Zudem frage ich mich, ob andere Länder andere Tote haben; denn auch da steht natürlich die Wahrung der Totenruhe im Raum. Sind andere Länder, andere Völker würdeloser, beispielsweise die Menschen in den USA, weil sie einen anderen Umgang mit der Totenasche pfl egen?
Das alles frage ich mich schon, weil Sie hier einen Würdebegriff in den Raum stellen, mit dem andere Länder anscheinend anders umgehen. Deswegen bleiben wir bei unserer Gestaltung, denn Gestaltung ist möglich. Es muss nicht immer alles so bleiben, wie es einmal war, Frau Matschl.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, man muss einmal eines herausarbeiten: Wir sind überhaupt nicht dagegen, das Bestattungsrecht zu ändern, wenn sich wirklich ein Bedürfnis dafür ergibt, wenn die bestehenden rechtlichen Regelungen zu Problemen führen, wenn diese Regelungen nicht gewährleisten, dass den religiösen Pfl ichten, die in anderen Religionen bestehen, was die Bestattung anlangt, nachgekommen werden kann.
Das Problem liegt jetzt einfach darin, glaube ich, dass die Wahrnehmung, die Sie haben, nicht mit dem übereinstimmt, was sich in der Praxis tatsächlich tut und was wir an Erkenntnissen darüber haben, wie Problemfälle und Anforderungen in den Kommunen tatsächlich gelöst werden, nämlich dadurch, dass in vielen Bereichen – ich komme noch darauf zu sprechen – Ausnahmen gemacht werden, weil es eben der Ritus erfordert und man sich um Lösungen bemüht, wenn solche Anforderungen tatsächlich da sind.
Nehmen Sie das Thema rituelle Waschräume. Da besteht heute die Verpfl ichtung, solche Räume einzurichten, soweit dafür ein entsprechendes Bedürfnis da ist. Das geschieht auch, zum Beispiel in der Landeshauptstadt München. Also mit dem Thema hat man an sich kein Problem, jedenfalls sehen wir das nicht.
Im Übrigen hat die Kollegin Matschl schon darauf hingewiesen, dass auch nach den islamischen Glaubensregeln die rituelle Waschung nicht zwingend auf dem Friedhof vorgesehen ist und hier in der Praxis die muslimischen Bestattungsunternehmen dem Rechnung tragen.
Ich sage allerdings, das wäre kein entscheidendes Argument; wenn es notwendig wäre, ist es notwendig. Aber es würde natürlich schon Kosten verursachen, weil die Benutzung von Aussegnungshallen in der Regel von den Muslimen abgelehnt wird, so dass dann tatsächlich zusätzliche Einrichtungen geschaffen werden müssen. Ich sage aber auch, wenn das notwendig wäre, dann müsste auch das geschehen.
Herr Staatssekretär, können Sie sich dann erklären, weshalb die Kollegen in der Debatte über die Bereithaltung von Räumen für Leichenwaschungen immer wieder darauf abstellen, dass man das den Kommunen aus fi nanziellen Gründen nicht verpfl ichtend zumuten darf, wenn es so ist, wie Sie sagen, dass das bereits verpfl ichtend der Fall ist?
Die Rechtslage ist so, dass die Kommunen dafür verantwortlich und auch dazu verpfl ichtet sind, und wenn die Kommunen eine Verpfl ichtung haben, kann es an sich nicht sein, dass das Konnexitätsprinzip durch eine weitere, dann nur deklaratorische Festlegung berührt ist. Aber die Kommunen argumentieren offenbar so. Nach geltender Rechtslage besteht eine Verpfl ichtung, solche Dinge einzurichten, wenn es notwendig ist.
Es gibt auch von der Bestattungsfrist von 48 Stunden Ausnahmen. Auch das ist in der Praxis nirgends ein Problem. Ebenso ist die Sargbestattung offensichtlich kein Problem.
