Protocol of the Session on October 10, 2001

(Beifall bei Abgeordneten der CSU – Zuruf von Frau Narnhammer (SPD))

Dann kommt das Nächste: Jetzt werfen Sie uns vor, dass wir einen bayerischen Sonderweg beschreiten und eine ganz andere Regelung als in anderen Ländern treffen würden. Das ist natürlich systemimmanent. Wenn sich der Bundesgesetzgeber nicht in der Lage sieht, eine bundeseinheitliche Regelung zu treffen, dann bleibt nichts anderes übrig, als dass das die Länder machen. Jetzt gibt es sogar die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes dazu, in der steht – ich zitiere –:

Unterschiedliche Ausführungsgesetze der Länder über die Zuständigkeit und das Verfahren hinsichtlich des Personenstandes der eingetragenen Lebenspartnerschaften führen auch nicht zu einem problematischen Mangel an Transparenz im Personenstandswesen. Landesbezogene Unterschiede sind vielmehr Ausdruck der grundgesetzlichen föderalen Kompetenz.

Also, kurz und gut, ich glaube, es ist nicht schlecht, dass Bayern hier eine spezielle Regelung getroffen hat. Im Hinblick auf die Wichtigkeit dieser vermögensrechtlichen Verfügungen ist das sogar notwendig. Wenn sich die anderen Länder das genau überlegt hätten, hätten sie vielleicht auch eine derartige Regelung getroffen. Ich darf Sie bitten, dem Gesetzentwurf so zuzustimmen.

(Beifall bei der CSU)

Als Nächste hat Frau Kollegin Stahl das Wort.

Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Ich kann die Erregung des Herrn Ministers nur darauf zurückführen, dass er eine Klage verloren hat; denn ansonsten wäre es eigentlich nicht nötig gewesen, sich hier derartig „aufzumanndeln“.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Bereits vor eineinhalb Jahren haben wir die Staatsregierung aufgefordert, Vorkehrungen für eine Eintragung auf den Standesämtern zu treffen. Wir wollten, dass die Standesämter als zuständige Behörde festgelegt werden, wir wollten, dass Formulare und Verfahren vorbereitet werden und dass man sich eine Zeremonie überlegt. Wir haben Sie deshalb dazu aufgefordert, weil wir davon

überzeugt waren, dass das Gesetz kommen wird und dass es Bestand hat. Mit den Änderungen im Detail, die jetzt aufgrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts eventuell noch erfolgen werden, werden wir sicherlich leben können. Die Eintragung an sich wird auf jeden Fall bleiben und deswegen sitzen wir jetzt zusammen und reden über Eintragungsmöglichkeiten.

Wir begrüßen es, dass die SPD einen Entwurf vorgelegt hat, der noch einmal den Vorschlag aufgreift, das Standesamt als zuständige Behörde zu benennen. Und wir fragen uns natürlich, warum Sie nach wie vor Paaren, die sich füreinander entschieden haben, die zueinander stehen wollen, die sich gegenseitig unterstützen wollen, die gesellschaftliche Anerkennung versagen. Wenn man sich bei den Notaren einträgt, erweckt das den Eindruck, dass das Ganze Privatsache ist. Ihre Argumentation, gerade Gleichgeschlechtliche bräuchten eine Beratung, weil sie so viele vermögensrechtliche Verfügungen zu treffen hätten, ist schlichtweg lächerlich. Ich frage mich, ob nicht viele, viele Paare diese Beratung vorher, bevor sie eine Ehe eingehen, auch bräuchten und ob man nicht im Grunde genommen alle, bevor sie heiraten, zum Notar schicken sollte, damit sie wissen, worauf sie sich einlassen. Vielleicht könnten wir dann auch die Scheidungsrate ein bisschen zurückfahren.

Wir sind deshalb der Meinung: Weil es um die gesellschaftliche Anerkennung geht, brauchen wir die Eintragung bei den Standesämtern und nicht bei den Notaren. Bayern hat sich hier zur Lachnummer in der Bundesrepublik gemacht, nachdem Sie den bayerischen Sonderweg mit dieser Eintragungsform gewählt haben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir sind der Auffassung, dass die Weigerung, die Standesämter zu benennen, schlicht und einfach ihre Wurzeln in der Weimarer Reichsverfassung hat. Da geht es ja wohl um Artikel 119 Absatz 1, wonach die Ehe zur Erhaltung und Mehrung der Nation unter Schutz zu stellen ist. Natürlich ist uns bewusst, dass sich gleichgeschlechtliche Paare nicht mehren können.

