Protocol of the Session on June 27, 2001

neten in Berlin, bei Frau Eichstädt-Bohlig, gewesen, und wir haben dort ganz klar darauf aufmerksam gemacht, dass sich München in einer Sondersituation befindet und dass der Großraum München nicht mit anderen Bereichen in der Bundesrepublik über einen Kamm geschoren werden darf. Niemand behauptet, dass im Großraum München und in anderen Ballungsräumen alles in Ordnung wäre. Wir haben sehr wohl das Bewusstsein für die entsprechenden Probleme. Wir suchen aber nach Lösungen, die tatsächlich verwirklicht werden können.

(Dr. Bernhard (CSU): Sie haben doch das Problem herbeigeführt!)

Das, was Sie als Konzept vorschlagen, läuft doch völlig ins Leere.

(Grabner (CSU): Fragen Sie doch einmal die Wohnungswirtschaft!)

Was wollen Sie? Nur Steuererleichterungen?

(Wortmeldung des Abg. Grabner (CSU))

Ich habe nicht so viel Redezeit.

Sie wollen die Verschlechterung der sozialen Situation der Mieterinnen und Mieter, und gehen gegen die Mietrechtsnovelle an. Sie wollen mehr Rechte für Spekulanten, damit mehr Spekulation mit den Grundstücken betrieben werden kann.

(Dr. Bernhard (CSU): Das ist schon ein starkes Stück!)

Sie wollen nur mehr Geld vom Bund. Das soll das tolle Konzept sein, mit welchem Sie den Wohnungsmarkt wieder auf die Beine bringen wollen. Das geht nicht, und deswegen stimmen wir dem Antrag nicht zu.

Wir müssen erst einmal die Ursachen für diese angespannte Situation in München erkennen. Darauf sind Sie überhaupt nicht eingegangen. An erster Stelle steht hier die Firmenansiedlungspolitik der Bayerischen Staatsregierung. Wer holt denn die Betriebe in den Großraum München und kümmert sich nicht gleichzeitig darum, dass die Menschen, die dort arbeiten, auch die entsprechenden Wohnungen bekommen? Hier ziehen auch die Gemeinden im Umkreis von München mit. Sehr großzügig werden Gewerbegebiete ausgewiesen, ohne dass Rücksicht auf Bannwälder und regionale Grünzüge genommen wird. Das Harmonisierungsgebot, dass mit der Ausweisung von Gewerbegebieten gleichzeitig entsprechende Wohngebiete ausgewiesen werden, wird nicht eingehalten. Darin liegt doch die Ursache. Auch die Firmen, die sich hier ansiedeln oder ihre Bereiche erweitern, stehlen sich aus der Verantwortung. Sie haben genauso dafür zu stehen, dass ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entsprechenden Wohnraum bekommen. Hier müssen wir anpacken, aber nicht mit Konzepten, welche nur den Wohnungsspekulanten die Arbeit erleichtern, die Rechte der Mieterinnen und Mieter aber möglichst klein halten. So geht es nicht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Die CSUFraktion hat namentliche Abstimmung beantragt. Es läuft wie üblich ab. Die Nein-Urne steht auf der Oppositionsseite. Die Ja-Urne steht auf der Seite der Regierungsfraktion. Die Karten für Stimmenthaltungen sind am Stenographentisch einzuwerfen. Wir haben fünf Minuten für die Abstimmung Zeit. Sie beginnt jetzt.

(Namentliche Abstimmung von 14.57 bis 15.02)

Meine Damen und Herren, die namentliche Abstimmung ist abgeschlossen. Das Ergebnis wir außerhalb des Saales ermittelt und später bekannt gegeben. Wir können die Tagesordnung fortsetze. Ich bitte Sie, die Plätze wieder einzunehmen.

