Sepp Ranner

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Last Statements

Frau Kollegin, haben Sie schon Kenntnis davon, dass die Fördermittel für die Selbsthilfeorganisationen der Landwirtschaft zu 50% von den Bauern mitfinanziert werden? Ist Ihnen das klar? Ist Ihnen klar, dass diese Fördermittel für die Qualitätsverbesserung eingesetzt werden? Ist Ihnen klar, dass diese Fördermittel auch für die Aufrechterhaltung der Kulturlandschaft eingesetzt werden? Wollen Sie darauf verzichten? Ist Ihnen klar, dass diese Mittel – –
Die letzte Frage: Ist Ihnen klar, dass diese Mittel in der Wirtschaft den siebenfachen Wirkungsgrad haben? Wollen Sie das bestreiten?
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Neben dem Verfassungskonvent hat derzeit auch die Agrarreform europäische Brisanz, steht sie doch in der Entscheidungsphase. Deshalb erlauben ich mir, dazu ein paar Gedanken vorzutragen.
Bayern ist das bedeutendste deutsche Agrarland mit immerhin 500000 Beschäftigten im Ernährungsgewerbe, über die 150000 Bauern hinaus – überlegen Sie sich einmal, was das an Arbeitsplätzen bedeutet! In der Bundesrepublik sind es insgesamt 800000 Beschäftigte. Unser Land also hat vitales Interesse daran, dass die Interessen und die Belange der bayerischen Landwirtschaft bei den jetzigen Entscheidungen ordentlich vertreten werden.
Ein Thema sind da zum Beispiel die Standards. Es betrifft uns nicht nur emotional, sondern existenziell. Überbegriff ist die Nachhaltigkeit. In Klammern: Mein Hof ist jetzt 450 Jahre alt in der Generationenfolge, und der Boden ist nie kaputt gegangen – Nachhaltigkeit, wenn ich das so sagen darf.
Es sind Themen, die für uns von ganz großer Bedeutung sind, wenn es um die Osterweiterung geht, um die Forderungen gegenüber der WTO, um Verbraucherschutz, Tierschutz, Pflanzenschutz, Emissionsauflagen, Schutzgebiete, Ausgleichsflächen, Arzneimittelgesetz und, und, und. Man könnte den Katalog sicher noch verlängern. Hier also ist ein ganz wichtiger Ansatzpunkt, die Umsetzung der Standards sicherzustellen.
Darauf folgt gleich der zweite Teil, der uns wichtig ist, die Wettbewerbssituation. Es geht einfach nicht an, dass man die normale, konventionelle moderne Landwirtschaft in den Würgegriff nimmt und sagt – da muss ich nach ganz links schauen –, die Bösen, das seien die mit der normalen Landwirtschaft, die ökologische Landwirtschaft, das seien die Braven.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, so bauen wir für die Agrarwirtschaft keine Zukunft, noch dazu, als wir im letzten „Focus“ lesen konnten, dass die ökologischen Produkte, was die Inhaltsstoffe und die Wertigkeit anbelangt, keineswegs besser sind. Frau Künast hat die entsprechende Forschung in Detmold in Auftrag gegeben, und das Ergebnis liegt jetzt vor. Die sieben Landesuntersuchungsanstalten haben dieses Ergebnis bestätigt.
(Zuruf der Frau Abgeordneten Christine Stahl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Lautstärke, liebe Kollegin, ist noch lange kein Argument. Bleiben Sie mal ein bisschen bei der Sachlichkeit!
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn ich schon bei dem Thema bin:
Die Agrarwende, groß angekündigt, ist kläglich gescheitert. Das waren, wie wir in Bayern sagen, große Sprüche. Der Markt gab es nicht her. Die Produkte werden konventionell vermarktet, weil die Nachfrage nicht gegeben ist. Man hat die Bauern in die Irre geführt. Ich weiß, auch die Molkereien sind in der Krise.
