Das ist der Punkt. Diese Bundesregierung hat die Bundesrepublik Deutschland flächendeckend in Agonie gebracht, weil wir keine Steuern mehr einnehmen.
Ich könnte das auch leiser sagen, aber weil Sie permanent so laut dazwischenrufen, sage ich es ein bisschen lauter.
Ich teile Ihnen nur mit, dass alle Länder außer Bayern in diesem Jahr noch einmal weniger Steuern einnehmen werden. Die Ist-Einnahmen sind noch schlechter, als die schlechte Steuerschätzung vom Mai es vorhersagte. Deshalb wird zum Beispiel Nordrhein-Westfalen – jetzt bin ich beim Thema – bis zum Jahre 2005 ca. 4400 Steuerbeamte einsparen. In wenigen Jahren, hören Sie gut hin! Deshalb wird auch Baden-Württemberg auf der Basis eines Gutachtens 630 Stellen bis 2003 einsparen, zwischen 1993 und 2000 wurden schon 5% der Stellen abgebaut.
Anderen Ländern geht es noch schlechter; mir liegen aber keine Zahlen vor. Ich wette: Wenn Sie vor Ort
gehen, werden Sie feststellen, dass Sie nichts anderes im Kopf haben als „Abbau, Abbau, Abbau“, und zwar, weil Ihnen nichts anderes übrig bleibt, wenn Sie verfassungsgemäße Haushalte vorlegen wollen. Diese Situation ist geschaffen worden durch ein nicht mehr vorhandenes Wachstum. Ich bleibe bei meiner Aussage: Dies ist die Schuld dieser Bundesregierung.
Angesichts der Situation unserer Finanzämter wäre auch mir lieber, ich hätte eine Menge zusätzlicher Planstellen. Wenn der Finanzminister sagt: Ich stelle bei mir zusätzliche Finanzbeamte an, ich halte mich nicht an das Abbauprogramm, dann werden andere Verwaltungen mit Recht sagen: Du gehst als Finanzminister mit schlechtem Beispiel voran, dann machen auch wir nicht mehr mit. Sie in der Opposition müssen sich einmal überlegen, was Sie wollen: Wollen Sie eine Konsolidierungspolitik, wie sie Herr Strasser in einer unglaublichen Pressekonferenz – vor zwei Tagen oder einem Tag – verlangt hat, oder wollen Sie nach Belieben Ausgaben?
Beides ist nach meiner Ansicht nicht vereinbar. Deshalb haben wir eine Reihe von Maßnahmen getroffen, um trotzdem vernünftige Steuererhebungen sicherzustellen:
Erstens. Wir haben auf der Basis eines Gutachtens eine flächendeckende Reform der Finanzämter durchgeführt. Ich habe in einem ersten Schritt gesagt: Die Finanzämter und Außenstellen bleiben, wo sie sind, damit sie in der Fläche vertreten sind. Das war eine schwierige Entscheidung, weil es einzelne kleine Außenstellen mit 15 Beschäftigten gibt. Dennoch sind auch solche Ämter am Ort geblieben. Dann muss sich aber auch die innere Organisation ändern. Das habe ich gemacht. Ich bitte, in diesem Punkt dem Finanzminister – ich bekomme in diesem Zusammenhang Briefe von beiden Seiten – ein bisschen freie Hand zu geben, um den Ablauf optimieren zu können.
Das Zweite: Ich habe innerhalb von zwei Jahren sämtliche Finanzämter und Außendienste mit der besten Technik ausgestattet. Wir wären mit unserem Steuerrecht zugegebenermaßen schon längst vor die Wand gelaufen – alle in der Bundesrepublik Deutschland –, wenn wir nicht EDV-Unterstützung hätten und noch immer nach dem alten Zettelsystem vorgehen würden. Das Steuerrecht wäre anders nicht praktizierbar. Deshalb ist die technische Ausstattung und die Softwareausstattung von erheblicher Bedeutung. Da eine ganze Mannschaft motivierter Beamter das in Bayern geschafft hat, habe ich sie erst neulich für einen Tag nach München zu einer besonderen Zusammenkunft in die Residenz eingeladen, um ihnen für ihre Arbeit zu danken, weil sie die Arbeit der Finanzämter aufrecht erhalten.
