Protocol of the Session on June 27, 2001

Der so genannte Vorkostenabzug für Modernisierungsaufwändungen beim Erwerb ist abgeschafft worden. Gleichzeitig wurde die Spekulationsfrist auf zehn Jahre angehoben. Deshalb sind Shareholder Values und die Spekulation am Kapitalmarkt interessanter geworden. Aus meiner Sicht wäre es volkswirtschaftlich sinnvoller gewesen, wenn die Investition in Wohnungen in Deutschland gefördert worden wäre.

Derzeit ist das Trauerspiel um die Aufnahme der Immobilieninvestition in die Altersversorgung zu beobachten. Das vorgesehene Modell ist untauglich und wird deshalb in der Praxis kaum Auswirkungen haben. Wir haben uns

gestern mit diesen Fragen beschäftigt und wollen eine Wohnungsoffensive im Bundesrat starten, um die finanziellen Rahmenbedingungen zu verbessern.

Meine Damen und Herren, wir sollten uns darüber klar werden, dass in Deutschland ganz unterschiedliche Verhältnisse herrschen. Im Großraum München herrscht eine außerordentliche Wohnungsknappheit, die uns zwingt, aktiv zu werden. Ich habe mich persönlich bei diesem Thema sehr stark engagiert. Ich bitte Sie sehr herzlich, die Berliner Bundesregierung nicht nach dem Motto „Augen zu und durch“ zu verteidigen.

(Hans Joachim Werner (SPD): Das waren jetzt 20 Minuten Parteipolitik!)

Entschuldigen Sie, Herr Kollege. Diesen Zwischenruf sollte jeder in München hören. Sie unterstützen nicht einmal die Anliegen der wohnungspolitischen Minister der SPD. Die SPD-Senatoren haben gesagt, dass die Gelder für den Wohnungsbau angehoben werden müssen. Und sie wollen auch keine Kürzung um 30% beim Programm „Soziale Stadt“. Dann kann doch die bayerische SPD, die landespolitische Interessen vertreten will, nicht die Auffassung vertreten, dass die Berliner Koalition richtig handelt.

(Beifall bei der CSU)

Herr Ude ist nach Berlin gefahren und hat gesagt, dass er mehr Geld brauche. Sie sagen hingegen, alles sei in Ordnung. Das passt nicht zusammen. Ich fordere Sie auf, bayerische Interessen in den Vordergrund zu stellen und sich nicht als blinde Verteidiger von Rot-grün in Berlin zu betätigen.

(Langanhaltender Beifall bei der CSU)

Ich möchte in der Diplomatenloge den togoischen Botschafter, Herrn Kéguéwé, sehr herzlich begrüßen.

(Allgemeiner Beifall)

Außerdem begrüße ich den Generalkonsul von Togo, Herrn Dr. Kastenbauer.

(Allgemeiner Beifall)

Mir liegen noch zwei Wortmeldungen vor. Der nächste Redner ist Herr Kollege Volkmann.

Sehr geehrter Herr Dr. Beckstein, ich hoffe, dass Sie nicht erschrecken werden; denn ich möchte Ihnen ein Kompliment machen.

(Lachen bei der CSU)

Ich bin zutiefst beeindruckt von der Art und Weise, mit der Sie parlamentarisch kämpfen.

(Herrmann (CSU): Wir sind davon auch beeindruckt!)

Sie fetzen in einer Art und Weise zurück, wie dies sonst keiner in diesem Haus tut.

(Dr. Bernhard (CSU): Volltreffer!)

Herr Kollege Dr. Bernhard, seien Sie nicht so ungeduldig. Herr Dr. Beckstein, Sie fetzen in einer heftigen Art und Weise zurück. Daran kann man sich reiben. Ich finde das gut. Eines muss ich Ihnen jedoch vorhalten: Ich finde es nicht gut, wenn man heftig argumentiert und dabei maßlos unfair ist. Ich bezeichne es als unfair, dass Sie zu einem Dringlichkeitsantrag der CSU 20 Minuten sprechen, während unsere Fraktion nach den Regeln dieses Hauses für alle Dringlichkeitsanträge eine Redezeit von 45 Minuten hat. Ich bin von meiner Fraktion dringend gebeten worden, nicht länger als insgesamt 15 Minuten zu sprechen, weil meine Kollegen natürlich zu den anderen Dringlichkeitsanträgen auch noch sprechen wollen. Was machen Sie? Sie haben uns über 20 Minuten lang in einer unqualifizierten Art und Weise beschimpft.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Lachen bei der CSU)

