Um ein Missverständnis gleich auszuräumen: Es geht um eine Autobahn, nicht, wie immer verharmlosend gesagt wird, um die B 303 neu, also eine Bundesstraße. Die Planungen für die B 303 neu sehen Ausbauquerschnitte vor, wie wir sie bei der A 93 sehen können. Vom Ausmaß her ist das, was da geplant wird, nichts anderes als eine Autobahn. Wer in Kenntnis des Vorhabens von einer
Bundesstraße spricht, will die Bevölkerung täuschen. Es gibt viele gute Gründe, keine Autobahn durch das Fichtelgebirge zu bauen. Die wichtigsten werde ich Ihnen nennen. Sie betreffen den Bedarf, die Ökologie und die Wirtschaft.
Erstens. Es besteht kein Bedarf für diese Straße. Das Fichtelgebirge ist mit Straßen bestens erschlossen.
Ein Blick auf die deutsche Autobahnkarte belegt dies. Der Naturpark Fichtelgebirge wird bereits jetzt von drei Autobahnen, der A 9, der A 72 und der A 93, richtig eingeschnürt. Kein Ort im Fichtelgebirge ist weiter als 20 km von einer Autobahn entfernt. Die Autobahndichte ist hier eine der höchsten in ganz Deutschland. Daneben gibt es drei West-Ost-Bundesstraßen, die B 289, die B 303 und die B 22, die derzeit mit großem fi nanziellem Aufwand punktuell ausgebaut werden. Wer gebetsmühlenartig wiederholt, es fehle in diesem Raum eine leistungsfähige Ost-West-Verbindung, der kann noch nicht im Fichtelgebirge gewesen sein und hat wohl noch keinen Blick in die Straßenkarten geworfen. Für diese Autobahn besteht kein verkehrlicher Bedarf.
Im Jahr 2000 ging man mit Blick auf die bevorstehende EU-Erweiterung davon aus, dass der Verkehr im Fichtelgebirge dramatisch zunehmen würde. Heute können wir aber eindeutig feststellen: Diese Befürchtungen haben sich nicht bewahrheitet. Die Verkehrszahlen sind weit hinter dem zurückgeblieben, was vorausgesagt wurde. Das ist auch gut so. Das sollte uns eigentlich freuen. Die Verkehrsbelastung auf der B 303 liegt nach den aktuellen Zählungen des Jahres 2005 bei 6000 Fahrzeugen. Wissen Sie, wieviel das für eine Bundesstraße ist? Fast nichts. Bundesstraßen befahren in der Regel im Schnitt 8000 Fahrzeuge. Viele Straßen durch Wohngebiete haben eine höhere Verkehrsbelastung als diese Bundesstraße mit 6000 Fahrzeugen inklusive Schwerlastverkehr. Dafür wollen Sie eine Autobahn bauen? Die Verkehrsbelastung hat seit 1993 abgenommen. Wir liegen in Teilbereichen jetzt bei Werten von 1985. Der Verkehr nimmt ab, er nimmt im Fichtelgebirge nicht zu. Das Fichtelgebirge erstickt nicht im Straßenverkehr. Die Verkehrszahlen im Fichtelgebirge rechtfertigen keinen Autobahnausbau.
Das war schon im Jahr 2000 so, und das gilt auch heute noch vor allem vor dem Hintergrund der neuesten Entwicklungen. Es ist zu erwarten, dass die A 6 die Region weiter entlasten wird. Die Tschechische Republik hat längst Abstand davon genommen, vom Grenzübergang Schirnding aus eine Autobahn nach Prag zu bauen. Hören Sie gut zu. Wer das immer noch behauptet, der weiß nicht, was die Realität ist. Wer heute noch behauptet, wir müssten die Autobahn bauen, weil die Tschechen auf ihrer Seite schon am Bauen wären oder weil sie bauen
würden, der war schon lange nicht mehr dort. Auf tschechischer Seite werden nur noch die bereits begonnenen Teilstücke fertig gebaut. Das ist wenig. Ich bin erst kürzlich dort gefahren. Es ist nicht viel, was sie bisher gebaut haben. Alles andere ist auf unbestimmte Zeit verschoben. Wer mir das nicht glaubt, der kann im tschechischen Verkehrsministerium nachfragen. Er wird erfahren, dass ich recht habe.
Zweitens. Die Autobahn wäre eine ökologische Katastrophe. Vor dem Hintergrund des Klimawandels, dessen Auswirkungen im Fichtelgebirge bereits jetzt deutlich zu spüren sind – ich erinnere an die Schneekanonen, die Sie dort mit viel Geld fi nanziert haben, weil der Klimawandel die Schneesicherheit im Winter verhindert –, kann man die Planung einer Autobahn nur als völlig absurd bezeichnen.