Ich kenne eine ganze Reihe von Bauern, die steigen aus dem Programm aus, weil die Marktlage es nicht hergibt. Das war ein Weg in die Irre, und ich glaube, es war ein bisschen so etwas wie Volksverdummung, wenn man von Agrarwende spricht; denn es handelt sich dabei um nicht viel mehr als ein populistisches Schlagwort.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der vierte Punkt ist für mich, den Anspruch in Europa geltend zu machen. Hieran haben wir in Bayern ein ganz besonderes Interesse. Es geht um die Multifunktion der Landwirtschaft. Die multifunktionelle Leistung der Landwirtschaft ist schon lange nicht mehr nur die Angelegenheit der Bauern, sondern sie ist Angelegenheit von jedermann. Jedermann hat seinen Nutzen von dieser Kulturlandschaft, von der Sicherung der Lebensgrundlagen. Jedermann hat einen Vorteil vom Ausgleich der ländlichen Regionen für die Ballungszentren. Wer es nicht glaubt, der sollte das Buch des SPD-Mitglieds Ernst Ulrich von Weizsäcker lesen: Erdpolitik. Dort steht das sehr deutlich drin, lieber Herr Kollege. Dort steht deutlich drin, was der Ausgleich der ländlichen Regionen für die Ballungszentren bedeutet. Das ist ein wichtiger Punkt, den wir in Europa einbringen müssen.
Ist die Redezeit beendet? Wir haben es gleich.
Ein weiterer Punkt – Herr Präsident, bitte noch etwas Gnade – ist folgender: Kann es richtig sein, dass wir uns mit Österreich verbünden müssen, um bayerische Interessen in Brüssel durchzusetzen? Kann es möglich sein, dass Chirac, der französische Präsident, Agrarpolitik macht und damit die Sprüche von Frau Künast konterkariert, indem er sich mit Schröder einigt und sagt: Wir setzen die Marktordnung weiter fort bis 2013. Frau Künast sagt hingegen: Wir beginnen sofort mit der Modulation.
Kann das sein? Da ist Frau Künast doch ziemlich kompromittiert, zumal elf der Agrarminister abgelehnt haben. Auch der europäische Agrarausschuss hat abgelehnt. Unsere Agrarministerin in Berlins steht also isoliert da.
Damit, meine Damen und Herren, komme ich jetzt zum Schluss. Einen ganzen Katalog von Notwendigkeiten habe ich gar nicht erwähnt, er geht von Außenschutz für den Markt bis Mengenbegrenzung. Für uns ist wichtig, dass wir über alle Fakultäten hinweg wegen der bayerischen Interessen an einem Strick ziehen, um die bäuerliche Landwirtschaft, die Kulturlandschaft, für die Zukunft zu garantieren. Es kann nur gemeinsam für die Interessen gekämpft werden. Vertreten wir das gemeinsam gegenüber Berlin – da seid ihr aufgerufen –, gemeinsam gegenüber Brüssel und letztlich gegenüber der WTO. Darum bitte ich zum Schluss, dass wir die Kräfte nicht verschleudern und verschleißen, sondern sie bündeln und gemeinsam für die bäuerliche Landwirtschaft kämpfen. Das wäre mein Wunsch.
Herr Kollege Sprinkart, ist Ihnen bekannt, dass der Bayerische Bauernverband schon bei der Agenda 2000 vehement für die Weiterführung der Quote eingetreten ist und zig Papiere, zig Erklärungen und Resolutionen zur Weiterführung der Quote erstellt hat? Ich weise Ihren Vorwurf mit aller Entschiedenheit zurück.
Nun kommt die Frage: Was tut die Bundesregierung, um den Quotenvollzug in Europa sicherzustellen? – Man muss hören, dass in Italien mit einer Million Schwarzquote gehandelt wird. Was tut die rot-grüne Bundesregierung deswegen?
Verehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Man hat die Kuh zur Sau gemacht. Die Kuh, die uns Menschen über Jahrhunderte begleitet und versorgt hat, wird nun auf den Scheiterhaufen gebracht. Mit dieser Ist-Situation müssen wir uns über alle Parteigrenzen hinweg auseinander setzen. Derzeit befleißigen sich viele, Schuldzuweisungen auszutauschen und mit dem Wissensstand von heute die Situation von vorgestern zu kritisieren. Ich finde das nicht fair. Wir sollten nicht auf dieser Welle reiten.
Der EU-Agrarkommissar, Herr Fischler, sagte einmal: „Bei der Landwirtschaft kann man nicht die Bänder stillhalten.“ Die Kuh kann nicht am Abkalben oder am Milchgeben gehindert werden. Herr Professor Dr. Heißenhuber hat sich zu diesem Thema in der „Süddeutschen Zeitung“ geäußert. Er sagte, wenn die Landwirtschaft so wirtschaften würde, wie es die Bürger und Konsumenten in vielen Lippenbekenntnissen forderten, würden die Bürger der Landwirtschaft die Treue versagen. Die Bürger haben fünfzig Jahre lang Zeit gehabt, ökologisch einzukaufen. Sie hatten fünfzig Jahre lang Zeit, Eier beim Bauern zu kaufen. 98% der Verbraucher beziehen ihre Eier jedoch aus der Fabrik.
Professor Dr. Heißenhuber sagte weiter, wenn die Landwirtschaft so produzieren würde, wie das der Weltmarkt verlange, würden die Verbraucher den Bauern ebenfalls die Treue versagen. Dies ist der gordische Knoten, den wir über alle Parteigrenzen hinweg zerschlagen müssen, um Lösungen für die Landwirtschaft zu finden. Damit komme ich zum ersten Knackpunkt: Bayern ist ein Exportland und hat daher eine andere Interessenlage als Berlin. Wir sind Exporteure, während die Bundesrepublik der größte Agrarimporteur der Welt ist. Wir importieren Waren im Wert von 38 Milliarden DM.
Wir können der Landwirtschaft natürlich Auflagen zur Verbrauchersicherheit, zur Nahrungsmittelsicherheit und zur Ökologisierung machen. Allerdings sind wir ein Hochpreisland mit den höchsten Standards. Deshalb sind der Bundeskanzler und Berlin in der Pflicht, diese Auflagen bei der WTO einzufordern. Euer Kanzler ist gefordert. Er ist auch mein Kanzler, das gebe ich als Demokrat zu. Der Kanzler muss sich aufrecht hinstellen und für die Standards, die wir gemeinsam errungen
haben, eintreten. Andernfalls wäre das eine reine Rosstäuscherei.
Meine Damen und Herren, die SPD und die GRÜNEN wären gut beraten, in ihren Parteizentralen und bei ihren Führungsgruppen einiges durchzusetzen. Hier geht es zum Beispiel um die Abschaffung der Giftliste gegen die Bauern. Ich möchte ein paar Punkte ansprechen: Zunächst zum Thema „13 a“. In meiner Region gibt es einen Bergbauern mit der landwirtschaftlichen Vergleichszahl 6. Dieser Bauer hat 16 Kühe und muss jetzt eine Finanzbuchhaltung durchführen. Diese Regelung stammt aus Berlin. Die Mehrwertsteuer ist um 1% gekürzt worden. Die Österreicher haben die Mehrwertsteuer von 9 auf 12% erhöht. Die Opposition sollte endlich bei ihren Kameraden in Berlin Alarm schlagen.
Ihr solltet einmal für Bayern und für die Bauern Flagge zeigen. Sie spitzen zwar die Lippen, pfeifen aber nicht.
Lautstärke ist kein Argument. Ich komme nun zur Abschreibungsverlängerung. Auch hier handelt es sich um eine spürbare Belastung. Auch die Preise für den Diesel sind gestiegen. Geradezu grotesk ist es, dass wir in Deutschland mit 57 Pfennig die höchste Mineralölsteuer haben. Bei den Franzosen beträgt die Mineralölsteuer 5 Pfennig, bei den Dänen 0 Pfennig. Wir sollen mit dieser Mineralölsteuerbelastung in den Wettbewerb gehen. In dieser Frage sind der Kanzler und Eure Truppe gefordert. Meine Kollegen im Bayerischen Landtag von der SPD und von den GRÜNEN sind gefordert, dass in Berlin diese Forderungen geltend gemacht werden.
