Protocol of the Session on June 26, 2002

hat auch etwas damit zu tun, dass mit Ausnahme der CSU ein breiter Konsens in diesem Land darüber besteht, dass es nicht so weitergehen soll wie in der Vergangenheit, dass Zuwanderung völlig unkontrolliert und ungesteuert in dieses Land erfolgt. Viele Menschen, die zu uns kommen – ob es uns passt oder nicht – berufen sich auf eine bestimmte Rechtsnorm, weil es dafür keine Alternative gibt. Das wissen Sie, das wissen auch die Unternehmerverbände, die Gewerkschaften und die Kirchen. Alle sind eigentlich einer Meinung, mit Ausnahme der CSU.

(Breitschwert (CSU): Das stimmt nicht!)

Ich habe gerade die Zitate derer aus dem Internet ausdrucken lassen, die der Meinung sind, dass dieses Gesetz gut ist und dass es in Kraft treten soll. Lediglich die CSU bleibt übrig, die sagt, dieses Gesetz ist schlecht. Sie tut das wider besseres Wissen. Wenn man vergleicht, was die Süßmuth-Kommission, die SPDKommission oder die Müller-Kommission vorgeschlagen haben, dann tut man sich sehr schwer, einen großen materiellen Unterschied festzustellen; den findet man

fast nicht. Man konstruiert ihn jetzt – nicht aus Sorge um die Richtigkeit des Gesetzes, sondern man konstruiert angeblich große Unterschiede, die Herr Traublinger im Übrigen nicht kennt, man instrumentalisiert sie, um eines vermeintlichen Vorteils in diesem Wahlkampf willen.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist das eigentlich Verwerfliche.

Sie wissen ganz genau, dass dieses Thema wegen seiner Komplexität dazu führen kann, dass Geister wach werden, die auch Sie nicht rufen wollen. Dennoch nehmen Sie das in Kauf, nur um eines vermeintlich kleinen Vorteils willen. Das ist schäbig. Ich sage das deutlich.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das kann man nicht machen, wenn man ansonsten nicht müde wird, das „C“ in seinem Namen vor sich herzutragen und sich bei Fronleichnamsprozessionen ganz nach vorne zu drängen und die Monstranz zu tragen.

(Lebhafter Widerspruch bei der CSU – Meyer (CSU): Das ist eine Unverschämtheit!)

Sie nehmen in Kauf, dass auf dem Rücken von Menschen billige Politik gemacht wird. Das ist schäbig.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Widerspruch bei der CSU)

Weil das so ist und weil Sie das alle wissen und das dennoch machen, kann man wirklich nur froh sein, dass nicht die CSU entscheidet, sondern das Bundesverfassungsgericht.

(Zehetmair (CSU): So ein Schwachsinn, so eine Ungehörigkeit!)

Ich bin zuversichtlich, das Bundesverfassungsgericht wird so entscheiden – –

(Zehetmair (CSU): Sie waren an Fronleichnam noch nicht dabei!)

Doch, Herr Staatsminister, daher habe ich doch meine Kenntnis von dieser Verlogenheit, die hier zum Ausdruck kommt.

(Anhaltender Beifall bei der SPD und beim BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN – Zehetmair (CSU): So ein Schmarrn!)

Im Einvernehmen mit Herrn Staatssekretär Schmid erteile ich jetzt Herrn Staatsminister Dr. Beckstein das Wort.

(Hoderlein (SPD): Der ist evangelisch, der versteht von Monstranzen überhaupt nichts!)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren Kollegen! Ich weise eine solche hinterfotzige und gemeine Darstellung fremder Überzeugungen mit großer Schärfe zurück.

(Beifall bei der CSU – Frau Werner-Muggendorfer (SPD): Damit kennen Sie sich aus! – Weitere Zurufe von der SPD)

Herr Kollege Schindler, meine eigene Überzeugung lasse ich mir von niemand absprechen. Ich sage: Es ist eine der verwerflichsten und niederträchtigsten Eigenschaften, jemand anderem seinen Glauben abzusprechen.

(Gartzke (SPD): Das hat niemand gemacht!)