Dann kommt das Thema Urnenaufbewahrung. Sie haben selber gesagt, wenn ich es recht verstanden habe, in einem Prozent der Fälle hätte das eine Relevanz. Wir sind der Meinung, dass wir eine Kulturtradition haben, auch eine Bestattungstradition, und in dem Zusammenhang eine Vorstellung von Würde, der es widerspricht, wenn man eine Urne mit nach Hause nimmt.
Was mit der Urne später passiert, ist ein Thema, das damit zusammenhängt. Es gibt sicher Angehörige, die die Urne gern mitnähmen. Möglicherweise gibt es aber auch Menschen, die sich fragen: Was machen wir denn mit der Urne? Dass das so ist, muss man ganz praktisch sehen. Deshalb sollten wir bei dem bisherigen Zustand bleiben. Wir wollen davon nicht abweichen.
Auch die Sozialbestattung ist angesprochen worden. Nach unseren Erkenntnissen und Informationen der kommunalen Spitzenverbände gibt es da kein Problem. Es ist
Ich sehe nicht, dass das, was Sie hier wollen, notwendig ist. Wenn ich einmal von dem Thema der Urnenbestattung absehe, beruht der jetzige Zustand entweder auf dem Recht, oder es gibt Ausnahmen mit vernünftigen Lösungen vor Ort in den Kommunen. Die Problemlage, die Sie hier sehen, gibt es in der Realität ersichtlich nicht.
Frau Kollegin Stahl, Sie haben mich noch einmal herausgefordert. Kann es nicht auch so sein, dass Muslime oder jeder Mensch das Bedürfnis hat, in seiner Heimat beerdigt zu werden?
Es ist aber so, wie ich gesagt habe. Tolerieren Sie doch meine Meinung. In meinen Gesprächsrunden wurde es mir jedenfalls anders dargelegt, als Sie es jetzt meinen.
Es ist meine Überzeugung: Ein christliches Begräbnis oder die Gräberkultur sind letztlich ein Bekenntnis. Ein lebendiges Totengedächtnis hängt von der christlichen Überzeugung ab. Bei der Beurteilung dieser Angelegenheit lege ich auch meine christliche Überzeugung dar.
Na gut, tolerieren Sie doch meine Überzeugung. Sie sind doch sonst immer für Toleranz. Ich habe gesagt, dass ich aus meinem christlichen Bekenntnis heraus spreche. Dafür habe ich in meiner Argumentationskette argumentiert. Ich toleriere Ihre Meinung. Aber in Bayern hat die Mehrheit eine andere Einstellung dazu. Ich glaube, damit liege ich richtig.
Ich lasse zunächst über Tagesordnungspunkt 15 abstimmen. Der Abstimmung liegt der Initiativgesetzentwurf der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN zugrunde. Das ist Drucksache 15/7450. Der federführende Ausschuss für Sozial-, Gesundheits- und Familienpolitik empfi ehlt auf Drucksache 15/8635 Ablehnung des Gesetzentwurfs. Wer dagegen dem Gesetzentwurf zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Ich bitte, die Gegenstimmen anzuzeigen. – Das sind
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 15/7470. Das ist Tagesordnungspunkt 16. Der federführende Ausschuss für Sozial-, Gesundheits- und Familienpolitik empfi ehlt auf Drucksache 15/8513 Ablehnung des Antrags. Wer dagegen dem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die SPD-Fraktion und die Fraktion des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN. Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. – Das ist die CSU-Fraktion. Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist der Antrag abgelehnt.
Nun lasse ich über den Antrag der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 15/7471 abstimmen. Das ist Tagesordnungspunkt 17. Der federführende Ausschuss für Sozial-, Gesundheits- und Familienpolitik empfi ehlt auf Drucksache 15/8575 wiederum Ablehnung des Antrags. Wer dagegen dem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die SPD-Fraktion und die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. – Das ist die CSU-Fraktion. Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist dieser Antrag ebenfalls abgelehnt.