Jede neue Straße erzeugt mehr Verkehr. Es gibt ehemalige Kollegen aus dem Fichtelgebirge, Müller und Schläger, der eine von der CSU und der andere von der SPD – viele von Ihnen werden sie noch kennen –, die zum wiederholten Male – das erst vor wenigen Tagen – öffentlich die Zielmarge von 20 000 Fahrzeugen auf der neuen Autobahn ausgegeben haben. Haben sie denn immer noch nicht begriffen, dass Verkehrsvermeidung das Gebot der Stunde wäre?
Das Fichtelgebirge ist ein ökologisch extrem empfi ndlicher Naturpark. Erinnern Sie sich noch an das Waldsterben? Es ist im Fichtelgebirge immer noch ein Thema. Das haben wir da noch nicht überwunden. Flussläufe und Waldböden sind hier meist stark übersäuert. Zunehmende Emissionen aus dem Straßenverkehr würden die Situation noch verschlimmern. Eine Vielzahl von geschützten Pfl anzen- und Tierarten, zum Beispiel der Luchs, der Schwarzstorch, der Fischotter, Auerwild und andere wären durch eine neue Autobahn bedroht. Der geplante vierspurige Neubau der B 303 würde eine unüberwindliche Barriere für viele Tiere darstellen. Schon heute kann man feststellen, dass die A 93 wegen der trennenden Wirkung zu einer genetischen Verarmung der Wildpopulation geführt hat. Dasselbe müssten wir erwarten, wenn wir diese Region weiter zerschneiden und einzelne Bereiche abschnüren.
Die im Fichtelgebirge häufi g auftretenden Inversionswetterlagen genau dort, wo die Autobahn durchführen soll, im Weißenstädter Becken zwischen Waldstein, Epprechstein und Kösseine, führen dazu, dass kein Luftaustausch stattfi nden kann. Die Autoabgase liegen dann wie unter einer Glocke über der Landschaft. Die Folge: starke gesundheitliche Belastung der Bevölkerung, Gefahr von Atemwegserkrankungen insbesondere für schwächere Menschen, für Alte, für Kinder und für Kranke. Überall im Gebirgszug des Fichtelgebirges befi nden sich große Trinkwasservorräte. Durch die bereits stark übersäuerten Flussläufe und Waldböden ist dieses Trinkwasser schon
jetzt in Gefahr. Im Waldzustandsbericht 2006 heißt es: Die Belastungen mit Stickstoff, die zum überwiegenden Teil aus dem Straßenverkehr stammen, müssten im Fichtelgebirge um die Hälfte reduziert werden, um nachteilige Veränderungen zu vermeiden. – Und da planen Sie eine neue Autobahn? Das kann doch nicht Ihr Ernst sein.
Drittens: die wirtschaftlichen Folgen. Sie setzen mit Ihren Autobahnplänen die falsche Regionalpolitik in der Fichtelgebirgsregion fort. Straßenbau bringt weder Wirtschaftsansiedlungen, sieht man einmal von Autohöfen und Erotikkinos ab, wie Sie sie bereits in Himmelkron an der A 9 in schönster Ausprägung bewundern können, noch Arbeitsplätze. Straßen wirken vielmehr wie Drainagen im Raum. Genau das ist es doch, was wir in einer Region, die durch den demografi schen Wandel und die Abwanderung der Bevölkerung arg gebeutelt wird, erst recht nicht brauchen können. Die Autobahn wäre in höchstem Maße für die Branche im Fichtelgebirge schädlich, die eine Wachstumsbranche ist, nämlich für den Tourismus. Glauben Sie im Ernst, dass noch irgendjemand am Weißenstädter See, wo gerade ein großes neues Hotel gebaut wird, Urlaub machen will, wenn Tag und Nacht der Lärm der Autobahn herüberschallt?
Dann die Kosten: Wissen Sie, was 40 km Autobahn kosten sollen? Hunderte von Millionen Euro nach Schätzungen, die jetzt schon fünf, sechs Jahre alt sind. Was denken Sie, was das kosten wird, wenn eventuell in zehn Jahren mit dem Bau begonnen wird? Hunderte von Millionen Euro für eine Autobahn, die keiner will und keiner braucht? – Sie sehen, es gibt viele gute Argumente gegen die Fichtelgebirgsautobahn. Deshalb fordere ich Sie auf: Stoppen Sie alle weiteren Planungen für dieses Projekt.
