Diese Förderung muss natürlich in den Kindergärten beginnen, wo Sie leider zurzeit landauf landab alles andere tun. Sie wissen alle ganz genau, dass zum Beispiel die Möglichkeiten, Sprachdefizite zu begegnen und Sprachstörungen auszugleichen, beschnitten und nicht etwa ausgebaut wurden. Sie wissen auch, dass für Kinder, die der deutschen Sprache zu wenig mächtig sind, mit Ausnahme in den Ballungszentren so gut wie keine Angebote vorhanden sind. Hier muss endlich etwas getan werden.
Wir brauchen eine wesentlich stärkere Förderung der Grundschule; denn sie ist der Grundstock und das Fundament für jede Schullaufbahn. Da wird die Bedeutung der Grundschule zurzeit wirklich vollkommen unterschätzt. Das, was dort versäumt wird – das wissen alle, die sich intensiv mit der Bildungspolitik beschäftigen –, kann später nur schwer nachgeholt werden. Wir brauchen selbstverständlich auch eine Förderung der Hauptschule, und wir brauchen vor allen Dingen wirklich den politischen Willen, gegen diesen hohen Anteil an Schülerinnen und Schülern, die die Schule ohne Abschluss verlassen, etwas zu tun. Wir müssen den Versuch unternehmen, diese Quote zu senken, und wir müssen dafür
sorgen, dass unsere jungen Menschen auf das Leben und den Beruf vorbereitet sind, wenn sie aus der Schule kommen.
Wir brauchen natürlich auch eine wesentlich bessere Förderung in den weiterführenden Schulen. Da sagen Sie, Frau Staatsministerin, wir haben ja nicht nur das Abitur, sondern auch das Fachabitur. Aber Sie müssen schon hinzufügen, dass bei einem Fachabitur die Studienmöglichkeiten an deutschen Hochschulen eingeschränkt sind. Das ist natürlich für viele junge Menschen eine sehr schwierige Angelegenheit. Das zeigen die vielen Petitionen, die dazu bei uns eintreffen.
Ich glaube, dass wir auch noch einmal sehr intensiv über die Verteilung all dessen diskutieren müssen, was wir an zusätzlichen Bildungsausgaben haben werden. So, wie Sie sich das vorstellen, dass man versucht, die Kosten möglichst intelligent auf die Kommunen abzuwälzen, wird das nicht gehen.
Die Schule ist eine Landesaufgabe, und der Sachaufwand liegt bei den Gemeinden. Den zu übernehmen, sind die Gemeinden auch gerne bereit.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Pisa-Studie ist ein wertvoller Impuls für die schul- und bildungspolitische Diskussion in Deutschland. Sie ist eine große Bestätigung für die Grundausrichtung der Schul- und Bildungspolitik in Bayern seit 1970.
Da ich seit 1970 diesem Hohen Haus angehöre und weil mich Schul- und Bildungsfragen schon immer interessiert haben, kann ich über diesen Zeitraum hinweg nachvollziehen und habe es auch noch gut in Erinnerung, wie die einzelnen Positionen jeweils waren. Wir haben Gott sei Dank eine große einheitliche Grundlinie der – ich will es einmal so ausdrücken – drei Meier in der Schul- und Bildungspolitik, angefangen von Hans Maier über Hans Zehetmair bis hin zu Monika Hohlmeier.
Diese Grundausrichtung hat dazu geführt, dass wir bei allem notwendigen Wandel nicht die Einbrüche erlebt haben, die es anderswo gab. Hans Maier hat erfolgreich dem widerstanden, was anderswo an kultureller Revolution im Schulwesen und in anderen Bereichen realisiert
Hans Zehetmair hat in der bildungspolitischen Auseinandersetzung in Deutschland diese Linie in Konsequenz weitergeführt und hat damit einen wichtigen Orientierungspunkt der Schul- und Bildungspolitik in Deutschland gesetzt.
Monika Hohlmeier hat in den letzten Jahren gemeinsam mit unserer Fraktion eine wichtige Weiterentwicklung als Spiegelbild der Veränderung der Arbeitswelt und der gesellschaftlichen Verhältnisse mit auf den Weg gebracht. Meine Damen und Herren von der Opposition, bei aller Freude über den Spitzenplatz wissen wir sehr wohl, dass natürlich noch vieles weiterzuentwickeln und zu verbessern ist. Aber eines ist auch klar. Die Schülerinnen und Schüler in Bayern wären nicht in der Spitzengruppe, wenn Ihre Schul- und Bildungspolitik der siebziger und achtziger Jahre in Bayern vollzogen worden wäre.
