Herr Präsident, Hohes Haus! Die Reform der bayerischen Hochschulen geht im Rahmen dieser Legislaturperiode, was die Gesetzgebung angeht, ihrem Ende entgegen.
Die Einführung von Studienbeiträgen – so hat es eine intensive Debatte im Hochschulausschuss in der vergangenen Woche gezeigt – ist ein Erfolgsmodell. Die Akzeptanz ist groß. Die Mitwirkung der Studierenden in den entsprechenden Gremien, die die Verwendung der Beiträge für die Hochschulen festlegen, ist intensiv, und wir können mit Fug und Recht darlegen, dass die Sozialverträglichkeit der Einführung von Studienbeiträgen gegeben ist.
Ein Indiz dafür ist die sehr geringe Inanspruchnahme der entsprechenden Darlehensmodelle, zu deren Absicherung der sogenannte Sicherungsfonds durch das Hochschulgesetz eingerichtet wurde. Der Sicherungsfonds sieht bis dato vor, dass ein Anteil von 10 % am Aufkommen aus den Studienbeiträgen thesauriert wird, um Ausfallrisiken abzusichern. Dies ist eine sehr starre Regelung, die nur durch Gesetzesänderung angepasst werden könnte. Eine erste Überprüfung ist für 2012 vorgesehen; danach soll ein Dreijahresrhythmus folgen.
Wir sind der Meinung, dass eine solche, auf Perspektive angelegte Gesetzgebung durchaus im Lichte der Inkraftsetzung der Studienbeiträge und der Entwicklung betrachtet werden sollte. Wir sind der Meinung, dass eine fl exiblere Handhabung durch die Administration, durch das Wissenschaftsministerium ermöglicht werden sollte.
Es zeigt sich, dass die 10 % auch auf mittlere Frist nicht notwendig sein werden, um die Ausfallrisiken abzusichern. Wir unterbreiten deshalb dem Hohen Hause den Vorschlag, das Wissenschaftsministerium mittels einer Verordnungsermächtigung in den Stand zu setzen, eine der Entwicklung angepasste und nicht durch den großen Aufwand einer Gesetzesänderung notwendige Anpassung dieses Hebesatzes ins Werk zu setzen. Die Möglichkeit, dies durch eine Rechtsverordnung zu tun, erlaubt eine Abweichung von diesem Prozentsatz nach unten, falls die Prognose über die möglichen Ausfallrisiken nach oben gehen sollte. Die Möglichkeit, den Prozentsatz von 10 % zu verwirklichen, sollte bestehen bleiben. Wir wollen aber zu einer Verringerung kommen und damit letztlich einen größeren Teil des Aufkommens an Studi
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Spaenle, bereits im Ausschuss habe ich Ihnen gesagt: Auch wenn Sie noch so oft sagen, die Einführung von Studiengebühren sei ein Erfolgsmodell, gilt, dass allein diese Behauptung das Modell nicht zu einem Erfolgsmodell macht.
Sie begründen Ihre Behauptung bezüglich dieses Erfolgsmodells damit, die Mitwirkung der Studierenden sei groß. Die Mitwirkung der Studierenden ist tatsächlich groß. Das Interesse der Studierenden daran, wie die Studienbeiträge verwendet werden, ist äußerst groß. Hochschulen wollten die Studienbeiträge teilweise nämlich nicht im Sinne der Studierenden verwenden.
Es ist aber auch so, dass die Studierenden gar keine andere Möglichkeit haben als mitzuwirken, um dafür zu sorgen, dass mit dem Geld nicht Baumaßnahmen und Ähnliches fi nanziert werden. Dies wissen Sie genauso gut wie ich. Daraus die Behauptung eines Erfolgsmodells abzuleiten ist wirklich widersinnig.
Worum handelt es sich, und warum lehnen wir es ab? – Der Sicherungsfonds ist ein Fonds, der die Darlehen der Studierenden absichern soll, die ihre Darlehen nicht zurückzahlen können. Wir sind der Meinung, dass das ein entscheidender Bestandteil des ganzen, sehr unsinnigen Konstrukts der Studiengebühren ist.