Ich könnte noch auf die Demontage im sozialen Bereich eingehen. Sie haben den Bauern drei Monate lang jede Hilfe für die Belastungen durch BSE verwehrt. Dann wurde eine Milliarde DM zur Verfügung gestellt. 900 Millionen DM davon werden jedoch aus dem Agraretat genommen, sodass letztlich nur 100 Millionen DM aufgewendet werden. Der Freistaat Bayern wendet hingegen 600 Millionen DM auf. Ich bezeichne es als Schande, wenn sich die große Bundesrepublik Deutschland so verhält.
Ich bin glücklich über eure große Zustimmung. Das zeigt mir der Lärm. Meine Damen und Herrn, ich möchte einige Fragen stellen:
Erstens. Wird beim Importfleisch künftig kontrolliert, ob den Tieren Tiermehl gefüttert wurde und ob Hormone eingesetzt wurden? Werden bei diesen Tieren BSE
Tests und System-Tests durchgeführt? Meines Wissens besteht in Norddeutschland eine bessere BSE-Lage, weil die dortigen Bauern ihre Viecher nach Holland und Belgien schicken, wo nur Stichproben und keine Systemproben durchgeführt werden. Dies erklärt, warum es in diesen Ländern besser aussieht.
Zweitens. Werden in der Fütterung Tierfette verwendet, z.B. in Spanien?
Drittens. Können wir unser Fleisch nach Nordkorea, Russland oder die Mongolei verkaufen? Ich bin stolz auf unseren bayerischen Ministerpräsidenten, der als erster gesagt hat, dass es ethisch und moralisch Unsinn wäre, Tiere zu verbrennen, bevor nicht alle Alternativlösungen ausgelotet sind. Dieser Vertrag mit Russland war eine Glanzleistung.
Der Ministerpräsident hat einen Vertrag in der Hand. Dies war eine Glanzleistung unseres Ministerpräsidenten und unseres Agrarministers Josef Miller. Frau Kollegin Biedefeld, ich möchte auf Ihren Zwischenruf ganz konkret antworten: Auf die Äußerung und die Pressemeldungen des Ministerpräsidenten über den Vertrag mit den Russen ist der Rindfleischpreis spontan gestiegen. Dies war das Verdienst unseres Ministerpräsidenten und nicht von Ihrer Truppe in Berlin.
Ich möchte noch einen Satz zur Betroffenheit der Bauern sagen. Wir sprechen vom Verbraucher. Damit bin ich einverstanden. Wir sprechen von Vertrauen. Auch damit bin ich einverstanden. Sie lassen aber den Bauern mehr oder weniger links liegen. Sie bürden die Risikokosten den Bauern auf. Diese Kosten belaufen sich inzwischen auf 400 DM. Ich kann das begründen: Der Test kostet 150 DM. Die Schlachtabfallbeseitigung kostet 50 DM.
Die Risikomaterialentfernung kostet zirka 100 DM, dann bin ich bei 300 DM. Eine Wertminderung entsteht noch dadurch, dass ich Innereien usw. nicht mehr wertschöpfend verarbeiten kann, sodass ich bei insgesamt 400 DM Verlust bin. Dann sagt die Bundesregierung: Nein, danke, obwohl der Freistaat finanziell in Vorlage geht, kümmern wir uns nicht darum, wir wollen uns an dieser großen Betroffenheit der Bauern nicht beteiligen. – Es ist für mich schon eine moralische Frage, ob man hier einsteigt.
Ein weiteres Thema ist der Druck und die Rufschädigung der bäuerlichen Familien. Ich besuche fast jeden Tag eine Versammlung in der Landwirtschaft. Sie können gar nicht ermessen, welcher Druck angesichts der großen Dramatik auf den bäuerlichen Familien liegt. Deshalb darf ich darum bitten, dass man hier etwas sensibler mit Vorverurteilungen und dergleichen umgeht.
