Protocol of the Session on October 25, 2001

Sie, selbstverständlich unter der Verantwortung des Landesvorsitzenden, schädigen den Ruf der Stadt überregional. Was sollen denn die Gäste, die sich derzeit in München aufhalten oder später kommen, davon halten, dass die bayerische Regierungspartei CSU Terroristen in München frei herumlaufen lässt? Was soll denn die Münchner Wirtschaft davon halten, dass der wichtige Wirtschaftsstandort München von Terroristen besetzt sein soll unter Duldung der CSU-Regierungspartei? Nein, Sie schüren die Angst, meine Damen und Herren von der CSU, Angst in der Münchner Bevölkerung, um einer gesichtslosen Münchner CSU zum Erfolg zu verhelfen und politischen Honig aus dem Terroranschlag zu ziehen.

Ich möchte aus dem Brief eines Bürgers an die „tz“ zitieren:

Hat die CSU denn jegliche Vernunft verloren? Dieses Plakat ist absolut lächerlich, aber schlimmer noch, absolut volksverhetzend. Hier wird öffentlich mit der Angst der Menschen gespielt. Alle reden zurzeit von Trittbrettfahrern. Wolf ist der allerschlimmste davon.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, dieser Bürger hat Recht. Interessant ist auch, dass die Münchner CSU damit einen Frontalangriff auf das bayerische Innenministerium fährt. Dieses Plakat muss auch unter diesem Aspekt gesehen werden. Was steht denn auf diesem Plakat? Nehmen wir einmal an, die Münchner CSU wäre ernst zu nehmen und man würde eine Aussage, die sie plakatiert, für bare Münze nehmen. Herr Innenminister, in diesem Falle stünde auf dem Plakat, dass es in der bayerischen Landeshauptstadt rund um die Staatskanzlei und das Innenministerium des Freistaates Terrorgruppen oder Terrorzellen gibt. Man beachte hier die Mehrzahl: Terrorzellen.

Die Stadt München wäre also ein Hort von Terrorzellen. Diese Terrorgruppen, bestehend aus mehreren Personen, würden in Bayern, ungehindert von Polizei, Landeskriminalamt und dem bayerischen Verfassungsschutz,

ihr Handwerk ausüben und dazu noch öffentlich gefördert werden. Ich möchte nicht in der Haut des Innenministers stecken, der mit einem solchen Vorwurf von der eigenen Partei konfrontiert wird. Herr Innenminister, Sie müssen Auskunft darüber geben, ob diese angeblichen Terrorzellen in München beobachtet werden. Sie müssen Auskunft geben, warum sie nicht überführt werden, obwohl gesagt wurde, dass es sie in München gibt.

Warum lässt man diese Gruppen in München ihrem schrecklichen Handwerk nachgehen und auch noch die Miete kassieren? Wofür haben wir eigentlich ein Landeskriminalamt, Polizeibehörden und den bayerischen Verfassungsschutz? Die CSU behauptet, dass die Regierung wisse, dass es in München Terrorzellen gäbe und seit Monaten nichts dagegen tue. Seit der Plakatierung am letzten Montag wurde kein einziges Mitglied dieser Terrorzellen festgenommen. Warum nicht, Herr Innenminister?

(Beifall bei der SPD)

Wollen Sie diese Terrorzellen, die es nach Aussage Ihrer eigenen Partei rund um die Staatskanzlei gibt, einfach weiterarbeiten lassen? So sähe die Realität aus, wenn man die Plakate der Münchner CSU ernst nähme. Die Münchner CSU war gestern in einer Debatte des Stadtrates nicht bereit, dieses Plakat zu verurteilen, es abzuhängen und sich bei der Bevölkerung der Landeshauptstadt und bei den Bürgern zu entschuldigen. Ich meine deshalb, dass jetzt die Parteispitze Bayerns eingreifen muss. Meine Damen und Herren, wir erwarten zu diesem verleumderischen Plakat ein Machtwort des Landesvorsitzenden der CSU.

(Beifall bei der SPD)

Wenn der bayerische Ministerpräsident oder zumindest der bayerische Innenminister kein solches Machtwort spricht, machen sie sich für die Aussagen auf diesem Plakat mitverantwortlich. Dann wird dieses Plakat zu einem Plakat der bayerischen CDU.

(Zuruf von der CSU: CSU!)

Ich bedanke mich für den freundlichen Hinweis.

(Zuruf von der CSU: Üben!)

Meine Damen und Herren, bevor Sie sich echauffieren, sorgen Sie dafür, dass dieses Plakat abgehängt wird. Das wäre wichtiger, als hier über den Versprecher eines Landtagskollegen zu lachen.

(Beifall bei der SPD)

Sorgen Sie dafür, dass dieses Plakat verschwindet, und entschuldigen Sie sich bei der Bevölkerung der Landeshauptstadt und bei den Bürgern dieses Landes für diesen verleumderischen Vorwurf.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sehen Sie sich außerdem einmal die Kommentare an, die heute in der Presse zu finden sind. Sie können dort viele Artikel lesen, die Sie zum Nachdenken zwingen werden. Ich schließe mich dem Kommentar der „Süddeutschen Zeitung“ an.

(Gabsteiger (CSU): Wen wundert‚s?)