(Präsidentenwechsel)

Zur gemeinsamen Behandlung rufe ich auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Maget, Helga Schmitt-Bussinger, Gartzke und anderer und Fraktion (SPD)

Verantwortungsvolle Sondermüllentsorgung in Bayern (Drucksache 14/6969)

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Glück, Kaul, Guckert und anderer und Fraktion (CSU)

Sondermüllverbrennungsanlage in Schwabach (Drucksache 14/7010)

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Christine Stahl, Paulig, Kellner, Dr. Runge und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Politische und ökologische Verantwortung in der Sondermüllbehandlung (Drucksache 14/7018)

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Ums Wort hat Frau Helga Schmitt-Bussinger gebeten.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich kündige eingangs namentliche Abstimmung zu unserem Dringlichkeitsantrag an.

In den letzten Tagen haben sich über 8000 Menschen mit ihren Unterschriften gegen die Sondermüllpolitik in Bayern, gegen den internationalen Sondermülltourismus und gegen einen zu laschen Umgang mit möglichen gesundheitlichen Gefahren ausgesprochen. In einer machtvollen Demonstration sind am vergangenen Montag mehr als 1500 Menschen auf die Straße gegangen und haben ihren Frust aus 30 Jahren Sondermüllentsorgung inmitten eines Wohngebiets in Schwabach/Rednitzhembach Luft gemacht.

Seit über 30 Jahren gibt es diesen Sondermüllstandort in Bayern. Er liegt – wie bereits gesagt – inmitten eines

Wohngebietes, wo die Stadt Schwabach und die Gemeinde Rednitzhembach unmittelbar zusammentreffen. Das ist seit über 30 Jahren ein Standort für die Deponierung, Verbrennung und chemisch-physikalische Behandlung von Sonderabfällen – ein Standort, der heute nicht mehr genehmigungsfähig wäre. Es gibt diesen Standort nur deshalb noch, weil sich in unserem Land zwischenzeitlich Unmut äußern würde, wenn man einen neuen Standort durchsetzen wollte.

Stellen Sie sich vor, Sie schauen aus Ihrem Wohnzimmer und blicken auf einen gleich an Ihren Gartenzaun angrenzenden begrünten Hügel, nämlich der verfüllten Sondermülldeponie, und gleich im Anschluss ragt der mächtige Schlot der Sondermüllverbrennungsanlage in die Luft. Vor diesem Szenario wären wir alle wesentlich sensibler, was eine verantwortungsvolle, mögliche gesundheitliche Risiken ausschließende Sondermüllentsorgung beträfe. Die Menschen, die in unmittelbarer Nähe zu dieser Anlage leben, haben seit Ende der Achtziger Jahre die Hoffnung, dass dieser Schlot einmal nicht mehr qualmen würde, dass irgendwann in nicht allzu langer Zeit nach dem Jahr 2000 die Verbrennungsanlage abgeschaltet werden würde.

Gerade das Gegenteil ist nun der Fall. Die Verantwortlichen der Anlage, die seit Anfang 2000 mit der GSB fusioniert haben und die Anlage damit in die Verantwortung des Freistaates übergegangen ist, wollten bis heute mit dem Argument der Wirtschaftlichkeit, mit dem Argument, endlich aus der Verlustzone herauskommen zu müssen, Pflanzenschutzmittel aus Venezuela in Schwabach zu verbrennen. Klar ist, dass die GSB ein Wirtschaftsunternehmen ist, das auch höchstmögliche Wirtschaftlichkeit anzustreben hat. Klar ist aber ebenso, dass die besondere Verantwortung gegenüber der betroffenen Bevölkerung wahrgenommen werden muss. Es darf keinen Einstieg in den globalen Sondermülltourismus geben. Die 2000 Tonnen Pestizide aus Venezuela dürfen nicht in Schwabach, dürfen nicht in Bayern verbrannt werden.