Unser Nein zu den Studiengebühren bleibt natürlich bestehen, weil sie unsozial und ungerecht sind und Bildung kostenfrei sein soll. Damit sagen wir auch ein klares Nein zum Sicherungsfonds und dessen Veränderungen.
Wer in der Bildungspolitik in Bayern tatsächlich zukunftsfähig sein will, muss bei Bildung und Ausbildung dafür sorgen, dass er nicht soziale Auslese betreibt und dass Bildung tatsächlich als das erkannt wird, was sie ist, dass nämlich von ihr die Zukunft dieses Landes abhängt. Sie messen – das hat die Debatte zuvor gezeigt – aber der Bildung einen sehr geringen Stellenwert zu. Es kann ja wohl nicht sein, dass für die Unterfi nanzierung der Hochschulen die Studierenden verantwortlich gemacht werden.
Nun zu der Frage, warum Sie diesen Gesetzentwurf heute überhaupt einbringen. Ich fi nde es sehr bemerkenswert,
dass die Popularklage, die von den Studierenden eingereicht wurde, schon einen großen Erfolg hat. Denn auch Ihnen machen die Argumente zur Verfassungswidrigkeit der Studiengebühren und insbesondere des Sicherungsfonds offensichtlich so viel zu schaffen, dass Sie der Ansicht waren, das Gesetz ändern zu müssen. Ich fi nde, das ist zunächst einmal ein Erfolg – wenn auch kein umfassender – der Studierenden, die sich gewehrt haben, und derjenigen, die dies unterstützt haben; dies waren die Fraktionen der SPD und der GRÜNEN.
Auch muss man immer wieder feststellen, dass das Wissenschaftsministerium juristisch anscheinend kein glückliches Händchen hat. Ich denke dabei einige Jahre zurück. Das Wissenschaftsministerium war nicht einmal in der Lage, eine ordnungsgemäße Rechtsverordnung zu den Zweitstudiengebühren zu erlassen. Der Verwaltungsgerichtshof in Bayern hat die Rechtsverordnung nämlich als rechtswidrig aufgehoben, weil er der Auffassung war, dass diese Rechtsverordnung die Zweitstudiengebühren so nicht regeln konnte.
Ich bin guter Hoffnung, dass der Bayerische Verfassungsgerichtshof eine ähnliche Entscheidung hinsichtlich der Studiengebühren und insbesondere des Sicherungsfonds treffen wird. Dass Sie den Sicherungsfonds jetzt heruntersetzen und fl exibler machen, macht das Gesamtkonstrukt nicht besser. Die Gelder, die in den Sicherungsfonds fl ießen, sind eine Sonderabgabe. Eine Sonderabgabe setzt voraus, dass es eine Gruppenverantwortung gibt. Das heißt, jeder Studierende und jede Studierende, der oder die Geld in den Sicherungsfonds zahlen muss, ist mitverantwortlich dafür, dass Einzelne ihre Darlehen möglicherweise nicht zurückzahlen können. Darüber sollten Sie sich doch noch einmal Gedanken machen. In ideologischer Hinsicht würden vielleicht sogar wir nicht einmal so weit gehen, zu sagen: Alle Studierenden sind für diejenigen verantwortlich, die die Kredite nicht zurückzahlen können. Da kann man doch wohl nicht zu einer Gruppenverantwortung übergehen, wie es ganz ausführlich in dem Gutachten von Herrn Kronthaler dargestellt wurde. Auf den Gedanken müssten eigentlich auch Sie langsam kommen.
Nun zu der Frage: Warum nehmen nur 2 % der Studierenden das Darlehen überhaupt in Anspruch? Da gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder sind die Studierenden in Bayern so wohlhabend, dass sie ein Darlehen kaum brauchen. Das führt dann aber auch zu der Frage, was an Ihrem System hier nicht stimmt. Wenn es wirklich so ist, dass die Studierenden in Bayern so wohlhabende Eltern haben, dass sie das Darlehen nicht in Anspruch nehmen müssen, dann ist das ein Beleg für die extreme soziale Auslese und dafür, dass Kinder von Eltern, die wenig Geld haben, einfach nicht studieren können.
