Protocol of the Session on June 26, 2002

(Hofmann (CSU): So ist es!)

Es wäre ein Gebot der Redlichkeit, dies auch einmal anzuerkennen.

(Beifall bei der CSU)

Gleichzeitig hoffe ich – wenn Sie auf die Spitzenländer in Skandinavien verweisen –, dass Sie auch bereit sind, einen Weg mitzugehen, wonach gegebenenfalls auch bei uns der Zugang zur Schule vom Sprachverständnis abhängig gemacht wird; darüber muss natürlich noch diskutiert werden. Es darf aber im Hinblick auf die Förderung von Migranten oder Migrantenkindern keine einseitige Forderung an den Staat, an die Deutschen erhoben werden. Es muss der Maßstab gesetzt werden: Ihr habt zunächst eine bestimmte Anstrengung zu erbringen. Die Eltern der Migrantenkinder haben eine bestimmte Verpflichtung für die Förderung ihrer Kinder einzulösen, damit sie in diesem Schulsystem entsprechend integriert werden können.

Eine weitere Anmerkung: Pisa ist kein Beleg für die Überlegenheit einer bestimmten Schulform. Schule ist immer eingebettet in gesamtgesellschaftliche Zusammenhänge. Deswegen ist die Ganztagsschule kein Allheilmittel für bestehende Probleme.

(Beifall bei der CSU – Zuruf von der SPD: Wer sagt denn das?)

Wer sich jetzt einseitig auf die Ganztagsschule fixiert – über dieses Thema wäre zu diskutieren; ich spreche von der Ganztagsschule im Sinne von ganztägig verpflichtendem Unterricht –, der handelt für mich unverantwortlich. Es geistert durch alle Diskussionen, die Ganztagsschule sei die Lösung der Probleme, insbesondere für die Förderung der Schwachen.

(Zuruf von der SPD: Wer sagt denn das? Malen Sie doch nicht immer schwarz-weiß!)

Selbst wenn dem so wäre, wird es keine politische Kraft in Deutschland in den nächsten zehn Jahren – selbst wenn man es wollte – angesichts der dafür notwendigen Ressourcen schaffen, auch nur 40 oder 50% der Schulen in diesem Sinne umzustellen. Das heißt dann in der Konsequenz, dass die vorherrschende Schulorganisation, die niemand in kurzer Zeit verändern kann, selbst wenn er es möchte, so gefördert sein muss und die Qualität haben muss, dass alle daran teilhaben. Es darf nicht die Ganztagsschule als Alibiveranstaltung zum großen Symbol erklärt werden und dafür die Mehrheit der Schulen in der Förderung vernachlässigt werden.

(Beifall bei der CSU)

Mit Blick auf die Uhr nur einige wenige Bemerkungen: Die Diskussion muss weitergehen. Ich warne aber sehr davor, dass wir uns zu schnell zu umfassenden Schlussfolgerungen drängen lassen. Es gibt bei diesem Thema unendlich viele Facetten. Ich bin auch dagegen, dass wir die weitere Schuldebatte nur auf Pisa fixieren. Pisa hat wichtige Teilaussagen, wichtige Orientierungspunkte für die Schulpolitik gemacht, aber beispielsweise keine Aussage darüber, was wir in unserer Zeit unter Persönlichkeitsbildung oder ganzheitlicher Bildung verstehen. Es kann nicht nur um abfragbares Wissen gehen. Unser Bildungsverständnis wird sich von dem anderer Kulturen – zum Beispiel von Japan – unterscheiden müssen. Schon mit der Situation in Finnland sind unsere Verhältnisse nur bedingt vergleichbar; einen Aspekt hat die Frau Ministerin vorher genannt.

Ich halte es für ganz wichtig, dass wir in der weiteren Schuldebatte auch Fragen wie Persönlichkeitsbildung, die Rolle der Erziehung oder ganzheitliche Ansätze umfassend diskutieren. Dann wird man schnell zu dem Ergebnis kommen, dass sich das Thema nicht auf mehr Geld oder mehr Personal reduzieren lässt. Das ist eine sehr eingängige Formulierung. Gleich wieder wird auch der fatale Mechanismus sichtbar, alles beim Staat, den Lehrern oder bei der Schule abzuladen. Es müssen die Eltern und die gesamte Gesellschaft einbezogen werden. Nur so werden wir ein Stück weiterkommen. Ich wünsche mir auch von den Lehrerverbänden, dass sich die Diskussion nicht auf die Forderung reduziert: „Wir brauchen kleinere Klassen, mehr Personal und mehr Geld“, sondern dass wir miteinander diskutieren, wie Schule im Inneren weiterentwickelt werden muss und welche gesamtgesellschaftlichen Konsequenzen die Diskussion hat.

(Zuruf von der SPD: Sie müssen einmal unseren Antrag lesen! Da steht das genau drin!)

