Protocol of the Session on July 18, 2007

Ich komme zum Thema Lkw-Maut. Direkt an der B 303 und nicht weit davon entfernt befi ndet sich eine große Anzahl kleiner, mittlerer und größerer Firmen, die in vielen verschiedenen Sparten produzieren, vom Lebensmittelbereich über Holz, Keramik, Kunststoff und Metall, aber auch Speditionen, um nur einige zu nennen. Diese sind auf eine gute Erreichbarkeit im beinharten Wettbewerb an der Grenze zu Tschechien, Thüringen und Sachsen angewiesen. Sie kennen das Lohn- und Fördergefälle in dieser Gegend. Bei diesen Produkten geht es oft um Cent-Beträge. Eine Lkw-Maut, die bei diesem Wettbewerb nicht weitergegeben werden kann, wäre Gift für unsere eigenen Betriebe und würde vor allen Dingen zu dem führen, was die Konsequenz aus Ihrem zweiten Vorschlag wäre, der da heißt: allgemeine Sperrung der Bundesstraße 303 für Transit. Eine nette Idee! Sehr interessant! Aber erzählen Sie dies einmal den Bürgerinnen und Bürgern an der Staatsstraße durch die Gemeinden Thiersheim, Höchstädt, Röslau, Weißenstadt und Gefrees oder an der Bundesstraße durch die Gemeinden Rehau, Schwarzenbach an der Saale, Weißdorf und Münchberg, die dann automatisch als Ausweichroute benutzt werden würden.

Karlsbad/Eger ist eine wirtschaftlich aufstrebende Region und Sie glauben doch nicht im Ernst, dass die dann über die A 6 mit einem Umweg von weit über 50 bis 100 Kilometer fahren würden.

Natürlich – da sind wir uns einig – müssen wir uns über Entlastungen der Anwohner an der B 303 unterhalten, aber dies werden wir sachlich und kompetent vor Ort diskutieren, auch wenn wir da vielleicht unterschiedlicher Meinung sind. Dazu brauchen wir nicht Ihren Populismus

Ich mache Ihnen einen Vorschlag zur Güte. Lassen Sie uns doch in unserer Region selbst darüber nachdenken und entscheiden, was für uns und unsere Region gut ist.

(Zuruf der Abgeordneten Ulrike Gote (GRÜNE))

30 000 Unterschriften! Der Landkreis Wunsiedel allein hat 80 000 Einwohner, Frau Kollegin.

Wir brauchen keine wohlgemeinten Ratschläge von den Landtagsfraktionen im Allgemeinen und von den GRÜNEN, die unsere Situation scheinbar überhaupt nicht kennen, schon gar nicht. Wir sind selbst Manns genug,

um darüber nachzudenken, wie wir die Anwohner der jetzigen B 303 vernünftig entlasten können. Wir werden bei der Vorlage des Ergebnisses der Umweltverträglichkeitsstudie im nächsten Jahr mit den Verbänden, den Interessengruppen und den Betroffenen eine Mehrheitsmeinung zu dieser Frage ausarbeiten, die ich Ihnen dann gern persönlich zur Kenntnis geben werde.

(Dr. Thomas Beyer (SPD): Wie gütig!)

Ja, lieber Herr Beyer, jetzt kommen Sie dran. Gespannt bin ich auf die Ausführungen des Vertreters der SPD-Fraktion. Sie haben ja in den Ausschüssen diesem Antrag zugestimmt. Es wäre vielleicht doch ganz gut gewesen, wenn Sie, bevor Sie diesem Antrag zustimmen, auch mal vor Ort nachgefragt hätten, wo es doch nicht um ganz Bayern geht, sondern um einen besonderen Teil Bayerns. Vielleicht hätten Sie die beiden Bundestagsabgeordneten, die vier Landtagsabgeordneten, die beiden Landräte und der Oberbürgermeister, die alle die Marktleuthener Erklärung unterzeichnet haben, beraten können. Übrigens waren zwei Drittel davon SPD-Mandatsträger.

(Zuruf von der CSU: Hört, hört!)