Dort steht, diese Aussage auf dem CSU-Plakat sei niederträchtig und absurd.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, dem ist nichts hinzuzufügen. Die heutige Debatte um Sicherheit wäre ein Hohn, wenn es zugelassen würde, dass öffentlich solche Aussagen gemacht und solche Plakate aufgehängt würden. Meine Damen und Herren, es geht nicht, dass Sie hier im Parlament den großen Sicherheitssheriff spielen und in der Landeshauptstadt plakatieren, dass es dort Terrorzellen gäbe und dagegen nichts getan werde.

(Beifall bei der SPD)

Aus diesem Grunde erwarten wir eine Klarstellung von den Kolleginnen und Kollegen der CSU. Ich habe gehört, dass es innerhalb der CSU durchaus kritische Stimmen zu diesem Plakat gibt. Wenn sich die CSU-Führung nicht dazu hinreißen lässt, ein Machtwort zu sprechen und diese Aussage zu kommentieren, erwarten wir wenigstens von denen, die glauben, dass dieses Plakat verkehrt ist, eine deutliche Aussage. Andernfalls wäre das Ihr Plakat; das Plakat jedes einzelnen Abgeordneten der CSU. Meine Damen und Herren, ich bitte um Zustimmung zu unserem Dringlichkeitsantrag. Damit klar wird, welche Punkte von Ihnen mitgetragen werden, bitte ich den Herrn Präsidenten, punktweise abstimmen zu lassen.

(Beifall bei der SPD)

Ich gebe jetzt das Abstimmungsergebnis der namentlichen Abstimmung zum Dringlichkeitsantrag der CSU-Fraktion betreffend „Maßnahmen des Bundes für eine verantwortungsvolle Sicherheitspolitik einfordern“ auf der Drucksache 14/7706 bekannt. Mit Ja haben 92, mit Nein 57 Kolleginnen und Kollegen gestimmt. Ein Kollege bzw. eine Kollegin hat sich der Stimme enthalten. Damit ist der Dringlichkeitsantrag angenommen.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 2)

Nun hat Herr Staatsminister Dr. Beckstein ums Wort gebeten.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe ums Wort gebeten, um in der Sache eine Richtigstellung zu machen, weil dies für die weitere Diskussion wichtig ist. Herr Kollege Pfaffmann, ich lasse es nicht zu, dass Sie den Eindruck erwecken, bayerische Sicherheitsbehörden seien hier in irgendeiner Weise beteiligt. Sie wissen ganz genau – weil Sie es hier zitiert haben –, dass das

Ermittlungsverfahren ein Ermittlungsverfahren des Generalbundesanwalts ist und dieser das Ermittlungsverfahren dem Bundeskriminalamt übertragen hat.

(Frau Radermacher (SPD): Warum wird das dann plakatiert?)

Insoweit ist es eine fiese Art und Weise, den Eindruck zu erwecken, dass sich dieses Plakat gegen bayerische Sicherheitsbehörden richten würde.

(Beifall bei der CSU)

Auf die weiteren Fragen werde ich zu einem späteren Zeitpunkt eingehen. Es muss jedoch klar sein, dass es hier um ein Ermittlungsverfahren des Generalbundesanwalts geht, an dem bayerische Sicherheitsbehörden nicht unmittelbar beteiligt sind.

(Beifall bei der CSU – Frau Werner-Muggendorfer (SPD): Das wissen die bayerischen Behörden gar nicht? Das ist ja interessant!)

Ich erteile Herrn Kollegen Glück das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Haedke wird später noch zu inhaltlichen Fragen, die im Hintergrund gestellt wurden, Stellung nehmen. Drei Bemerkungen zu einigen Fragen, die sich in München sehr wohl stellen: Erstens sind die lokale Wahlkampfführung und die Gestaltung eines Plakates keine Themen, die der Beurteilung im Bayerischen Landtag unterliegen.

(Beifall bei der CSU)

Wir haben zu keinem Zeitpunkt Internetseiten der Jusos oder andere Aktivitäten der SPD zum Gegenstand einer Beschlussfassung im Bayerischen Landtag gemacht.

(Beifall bei der CSU – Zurufe von der SPD)

Zweitens liegt die Verantwortung für Plakate und für die Wahlkampfführung auf der jeweiligen Ebene der Partei. Die CSU-Landtagsfraktion begrüßt die Entscheidung der Verantwortlichen in der Führung des Bezirksverbandes München ausdrücklich, dieses Plakat im Wahlkampf nicht mehr einzusetzen.

(Beifall bei der CSU)

Die dieser Entscheidung zugrunde liegende Bewertung, dass dieses Plakat wohl nicht geeignet ist, eine solche inhaltliche Auseinandersetzung zu führen, entspricht auch unserem Meinungsbild.

Drittens haben weder die Münchener CSU noch die CSU insgesamt von Ihnen eine Belehrung über Engagement in Fragen der Sicherheit und der Bekämpfung des Terrorismus notwendig.

(Beifall bei der CSU)

Die CSU hat ebenso wenig in Bezug auf ihre Liebe und ihr Engagement für diese Stadt einen Nachholbedarf oder eine Belehrung notwendig.

(Beifall bei der CSU – Zuruf von der SPD: Scheinbar schon!)

Das Wort hat jetzt Frau Kollegin Schopper.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kollege Glück, ich hätte mir von Ihnen als moralische Instanz der CSU, da Sie in Ihrem Umgang und in Ihrer Arbeitsweise stets sehr viel Moral einfordern, deutlichere Worte erwartet.