Meine Damen und Herren, es ist schon etwas makaber, wenn der Agrarausschussvorsitzende davon spricht, dass der Doppelzentner Weizen 18 DM, das sind pro Tonne 180 DM, und die Müllverbrennung pro Tonne das Drei- bis Vierfache kostet. Ich betrachte es als Kulturschande,
Wir brauchen Zukunftsperspektiven für unsere jungen Landwirte. Wir müssen wegkommen von dem übertriebenen Wettbewerbsdruck, den uns die Giftliste aus Berlin bringt. Wir brauchen auch einen schonenden Umgang mit der Natur; Nachhaltigkeit ist selbstverständlich.
Wir brauchen aus Berlin für unsere jungen Bauern Berechenbarkeit und Nachhaltigkeit, nicht einen ZickzackKurs des Herrn Bundeskanzler.
Im vorigen Jahr hieß es, die Bauern sollten zu Weltmarktbedingungen produzieren, und heuer heißt es: Zurück zu Klein-klein, wir machen Bio. Dann wird der Verbraucher bevormundet, und er soll die Mehrkosten schlucken. Machen wir uns nichts vor: Letztlich wird auf dem Markt, an der Ladentheke über das Schicksal der Agrarprodukte entschieden. Das ist Realität, das andere ist Märchenstunde.
Meine Damen und Herren, es soll doch nicht so kommen wie bei der Atomenergie. Sie fordern, dass bei uns die Kernkraftwerke abgeschaltet werden, und dann kaufen wir Atomstrom aus Frankreich oder aus Tschechien. Es soll doch nicht so sein, dass die Eier aus Tschechien, die Schweine aus Holland und das Rindfleisch aus Botswana oder Argentinien kommen. Nein, es muss bei uns produziert werden. Wir müssen einen Rahmen setzen, damit das möglich ist.
Das kann nur funktionieren, wenn wir die Vielfachfunktion der Landwirtschaft berücksichtigen: Kulturlandschaft, Lebensgrundlage, 16% der Arbeitsplätze. Wenn wir dies alles ins Kalkül ziehen, müssen wir auch dafür sorgen, dass die Bauern einen gerechten Lohn erhalten.
Ich denke, der Bauer hat das Recht, einen gerechten Lohn zu erhalten und nicht zum verstoßenen Verwandten der Wohlstandsgesellschaft zu werden.
Ich möchte noch auf ein paar positive Aspekte eingehen. Die Welternährungssituation ist für die Agrarwirtschaft außerordentlich positiv. Die nachwachsenden Rohstoffe gewinnen an Bedeutung. Das ist ebenfalls positiv. Ich möchte noch einmal fragen: Was wäre, wenn es keine Bauern gäbe? Meine Damen und Herren, Sie könnten durch Oberbayern fahren und würden den Wendelstein nicht sehen, weil alles zugewachsen ist. Dass es nicht so ist, ist die Leistung der Bauern, die honoriert werden muss.
Was wir brauchen, ist ein gerechtes Einkommen. Wir brauchen humane Arbeitsbedingungen, einen fairen Wettbewerb, eine qualifizierte Ausbildung und qualifizierte Berater. Man kann alles importieren, aber nicht die Kulturlandschaft. Für diese sorgen unsere Bauern. Dafür garantiert die Politik der CSU mit dem Leitbild einer bäuerlichen Landwirtschaft in Eigenverantwortung zum Wohle der Bürger und unserer Heimat.
Ich möchte noch einen Satz zu der Anmerkung von der Opposition zum Tiergesundheitsdienst sagen. Der Tiergesundheitsdienst ist eines der wertvollsten Hilfsinstrumente in der tierischen Veredelung. Ich möchte konkret wissen, wo hier die Verfehlungen liegen sollen. Wenn Korrekturen notwendig sind, sind wir gern bereit, diese durchzuführen. Es ist aber unfair, den Tiergesundheitsdienst pauschal in Verruf zu bringen. Das ist des Hauses nicht würdig.
Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Sicher wird eine Aussprache emotional geführt und die Wogen prallen aufeinander, aber wir tragen gemeinsam Verantwortung für die Bauern, denen wahrlich ein hartes Los beschieden ist, vor allem in der tierischen Veredelung, wo 720-mal im Jahr Stallarbeit geleistet werden muss. Wir tragen auch Verantwortung für die Verbraucher und unsere Heimat. Das zukünftige Bild des Freistaates Bayern gestalten die Bauern. Ich wünsche und hoffe, dass wir hier gemeinsam versuchen, das Beste zu erreichen.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Bevor ich die nächste Rednerin aufrufe, möchte ich bekannt geben, dass die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN zum Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 14/6009 namentliche Abstimmung beantragt hat.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Staatsminister Miller, Sie haben heute eine sehr wort- und gestenreiche, aber wenig inhaltsreiche Regie
rungserklärung abgegeben. Dabei hat Sie Frau Künast ganz besonders intensiv beschäftigt. Sie war das Ziel vieler unfairer Attacken. Einerseits verstehe ich das nicht, denn jeder dritte landwirtschaftliche Betrieb ist in Bayern angesiedelt und es gibt in Bayern kaum Agrarfabriken, sondern die bäuerlichen Familienbetriebe, die Frau Künast haben will. Im Vergleich zu anderen Bundesländern haben wir auch einen höheren Anteil an Ökobetrieben. Vor diesem Hintergrund meine ich, es wäre sehr viel besser, mit Frau Künast konstruktiv zusammenzuarbeiten und zu versuchen, für die Bäuerinnen und Bauern in Bayern das Beste herauszuholen, anstatt die Bundeslandwirtschaftsministerin unqualifiziert anzugreifen.