Ihr Antrag ist ein Sammelsurium von richtigen Forderungen, die auch wir unterschreiben, und von pauschalen Forderungen. Das gilt auch für den Antrag der GRÜNEN. Man kann nicht ohne Rücksicht auf die Realitäten allgemeine Ziele formulieren, um später zu sagen, die erhobenen Forderungen seien in drei Jahren nicht erfüllt worden. Deswegen können wir diesen Anträgen nicht zustimmen.

(Beifall bei der CSU)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat Herr Hartenstein.

Hartenstein (fraktionslos) : Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wovon all diejenigen, die sich unvoreingenommen mit Bildungspolitik befassen, schon immer ausgingen, was manch einer aus parteipolitischen Gründen jedoch nicht wahrhaben wollte, steht nun fest: Die bayerischen Schülerinnen und Schüler im Alter von 15 Jahren nehmen im bundesweiten Vergleich bezüglich Lesekompetenz und mathematischer sowie naturwissenschaftlicher Grundbildung die Spitzenstel

lung in Deutschland ein. Unser gegliedertes Schulsystem mit seinen zahlreichen Übertrittsmöglichkeiten kann folglich nicht so schlecht sein, wie SPD und GRÜNE über Jahre hinweg Glauben machen wollten.

(Beifall bei der CSU)

Insofern fühle ich mich im Nachhinein auch in meinem Abstimmungsverhalten bestätigt. Es war richtig, parlamentarische Initiativen der Opposition zur Schulpolitik besonders kritisch zu verfolgen und diesen öfter die Zustimmung zu versagen.

(Beifall bei der CSU)

Wer jedoch davon ausging, dass die vorab präsentierten Pisa-Ergebnisse wie ein Dämpfer auf Rot-Grün in Bayern wirken würden, wurde eines Besseren belehrt. Erfreut zeigen sich die befragten Oppositionspolitiker nun über das hervorragende Abschneiden Bayerns im Vergleich der Bundesländer. Das sollte wohl eher bedeuten: So ein Pech, dass der bayerische Musterknabe jetzt auch noch international aufgewertet ist.

Natürlich muss es auch im Freistaat noch besser werden. Durchstarten zu internationaler Spitze heißt jetzt mangels Vorbilder in der Republik die neue Devise. Dagegen gibt es natürlich grundsätzlich nichts einzuwenden. Doch dürften Forderungen wie Abschaffung des Zentralabiturs, Auswahl und Einstellung der Lehrer durch die Schulen selbst – um nur zwei Beispiele aus dem Katalog der Opposition herauszugreifen – kaum tauglich sein, dem vorgegebenen Ziel auch nur einen Zentimeter näher zu kommen.

(Beifall bei der CSU – Zuruf von der CSU: Da bleibt euch die Spucke weg!)

Vor Überheblichkeit ist allerdings zu warnen, dies an die Adresse der CSU-Fraktion sowie der Staatsregierung gerichtet. Das gilt umso mehr, als die Details des Vergleichs der Bundesländer erst noch genauer analysiert und bewertet werden müssen.

Bislang unbeantwortet bleiben Fragen wie: Wie viele Prozent der in Bayern erfassten Schülerinnen und Schüler der untersuchten Jahrgangsstufe haben eine Schullaufbahn hinter sich, die durch gravierende Misserfolgserlebnisse wie Wiederholen einer Klasse, Wechsel der Schulart oder gar vorzeitiges Verlassen der Schule geprägt ist? Wie hoch ist der Anteil an den fünfzehnjährigen Schülerinnen und Schülern im Freistaat, der noch aus Arbeiterfamilien stammt? Die Fragen ließen sich erweitern.

Eines ist in diesem Zusammenhang sicher: Auch in Bayern darf es im Ringen um die besten Lösungen keinen Stillstand geben. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf meinen Redebeitrag in der Plenarsitzung vom Dezember 2001. Es muss in den Schulen künftig stärker um die Orientierung der Lerninhalte an praktischen Beispielen, die besondere Förderung benachteiligter Schülerinnen und Schüler, die Steigerung der Konzentrationsfähigkeit und der Ausdauer, die Vermittlung selbständigen kooperativen Lernens, die Schärfung der Reflexi

onsfähigkeit sowie um das Entwickeln von Abstraktionsvermögen und problemlösenden Denken gehen.

Vergessen wir dabei aber vor lauter Leistung auch nicht die Förderung der Eigeninitiative und der Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung, der Toleranz gegenüber Andersdenkenden, der Solidarität mit Armen und Schwachen, das Erwecken von Zivilcourage sowie die Förderung der Kreativität und ästhetischer Fähigkeiten.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Schulen, in denen auch die musisch-künstlerischen Fächer eine Wertschätzung erfahren, Klassen die nicht zu groß sind, und engagierte, fachlich und pädagogisch bestausgebildete Lehrerinnen und Lehrer sind die Garanten dafür, dass sich alle jungen Menschen ihren Begabungen und Neigungen entsprechend entfalten können.