Meine Damen und Herren, vor hundert Jahren haben 60% unserer Bürger Nutzvieh gehalten, heute sind es noch 2%. An dieser Stelle möchte ich zu dem Thema „tiergerechte Haltung“ einige Gedanken äußern. Ich bin seit über 50 Jahren praktizierender Tierwirt. Was ist artgerechte Haltung? Die Antwort muss uns Weihenstephan liefern, und nicht einzelne selbst ernannte Experten, die glauben, im Bereich Tierschutz eine Spielwiese entdeckt zu haben, und das dann politisch praktisch umsetzen wollen. Das muss neutral Weihenstephan beantworten.
Wir wissen, dass 70% der Fleischqualität nach der Stalltür entschieden werden. Ich habe mit meinem Kollegen Dieter Heckel ein Papier über Neigungswinkel beim Transport usw. ausgearbeitet. Darüber kann man nachdenken, da ist Handlungsbedarf; da haben wir Gedanken, die wir noch gemeinsam umsetzen müssen.
Für die artgerechte Tierhaltung haben wir das einzelbetriebliche Förderprogramm. Damit wurden in über Zehntausenden von Betrieben Stallungen gebaut: Licht, Luft, Sonne, Wasser und Futter nach Belieben. Die Kühe leben eigentlich in einem 4-Sterne-Hotel. Das ist der Kuhstall der jetzigen Standards. Das sollten Sie einmal zur Kenntnis nehmen. Und wenn Sie das nicht glauben, kommen Sie zu mir, dann zeige ich es Ihnen.
Du kommst doch nicht zu mir.
Meine Damen und Herren, das möchte ich deutlich an die Adresse der GRÜNEN sagen: Es nutzt uns nichts, wenn wir Polizisten auf die Bauern loslassen, sondern wir brauchen Qualitätsberater, die uns Bauern wetterfest machen,
die den Bauern durchgängig beraten, bis hin zur Verbrauchersicherheit.
Das ist dann die Gewähr dafür. Ich weiß nicht, warum ihr euch auf der linken Seite so aufregt, wenn ich nur die Wahrheit sage.
Des Weiteren sollten Sie, die Sie vor allem von der SPD keine Bauern sind, zur Kenntnis nehmen: Unsere Viecher haben einen Namen und haben Familienanschluss, wir kennen unsere Viecher. Das ist ein Unterschied zur Agrarfabrikation in Norddeutschland, wo eure Herrschaften regieren, oder zu amerikanischen Farmen. Was die
bäuerliche Landwirtschaft hier für den Tierschutz leistet, ist enorm.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Sprinkart?
Nein, der nimmt mir nur die Zeit, schade darum.
Ein weiterer Bereich ist der GV-Besatz. Dieses Thema sollten wir einmal versachlichen, und zwar nach Standorten. Es ist ein Unterschied, ob ich eine Talgunstlage mit 1000 bis 1200 Millimeter Niederschlägen und ganz tollem Grasaufwuchs oder ob ich eine Bergregion mit nur viereinhalb Monaten Vegetationszeit oder eine Trockenregion im Fränkischen, im Rhönbereich habe. Dann muss ich schon den GV-Besatz differenzieren und nicht so, wie Sie es tun, Herr Dürr, weil es populistisch gut klingt, wie ein Oberlehrer verkaufen. Aber hier fehlt Ihnen die Kompetenz. Bei der GV-Diskussion sollten wir nicht außer Acht lassen, dass hier unsere in Bayern klein strukturierte Landwirtschaft in ihrer Existenz bedroht ist. Die kleineren Bauern sind Veredler. Den Großagrariern östlicher Prägung macht das nichts aus. Sie haben Tausende von Hektar, aber nicht unsere kleineren Wirtschaften, die über Jahrhunderte in Familienbesitz sind und deren Existenz jetzt bedroht wird. Das sollten wir genau darstellen. Die Stickstoffbilanzen sind hier aussagekräftig. In Belgien sind es 210 Kilogramm pro Hektar und in Deutschland etwa 60 Kilogramm pro Hektar. Wenn ich die Niederlande mit 280 Kilogramm pro Hektar dazu nenne, können Sie die Relation zum Tierbesatz vergleichen.