Deshalb wollen Sie sie nicht unter den Schutz stellen, weil Sie immer noch davon ausgehen, dass die Ehe ein Mehrungsinstrument ist. Da muss ich Ihnen sagen, das ist wirklich so etwas von veraltet. Gehen Sie davon ab und überlegen Sie endlich, ob Sie nicht eine moderne Auffassung von Partnerschaft übernehmen wollen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)

Es gibt auch eine Reihe von Problemen im Zusammenhang damit, dass Bayern diesen Sonderweg beschreitet. Wir haben das bei Paaren erlebt, die sich in Hamburg eintragen ließen und in Bayern Rechte geltend machen wollten. Man hat ihnen diese verweigert. Das Innenministerium hat Rechte verweigert und lässt jetzt noch prüfen, ob ihnen nach der Eintragung in Hamburg hier diese Rechte zugestanden werden müssen. Ich bin sehr gespannt, wie diese Prüfungen ausgehen. Wir werden das natürlich sehr kritisch verfolgen.

Ihre Ausführungen, warum wir keine Sondersitzung beantragt haben, nenne ich schlichtweg unverschämt, wirklich unverschämt.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Wilhelm (CSU))

Es handelte sich um zwei Monate, und wir haben uns überlegt, weil wir tatsächlich einmal an eine Sondersitzung gedacht haben, welche immensen Kosten es bedeutet hätte, den Landtag in Gang zu setzen. Schließlich haben wir gesagt: Das sind die zwei Monate nicht wert, so lange können wir jetzt auch noch warten.

Ich erinnere Sie und Ihre CSU-Kollegen daran, wie groß das Geschrei war, als es eine Sondersitzung wegen der entwichenen Straftäter aus der Forensik gab,

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN – Frau Elisabeth Köhler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Jawohl, das war ein Theater!)

wie Ihre CSUler geschrieen haben, weil man sie aus den Ferien geholt hat. Weil wir verantwortlich damit umgehen, stellen Sie sich jetzt hin und machen uns zum Vorwurf, dass wir keine Sondersitzung beantragt haben. Da kann ich Sie nicht ernst nehmen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)

Ich danke Ihnen wie immer für Ihre Geduld. Wir stimmen selbstverständlich dem Gesetzentwurf der SPD zu und lehnen den Entwurf der Staatsregierung ab.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)

Als Nächste hat Frau Kollegin Dr. Fickler das Wort.

(Ach (CSU): Hat sie nicht, weil sie nicht da ist!)

Sie ist nicht da. Dann schließe ich die Aussprache.

Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat schlage ich vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? – Das ist der Fall und damit so beschlossen.

Ich rufe auf:

Tagesordnungspunkt 3 f

Gesetzentwurf der Abgeordneten Dr. Wilhelm, Dr. Spaenle, Dr. Eykmann (CSU)

zur Änderung des Bayerischen Hochschullehrergesetzes, des Bayerischen Hochschulgesetzes und des Gesetzes zur Ausführung des Staatsvertrags über die Vergabe von Studienplätzen (Drucksache 14/7386)

Erste Lesung –

Der Gesetzentwurf wird vonseiten der Antragsteller begründet. Dafür stehen zehn Minuten Redezeit zur Verfügung. Herr Kollege Dr. Wilhelm.

Herr Präsident, Hohes Haus! Mit diesem Gesetzentwurf, den wir heute in Erster Lesung beraten, wollen wir Ihnen zwei wichtige Neuerungen des Hochschulrechts vorschlagen. Zum einen – das ist die wichtigere Neuerung – soll das Auswahlrecht der Hochschulen, welche Studenten zu ihnen kommen sollen, verstärkt werden. Das können wir in einem Punkt nicht selber tun, sondern da soll eine Initiative an den Bund gerichtet werden. Dies steht jetzt nicht zur Debatte. Sie betrifft die zehn harten Fächer des Numerus clausus, die in Dortmund von der ZVS vergeben werden.

Wohl aber kann ein Land, also auch der Freistaat Bayern, in zwei Punkten selber etwas regeln und das wollen wir Ihnen vorschlagen. Es betrifft alle Fächer und Fälle des örtlichen Numerus clausus, wenn also bei einer genügenden Anzahl von Studienplätzen im ganzen Land an einer Hochschule zu wenig Studienplätze vorhanden sind, verglichen mit der Zahl der Bewerber. Da wollen wir den Anteil von 30%, den die Hochschule heute selber auswählen kann, auf 50% erhöhen. Das ist der eine wichtige Punkt.