Schließlich haben wir auch Servicezentren bei allen Finanzämtern eingerichtet. Mehr als 90% aller Bürger, die das Finanzamt aufsuchen, werden durch diese modern eingerichteten Servicezentren abschließend bedient. Dadurch schaffen wir Luft für die Arbeit der Sachbearbeiter, wie mir überall bestätigt wird. Dabei wird
selbstverständlich infolge des großen Anfalls von Steuersachen notwendigerweise selektiert. Das macht die Steuerverwaltung immer schon so. Sie hat immer schon eine Schwerpunktbildung vorgenommen. Es gibt eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass in Standardfällen eine richtige Steuererklärung vorgenommen wird. In diesen Fällen rentiert es sich gewissermaßen nicht so sehr nachzufassen wie bei anderen Fällen, die aufgrund statistischer Erkenntnisse für den Fiskus eher etwas bringen. Dies haben alle Finanzverwaltungen in der Bundesrepublik Deutschland unter allen Regierungen der Nachtragsgeschichte immer so gemacht.
Es gibt sogar einen Verwaltungserlass, die so genannte GNOFA, die dieses Vorgehen bundesweit systematisiert hat. Dieser Erlass ist aber nicht so toll und wird gegenwärtig in Abstimmung mit allen Ländern erneuert und verbessert. Deshalb ist es billige Polemik zu sagen, den einen lässt man durch und den anderen nicht. Ich will doch hoffen, dass in unseren Finanzämtern möglichst intelligent Schwerpunkte gesetzt werden. Wenn das nicht geschieht, ist das Steuerwesen nicht mehr administrierbar. Es war in der Vergangenheit genauso, wie es heute ist. Deshalb kann ich nur sagen: Wir sollten unsere Auswahlsysteme optimieren und nicht gegen den Urgrund, ein Auswahlsystem bei den Steuererklärungen zu machen, polemisieren.
Ich würde gerne den Wünschen unserer Mitarbeiter entgegenkommen und sofort sämtliche Beförderungsmöglichkeiten wahrnehmen. Es gibt Staus bei den Beförderungsämtern nach A 8, A 9 und A 11, die ich gerne von einem Jahr zum anderen auflösen würde. Es gibt mit Sicherheit Engpässe, an dem einen oder anderen Finanzamt mehr oder weniger. Ich muss aber alle Maßnahmen im Rahmen der Möglichkeiten treffen, die mir der Haushalt zur Verfügung stellt. Ich hatte nach internen Gesprächen sehr weitgehende Planungen für diesen Doppelhaushalt. Die Bundesregierung hat mir mit ihrer nicht vorhandenen Wachstumspolitik dieses Instrument aus der Hand geschlagen. Ich habe das Geld – ebenso wie andere Länder – dazu nicht. Das ist der eigentliche Skandal des heutigen Tages.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Staatsminister, Sie hatten die Ausführungen der Kollegin Naaß nicht gehört. Als Sie hereingekommen sind, haben Sie trotzdem dieselbe abfällige Handbewegung wie bei Frau Kollegin Kellner gemacht. Ich möchte Sie daran erinnern. Das ist anscheinend bei Ihnen ein üblicher Stil. Sie prägen damit auch – weil Sie davon gesprochen haben – den Stil des Hauses. Man sollte in diesem Punkt sehr vorsichtig sein und etwas behutsamer damit umgehen.
Wenn wir schon von Stil sprechen: Beim Kollegen Peterke kann ich es ja noch verstehen, dass er meint, er könne das Ganze mit dem Hinweis auf den Wahlkampf abtun. Was Sie aber gemacht haben, Herr Staatsminister, war Wahlkampf pur.
