutreffend. Ich habe gesagt, dass ich volles Verständnis habe, wenn von Anliegern, auch von Lokal- und Stadtpolitikern, solche Forderungen erhoben werden. Herr des Verfahrens ist hier der Antragsteller, die Magnetbahn-Gesellschaft mbH, eine 100-prozentige Tochter der Bahn. Das heißt, die Antragstellung für dieses Verfahren kommt nicht vom Freistaat Bayern, sondern von einer Bahntochter. Dieses Verfahren wird nach Recht und Gesetz durchgeführt und wird natürlich auch nach den geltenden gesetzlichen Regeln zu einem Abschluss gebracht werden. Dass man da unterschiedlicher Meinung sein kann, das beweisen Sie doch mit jeder Wortmeldung, und das kann man auch den Kollegen der CSU zugestehen.

Drittens. Die Behauptung, da hätten doch die Münchner Bürger nichts davon oder die, die im Bereich des MVV leben, ist schon entlarvend.

(Franz Maget (SPD): Das hat noch niemand behauptet!)

Das hieße nämlich, man rechnet nur mit dem Nutzen der Bürger der Landeshauptstadt München. Aber der Flughafen München und die Zubringersysteme auf Straße und Schiene sind für das gesamte System wichtig und nicht nur für die Landeshauptstadt München. Dass man im Rathaus so denkt, ist schlimm genug.

(Franz Maget (SPD): Ich habe gesagt, der Transrapid nutzt nur denen, die vom Hauptbahnhof zum Flughafen wollen!)

Die Behauptung ist dennoch falsch und deshalb habe ich mich noch einmal gemeldet. Die vorliegenden Expertisen gehen davon aus, dass 50 % der Fahrgäste des Transrapids über die Fernbahn kommen. Das heißt, damit wird das System Eisenbahn in Bayern insgesamt gestärkt und attraktiver gemacht. Eigentlich höre ich doch immer von der linken Seite dieses Hauses, man müsse mehr tun für den öffentlichen Schienennahverkehr. Jetzt tun wir etwas, wollen die gesamten Zulaufstrecken hierher attraktiver machen, weil viele Bürger sagen, dann komme ich ganz bequem zum Flughafen, ohne dass ich lang suchen muss, wo der Bahnsteig für die S-Bahn ist, wann fährt sie, und dann bin ich in 40 Minuten dort, sondern ich habe einen schnellen, bequemen Zugang.

Das ist für die Attraktivität des Transrapids gegenüber dem Auto ungeheuer wichtig. 50 % der Fahrgäste kommen über die Fernbahn. Die Berechnungen gehen aber noch weiter. Von über 71 % aller MVV-Haltestellen, Herr Kollege Maget, wird man bei Kombination von UBahn, S-Bahn und Transrapid um 15 Minuten schneller beim Flughafen sein als nur mit dem S-Bahn System. Das heißt also, auch Bürgerinnen und Bürger der Landeshauptstadt München werden profi tieren, wenn Sie die Kombination nehmen.

(Zuruf des Abgeordneten Ludwig Wörner (SPD))

Sie können alle diese Berechnungen haben. Da bin ich ganz unpolemisch. Diese Berechnungen habe auch nicht ich gemacht, sondern diese haben Fachleute durchgeführt. Die Fachleute haben ausgerechnet, dass man von 71 % der Haltestellen 15 Minuten früher zum Flughafen kommt. Das können natürlich nie 100 % sein; denn wer nicht weit vom Flughafen entfernt wohnt, der ist mit der S-Bahn schneller dort. Aber von 71 % der Haltestellen ist man in der Kombination mit dem Transrapid 15 Minuten schneller beim Flughafen als mit dem jetzigen System. Die Behauptung des Kollegen Maget, es würden weite Teile der Landeshauptstadt München nicht davon profi tieren, ist durch Fachleute widerlegt.

Zusammengefasst meine Damen und Herren: Wenn der Transrapid scheitern würde – nehmen wir diese Hypothese –, davon bin ich überzeugt, wäre das nicht nur ein gewaltiger technologischer Rückschlag für Deutschland. Ich höre, dass man im Moment daran geht, in China die dortige Transrapidstrecke zu verlängern mit dem Argument, dass man jetzt auch in Deutschland daran ginge, den Transrapid zu bauen. Darum ist das Argument heute nicht mehr von Ihnen gekommen. Ich stütze mich auch nicht im Wesentlichen darauf. Aber ich sage ganz deutlich: Wenn wir nicht in der Lage sind, die in Deutschland erfundene Technologie auch im eigenen Land einzusetzen, dann werden wir Märkte verschenken, und dann entstehen die Arbeitsplätze in China. Ich möchte, dass sie in Bayern und in Deutschland entstehen.

(Beifall bei der CSU)

Herr Minister, vielen Dank. Es liegen mir keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Damit ist die Aktuelle Stunde beendet.

Liebe Kollegen und Kolleginnen! Frau Vizepräsidentin Barbara Stamm hat zu Beginn dieser Sitzung über das gestrige Gespräch über den vor drei Monaten entführten Bauingenieur Rudolf Blechschmidt berichtet. Hierzu kann ich folgendes mitteilen: Über die Nachrichtenagenturen laufen seit einigen Minuten die Eilmeldungen, dass der seit drei Monaten entführte Bauingenieur Rudolf Blechschmidt freigekommen ist.