Ein weiterer Punkt ist die Bullenmast. Auch die Diskussion über die Maisprämie ist für manche ein Übungsfeld. Für den Milchviehhalter ist es ganz entscheidend, dass er sein Bullenkalb an den Bullenmäster verkaufen kann. Bei den derzeitigen Katastrophenpreisen ist es für den Bullenmäster unerlässlich, die Maisprämie zu erhalten, damit er überhaupt noch existieren kann. Über die Höhe der Maisprämie kann man diskutieren. Wenn ich also die Maisprämie streiche, gefährde ich die Rinderhaltung und damit die Erhaltung unserer Kulturlandschaft. Die stellen Sie damit in Frage.
Sie haben keinen Bezug dazu, aber dafür können Sie nichts.
Selbstverständlich brauchen wir einen fälschungssicheren Herkunftsnachweis. Wir praktizieren das. Wir führen jetzt über unsere Rinder Buch. Diese Buchführung ist genauer als eine Kriminellenkartei. Die kontrollierten Stoffwege – darüber brauchen wir uns gar nicht zu unterhalten – sind ein klarer Fall. Wichtig ist hierbei die Eigenverantwortung des Betroffenen. Es nützt uns nichts, wenn wir noch so viele Überwacher losschicken, es muss die Eigenverantwortung – das gilt ebenso bei Naturschutzgebieten – funktionieren. Ich bin der Meinung, wenn schon eine Produktionsbuchführung verlangt wird, ist dazu auch eine Beratung notwendig, wie
derum aus dem Bereich der Anwendungswissenschaft, aus Weihenstephan. Dazu brauchen wir Modellbetriebe und Betriebssysteme für Voll-, Zu- und Nebenerwerber, was artgerechte Tierhaltung oder GV-Besatz betrifft.
Stören Sie mich nicht; das habe ich bei Ihnen auch nicht gemacht.
Meine Damen und Herren, es ist schon etwas makaber, wenn der Agrarausschussvorsitzende davon spricht, dass der Doppelzentner Weizen 18 DM, das sind pro Tonne 180 DM, und die Müllverbrennung pro Tonne das Drei- bis Vierfache kostet. Ich betrachte es als Kulturschande,
wenn der Wert unserer Nahrungsmittel so nach unten gedrückt wird, und zwar auch durch Ihre Politik.
Wir brauchen Zukunftsperspektiven für unsere jungen Landwirte. Wir müssen wegkommen von dem übertriebenen Wettbewerbsdruck, den uns die Giftliste aus Berlin bringt. Wir brauchen auch einen schonenden Umgang mit der Natur; Nachhaltigkeit ist selbstverständlich.
Wir brauchen aus Berlin für unsere jungen Bauern Berechenbarkeit und Nachhaltigkeit, nicht einen ZickzackKurs des Herrn Bundeskanzler.
Im vorigen Jahr hieß es, die Bauern sollten zu Weltmarktbedingungen produzieren, und heuer heißt es: Zurück zu Klein-klein, wir machen Bio. Dann wird der Verbraucher bevormundet, und er soll die Mehrkosten schlucken. Machen wir uns nichts vor: Letztlich wird auf dem Markt, an der Ladentheke über das Schicksal der Agrarprodukte entschieden. Das ist Realität, das andere ist Märchenstunde.
Meine Damen und Herren, es soll doch nicht so kommen wie bei der Atomenergie. Sie fordern, dass bei uns die Kernkraftwerke abgeschaltet werden, und dann kaufen wir Atomstrom aus Frankreich oder aus Tschechien. Es soll doch nicht so sein, dass die Eier aus Tschechien, die Schweine aus Holland und das Rindfleisch aus Botswana oder Argentinien kommen. Nein, es muss bei uns produziert werden. Wir müssen einen Rahmen setzen, damit das möglich ist.