Die Tatsache, dass die B 303 neu im Bundesverkehrswegeplan steht, gibt Ihnen zwar ein Planungsrecht, aber keine Planungspfl icht. Sie vergeuden mit dem Planverfahren Geld, das besser für eine nachhaltige Regionalentwicklung angelegt wäre. Ich sage Ihnen eines: Sie werden diese Autobahn nicht bauen. Dafür haben die GRÜNEN im Bund gesorgt, als sie durchsetzten, dass das unsinnige Projekt nicht in den vordringlichen Bedarf kam und mit einem naturschutzfachlichen Planungsauftrag versehen wurde. Dafür sorgen vor allem die Menschen im Fichtelgebirge. Es wird Ihnen nicht gelingen, diese Autobahn gegen den Widerstand der Menschen im Fichtelgebirge durchzusetzen.
Lassen Sie mich kurz zum zweiten Teil unseres Antrags kommen. Dass die Verkehrszahlen auf der B 303 relativ gering sind, habe ich ausgeführt. Es gibt dort allerdings schon ein Problem mit dem Verkehr, und das ist der Schwerlastverkehr. Der Anteil des Schwerlastverkehrs ist nämlich relativ hoch. Die Menschen entlang der B 303 fühlen sich dadurch sehr belastet. Hier könnten Sie mit einfachen Mitteln Abhilfe schaffen.
Erstens. Legen Sie die Europastraße E 40 um. Ein Stück davon ist die B 303. Dies können Sie in einem relativ einfachen Verfahren in Abstimmung mit Tschechien herbeiführen. Es ist nicht wahr, dass dies nicht möglich wäre oder dass die EU dagegen wäre. Die Umlegung zum Beispiel auf die bestehenden Autobahnen würde bewirken, dass eine Verkehrslenkung weg von der B 303 erfolgt. Das alleine würde schon eine große Entlastung bedeuten.
Zweitens. Sperren Sie die B 303 für Transitschwerlastverkehr, oder setzen Sie wenigstens eine Bemautung der Strecke durch.
Mit diesen einfachen Maßnahmen, die fast nichts kosten und die nur von Ihrem politischen Willen abhängen – alles andere ist unwahr; es hängt nur von Ihrem politischen Willen ab, ob Sie es tun oder nicht –, können Sie den Menschen im Fichtelgebirge wirklich helfen und ihre Lebensqualität deutlich steigern.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin jetzt ganz eingeschüchtert vom dem, was ich gerade gehört habe. Aber bereits das erste Mal, als ich diesen Antrag gesehen habe, habe ich mich emotional berührt gefühlt, um es einmal neutral auszudrücken.
Auf gut Bayrisch könnte man sagen: Ich bin „gscheit verärgert“. Dass man einen so schlampig formulierten und in sich inkonsequenten Antrag in den Ausschüssen diskutiert, ist vielleicht irgendwie noch verständlich.
Liebe Frau Gote, wir waren erst am Montag zusammen in der Berufsschule und haben uns dort ganz gut verstanden. Wer mich kennt weiß, dass ich normalerweise ein ausgleichender und toleranter Typ bin und dass es ganz und gar nicht meine Art ist, mich in dieser harschen Weise auszudrücken. Aber ehrlich gestanden, nach dieser Ihrer Rede und nach dem Studieren des Antrags empfi nde ich es schon als Zumutung, dass wir uns an dieser Stelle damit befassen müssen.
Fangen wir mit der Überschrift an: „Keine Autobahn durchs Fichtelgebirge – Planungen für B 303 neu sofort beenden“. Frau Gote, Sie haben gerade in Ihrer Rede wieder den Versuch gemacht, zwischen der B 303 und der Autobahn hin- und herzuspringen, weil Sie zur Emotionalisierung des Themas den Begriff „Autobahn“ brauchen.
Sie wissen ganz genau, dass keine Autobahn gebaut wird, und da hilft es auch nichts zu sagen, dass lediglich 6000 Fahrzeuge für eine Bundesstraße zu wenig sind, und dann die Frage zu stellen: Wollen Sie dann eine Autobahn bauen? Es wird keine Autobahn; das wissen Sie genauso gut wie ich. Es kann auch formal keine Autobahn sein, weil dann die Autobahndirektion Nordbayern planen müsste, und Sie wissen, dass das nicht geschieht.
Sie fordern, die Planungen für die B 303 neu sofort zu beenden. Das überrascht mich schon ein bisschen. War es denn nicht die Fraktion der GRÜNEN im Bundestag während der rot-grünen Koalition, die gerade diesen besonderen naturschutzfachlichen Planungsauftrag in den Bundesverkehrswegeplan aufgenommen hat? – Sie haben das ja eben selbst gesagt.