Dann könnten Sie, meine Damen und Herren, sich jetzt nicht mit den Schülerinnen und Schülern und den Lehrerinnen und Lehrern über den Spitzenplatz freuen, sondern müssten gemeinsam beklagen, dass wir in Bayern nur Mittelmaß hätten wie Niedersachsen und andere SPD-geführte Länder.
Frau Münzel, das Ganze ist natürlich nicht nur eine Frage der Schulorganisation und der Dezentralisierung, die wir unter anderem mit der inneren Schulreform ja schon auf den Weg gebracht haben. Wenn die kulturpolitischen Vorstellungen, welche die GRÜNEN immer damit verbunden haben, in unserem Schulwesen realisiert worden wären, wären wir genau da, wo die schwachen Länder in Deutschland heute stehen.
(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Welche meinen Sie denn? – Weitere Zurufe von der SPD und vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Denn Schule hängt insgesamt nicht nur von der Schulorganisation ab, sondern auch vom gesamten Umfeld.
Natürlich haben wir heute in diesem Hohen Hause mehr Gemeinsamkeiten in der Schul- und Bildungspolitik als vor zehn Jahren. Aber wir haben deshalb mehr Gemeinsamkeiten, weil Sie sich unseren Positionen angenähert haben.
Noch in der letzten Legislaturperiode ist aus den Reihen der SPD-Fraktion immer die Gesamtschule als die bessere Schulform gepriesen worden.
So war es nun einmal, meine Damen und Herren, und bis vor kurzem waren Sie auch noch gegen die Eliteförderung. Das war Ihnen im Bereich von Schule und Bildung noch verdächtig.
Allerdings sind wir nicht der Meinung, dass wir in der Vergangenheit alles bis ins Detail richtig gemacht hätten. Natürlich stehen auch wir in einem Lernprozess und in einem Veränderungsprozess.
Ich wünsche Ihnen von Herzen, dass Sie auch innerlich zu der gleichen Überzeugung kommen, die Sie momentan lediglich unter dem Druck der Öffentlichkeit schulund bildungspolitisch nach außen hin vertreten.
Ein Ergebnis ist für die Aussagekraft von Pisa für Bayern von ganz besonderer Bedeutung. Wir stehen im Vergleich der Länder Deutschlands an der Spitze bei den Leistungen der starken Schüler und sind ebenso Spitze in der Förderung der schwächeren Schüler.
Damit bricht ein ewiges Argument von Ihnen, meine Damen und Herren der Opposition, in sich zusammen, dass nämlich der Preis für die Förderung der Spitze die Vernachlässigung der Schwachen wäre.
In den von Ihnen geführten Bundesländern sind beispielsweise im System der Gesamtschule die Schwächeren viel stärker abgehängt als bei uns. Deshalb ist dies für uns sowohl gesellschaftspolitisch als auch gesamtpolitisch eine besonders wertvolle Aussage.
Ich füge hinzu, dass wir unter dem Aspekt der Chancengerechtigkeit noch mehr tun müssen – da sind wir uns völlig einig –, um den Kindern, in deren Elternhaus zum Beispiel weniger Aufgeschlossenheit für die Bildung herrscht, noch mehr Chancen zu geben. Aber Politik lebt ja auch vom Wettbewerb der Parteien. Dazu gehört auch der redliche Vergleich dessen, was in den anderen Bundesländern geleistet wird und was von den Parteien, die uns hier kritisieren, dort, wo sie regieren, realisiert wird.
Wir werden selbstverständlich ganz intensiv weiter diskutieren müssen, wie wir eine bessere Verzahnung von Kindergärten und Grundschule schaffen und wie wir eine bessere Frühförderung der Kinder, die einen besonderen Förderungsbedarf haben, erreichen.
Meine Damen und Herren, insbesondere auch von den GRÜNEN, Sie sollten besonders dankbar registrieren, dass nirgendwo in Deutschland Migrantenkinder so gut gefördert weden wie in Bayern.