Andererseits verstehe ich durchaus, dass Sie sich ärgern und neidvoll nach Berlin zu Frau Künast blicken, denn im Gegensatz zu Ihnen hat die Bundeslandwirtschaftsministerin noch etwas zu sagen. Sie hat die Kompetenzen in ihrem Ministerium gebündelt, die sie braucht, um für Verbraucherinnen und Verbraucher sowie Bäuerinnen und Bauern Produktion und Vermarktung so zu verbinden, dass der Weg des Nahrungsmittels vom Stall bis zum Verbraucher verfolgt werden kann. Herr Minister, wenn Sie ehrlich sind, müssen Sie zugeben, dass Sie nach der Schaffung des neuen Verbraucherministeriums entmachtet worden sind und dass von Ihrem Ministerium so gut wie nichts übrig geblieben ist.
Sie haben einen Titel ohne Mittel. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie, sich in ruhiger Stunde einmal anzusehen, wie der Zuschnitt des neuen Ministerium ist. Ich selbst konnte nur noch den Kopf schütteln. Als Beispiel will ich die Landesanstalten anführen. Was hat denn eine Landesanstalt für Fischerei oder für Weinbau beim Verbraucherministerium zu suchen? Die Landesanstalten sind Einrichtungen, in denen es vor allem darum geht, verbesserte Wege der Produktion auszuprobieren und sie den Bäuerinnen und Bauern nahe zu bringen. Ich kann nicht nachvollziehen, warum die Zuständigkeit für diese Landesanstalten dem Landwirtschaftsministerium entzogen wurde. Es gibt noch unzählige andere Beispiele.
Mich würde interessieren, wie es mit den Ernährungsberatungsstellen weitergehen soll, die zu den Landratsämtern kommen sollen.
Was bedeutet das für den Bestand der Landwirtschaftsämter und der Landwirtschaftsschulen? Wir alle wissen, dass diese Ämter gerade in den Flächenlandkreisen keine Riesenämter sind. Man kann dort nicht unzählige Stellen abtrennen und immer noch behaupten, man wird die Ämter mit den Schulen vor Ort erhalten. Ich bin gespannt, welche Antwort auf meine Frage gegeben wird.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, Sie waren es doch, die ganze Wahlkämpfe damit bestritten haben, der SPD zu unterstellen, dass wir dann, wenn wir in die Regierungsverantwortung kommen, sofort die Landwirtschaftsministerien auflösen, weil uns die Bäuerinnen und Bauern nichts bedeuten. Was haben wir getan? – Die rot-grüne Bundesregierung in Berlin hat das Landwirtschaftsministerium wesentlich gestärkt.
Das wissen Sie ganz genau; es ärgert Sie nur. Sie wollen das nicht hören. In Berlin hat man das Kompetenzgerangel, das es auch in Bayern zwischen Sozialministerium und Landwirtschaftsministerium gegeben hat, beendet.
Herr Funke ist aus anderen Gründen gegangen. Sie wissen genau, dass sich Herr Minister Funke zu seiner Verantwortung bekannt hat, nämlich dazu, dass er in den zwei Jahren seiner Tätigkeit auch nicht erkannt hat, welche Brisanz in der BSE-Thematik steckt. Aber im Gegensatz zu Ihren Leuten haben unsere Leute den politischen Mut, ihren Hut zu nehmen. Außerdem haben wir einen Bundeskanzler, der den Mut hat, Ministerien sinnvoll zuzuschneiden und neue Leute einzusetzen, und nicht einen Ministerpräsidenten, der seine Minister nicht absägen will, aber sie auch nichts mehr sagen lässt.
Ich komme zurück auf das, was ich sagen wollte. Die rotgrüne Bundesregierung hat ihr Landwirtschaftsministerium gestärkt, während Sie Ihr Landwirtschaftsministerium praktisch zerstört haben. Das sind die Taten, die der Herr Minister immer einfordert. Im Endeffekt haben wir einen Minister, der kein Ministerium mehr hat und der nach eigener Aussage auch nicht viel zu sagen hat. Auf Seite 24 seines Redemanuskripts ist zu lesen, dass für die wesentlichen Rahmenbedingungen der Land- und Ernährungswirtschaft letztendlich Berlin und Brüssel verantwortlich sind. Man fragt sich, ob das eine Erklärung der Regierungsfähigkeit oder eine Erklärung der Hilflosigkeit ist. Für mich ist es Letzteres.