Abstimmung über Anträge etc., die gemäß § 59 Abs. 7 der Geschäftsordnung nicht einzeln beraten werden
Ausgenommen von der Abstimmung ist die Nummer 10, die auf Wunsch der Fraktion des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN zusammen mit Tagesordnungspunkt 23 einzeln beraten werden soll. Hinsichtlich der jeweiligen Abstimmungsgrundlagen mit den einzelnen Voten der Fraktionen zu den Verfassungsstreitigkeiten und den übrigen Anträgen verweise ich auf die Ihnen vorliegende Liste.
Wer mit der Übernahme seines Abstimmungsverhaltens bzw. dem jeweiligen Abstimmungsverhalten seiner Fraktion entsprechend der aufgelegten Liste einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist Übereinstimmung. Gegenstimmen und Stimmenthaltungen gibt es nicht. Damit übernimmt der Landtag diese Voten.
Tagesordnungspunkt 20 – Ministerbefragung – wird von der Tagesordnung abgesetzt, nachdem die CSU-Fraktion auf ihr Vorschlagsrecht verzichtet hat.
Antrag der Abg. Margarete Bause, Dr. Sepp Dürr, Maria Scharfenberg u. a. u. Frakt. (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)
Hierzu ist namentliche Abstimmung beantragt. Ich bitte, dies im Haus schon anzukündigen, damit wir die Abstimmung rechtzeitig vornehmen können.
Ich eröffne die Aussprache. Im Ältestenrat wurde eine Redezeit von 15 Minuten pro Fraktion vereinbart. Ich darf das Wort der Frau Abgeordneten Gote erteilen.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Waren Sie schon einmal auf dem Waldstein im Fichtelgebirge? Das frage ich vor allem diejenigen, die nicht aus Franken oder Oberfranken sind. Einen Ausfl ug zum Waldstein kann ich Ihnen nur empfehlen. Es ist eine wunderschöne Gegend. Man hat einen herrlichen Blick vom Waldstein rundum auf das Fichtelgebirge und die Fichtelgebirgsregion.
Sie könnten zum Beispiel im Mai kommen. Machen Sie dorthin einen Maiausfl ug. Am besten kommen Sie am 1. Mai. Sie werden auf dem Waldstein nicht allein sein, sondern Menschen treffen, die ihr Fichtelgebirge kennen und lieben und die wissen, welche Bedrohung die Autobahnpläne für den Naturraum Fichtelgebirge darstellen. Seit sieben Jahren kommen am 1. Mai diejenigen auf den Waldstein, die ihre Heimat vor einer Fichtelgebirgsautobahn schützen und bewahren wollen. Seit sieben Jahren ziehen sie am 1 Mai in Sternwanderungen zu großen Kundgebungen auf dem Waldstein gegen die Autobahn. Jedes Jahr werden es mehr. Gut 1000 Menschen kamen in diesem Jahr aus allen Regionen des Fichtelgebirges, aus ganz Oberfranken und aus unserem Nachbarland Tschechien dorthin.
Es gibt 30 000 Unterschriften. Das ist für Oberfranken und das Fichtelgebirge, also für eine eher dünn besiedelte Region, wahnsinnig viel. 30 000 Unterschriften hat die Bürgerinitiative gegen die Fichtelgebirgsautobahn mittlerweile gesammelt. Zahlreiche Gemeinderäte haben sich gegen die Autobahn ausgesprochen. Sie haben Beschlüsse gegen die Fichtelgebirgsautobahn gefasst. Der Widerstand gegen die Autobahnpläne eint die Menschen im Fichtelgebirge. Alle Versuche der Befürworter, diese Menschen zu spalten, sind bisher gescheitert. Im Fichtelgebirge herrscht außer bei einigen wenigen, vereinzelten Landräten und Politikern nicht das Sankt-Florians-Prinzip. Die Menschen im Fichtelgebirge wollen diese Autobahn nicht. Nirgendwo im Fichtelgebirge will man sie.