Sie waren doch derjenige, der vor kurzem – wenn ich richtig informiert bin – die Absetzung dieses Punktes gerne wollten, weil Sie bei der Aussprache mit dabei sein wollten. So war zumindest meine Information aus Ihrem Hause. Sie wollten also bei der Behandlung dieses Themas anwesend sein, aber heute waren Sie nicht rechtzeitig da.
Es geht doch nicht darum, die Steuerpolitik insgesamt aufzugreifen. Wenn Sie das machen wollen, so machen Sie das eben. Es geht darum, dass wir mit einem Antrag lediglich die Staatsregierung auffordern wollen, den Stellenabbau in Ihrem Hause zu stoppen. Der Antrag ist doch nicht ohne Grund erfolgt. Sie müssen in gewisser Weise doch selbst zugeben – auch Kollege Peterke hat es gemacht –, dass die Situation für die Bediensteten in den Finanzämtern äußerst problematisch ist.
Es handelt sich um eine Überbelastung, die auf Dauer nicht hinnehmbar ist. Gleichzeitig wundern wir uns – das ist das, was ich nicht kapiere –, dass bei dieser Situation in den Finanzämtern die Einnahmen nicht so fließen, wie sie sollten.
Früher haben Sie das noch damit abgetan, es handle sich um eine Neiddiskussion, wenn man ordentliche Steuerprüfungen forderte. Ich kann mich in diesem Zusammenhang an Herrn Wiesheu erinnern, der mir das in diesem Hause einmal vorgehalten hat. Sie haben teilweise sogar mit einem Standortvorteil für Bayern argumentiert, wenn nicht so viele Steuerprüfungen vorgenommen würden. Schade, dass Sie gerade nicht zugehört haben. Sie wurden abgelenkt.
Führen wir die Situation noch einmal auf die Ursachen zurück: 1500 Stellen fehlen. Warum reden Sie dann von billiger Polemik, Herr Staatsminister? Niemand hat hier billige Polemik gemacht, außer Ihnen vielleicht. Wenn jemand so etwas behauptet, fällt das meist auf ihn selbst zurück. Ich kann Ihre Situation sehr gut verstehen, dass es schwierig ist, anderen Häusern vorzuschlagen, Stellen abzubauen und gleichzeitig im eigenen Haus anders zu handeln. Ich weiß zwar, dass das nicht leicht ist, man sollte das aber nicht mit der Bemerkung abtun, der andere betreibe nur Polemik. Fest steht auch – wir müssen vielleicht in diesem Hause noch intensiver darüber diskutieren –, dass die Personalquote von zur Zeit 40% steigen wird. Die Diskussion ist meines Erachtens eine verkehrte Diskussion. Die Personalquote von 40 oder 45% ist keine heilige Kuh. Personal muss in dem Umfang vorhanden sein, in dem es für die Erfüllung der Aufgaben erforderlich ist.
Ich verstehe diese Argumentation nicht. Warum kommt von Ihrer Seite nicht mehr, warum sagt man nicht: Wenn ich mehr Menschen zu vernünftigen Bedingungen beschäftige, ist es möglich, mehr Steuereinnahmen zu erzielen. Herr Staatsminister, Sie wissen genauso gut wie ich, dass eine Steuerprüferin und ein Steuerprüfer, der in der Finanzverwaltung tätig ist, sein Gehalt mehrfach hereinbringt. Es gibt Berichte des Rechnungshofs und Anfragen, die von Ihrem Haus selber beantwortet wurden, darüber, dass eine Steuerprüferin bzw. ein -prüfer ungefähr 1 bis 1,5 Millionen in die Steuerkasse bringen. Wenn man mehr Steuerprüfer beschäftigte, hat man logischerweise mehr Steuereinnahmen, die man für Investitionen, aber auch für eine gute und vernünftige Besoldung und Beschäftigung des Personals sinnvoll verwenden kann.
