Herr Staatsminister, ich darf mich herzlich bei Ihnen bedanken und jetzt Frau Staatsministerin Stewens bitten, die nächsten beiden Fragen zu beantworten. Die Frage von Frau Kollegin Peters übernimmt Frau Kollegin Narnhammer.
Frau Staatsministerin, sieht die Staatsreigerung eine Möglichkeit, in Ruhstorf an der Rott auch wegen des weiteren Zuzugs in der Umgebung – zum Beispiel in Sandbach, Ebersberg und Vornbach – eine dritte Vorbereitungsklasse für jugendliche Spätaussiedler zu bilden, damit sie den qualifizierenden Hauptschulabschluss erreichen können, um zu vermeiden, dass betroffene Jugendliche zur Untätigkeit verdammt und eventuell straffällig werden, weil sie wegen der Überfüllung der bisherigen Klassen nur auf einer Warteliste stehen und erst im nächsten Jahr zum Zuge kommen würden?
Frau Kollegin Narnhammer, bei den angesprochenen Vorbereitungsklassen für jugendliche Spätaussiedler in Ruhstorf an der Rott handelt es sich um Integrationssprachkurse mit dem Ziel eines qualifizierenden Schulabschlusses, die aus dem Garantiefonds für den Schulund Berufsbildungsbereich des Bundes gefördert werden. Im Rahmen des Garantiefonds werden in Bayern für die Zielgruppe auch Integrationssprachkurse mit zusätzlichen berufsorientierenden Bestandteilen durchgeführt. Ziel der Sprachkurse ist es, den nicht mehr schulpflichtigen jugendlichen Spätaussiedlern den Start in das Berufsleben mit einer abgeschlossenen Schulausbildung und ausreichenden Deutschkenntnissen zu erleichtern.
Mit den vom zuständigen Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Haushaltsjahr 2001 zugewiesenen Fördermitteln in Höhe von 17,9 Millionen DM können im laufenden Schuljahr 2001/2002 in Bayern insgesamt 63 Garantiefonds-Sprachkurse gefördert werden. Aufgrund der restlos verplanten Haushaltsmittel kann die Förderung weiterer Integrationssprachkurse nur dann in Betracht kommen, wenn das Bundesfamilienministerium hierfür weitere Ausgabemittel bereitstellt. Die Zuweisung weiterer Haushaltsmittel hängt von der Bedarfssituation in den anderen Bundesländern ab. Das Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen hat bereits angesichts der hohen Nachfrage nach Sprachkursen an einzelnen Standorten in Bayern einen Mehrbedarf beim Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend angemeldet. Selbstverständlich wird bei einer zusätzlichen Mittelzuweisung auch die Möglichkeit für die Durchführung eines weiteren Sprachkurses in Ruhstorf an der Rott, Sandbach, Ebersberg, Vornbach geprüft werden.
Im Übrigen möchte ich noch darauf hinweisen, dass sich das Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen auch in der Vergangenheit erfolgreich für die Bereitstellung von Garantiefondsmitteln eingesetzt hat. So liegen beispielsweise die im Haushaltsjahr 2001 bereits jetzt verfügbaren Fördermittel in Höhe von 17,9 Millionen DM mit 16,3% – bezogen auf das bundesweite Gesamtvolumen von 109,5 Millionen DM – über der von Bayern aufzunehmenden jährlichen Spätaussiedlerquote von 14,4%. Sie sehen also: Wir tun alles, um an die Bundesmittel heranzukommen.
Der Bund hat es gehört. – Liebe Frau Staatsministerin, können Sie mir sagen, wie viele Schülerinnen und Schüler zur Zeit auf der Warteliste stehen und ob diese im nächsten Jahr alle zum Zug kommen werden?
Nach dem derzeitigen Sachstand gibt es an den Standorten Waldkraiburg, Nürnberg, Straubing und Traunstein zusätzlichen Bedarf an Integrationssprachkursen, der über dem von Ihnen angesprochenen Bedarf in Ruhstorf an der Rott liegen dürfte. Wie viele Schüler das exakt sind, kann ich Ihnen nicht sagen. Wir können das aber eruieren.