(Beifall bei der CSU)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat Herr Schneider.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, Pisa-E hat für uns das Fazit: In Bayern lohnen sich die Bildungsanstrengungen der Schülerinnen und Schüler. Es lohnen sich die Anstrengungen der Lehrkräfte und der Eltern.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN))

Es ist eine einfache Wahrheit, die wir immer wieder deutlich sagen müssen: Eine gute Wirtschafts- und Finanzpolitik ist die Voraussetzung für eine erfolgreiche Bildungspolitik, und das gilt auch umgekehrt.

(Beifall bei der CSU)

Ich darf als Bildungspolitiker meiner Fraktion besonders den Mitgliedern des Haushaltsausschusses meinen Dank aussprechen, die stets – wenn auch manchmal mit ein bisschen Grummeln – die notwendigen Finanzmittel zur Verfügung gestellt haben, damit wir in Bayern diese Leistungsfähigkeit erreichen konnten.

(Beifall bei der CSU)

Aus der Klemm-Studie, die vor ein paar Tagen von der GEW vorgestellt wurde, gehen zwei wichtige Punkte hervor, nämlich dass es in Bayern den meisten Unterricht gibt und dass Bayern die meisten Finanzmittel für die Schulen ausgibt. Insgesamt haben sich die Anstrengungen der bayerischen Politik gelohnt, und sie tragen gute Früchte. Die Pisa-Studie zeigt uns das vor allem auch für die Bildungspolitik.

Die SPD greift jetzt den Grundsatz der CSU „Fördern und fordern“ auf. Wir sind sehr dankbar, dass sie diesem Leitbild unserer Politik näher kommt. Ein Angebot für die verschiedensten Talente und Fähigkeiten war immer

unsere Maxime. Deshalb haben wir ein gegliedertes Schulsystem und werden dieses weiter ausbauen.

Pisa-E zeigt, dass Bayern nicht nur die Leistungsstarken, sondern auch die Leistungsschwächeren am besten fördert, dass Bayern die Kinder und Jugendlichen mit Migrationshintergrund am besten fördert, dass es die geringste Leistungsstreuung aufweist und damit sozial am gerechtesten ist und – auch das steht in der PisaStudie – dass es in Bayern die wenigsten Klagen von Schulleitern über die Personalausstattung gibt. Auch das dürfen wir hier nicht verschweigen. Sie müssen sich die Mühe machen und die 206 Seiten lesen, dann finden Sie diese Aussagen.

(Zuruf von der SPD)

Gut, etwas mehr Seiten. – Eines möchte ich deutlich sagen: Bildung war und ist uns zu wertvoll und vor allem die Kinder sind uns zu wertvoll, um jeder pädagogischen Modeströmung und jedem Zeitgeist nachzurennen. Hätten wir und vor allem die Kultusminister Prof. Maier, Hans Zehetmair und Monika Hohlmeier Ihre Zielvorstellungen umgesetzt, stünden wir heute vor dem gleichen bildungspolitischen Scherbenhaufen wie die meisten von der SPD und Grün-regierten Länder.

(Beifall bei der CSU)

Das Abitur war und ist für uns nie das Maß aller Dinge. Frau Bulmahn klagt in einem Interview in der „SZ“, in Bayern gebe es zu wenige Abiturienten und damit zu wenige Fachkräfte. Wir brauchen aber, um für die Wirtschaft gute Fachkräfte zu haben, das gegliederte System, nicht nur Abiturienten.

(Beifall bei der CSU)

Wir haben in Bayern stets auf Qualität und Niveau gesetzt, und Qualität und Niveau müssen uns wichtiger als Quantität sein. Es gibt eine Aussage in der Pisa-Studie, mit zunehmender Expansion sinke das Niveau, mit zunehmender Expansion am Gymnasium werde es schwierig, ein angemessenes Leistungsniveau zu sichern. Die Klagen, die wir von der Wirtschaft und vor allem von den Universitäten bekommen, sind uns allen bekannt.

Bayern hat stets auf Qualitätssicherung und -verbesserung geachtet. Die Angebote der sechsstufigen Realschule und vor allem der M- und P-Klassen an den Hauptschulen sind nur ein Teil davon. Vor allem mit den Angeboten der Haupt- und der Realschulen wächst gerade auch für die berufliche Bildung, für die Fach- und Berufsoberschule ein neues Leistungspotenzial heran.

Ich bin davon überzeugt, dass wir diese wichtigen Säulen unseres Schulwesens ausbauen und stärken müssen, um jungen Menschen die besten Zukunftschancen zu geben. Trotz des guten Abschneidens Bayerns wird es kein Zurücklehnen geben. Unser Ziel ist es, an die internationale Spitze zu kommen. Es wurden bereits ein paar Handlungsfelder angesprochen, nämlich mehr Selbstständigkeit und Eigenverantwortung der Einzelschule, aber auch landesweite Qualitätsprüfungen. Bei