Ich gehe einmal davon aus, dass dies in der Absicht geschehen ist, über diese besondere naturschutzfachliche Planung, die im Bundesverkehrswegeplan übrigens einmalig ist, nachzuweisen, dass es aus Umweltschutzgründen gar nicht möglich ist, eine neue Trasse für eine Ost-West-Verbindung im Fichtelgebirge darzustellen.
Das steht so in der Begründung Ihres Antrages und Sie haben sich dazu ja auch deutlich geäußert. Es heißt da:
Es scheint äußerst unwahrscheinlich, dass unter Berücksichtigung des besonderen naturschutzfachlichen Planungsauftrags, der mit dem Projekt B 303 neu verbunden ist, eine Trasse für den Bau einer neuen Schnellstraße defi niert werden kann.
Ich stelle mir jetzt vor, ich wäre ein selbstbewusster GRÜNER, der auch wirklich daran glaubt, was er sagt.
(Ulrike Gote (GRÜNE): Das wird Ihnen sicherlich nicht gelingen! – Maria Scharfenberg (GRÜNE): Wie fühlt man sich denn dann so? – Weitere Zurufe von den GRÜNEN und von der SPD)
Dann würde ich mir wünschen, dass dieser besondere naturschutzfachliche Planungsauftrag auch wirklich durchgeführt wird. Wenn ich nämlich der Meinung bin, dass am Ende sowieso das Resultat steht, dass es keine Trasse geben wird, wäre ich froh, wenn ich durch diesen Planungsauftrag den Nachweis dafür bekäme.
Sie fordern den sofortigen Ausstieg aus den Planungen, obwohl Sie wissen, dass die Umweltverträglichkeitsstudie als Teil dieses besonderen naturschutzfachlichen Planungsauftrags gerade jetzt europaweit ausgeschrieben wird und die Ergebnisse erst im nächsten Jahr vorliegen werden. Das heißt doch, dass Sie Ihren eigenen Aussagen und Überzeugungen, dass es da keine Trasse geben kann, keinen Glauben schenken. Darum haben Sie diesen Antrag wahrscheinlich auch nur deshalb eingebracht, um hier vielleicht einen kleinen ideologischen Wahlkampfgag zu haben.
Sie haben auch den zweiten Absatz behandelt, Frau Kollegin Gote. Der zweite Absatz des Antrags zeigt deutlich auf, dass Sie sich nicht besonders gut mit der Situation
vor Ort auskennen. Sie wollen die B 303 vom Schwerlastverkehr entlasten, entweder durch die Erhebung einer Lkw-Maut, wie Sie gesagt haben, oder durch die Sperrung der B 303 für den Transit-Schwerlastverkehr.
Bei dem Thema, die Anwohner an der B 303 von den Beeinträchtigungen des Schwerlastverkehrs zu entlasten, bin ich sofort dabei. Aber diese Maßnahmen müssen natürlich auch realistisch sein und dürfen vor allen Dingen nicht auf Kosten anderer gehen, die an anderen Straßen wohnen und dadurch vielleicht sogar noch höhere Belastungen ertragen müssten, die Folge Ihres Antrags wären.
Ich komme zum Thema Lkw-Maut. Direkt an der B 303 und nicht weit davon entfernt befi ndet sich eine große Anzahl kleiner, mittlerer und größerer Firmen, die in vielen verschiedenen Sparten produzieren, vom Lebensmittelbereich über Holz, Keramik, Kunststoff und Metall, aber auch Speditionen, um nur einige zu nennen. Diese sind auf eine gute Erreichbarkeit im beinharten Wettbewerb an der Grenze zu Tschechien, Thüringen und Sachsen angewiesen. Sie kennen das Lohn- und Fördergefälle in dieser Gegend. Bei diesen Produkten geht es oft um Cent-Beträge. Eine Lkw-Maut, die bei diesem Wettbewerb nicht weitergegeben werden kann, wäre Gift für unsere eigenen Betriebe und würde vor allen Dingen zu dem führen, was die Konsequenz aus Ihrem zweiten Vorschlag wäre, der da heißt: allgemeine Sperrung der Bundesstraße 303 für Transit. Eine nette Idee! Sehr interessant! Aber erzählen Sie dies einmal den Bürgerinnen und Bürgern an der Staatsstraße durch die Gemeinden Thiersheim, Höchstädt, Röslau, Weißenstadt und Gefrees oder an der Bundesstraße durch die Gemeinden Rehau, Schwarzenbach an der Saale, Weißdorf und Münchberg, die dann automatisch als Ausweichroute benutzt werden würden.