Ich meine, Bayern hat in der Landwirtschaftspolitik sehr wohl etwas zu sagen. Wenn das Kompetenzgerangel beendet ist, kann der Minister einmal die Reden von Herrn Starzmann oder Herrn Loscher-Frühwald lesen. Er wird dabei feststellen, dass Bayern einiges zu sagen hat und dass es nicht viel bringt, ständig mit dem Finger auf Berlin zu zeigen und sich über eine Bundesministerin aufzuregen, anstatt daheim die Hausaufgaben zu machen und dafür zu sorgen, dass nicht unsinnig Geld für ein neues Ministerium ausgegeben wird, sondern dass das Ministerium, das Stärkung braucht, nämlich das Landwirtschaftsministerium, gut ausgestattet wird. Der Landwirtschaftsminister muss eine Stellung bekommen, in deren Rahmen er die Aufgaben der BSE-Krise, die wir zu bewältigen haben, meistern kann. Das Nächste, was wir sonst bekommen werden, ist ein ewiges Kompetenzgerangel – wir haben es beim Schweine
mastskandal erlebt –, und zwar diesmal nicht zwischen dem Sozialministerium und dem Landwirtschaftsministerium, sondern zwischen dem Verbraucherschutzministerium und dem Landwirtschaftsministerium. Das ändert aber nicht viel an der Tatsache.
Ich möchte noch ein paar Worte zu den Dringlichkeitsanträgen sagen, über die wir abstimmen werden. Es ist richtig, was das BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fordert, dass als Lehre aus der BSE-Problemaktik zukünftig dafür gesorgt werden soll, dass in anderen für die Lebensmittelvermarktung sensiblen Bereichen präventiv vorgegangen werden soll. Dazu gehört auch der Einsatz von Gentechnik in der Produktion von Nahrungsmitteln.
Ich meine aber, dass man diesem Antrag in der vorliegenden Form nicht zustimmen kann, denn er fordert im Grunde genommen ein Moratorium für Bayern. Auf Bundesebene ist dieser Weg eingeleitet, und die Bundesregierung hat eine gesellschaftliche Diskussion und ein Moratorium angekündigt. Sie wird diesen Weg weitergehen. Das sollten wir von Bayern aus unterstützen, und der Antrag sollte in diesem Sinne umformuliert werden. Dann könnten wir ihm zustimmen. Es macht keinen Sinn, für Bayern allein ein Moratorium zu fordern. Alleingänge sind nicht möglich, weil sich Bayern nicht abgrenzen kann.
Dem zweiten Antrag, der Anforderungen für die Qualitätsproduktion in der Landwirtschaft festlegt, und zwar von der Tierhaltung bis zur naturnahen Landbewirtschaftung, und die Bevorzugung der ökologischen Betriebe gegenüber den konventionellen Betrieben – das betrifft vor allem das KULAP – fordert, können wir zustimmen. Mein Eindruck aus dem Fachgespräch mit den Ökobauern war, dass wir parteiübergreifend der Meinung sind, die sogenannte Spreizung zu forcieren und die biologisch wirtschaftenden Betriebe stärker zu bezuschussen.
In diesem Sinne bitte ich Sie zum Schluss, Herr Miller: Hören Sie auf, Frau Künast zu attackieren, hören Sie auf, die Verantwortung abzuschieben, und hören Sie auf mit dem Zickzackkurs in der Agrarpolitik in Bayern. Sie können es nicht allen recht machen. Sie können nicht die riesigen Bullenmäster und gleichzeitig die kleinen Vieh haltenden Betriebe fördern. Sie müssen eine einheitliche Linie vorgeben und auch zugeben, dass nicht alles richtig war, was in der Vergangenheit geschehen ist. Krisen sind dazu da, um daraus zu lernen. Was die Frage des Klärschlamms betrifft, so können Sie mit unserer Unterstützung rechnen. Wir haben selbst einen Antrag eingebracht, dass die Ausbringung von Klärschlamm verboten werden soll. Ich bin aber gespannt, was der Umweltminister dazu sagt. Bisher hat er sich nämlich immer bemüht, den Klärschlamm fast zur Kindernahrung hochzustilisieren, weil er so gut sei, anstatt ihn zu verbieten.
(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abgeordneten Hof- mann (CSU) – Frau Marianne Schieder (SPD): Diese Unverschämtheit können Sie sich sparen!)
Frau Präsidentin, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition, ich verstehe Ihre Aufgeregtheit.