Die andere mögliche Erklärung ist: Diejenigen, die das Darlehen aus fi nanziellen Gründen aufnehmen müssten,
wählen diesen Weg nicht. Das Darlehen ist immerhin mit 6 % zu verzinsen. Die Rückzahlungsmodalitäten sind unangenehm. Und die Folge ist, dass man nach seinem Examen ordentlich verschuldet ist. Das trifft dann genau diejenigen, deren Eltern sich den Aufwand für das Studium nicht leisten können.
Sie gehen damit also einen Weg, von dem man sagen muss: Diejenigen, die das nötige Geld nicht haben, müssten ein Darlehen aufnehmen, um am Ende des Studiums mit Schulden dazustehen. Demgegenüber sind diejenigen, die über genügend Geld verfügen, am Ende des Studiums schuldenfrei und können so ihre berufl iche Laufbahn beginnen.
Zuletzt komme ich zu dem Bericht des Wissenschaftsministeriums über die Studiengebühren. Ich habe selten etwas derart Oberfl ächliches gelesen. Es wurden zahlreiche Hochschulen ausgelassen. Es wurde nicht im Detail dargelegt, was mit den Studiengebühren an den Hochschulen passiert. Man konnte wirklich nur einen ersten, sehr knappen Überblick bekommen. Ich erwarte, dass im Herbst hier eine ordentliche Auswertung dessen, was an den Hochschulen stattfi ndet, vorgelegt wird. Ich erwarte, dass der Wissenschaftsminister dann anwesend ist. Es wäre sicherlich möglich gewesen, diesen oberfl ächlichen Bericht eine oder zwei Wochen vorher zu geben, damit der Minister anwesend sein könnte. Denn Studiengebühren sind doch eine zentrale Angelegenheit dieses Parlaments. Es geht nicht an, mit dem Parlament so umzugehen, dass man auf der einen Seite behauptet, Studiengebühren seien ein ganz wichtiger Punkt, während man auf der anderen Seite einen oberfl ächlichen Bericht gibt und dann nicht anwesend ist. Ich hoffe sehr, dass alles im Herbst nachgeholt wird.
Im Übrigen bleibt nur – ich denke, da spreche ich auch für die GRÜNEN und für die SPD-Fraktion –, der Popularklage äußerst viel Erfolg zu wünschen. Wir hoffen, dass Bayern über diesen Weg zur Vernunft kommt.
Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ein Jahr nach Inkrafttreten des Hochschulgesetzes, mit dem Sie in Bayern allgemeine Studiengebühren eingeführt haben, stellen wir GRÜNE fest: Studiengebühren verschärfen die bestehende Bildungsungerechtigkeit in diesem Land. Die aktuelle Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks hat kürzlich wieder schmerzhaft und deutlich belegt, dass unser Bildungssystem von hoher Selektivität geprägt ist und dass in diesem Land vor einem Hochschulstudium hohe
Sie hat gezeigt, dass Bildung und insbesondere Hochschulbildung in diesem Land vom Geldbeutel der Eltern abhängig ist.
An unseren Hochschulen – das haben wir eben schon gehört, und das kann ich nur unterstreichen – studieren in großer Mehrzahl die Kinder der reichen und wohl situierten Familien. Ihre Politik hat bisher nichts dazu beigetragen, das zu ändern. Im Gegenteil: Mit den Studiengebühren haben Sie eine weitere Hürde vor die Hochschulbildung gesetzt. Sie werden die Quittung dafür bekommen. Leider werden wir sie alle bekommen und das ausbaden müssen, was Sie anrichten. Die Studierwilligkeit der Studienberechtigten nimmt nämlich ab. Sie sind mit dem Hochschulgesetz unserem gemeinsamen Ziel – jedenfalls haben Sie immer gesagt, es sei auch Ihr Ziel –, mehr junge Menschen an unseren Hochschulen gut zu bilden und gut auszubilden, keinen Schritt näher gekommen.