Ich bin mir auch sicher, dass der SPD-Kreisvorsitzende, der Fraktionsvorsitzende im SPD-Kreistag, der auch Bürgermeister der Gemeinde Tröstau ist, die sehr unter der momentanen Situation zu leiden hat, bestimmt wertvolle Informationen für Sie gehabt hätte. Vielleicht haben Sie, wie es angesprochen worden ist, zu Ihrem ehemaligen Landtagskollegen Albrecht Schläger Kontakt,

(Dr. Thomas Beyer (SPD): Ständigen Kontakt!)

ständigen Kontakt, gut –, der sich als Vorsitzender der Initiative „Zukunft Fichtelgebirge“ vehement für eine effi ziente Ost-West-Verbindung einsetzt.

Falls Sie doch miteinander geredet haben, überrascht mich schon etwas, dass Sie eine völlig konträre Haltung zur Crème de la Crème unserer SPD vor Ort haben.

(Klaus Wolfrum (SPD): Das wird im Wahlkampf verwendet!)

Ich bin schon gespannt, was Du sagst, lieber Klaus.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe bei mehrere Jahre dauernden Verhandlungen auf UN-Ebene mit Vertretern von mehr als 130 Staaten gelernt, dass man bei schwierigen emotionalen Problemen nur mit Offenheit, Klarheit, Sachlichkeit, Deutlichkeit und Respekt zu Ergebnissen kommt. Ich bin deshalb grundsätzlich gegenüber allen Meinungen sehr aufgeschlossen, aber eines kann ich partout nicht leiden, und das ist Populismus. Dieser Antrag – und ich denke, ich habe das, ohne auf alle Ungereimtheiten eingegangen zu sein, deutlich gemacht – ist in dieser Hinsicht eine Zumutung für mich und die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger unserer Region, schon allein deshalb, weil Sie uns nicht zutrauen, selbst

darüber entscheiden zu können, was für uns gut ist und was nicht. Für parteipolitische Wahlkampfzwecke lassen wir uns nicht missbrauchen.

(Zurufe von den GRÜNEN)

Es wäre deshalb ein schönes Zeichen politischen Anstands, wenn Sie diesen Antrag zurückziehen würden.

(Beifall bei der CSU)

Jetzt darf ich das Wort Herrn Kollegen Rabenstein erteilen.

Frau Präsidentin, Hohes Haus! Zunächst einige Worte zu meinen Vorrednern und zum Antrag der GRÜNEN.

Es geht um den Bau der Fichtelgebirgsautobahn, vierspurig durchs Fichtelgebirge, das wird nichts anderes werden. Wie der Antrag im Einzelnen auch formuliert ist, hier geht es um die Sache, und wir sollten uns nicht um irgendwelche Worthülsen streiten.

Wir als Sozialdemokraten haben es nicht so einfach wie die GRÜNEN. Die GRÜNEN befriedigen einen kleinen Teil oder einen kleineren Teil und können solche Anträge leichter stellen und argumentieren. Wir als SPD sind Volkspartei.

(Eduard Nöth (CSU): 16 %!)

Immer noch Volkspartei, ich habe nicht gesagt: große Volkspartei.

(Alexander König (CSU): Einigen wir uns auf kleine Volkspartei!)

Wir in der SPD sind Volkspartei und vor allem, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, in den Kommunen stark verankert.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Deswegen, weil wir in den Kommunen stark verankert sind,

(Zuruf von der CSU: Wo denn?)

ist es klar, dass wir auch Entlastungen sehen, die durch eine solche Autobahn kommen würden. Ich verstehe die Sozialdemokraten vor Ort sehr gut, wenn sie für eine autobahnähnliche Straße oder Autobahn stimmen, weil sie auch ihren Vorteil sehen.

Aber wir – damit möchte ich ein Zweites ansprechen – müssen das Ganze sehen. Deshalb glaube ich, dass es auch für den Bundesverkehrswegeplan und im Landtag diskutiert werden muss. Lieber Herr Kollege Döhler, wir können nicht sagen: Das sollen die vor Ort entscheiden, sollen die sich darüber streiten. Das ist ein Thema, mit dem wir uns auch beschäftigen müssen, und deswegen möchte ich kurz das Für und Wider darstellen.

Es gibt heute keine Straßenbaumaßnahmen mehr, die nicht heiß diskutiert werden.

(Engelbert Kupka (CSU): So ist es!)

So ist es natürlich auch bei dieser Fichtelgebirgsautobahn. Bei diesem Projekt gibt es Befürworter, die sagen, durch die Osterweiterung und die Erweiterung der Europäischen Union ist eine neue vierspurige Ost-West-Straßenverbindung notwendig, um den Verkehr, der aus dem Osten kommt, auf die A 9 führen zu können. Außerdem erwarten die Befürworter – das ist im Vortrag des Herrn Döhler auch durchgedrungen –, dass ein wirtschaftlicher Aufschwung stattfi ndet.