Herr Präsident, Frau Ministerin! Wie viele Kindernotrufe gibt es pro Bezirk in Bayern; wie ist das Verhältnis Einwohner zu Kindernotrufen in den einzelnen Bezirken, und nach welchen Kriterien entscheidet die Staatsregierung über die Förderung bereits bestehender oder neu einzurichtender Kindernotrufe?
Frau Kollegin, Herr Präsident! Kindernotrufe etablieren sich unter Nutzung der unterschiedlichen Medien und für verschiedene Zielgruppen. Soweit es sich um Angebote der Kinder- und Jugendhilfe handelt, liegen diese originär in der Planungs- und Gesamtverantwortung der kreisfreien Städte und Landkreise. Die Initiativen orientieren sich am regionalen Bedarf und an den jeweiligen finanziellen Ressourcen. Da sie nicht statistisch erfasst werden, besteht kein exakter Überblick über die bestehende Zahl an Kindernotrufen. Mittlerweile wird auch das Internet immer mehr als Medium für die Beratung genutzt, wodurch die Zahl der Einwohner pro Bezirk nicht in ein aussagekräftiges Verhältnis zur Zahl an Kindernotrufen gestellt werden kann. Die Situation der Kindernotrufe stellt sich in Bayern wie folgt dar:
Erstens. Die letzte aufwendige Gesamterhebung 1998 der Kinder- und Jugendtelefone im Rahmen der Kinderund Jugendhilfe ergab folgendes Bild: Oberbayern 12, Niederbayern 16, Oberpfalz 5, Oberfranken 6, Mittelfranken 8, Unterfranken 5 und Schwaben 14. Das sind in Bayern über alle Regierungsbezirke verteilt insgesamt 66 Notrufe.
Das Sozialministerium fördert beim Deutschen Kinderschutzbund im Rahmen der Stärkung des ehrenamtlichen Engagements eine Fachkraft mit 50% der Personalkosten, um ehrenamtliche Mitarbeiter der Kinder- und Jugendtelefone insbesondere durch Aus- und Fortbildung zu unterstützen. Die einzelnen Kinder- und Jugendtelefone erhalten keine sonstigen staatlichen Zuschüsse.
Zweitens. Mit dem „Sorgen-chat“, der Online-Beratung im Rahmen der Erziehungsberatung, fördert das Sozialministerium seit September 2000 modellhaft ein Projekt der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung, mit dem Erfahrungen und Erkenntnisse gewonnen werden sollen, inwieweit junge Menschen auch in Krisensituationen das Internet nutzen. Weiter sollen Erkenntnisse gewonnen werden, inwieweit dieses Medium als Beratungsinstrument in Krisensituationen geeignet ist. Für dieses zweijährige Modellprojekt wurden 250000 DM bereitgestellt.
Drittens. In Bayern existieren 32 staatlich geförderte Notrufe für misshandelte Frauen und Mädchen, die diesen schwerpunktmäßig Beratung und Hilfe bei sexueller Gewalt, in der Regel aber auch bei anderen körperlichen oder psychischen Misshandlungen bieten. Ein Teil der Notrufe steht auch Jungen, die von sexueller Gewalt betroffen sind, als Hilfsangebot in dieser besonderen Situation zur Verfügung.
Frau Ministerin, Sie sprachen davon, dass die Kindernotrufe nach Bedarf eingerichtet werden. Wie erfolgt die Erhebung und der Nachweis des Bedarfs? Wie wird vor einer eventuellen Förderung der Bedarf geprüft?
Frau Kollegin Gote, ich habe vorhin gesagt, dass es sich in der Regel um Angebote der Kinder- und Jugendhilfe handle, deren Planung originär der Gesamtverantwortung der kreisfreien Städte und Landkreise unterliege. Der Bedarf innerhalb der kreisfreien Städte – ich denke an Ballungsräume wie München, Augsburg oder Ingolstadt – ist anders als der Bedarf im ländlichen Raum. Deswegen haben wir – wie ich eingangs gesagt habe – keinen exakten Überblick darüber, wie viele Kindernotrufe es tatsächlich gibt.
Bin ich richtig darüber informiert, dass Sie die Förderanträge von den Einrichtungen erhalten, also nicht über die Städte oder die Landkreise, dass also die Einrichtungen den Bedarf begründen müssen?