Es ist niederträchtig und verwerflich, in einer derartigen Weise daherzureden, wie Sie es getan haben und wie es früher nur von den GRÜNEN gemacht worden ist: „Beckstein würde auch Jesus abschieben“. Die Landessynode hat völlig einhellig selbst mit denjenigen, die ganz eindeutig andere politische Auffassungen haben als ich, gesagt, dass dieser Umgang mit religiösen Überzeugungen in diesem Land nichts zu suchen hat. Ich fordere Sie auf: Entschuldigen Sie sich für diese Rede.

(Beifall bei der CSU – Lebhafter Widerspruch bei der SPD)

Sie können mir Bösartigkeit vorwerfen und dass ich eine falsche Auffassung habe, aber Sie haben mir überhaupt nicht zu sagen, ob ich einen Glauben habe oder nicht.

(Widerspruch bei der SPD)

Es ist eine große Frechheit, von Scheinheiligkeit und ähnlichen Dingen zu reden.

Sie müssen sich entscheiden, ob Sie mehr oder weniger Zuwanderung wollen. In den Inseraten der Bundesregierung wird der Eindruck erweckt, es werde weniger Zuwanderung geben, hier aber sagt Herr Dr. Hahnzog, dass wir mehr Zuwanderung brauchen.

(Zeller (CSU): So ist es!)

Es kann doch nicht bestritten werden, dass der Anwerbestopp aufgehoben wird.

(Zuruf des Abg. Dr. Hahnzog (SPD))

Der Anwerbestopp wird aufgehoben. Das weiß er natürlich, aber er weiß auch, dass die Leute nicht alles wissen. Deshalb bestreitet er es.

(Zuruf des Abg. Dr. Hahnzog (SPD))

Das bedeutet, dass ganz bewusst die Unwahrheit gesagt wird. Das ist kein ordentlicher demokratischer Stil.

(Beifall bei der CSU)

Das tut er auch noch mit der Überheblichkeit des Moralisten. So kann man nicht mit uns umgehen. Das könnt ihr woanders machen, aber nicht hier.

(Frau Werner-Muggendorfer (SPD): Sie schon!)

Der Anwerbestopp wird aufgehoben. Ich fordere jeden auf, der das bestreitet, eine Zwischenfrage zu stellen.

(Dr. Bernhard (CSU): Was ist jetzt?)

Der Anwerbestopp wurde übrigens seinerzeit von dem SPD-Bundeskanzler Helmut Schmidt erlassen. Er ist mehrfach modifiziert worden, übrigens auch in geringfügiger Weise von der jetzigen Bundesregierung. Der Anwerbestopp wird nun aufgehoben.

(Zuruf des Abg. Dr. Hahnzog (SPD) – Zehetmair (CSU): Das ist die Ausgeburt der Feigheit!)

Ich möchte auf die Begründung hinweisen. In der Begründung des Gesetzentwurfes heißt es wörtlich:

Zu den öffentlichen Interessen gehören im Gegensatz zum geltenden Ausländergesetz nicht länger eine übergeordnete ausländerpolitische einseitige Grundentscheidung der Zuwanderungsbegrenzung oder der Anwerbestopp.

Ich finde schon spannend, dass wir gleichzeitig eine Auseinandersetzung über die Tariftreue haben. Einerseits sagt Herr Dr. Hahnzog, er wolle eine moderne Zuwanderungsregelung mit einer höheren Zuwanderung, andererseits sagt Herr Schindler, dass nicht mehr Ausländer nach Deutschland kommen werden.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage von Frau Kollegin Lück?

Staatsminister Dr. Beckstein (Innenministerium) Ja.

Herr Staatsminister, wie ordnen Sie in diesem Zusammenhang die Schreiben des CSU-Landrats und der CSU-Abgeordneten im Oberallgäu ein, die dringend um Hilfe gebeten haben, damit im Gastgewerbe und in anderen Sektoren arbeitende Ausländer hierbleiben dürfen bzw. neue ausländische Arbeitskräfte angeworben werden?

(Dr. Hahnzog (SPD): Herr Zeller hat mit unterschrieben!)

Staatsminister Dr. Beckstein (Innenministerium) : Eigentlich hatte ich erwartet, dass Sie sagen, dass der Anwerbestop doch bestehen bleibt. Ich stelle hier offensichtlich ohne jeden Widerspruch fest, was den Fachleuten auch klar ist, dass der Anwerbestopp aufgehoben wird.