Da brauchen Sie gar nicht darüber zu lachen. Ich würde nichts sagen, wenn Herr Dr. Beckstein dies bei einer Debatte getan hätte, bei der sich unsere Redezeit verlängert hätte. Herr Dr. Beckstein hat uns aber 20 Minuten lang angegriffen, obwohl er weiß, dass wir kaum eine Möglichkeit haben, etwas zu erwidern. Ich halte es für einen wichtigen Punkt, ob sich ein Minister in einem Parlament fair oder nicht fair verhält. Er hat sich unfair verhalten.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Jetzt will ich Ihnen sagen, warum sich Herr Dr. Beckstein in der Sache unfair verhalten hat. Sie haben mir in Ihrer Rede mindestens dreimal Aussagen unterstellt, die ich nicht gemacht habe. Dagegen wehre ich mich. Sie haben am Anfang Ihrer Rede gesagt, ich sei ein Verteidiger der Rückführung der Mittel für den sozialen Wohnungsbau. Lesen Sie das Protokoll. Das habe ich mit keinem Wort gesagt. Ich habe dieses Thema ganz bewusst ausgelassen.

(Lachen bei der CSU)

Meine Damen und Herren von der CSU, Sie lachen immer etwas zu früh. Eigentlich lachen ja nur drei Leute, die bei der CSU in der ersten Reihe sitzen. Herr Glück lacht zum Beispiel nicht. Das zeichnet ihn aus. Er weiß offenbar, dass jetzt noch etwas anderes kommt.

(Lachen bei der CSU – Dr. Eykmann (CSU): Jetzt lacht Herr Glück auch!)

Herr Glück ist eben gescheiter als die meisten von Ihnen. Daran müssen Sie sich gewöhnen. Sie können jedoch sehr gut damit leben. Ich habe dieses Thema bewusst nicht angesprochen. Im Übrigen finde ich es nicht lächerlich, dass mir Herr Staatsminister Dr. Beck

stein etwas unterstellt, obwohl er weiß, dass ich es nicht gesagt habe. Er hat also zumindest nicht hingehört.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Dr. Beckstein hat außerdem behauptet, dass ich von den Versäumnissen der Achtzigerjahre gesprochen hätte. Ich habe von den Versäumissen der Bundesregierung in den Neunzigerjahren, also von 1990 bis 1998, gesprochen. Ich habe nur einmal die Achtzigerjahre erwähnt, weil dies nicht zu vermeiden war. Außerdem haben Sie mir unterstellt, ich hätte nicht die Probleme Bayerns, sondern die Probleme von Görlitz und dem Osten dargestellt. Ich habe zu einem Dringlichkeitsantrag gesprochen, den die CSU eingebracht hat und der die Überschrift trägt: „Wohnungspolitische Versäumnisse des Bundes“. Ich habe das Thema eingehalten. Sie haben es nicht eingehalten.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Redezeit ist nach unseren Vereinbarungen in der Fraktion zu Ende. Ich möchte aber noch zwei bis drei Minuten sprechen. Ich halte es für unfair, 20 Minuten lang so etwas abzusondern und den anderen die Möglichkeit zu nehmen, darauf zu erwidern. Ich appelliere an Sie, die Geschäftsordnung dahin gehend zu ändern, dass wir künftig bei solchen Ausführungen die Möglichkeit einer Reaktion bekommen.

(Frau Christine Stahl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Dann würden die auch länger reden müssen und haben keine Ahnung!)

Herr Dr. Beckstein, Sie haben gesagt, die Bundesregierung hätte die Mittel für den sozialen Wohnungsbau drastisch zurückgeführt. Das ist richtig. Im Jahre 1998 standen dafür 1,3 Milliarden DM zur Verfügung, während es jetzt nur noch 450 Millionen DM sind.

(Dr. Bernhard (CSU): Das ist doch ein starkes Stück!)

Ich füge hinzu: Im Jahre 1993 waren es etwa 4 Milliarden DM und im Jahre 1998 1,3 Milliarden DM. Herr Kollege Dr. Bernhard, wir sind uns doch darüber einig, dass diese Mittel bereits damals zurückgeführt wurden. Das sollte man wenigstens erwähnen. Herr Dr. Beckstein hat ausgeführt, alle Länderminister wollten eine Erhöhung. Diese Erhöhung wollen wir auch. Das ist doch gar keine Frage.