Das kann nur funktionieren, wenn wir die Vielfachfunktion der Landwirtschaft berücksichtigen: Kulturlandschaft, Lebensgrundlage, 16% der Arbeitsplätze. Wenn wir dies alles ins Kalkül ziehen, müssen wir auch dafür sorgen, dass die Bauern einen gerechten Lohn erhalten.
Ich denke, der Bauer hat das Recht, einen gerechten Lohn zu erhalten und nicht zum verstoßenen Verwandten der Wohlstandsgesellschaft zu werden.
Ich möchte noch auf ein paar positive Aspekte eingehen. Die Welternährungssituation ist für die Agrarwirtschaft außerordentlich positiv. Die nachwachsenden Rohstoffe gewinnen an Bedeutung. Das ist ebenfalls positiv. Ich möchte noch einmal fragen: Was wäre, wenn es keine Bauern gäbe? Meine Damen und Herren, Sie könnten durch Oberbayern fahren und würden den Wendelstein nicht sehen, weil alles zugewachsen ist. Dass es nicht so ist, ist die Leistung der Bauern, die honoriert werden muss.
Was wir brauchen, ist ein gerechtes Einkommen. Wir brauchen humane Arbeitsbedingungen, einen fairen Wettbewerb, eine qualifizierte Ausbildung und qualifizierte Berater. Man kann alles importieren, aber nicht die Kulturlandschaft. Für diese sorgen unsere Bauern. Dafür garantiert die Politik der CSU mit dem Leitbild einer bäuerlichen Landwirtschaft in Eigenverantwortung zum Wohle der Bürger und unserer Heimat.
Ich möchte noch einen Satz zu der Anmerkung von der Opposition zum Tiergesundheitsdienst sagen. Der Tiergesundheitsdienst ist eines der wertvollsten Hilfsinstrumente in der tierischen Veredelung. Ich möchte konkret wissen, wo hier die Verfehlungen liegen sollen. Wenn Korrekturen notwendig sind, sind wir gern bereit, diese durchzuführen. Es ist aber unfair, den Tiergesundheitsdienst pauschal in Verruf zu bringen. Das ist des Hauses nicht würdig.
Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Sicher wird eine Aussprache emotional geführt und die Wogen prallen aufeinander, aber wir tragen gemeinsam Verantwortung für die Bauern, denen wahrlich ein hartes Los beschieden ist, vor allem in der tierischen Veredelung, wo 720-mal im Jahr Stallarbeit geleistet werden muss. Wir tragen auch Verantwortung für die Verbraucher und unsere Heimat. Das zukünftige Bild des Freistaates Bayern gestalten die Bauern. Ich wünsche und hoffe, dass wir hier gemeinsam versuchen, das Beste zu erreichen.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Bevor ich die nächste Rednerin aufrufe, möchte ich bekannt geben, dass die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN zum Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 14/6009 namentliche Abstimmung beantragt hat.
Nächste Wortmeldung: Frau Kollegin Schieder.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist traurig, dass Praktiker gegen Praktiker reden müssen. Es ist traurig, dass ein Praktiker in diesem Hohen Haus nichts anderes weiß, als die konventionelle Landwirtschaft mit den übelsten Verdächtigungen zu verunglimpfen, die mit nichts belegbar sind.
Ich gehe schon seit 45 Jahren in den Kuhstall.
Ihr habt keinen Bauern in Eurer Truppe. Seid nicht so gescheit!
Tatsache ist, dass Ihr keinen Praktiker in Euren Reihen habt. Wenn eine Kuh ein krankes Euter hat, wird zuerst Topfen aufgelegt, um die Infektion zu kühlen. Wenn das nicht funktioniert, wird mit Beratung des Tierarztes Penicillin gespritzt. Dann wird zwischen fünf und acht Tagen gewartet. Tut man das nicht, ist die betreffende Kuh über Monate und Jahre hinweg ein Zellenausscheider und reduziert die Milchqualität erheblich. Sie sollten nicht einen solchen Papp reden, der fachlich nicht haltbar ist, Herr Schammann.