(Beifall bei der SPD)

Heute Vormittag kam die Meldung, die GSB wolle auf das Geschäft mit Venezuela verzichten, sie wolle das gute Verhältnis zu den Bürgern nicht aufs Spiel setzen. Der Druck, der von Bürgerinnen und Bürgern und seitens der Politik ausgeübt wurde, hat offensichtlich Erfolg – allerdings nur einen sehr vordergründigen Erfolg. Nach wie vor werden Pestizide inmitten eines Wohngebietes verbrannt. Nach wie vor besteht die Forderung nach dem Ende der Verbrennung inmitten eines Wohngebiets. Setzen wir heute ein Zeichen, das die Umkehr der bisherigen Strategie der Geschäftsführung einleitet. Besinnen wir uns auf die eigentliche Aufgabe der GSB, wie sie im Geschäftsbericht 2000 zu lesen ist. Beschränken wir den Geschäftsbereich der Gesellschaft auf das Gebiet des Freistaates Bayern. Wenn aber geklagt wird, damit seien die beiden Anlagen in Baar-Ebenhausen und Schwabach nicht ausgelastet, antworten wir darauf mit der Stilllegung der Sondermüllverbrennungsanlage in Schwabach – das ist im Übrigen auch eine Forderung der örtlichen CSU – und antworten wir mit der Reduzierung der Verbrennungskapazität in Baar-Ebenhausen.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wir als Abgeordnete des Bayerischen Landtags können dies durchsetzen, wenn wir dies wollen. Der Freistaat Bayern ist mit einem Anteil von über 50% Hauptanteilseigner der GSB.

Wir bestimmen, wie die künftige Geschäftspolitik aussehen soll. Stimmen wir also gegen die Annahme der venezolanischen Pestizide und für eine Beschränkung des Geschäftsbereichs auf den Freistaat Bayern und damit für die Stilllegung der Anlage inmitten des Wohngebiets!

Zur politischen Verantwortung gehört es auch, dass sich der Umweltminister nicht einfach davonstiehlt und seinen Aufsichtsratssitz mir nichts, dir nichts an den pensionierten Manager eines Chemieunternehmens abgibt und damit die Aufsichtspflicht des Staates und die Verantwortung der Staatsregierung für die bayerische Sondermüllentsorgung mit Füßen tritt. Herr Staatsminister Dr. Schnappauf, Ihre Antwort auf meine Frage nach Ihrem Rückzug aus dem Aufsichtsratsvorsitz stellt mich nicht zufrieden. Sie sollten nicht unabhängig von Interessen agieren; Sie sollen und müssen die Interessen der Umwelt und der bayerischen Bürgerinnen und Bürger vertreten.

(Beifall bei der SPD)

Kein Unternehmer würde die Chefposition an jemanden vergeben, der einen anderen Interessensschwerpunkt hat als der Unternehmer selbst. Ein ehemaliger Manager eines Chemiekonzerns hat wohl nicht in erster Linie Umwelt- und Bürgerinteressen im Sinn, sondern eher wirtschaftliche Interessen. Den Schwerpunkt, den der Freistaat Bayern gesetzt hat, haben Sie, Herr Staatsminister Schnappauf, bei einer Pressekonferenz anlässlich der Fusion von SEF und GSB am 21. Oktober 1999 in Ingolstadt wie folgt formuliert: Auch nach der Fusion behalte der Freistaat die Mehrheit der Stimmrechte bei der GSB. Damit sei weiterhin gesichert, dass eine öffentliche Kontrolle über die Sonderabfallentsorgung in Bayern gewährleistet bleibe. Ich frage Sie, Herr Staatsminister: Ist diese Kontrolle gesichert, wenn kein einziger politisch Verantwortlicher im Aufsichtsrat sitzt?

(Widerspruch der Frau Abgeordneten Schweder (CSU))

Die noch verbliebenen vier Vertreter der Staatsregierung sind Beamte aus dem Finanz- und Innenministerium, und nur einer kommt aus dem Umweltministerium. Herr Minister, nehmen Sie Ihre Verantwortung wahr und überlassen Sie die Sonderabfallentsorgung nicht den wirtschaftlichen Interessen der Industrie! Oder liegt es im Interesse der Staatsregierung, mit der Bestellung eines Vertreters der bayerischen Wirtschaft zum Aufsichtsratsvorsitzenden einen Schritt in Richtung Privatisierung zu tun? Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie, unserem Antrag zuzustimmen. Den Anträgen der CSU und der GRÜNEN, die unsere Forderungen teilweise aufgenommen haben, stimmen wir zu.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich gebe zwischendurch das Abstimmungsergebnis der namentlichen Abstimmung zum Dringlichkeitsantrag der CSU-Fraktion betreffend Wohnungspolitische Versäumnisse des Bundes, Drucksache 14/6968, bekannt. Mit Ja haben 91 Kolleginnen und Kollegen gestimmt, mit Nein 60; Stimmenthaltungen gab es keine. Damit ist der Dringlichkeitsantrag angenommen.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 4)