Ich würde das manchmal nicht so locker vom Hocker ansehen, wie Sie es machen. Es gibt doch den Haushaltsgrundsatz, den ich vor vielen Jahren einmal gelernt habe, dass den Haushalt und die Finanzpolitik Gerechtigkeit und Transparenz – vielleicht auch Zuverlässigkeit und Dauer – prägen sollten.
Es geht nicht um den Minister. Bevor Sie eine Zwischenfrage stellen, sollten Sie einmal nachdenken; Sie haben gar nicht zugehört.
Gerechtigkeit und Transparenz sollten die Steuerpolitik und das Verhalten der Finanzämter, die die Steuerpolitik umsetzen, kennzeichnen. Aber, Herr Staatsminister, ich muss eines sagen: Ich bin der Auffassung, dass Sie sich leider an diesem Grundsatz nicht orientieren, sondern diese Debatte auch heute wieder dazu genutzt haben, um Wahlkampf zu machen.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Herr Finanzminister, wer genau zugehört hat, stellt fest: Sie haben uns in der Sache Recht gegeben. Als es um die Beschäftigten ging, haben Sie gesagt: Ich würde gerne mehr Leute einstellen; denn Sie wissen selbst, dass Sie diese Leute brauchen. Aber leider haben Sie sich mit der Situation an den Finanzämtern nicht intensiv beschäftigt. Ihr Hauptanliegen in Ihrem Redebeitrag war vielmehr wahlkampf-motiviert.
So werden wir das nicht stehen lassen. Es stimmt, dass im letzten Jahr und in diesem Jahr die Steuereinnahmen nicht in der geschätzten Höhe gestiegen sind, aber sie werden nach der letzten Schätzung – hoffentlich und Gott sei Dank – 2002 nicht hinter die Einnahmen von 2001 zurückfallen. Für die kommenden Jahre ist nach
der jetzt vorliegenden Steuerschätzung eine Zunahme veranschlagt. Ich halte fest: Die Steuereinnahmen sind nicht, wie erwartet und geschätzt, angestiegen. Es gab aber auch keinen Rückgang hinter das Soll.
Wenn von der Gesellschaft gewünschte Steuerentlastungen durchgeführt werden, können Sie nicht erwarten, dass dann auch die Einnahmen explosiv ansteigen. Wenn ich mich richtig erinnere, hätte Ihr Steuerkonzept, das Sie vor der letzten Wahl vorgeschlagen und mit dem Sie auch im Bundesrat gekämpft haben, zu weit stärkeren Einnahmeausfällen geführt als das, was die Bundesregierung im Hinblick darauf gemacht hat, dass die öffentlichen Haushalte nicht unbegrenzt belastbar sind.
Es muss hier redlich diskutiert werden. Sie wissen genau, dass wir 1996 und 1997 unter der Regierung Waigel/Kohl bundesweit tatsächlich einen Steuerrückgang hinter das Vorjahressoll hatten. In Bayern sind Sie gerade noch mit plus/minus null davongekommen. Die Not war so groß, dass Theo Waigel höchstpersönlich eine Ökosteuer einführen wollte. Der Kollege Herrmann schaut jetzt gleich weg, weil er weiß, dass er dran kommt. Er selbst wurde als Generalsekretär Nummer zwei, als Emissär, vorgeschickt und musste in Bayern vorfühlen, ob dem die CSU zustimmen würde.
Das ganze Vorhaben hat einen Tag gedauert. In Berlin waren Schäuble und Waigel für die Ökosteuer. Aus Bayern hieß es, das komme nicht infrage. Herr Herrmann musste mit eingezogenem Kopf gen Berlin reisen und seine Niederlage verkünden.
Nein, dies alles ist durch Zeitungsartikel belegt. Ich reiche sie Ihnen nachher gerne zu. Herr Herrmann, ich kann mich an die großen Schlagzeilen genau erinnern. So war es.