Zum anderen sollen in allen Fächern, wenn eine Hochschule dies will, im Wege des Experiments Eignungsfeststellungen gemacht werden können. Dabei geht es um die Frage: Wie vermeide ich Studienabbrüche? Meine Damen und Herren, wir in Deutschland sind einsame Klasse in einem schlechten Punkt, nämlich hinsichtlich der Zahl der Studienabbrecher. Das sind im Durchschnitt zwischen 30 und 40%, in manchen Fächern sehr viel mehr, in manchen weniger. Das liegt zu einem beachtlichen Teil daran, dass sich die Studienbewerber nicht genau überlegen, ob ihre Eignungen, ihre Fähigkeiten und ihre Motivation mit den Anforderungen des Fachs übereinstimmen. Das liegt wiederum daran, dass niemand danach fragt, und in solchen Eignungsfeststellungen soll danach gefragt werden.

Es hat in dieser Frage einen gewissen Streitpunkt mit den Schulpolitikern gegeben, die den Wert des Abiturs in Frage gestellt gesehen haben. Unser Vorschlag ist nun entsprechend den Ergebnissen einer Anhörung mit einer Reihe von hochkarätigen Bildungsforschern, dass sich die Eignung überwiegend nach der Abiturdurchschnittsnote bemisst und ergänzend, also zu weniger als 50%, nach Tests, Auswahlgesprächen und eben allen möglichen Verfahren, die im speziellen Fach die Eignung und das Interesse prüfen. Dies ist ein sehr wichtiger Punkt. Hier ist Bayern als erstes Land mit dieser breiteren Eignungsfeststellung auf der Matte – um es einmal so salopp zu formulieren.

Der zweite Punkt betrifft die Weiterbildung für Hochschulabsolventen. Sie steht schon seit 1998 im Hochschulgesetz, aber es geschieht nicht besonders viel. Das liegt daran, dass beamtenrechtliche Fesseln vorhanden sind und dass es nicht genügend Anreiz gibt. Den Anreiz wollen wir verstärken und letztlich die Fesseln dadurch lockern, dass die Weiterbildung die Hochschulen in die

Lage versetzt, Geld zu verdienen, was zum Beispiel in den USA und in Großbritannien an vielen Universitäten in beachtlichem Maße der Fall ist.

Der Weg dahin ist: Erstens soll es als Nebenamt für Professoren dann vergeben werden können, wenn das Pflichtdeputat, also was ein jeder Professor und eine jede Professorin leisten müssen, ausgeschöpft ist, das heißt wenn man darüber hinaus zusätzlich etwas tun will. Zweitens sollen die Einnahmen voll der Hochschule verbleiben und sie soll auch die Vergütungen festsetzen können.

Dies, Herr Präsident und liebe Kolleginnen und Kollegen, ist in Kürze das, was wir Ihnen zu diesen zwei hochschulpolitischen Innovationen als Erläuterung vortragen und Ihnen vorschlagen können. Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Ich eröffne die allgemeine Aussprache. In der Aussprache reden Sie nicht, Herr Kollege Wilhelm?

(Dr. Wilhelm (CSU): Nein!)

Dann erteile ich Herrn Kollegen Vogel das Wort. In der Aussprache stehen jeweils fünf Minuten zur Verfügung, Herr Kollege Vogel.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf aus der CSU-Fraktion wird ein Dilemma deutlich, auf das meine Fraktion bei den Beratungen zum Bayerischen Hochschulgesetz in der Vergangenheit schon mehrfach hingewiesen hat. In unseren Augen war die Hochschulreform von 1998 viel zu kurzatmig angelegt. Man ist in einigen Bereichen zu kurz gesprungen, sodass jetzt wieder einmal Nachbesserungen fällig werden, beispielsweise – Herr Kollege Dr. Wilhelm hat darauf hingewiesen – im Weiterbildungsbereich an den Universitäten.

An anderer Stelle hat man sich auf einen unklaren Weg begeben, ohne sich über grundlegende Voraussetzungen und Kriterien klar zu werden, beispielsweise in den Fragen des Hochschulzugangs, der Eignungsfeststellung und des Auswahlverfahrens.

In weiteren Bereichen – und darüber haben Sie hier überhaupt nicht gesprochen – läuft man in die falsche Richtung, zudem mit einem rechtlich mangelhaften Instrumentarium, was zu den vorgelegten Übergangsregelungen für die Erhebung von Zweitstudiengebühren führt. Allein, der falsche Kurs wird dadurch nicht korrigiert.