Wir können außerdem ein Jahr nach Inkrafttreten des Hochschulgesetzes und nach der erstmaligen Erhebung der Studiengebühren feststellen, dass erstens die Studierenden nun das fi nanzieren müssen, wozu Sie in den letzten 20 Jahren nicht ausreichend Geld gegeben haben: Hörsaalausstattung, Bibliotheken, eine moderne IT-Struktur, kleinere Umbauten, Maßnahmen zur Gleichstellung von Behinderten – das ist eine gesetzliche Verpfl ichtung; dafür müssen jetzt die Studierenden zahlen –, Verbesserung der Kinderbetreuung an Hochschulen, Personal für die Lehre, Praktikumsausstattung usw. Das alles sind Dinge, für die der Staat zuständig gewesen wäre und für die Sie Geld hätten geben müssen.
Es ist mitnichten das Sahnehäubchen, das das Studieren in Bayern so viel besser machen würde. Es ist nicht zu erkennen, dass die Einnahmen aus den Gebühren tatsächlich zur Verbesserung der Studienbedingungen in der Weise beitragen, wie Sie es immer versprochen haben. Die Einnahmen sind zum Stopfen der Löcher da, die Sie aufgerissen haben.
Wir stellen zweitens fest, dass mit den Gebühren, wenn alles gut geht, gerade einmal der Status quo gehalten werden kann. Das wurde allzu deutlich, als Sie, Herr Minister, kürzlich die Ausbaupläne für die Hochschulen vorlegten. „Nulllinie 2005“ haben Sie das genannt. Wir erinnern uns: 2004 haben Sie mächtig gekürzt. Also das ist die Nulllinie, von der Sie jetzt ausgehen. Das ist der Zustand an den Hochschulen, den wir in den nächsten Jahren zementieren sollen. Es soll nicht mehr schlechter
werden. Das bedeutet im Klartext, dass die Studierenden jetzt zahlen, damit es nicht schlechter wird, nicht aber, damit es besser wird, wie Sie immer versprochen haben. Wir stellen drittens fest, dass die Studierenden eben nicht paritätisch an der Entscheidung über die Verwendung der Einnahmen aus Studiengebühren beteiligt werden. Wir stellen viertens fest, dass die Verwaltungskosten zu hoch sind und dass zu viele Mittel in zentrale Aufgaben der Hochschule fl ießen. Wir stellen fünftens fest, dass der Sicherungsfonds ein Unsinn und wahrscheinlich verfassungswidrig ist.
Um diesen Sicherungsfonds kümmern Sie sich jetzt mit diesem Gesetzentwurf. Doch anstatt ihn gleich ganz abzuschaffen, wollen Sie ihn nur früher überprüfen und die Höhe der Abführungen in Zukunft per Verordnung regeln. Erkennen Sie doch wenigstens, dass das ganze Konstrukt keinen Sinn ergibt. Erkennen Sie doch endlich, dass der Sicherungsfonds zur Absicherung der Studienkredite nichts zur Sozialverträglichkeit der Gebühren beiträgt. Es gibt keine sozialverträglichen Studiengebühren. Die betroffenen Studierenden nehmen die Studienkredite nicht an, weil sie im Kern die soziale Ungerechtigkeit noch verschärfen. Das spüren die, die betroffen sind, ganz genau, nur Sie sind auf diesem Auge blind. Die geringe Nachfrage nach Krediten, die Kritik am Sicherungsfonds, die Mängel bei der Umsetzung und Verwendung der Studiengebühren – das alles sollte Ihnen Zeichen genug sein, um zu erkennen, dass Sie mit dem Einstieg in die Privatfi nanzierung von Bildung und die Ökonomisierung der Hochschulen den falschen Weg eingeschlagen haben. Die ganze Richtung ist falsch.
Wir halten nach wie vor Studiengebühren grundsätzlich für falsch, und deshalb lehnen wir auch diesen Gesetzentwurf ab.
Schaffen Sie die Studiengebühren wieder ab. Bauen Sie den Hochschulstandort nachhaltig aus, und sorgen Sie dafür, dass in Bayern mehr junge Menschen eine gute Hochschulbildung erhalten können. Das ist die beste Investition in unsere Zukunft und in die Zukunft dieses Landes.