Wir fahren in der Diskussion zu den Dringlichkeitsanträgen zum Thema Sondermüllentsorgung fort. Als Nächste hat Frau Kollegin Schweder das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Mit dem Thema Sondermüll hat sich der Bayerische Landtag, vor allem der Umweltausschuss, in der ersten Hälfte dieses Jahres ganz ausführlich beschäftigt. Sowohl bei dem Bericht, den die Bayerische Staatsregierung bei dieser Gelegenheit abgegeben hat, als auch bei den Stellungnahmen, die in Ergänzung dieses Berichts erfolgt sind, ist klar geworden, dass die Sondermüllentsorgung in Bayern, ganz abgesehen von den Umweltaspekten, ein ganz wichtiger Standortfaktor ist und hervorragend funktioniert. Das hat auch Kollege Gartzke bestätigt, der bei dieser Gelegenheit gesagt hat, wir müssten alle sehr damit zufrieden sein, dass das Problem im Interesse aller erledigt werde.

Bei dieser Gelegenheit wurde klargestellt, wie es auch im Gesellschaftervertrag der GSB festgelegt ist, dass in erster Linie bayerischer Sondermüll behandelt werden muss. Dies wurde seinerzeit auch im Falle des Zweckverbands für die Sondermüllentsorgung Mittelfranken ausdrücklich von Mitgliedern des damaligen Verbands klargestellt, dass es sich um Sondermüll aus Mittelfranken handelt. Das schließt aber nicht aus – das wurde bei der Behandlung dieses Themas auch klargestellt –, dass auch Sondermüll aus anderen Bundesländern in Bayern behandelt werden kann. Wir geben übrigens den größten Anteil des in Bayern anfallenden Sondermülls in andere Bundesländer. Ausschlaggebend ist die Art und Weise, wie ökologisch am sinnvollsten mit dem anfallenden Sondermüll verfahren werden kann.

Kernanliegen aller drei Anträge ist es, dass man darauf verzichten sollte, Sondermüll aus dem Ausland zu behandeln, vor allem die Verbrennung von Pflanzenschutzmitteln aus Venezuela zu verhindern. Die GSB selbst wird auf diese Behandlung verzichten, und damit ist das Kernanliegen aller drei Anträge eigentlich erledigt. Wir bräuchten darüber gar nicht weiter zu reden. Es ist aber sicher nicht von der Hand zu weisen, dass es besser gewesen wäre, die Pflanzenschutzmittel aus Venezuela in einer Anlage zu verbrennen, die ordnungsgemäß funktioniert und allen gesetzlichen Vorgaben entspricht, als die Pflanzenschutzmittel in den Urwald zu kippen. Damit befinde ich mich in Übereinstimmung mit der Aussage eines Stadtrats der GRÜNEN in Schwabach. Wie gesagt, die GSB verzichtet unter dem Eindruck der Proteste in Schwabach auf die Verbrennung. Damit ist ein Teil unseres Antrags erledigt. Wir betonen darin auch, dass beim Aufsichtsrat klargestellt werden

muss, dass die Entsorgung bayerischen Sondermülls im Vordergrund stehen muss.

Wir können uns nicht mit den Forderungen in den beiden Anträgen der anderen Parteien einverstanden erklären, die eine Schließung der Anlage in Schwabach beantragen. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, als die Fusion der Schwabacher Anlage des Zweckverbands mit der GSB zur Verhandlung stand. Damals wurde von Schwabach ausdrücklich gewünscht, dass diese Anlage erhalten bleibt.

(Widerspruch des Abgeordneten Hufe (SPD))

Vor allem die Verbandsmitglieder, zu denen auch die Stadt Schwabach gehört, forderten, diese Anlage in Mittelfranken zu erhalten.

(Zuruf des Abgeordneten Hufe (SPD))