Ich glaube, wir sollten diese Hauptargumente ernst nehmen, aber wir sollten auch versuchen, diese Aussagen durch Zahlen und Fakten zu verifi zieren oder zu widerlegen.

Zunächst einmal zu der Verkehrszunahme. Dazu ist von der Kollegin Gote schon etwas angesprochen worden. Auf der einen Seite stimmt es, es hat eine Verkehrszunahme gegeben. Sie ist aber lange nicht so stark, wie befürchtet wurde. Es gibt eine Schriftliche Anfrage der FDP im Deutschen Bundestag. Unter der Drucksachennummer 16/6005 wird darin ganz aktuell festgestellt, dass der Verkehr von 2000 bis 2005 um 10 % zugenommen hat. Man hatte aber mehr erwartet. Deine Zahlen sind auch nicht ganz korrekt. Es sind nicht 6000 Fahrzeuge, sondern auf der B 303 sind es aktuell immerhin 7200 Kraftfahrzeuge, davon 1500 Lkws. Damit – das sind die aktuellen Zahlen dieser Anfrage – ist die Straße natürlich schon hoch belastet. Das muss man sehen.

Aber ganz entscheidend – und das ist das Interessante an dieser Aussage – ist die Entwicklung. Die vorliegenden amtlichen Zahlen verdeutlichen, dass die Prognosen, die Erwartungen, die man hatte, bei Weitem nicht eingetreten sind, auch in diesem Zeitraum schon nicht. Man hatte sehr viel mehr erwartet, und deswegen ist es heute äußerst fraglich, ob die Zahlen es noch hergeben, dass man so eine Ost-West-Verbindung notwenig bauen muss. Deswegen sind wir auch in dieser Frage eher ablehnend.

Zum zweiten Argument: Autobahn und wirtschaftliche Entwicklung. Wenn dieser Zusammenhang zwischen Autobahn und wirtschaftlicher Entwicklung stimmen würde, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, dann hätten wir in Hochfranken blühende Landschaften und Arbeitslosenzahlen wie in Freising. Hof ist umgeben von Autobahnen, und wir haben seit Jahrzehnten die höchsten Arbeitslosenzahlen in ganz Bayern. Kein Ort im Fichtelgebirge – das ist auch schon gesagt worden – ist weiter als 20 km von der Autobahn entfernt, und die Autobahndichte ist eine der höchsten in Deutschland. Der eine oder andere Betrieb mag sich ansiedeln, aber das strukturelle Problem ist dadurch mit Sicherheit nicht beseitigt. Hierzu wären andere Maßnahmen notwendig, bereits notwendig gewesen, aber sie wurden sträfl ich vernachlässigt, meine Damen und Herren.

Nehmen wir den Ort Selb. Seit 1995 bis heute ist die Zahl der sozialversicherungspfl ichtig Beschäftigten zurückgegangen, und zwar von 17 500 auf 13 500. Hier wäre eine Initiative notwendig gewesen. Zur Erinnerung: Selb liegt direkt an der Autobahn. Also: Wir sehen, dieser Zusammenhang ist hier nicht gegeben, und deswegen lehnen wir den Bau der Fichtelgebirgsautobahn nach intensiven Diskussionen ab.

(Beifall bei der SPD)

Jetzt darf ich dem Kollegen Wolfrum das Wort erteilen.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Zum wiederholten Male reden wir heute über eine Autobahn durch das Fichtelgebirge. Obwohl die Diskussion darüber schon sehr lange läuft, konnte mir bisher noch niemand schlüssig erklären, warum es diese Autobahn durch das Fichtelgebirge braucht.

(Herbert Ettengruber (CSU): Fragen Sie halt!)

Kolleginnen und Kollegen, ich bleibe bei meiner Meinung: Das Fichtelgebirge ist als Naturraum und als touristische Region viel zu schade, um sie durch eine sinnlose Betonwüste, die Millionen Euro kosten würde, zu zerstören.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der GRÜNEN)

Um es gleich vorwegzunehmen, Kolleginnen und Kollegen: Die SPD-Fraktion wird dem Antrag der GRÜNEN zustimmen.

Kolleginnen und Kollegen, ich verstehe bis heute nicht, warum immer wieder eine Verbindung zwischen der A 93 und der A 9 gefordert wird.