(Dr. Bernhard (CSU): Machen Sie es doch! Sie sind doch an der Regierung!)

Die Bindung der Rückflüsse ist im Wesentlichen gesichert. Sie haben ausgeführt, sie hätten einen Sonderantrag bezüglich der Kappungsgrenze von 20% gestellt. Vor zehn Jahren haben Sie noch 15% im Bundesrat verlangt. Das war damals die Drucksache 422 aus dem Jahre 1990. Ich habe das noch auswendig im Kopf.

Heute schimpfen Sie darüber, dass andere die Einkommensgrenzen bei der Eigentumsförderung verändern. Das kritisiert außer Ihnen niemand mehr in dieser Republik. Zu den steuerlichen Maßnahmen habe ich in meinen Ausführungen bereits ausdrücklich gesagt, dass diese schon Mitte der 90er Jahre begonnen haben. Lesen Sie doch bitte diesen Artikel nach. Ich habe ihn vorher wörtlich zitiert. Wenn Sie nicht da waren, ist es Ihre Sache. Ich wiederhole es jetzt nicht mehr, weil es von unserer Redezeit abgehen würde. Über diese Themen kann man durchaus sprechen. Man wird auch darüber reden müssen, denn das Leben ist bekanntlich immer im Fluss.

Änderungen haben auch Folgen, die nicht immer abgesehen werden können. Die Steuergesetze sind in der Vergangenheit geändert worden. Sie werden auch in Zukunft geändert werden. Wir werden selbstverständlich alles daran setzen, dass auf diesem Gebiet Änderungen erfolgen, die die Entwicklung wieder einigermaßen ins Lot bringen. Jetzt bedanke ich mich für Ihre ungewöhnliche Aufmerksamkeit. Die Beschimpfung war notwendig, aber sie war auch richtig.

(Beifall bei der SPD)

Weitere Wortmeldung: Frau Kollegin Tausendfreund.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Beeindruckt war ich jetzt vom Auftritt des Herrn Minister Beckstein nicht. Wir sind es gewöhnt, wie er hier auftritt und dass er den Vorrednern gerne unterstellt, dass sie gegen die bayerische Bevölkerung seien. Zur Abwechslung sind wir einmal gegen die Polizistinnen und Polizisten, und diesmal sind wir gegen die Mieter und gegen die Bauwirtschaft. Es ist nichts Neues, dass Herr Beckstein mit Unterstellungen arbeitet.

Verblüfft war ich allerdings darüber, wie das Problembewusstsein beim Herrn Minister entsteht. Mal fährt er über die Autobahn und steckt im Stau, dann muss die A 99 sofort eine vierte Spur bekommen. Jetzt war es sein Sohn, der auf Wohnungssuche in München gewesen ist. Plötzlich merkt auch Herr Beckstein, wie angespannt die Wohnungssituation in München ist.

(Zurufe von der CSU: Aufhören! – Unruhe)

Wir wissen sehr wohl, wie schwierig die Wohnungssituation in München ist und wie angespannt der Wohnungsmarkt ist. Ich lasse es mir nicht nachsagen, ich würde für die Interessen der Menschen im Großraum München nicht eintreten und ich würde mich in dem Bereich nicht auskennen. Wir führen selbstverständlich die entsprechenden Gespräche. Frau Stahl ist in den Wohnungsbauaufsichtsrat in Nürnberg gewählt worden.

(Christ (CSU): Sie haben überhaupt keine Ahnung!)

Wir haben natürlich Kontakt mit den unterschiedlichen Verbänden. Ich bin vor kurzem mit einer Delegation von Münchner Stadträten bei unserer zuständigen Abgeord

neten in Berlin, bei Frau Eichstädt-Bohlig, gewesen, und wir haben dort ganz klar darauf aufmerksam gemacht, dass sich München in einer Sondersituation befindet und dass der Großraum München nicht mit anderen Bereichen in der Bundesrepublik über einen Kamm geschoren werden darf. Niemand behauptet, dass im Großraum München und in anderen Ballungsräumen alles in Ordnung wäre. Wir haben sehr wohl das Bewusstsein für die entsprechenden Probleme. Wir suchen aber nach Lösungen, die tatsächlich verwirklicht werden können.