(Allgemeiner Beifall)

Inzwischen gibt es dazu auch eine offi zielle Bestätigung. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier hat soeben entsprechende Berichte diplomatischer Kreise in Kabul bestätigt. Steinmeier sagte dazu: „Darüber sind wir froh und erleichtert“.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, dem schließe ich mich in Ihrem Namen und im Namen der bayerischen Bevölkerung an. Wir freuen uns mit Rudolf Blechschmidt, seiner Familie und seinen Freunden. Wir hoffen, dass er möglichst bald in seine bayerische Heimat hier bei München zurückkehrt und dass er Ruhe fi ndet, um die Erlebnisse der Gefangenschaft physisch und psychisch zu verarbeiten. Vielen Dank.

(Allgemeiner Beifall)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 auf:

Beratung der zum Plenum eingereichten Dringlichkeitsanträge

Hierzu teile ich mit, dass zu den beiden ersten Dringlichkeitsanträgen namentliche Abstimmung beantragt worden ist. Ich bitte, das bekannt zu geben.

Zur gemeinsamen Behandlung rufe ich auf:

Dringlichkeitsantrag der Abg. Margarete Bause, Dr. Sepp Dürr, Maria Scharfenberg u. a. u. Frakt. (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Entschädigung der Kommunen für Aussetzung des Bügergeldes (Drs. 15/8994)

Dringlichkeitsantrag der Abg. Franz Maget, Jürgen Dupper, Hans-Ulrich Pfaffmann u. a. u. Frakt. (SPD) Bayern, aber gerechter Lernmittelfreiheit wieder herstellen – Kein Schwarzer Peter an die Kommunen (Drs. 15/8996)

Ich eröffne die Aussprache. Erste Wortmeldung: Frau Kollegin Tolle, bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Um eine gute Überleitung vom Transrapid zu fi nden, ist für mich vielleicht ein Satz angebracht, der lautet: Wir wollen das Geld nicht auf die Schiene schmeißen, sondern in die Köpfe stecken. Deshalb hätte ich die 1,85 Milliarden Euro viel lieber für den Bildungsbereich.

(Beifall bei den GRÜNEN)

In den Köpfen angelegt, sind sie eine bessere Investition, weil unsere Kinder, wenn sie später Wissenschaftler werden, etwas daraus machen können.

Ich möchte jetzt aber zum Büchergeld kommen. Das Büchergeld ist sozial ungerecht für die Schülerinnen und Schüler in Bayern. Büchergeld ist ein Musterbeispiel für unsinnige Bürokratie. Herr Kollege Rotter hat vorhin gesagt, wir würden hier nur über Transrapid und Büchergeld oder über mehr Lehrer reden. Das ist richtig, Herr Kollege Rotter, aber es ist auch richtig, dass manche Menschen mehrere Wiederholungen brauchen, um einen Lernprozess dauerhaft zu speichern. Die Damen und Herren der CSU haben zwei Jahre gebraucht. Ich kann Ihnen zur Erkenntnis, das Büchergeld abzuschaffen, nicht gratulieren; denn die Leidtragenden Ihrer Langsamkeit waren die Eltern, denen Sie das Geld aus der Tasche gezogen haben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es waren die Lehrkräfte, die wertvolle Zeit für das Einsammeln des Büchergeldes aufbringen mussten, die sie besser in den Unterricht investiert hätten.

(Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN)

Die Leidtragenden waren auch die Kommunen, die mit einem erheblichen Verwaltungsaufwand unter dem Joch Ihres Bürokratiemonsters gelitten haben.

Kollege Eisenreich hat in der jüngsten Sitzung des Bildungsausschusses gesagt, die CSU habe sich nun einen fi nanziellen Spielraum erarbeitet. Mir liegt daran – noch einmal –, auch hier in diesem Haus zu sagen: Nicht Sie haben diesen Spielraum erarbeitet, sondern die bayerischen Eltern haben in den letzten beiden Jahren Ihre Aufgabe erfüllt, Herrn Kollege Eisenreich, und den Büchergeldbestand an den bayerischen Schulen aufgefrischt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Beckstein – Herr Ministerpräsident Beckstein –, Sie sind ja schon mit einer Zitatensammlung – –

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Ganz genau, erstmal Ruhe im Karton! Herr Kollege Brunner, es wird nicht geschwätzt! –

Herr Ministerpräsident Beckstein ist mit einer Zitatensammlung schon im Internet. Ein Zitat ist: „Das Tolle am politischen Leben ist, dass sich die Dinge in Windeseile ändern können“. – Genau.

Dazu möchte ich Ihnen Ihre ungeheure Wandlungsfähigkeit vorhalten. In der jüngsten Sitzung des Bildungsausschusses gab es einen GRÜNEN-Antrag, das Büchergeld auszusetzen. An diesem Donnerstag waren Sie noch der Meinung, dass es nicht ohne Büchergeld gehen könne, dass verfassungsmäßige Dinge zu beachten seien. Das heißt, das bayerische Parlament hat in seiner Vertretung durch den Bildungsausschuss gegen eine Aussetzung des Büchergeldes gestimmt. Wie die „Windeseile“ aussieht, konnte man am Freitag darauf sehen; gegen den ausdrücklichen Beschluss seiner eigenen Leute im Bildungsausschuss vereinbarte der Minister mit den kommunalen Spitzenverbänden, das Büchergeld auszusetzen. Da hätten Sie gleich unserem Antrag zustimmen können.

(Beifall bei den GRÜNEN)