Ich habe vorhin bereits gesagt, dass die Planung für Kinder- und Jugendhilfe in der Verantwortung der kreisfreien Städte und Landkreise liege. Die Anträge kommen über die Träger, die kreisfreien Städte und die Landkreise.
Damit ist die Fragestellung erledigt und die Zeit der Fragestunde abgelaufen. Der Ältestenrat wird darüber nachzudenken haben, ob es angesichts der Verkehrsverhältnisse in München klug ist, so früh eine Fragestunde anzusetzen.
Für die heutige Sitzung ist die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN für die Aktuelle Stunde vorschlagsberechtigt. Sie hat das oben angeführte Thema gewählt.
Die einzelnen Redner dürfen grundsätzlich nicht länger als fünf Minuten sprechen. Auf Wunsch einer Fraktion kann einer ihrer Redner zehn Minuten in Anspruch nehmen; dies wird auf die Gesamtredezeit der jeweiligen Fraktion angerechnet. Wenn ein Mitglied der Staatsregierung kraft seines Amtes das Wort nimmt, wird die Zeit seiner Rede nicht mitgerechnet. Ergreift ein Mitglied der Staatsregierung das Wort für mehr als zehn Minuten, erhält auf Antrag einer Fraktion eines ihrer Mitglieder Gelegenheit, fünf Minuten ohne Anrechnung auf die Zeit der Dauer der Aussprache zu sprechen. Ich bitte, auf mein Signal zu achten. Der erste Redner ist Herr Kollege Dr. Dürr. Er spricht zehn Minuten. Herr Kollege, Sie haben das Wort.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ministerpräsident Dr. Stoiber, Minister Zehetmair und die Hochschul- und Wirtschaftspolitiker der CSU wollen die besten Köpfe der Welt nach Bayern holen.
Ganz anders als diejenigen, die glauben, Wunder wie attraktiv ihre selbst gebastelte Leitkultur ist, reißen sich die besten Köpfe der Welt nicht darum, bei bayerischen
Firmen anzuheuern. Kürzlich hat das Institut der Deutschen Wirtschaft wieder darauf hingewiesen, dass keine ausländischen Akademiker vor den Türen deutscher Unternehmen Schlange stehen, sondern dass die Unternehmen in Deutschland selbst aktiv werden und erhebliche Anstrengungen unternehmen müssen, um Bewerber zu bekommen. Hier herrscht scharfer internationaler Wettbewerb. Auch deshalb muss die Staatsregierung endlich dafür sorgen, dass sich die besten Köpfe in der Welt bei uns wirklich willkommen fühlen.
Was erwartet ausländische Studierende, wenn sie heute zu uns nach Bayern kommen? – Ärger mit den Ausländerbehörden, zu wenig Betreuung, überforderte Beratungsstellen, überfüllte Kurse, Probleme bei der Jobund Zimmersuche und bayerische Behörden, die sie als internationale Terroristen verdächtigen. Das alles ist kein Ruhmesblatt für Bayern.
Deshalb fordern wir die Staatsregierung auf, die Situation ausländischer Studierender in Bayern schleunigst zu verbessern. Die Staatsregierung muss erstens die finanziellen, räumlichen und personellen Engpässe der Hochschulen schnellstens beheben, und zweitens muss sie endlich damit aufhören, ausländische Studierende pauschal als Gefahr für das Allgemeinwohl zu verdächtigen.
Ausländische Studierende sind ein Gewinn für Bayern. Die Münchner LMU sagt, der Ruf der Universitäten hängt auch von ausländischen Studierenden ab, und sie sei glücklich über ihre ausländischen Studierenden.
Damit wären wir ein großes Stück weiter. Es reicht nicht, dass Minister Zehetmair Bewerbern aus dem Ausland weiter Mut für ein Studium an einer bayerischen Hochschule machen will. Sie müssen die Erwartungen, die Sie wecken, auch erfüllen, Herr Minister.
Es genügt nicht, Herr Minister, zu sagen, das Sicherheitsbedürfnis dürfe nicht dazu führen, dass man allen Ausländern mit Misstrauen begegnet. Die Staatsregierung muss das nicht nur sagen, sondern sie muss auch entsprechend handeln. Ich schaue auf die rechte Seite der Regierungsbank, aber da sitzt keiner.