Wenn Sie das nicht wissen, sollten Sie bei mir in die Lehre gehen.
Es ist von Turbomast gesprochen worden. Was frisst ein Bulle? 23 Kilo Mais, 1,3 Kilo Getreide, 1 Kilo Soja und 1 Kilo Heu – sonst nichts. Und da reden Sie von Turbomast. Das ist doch ungeheuerlich!
Das ist eine ganz normale Mast. Sie sollten sich überlegen, ob Sie den Mais verteufeln, Herr Kollege Schammann. Wie sieht es denn aus mit unseren Grünlandbetrieben im Allgäu und in Oberbayern? Die leben doch von den Stierkälbern, die sie verkaufen können. Dann ist Schluss; denn die klassische Bullenmast ist mausetot. In der jetzigen Krise gehen bei einem Bullen 900 DM ab. Man kann die Bullenmast doch nicht noch einmal reduzieren und sagen: Jetzt nehme ich die Förderung für Maismast mit. Ihnen fehlt leider Gottes jeder Bezug, Herr Schammann.
Alle Fraktionen – auch die Starzmann-Truppe – haben Briefe bekommen, in denen sich Ökobauern wegen der Auslaufflächen massiv beschwert haben. Wir müssten das abschaffen, hieß es, wir müssten zum Minister gehen, wir sollten da unbedingt etwas tun. Dann wird von artgerechter Haltung gesprochen. Große Auslaufflächen haben wir Praktiker schon lange. Ich mache es schon seit 1965 auf meinem Hof. Da haben die noch gar nicht gewusst, was ein Laufstall ist. Es ist doch müßig zu versuchen, ökologische und konventionelle Landwirtschaft auseinander zu dividieren.
Frau Schieder hat viele Punkte angedacht, die meine volle Zustimmung finden.
Die kann durchaus zu uns kommen. Alle im Hohen Haus reden seit Wochen von Kontrolle, Kontrolleuren, Transparenz und gläsernen Verfahren.
Wer spricht aber von den Qualitätsberatern, die der Bauer dringend braucht? Er braucht Spezialberater, er braucht Qualitätsberater, um dies für den Verbraucher sicherzustellen. Das ist, glaube ich, genauso wichtig wie das Rufen nach Kontrollen. Das ist geradezu eine Lieblingsgeschichte, dass man hier PR-mäßig etwas verkauft, aber der Qualitätsberater, der spezialisierte Berater ist für mich mindestens genauso wichtig.
Meine Damen und Herren, man kann natürlich auch nicht eine Politik für 2% der Bauern machen, während man die 98% übrige Bauern verunglimpft, sie irgendwie in Frage stellt und für sie keine Lösung hat.
Das, Herr Schammann, ist keine Politik. Das ist plumpe Polemik. Das bringt überhaupt nichts.
Sie müssen auch wissen, meine Damen und Herren, wir haben nicht nur eine Professur für den Öko-Landbau eingerichtet, sondern wir zahlen in Bayern auch überdurchschnittlich viel für den Öko-Landbau. Ich muss mich wiederholen: In meinem Landkreis – ich habe eine Erhebung machen lassen – bekommt der Öko-Bauer bei gleicher Größe der Fläche, nämlich 20 Hektar, 2500 DM mehr Staatszuschuss als der konventionelle Landwirt. Das ist belegbar, meine Damen und Herren.
Und ein Weiteres: Glauben Sie denn, dass wir mit einer von mir aus mit 80 oder 90% subventionierten ÖkoLandwirtschaft diese hochhalten? Das entscheidet der Verbraucher.
Ich merke, meine Zeit geht zu Ende, Herr Präsident. Erlauben Sie mir vielleicht noch drei Sätze.
Ich möchte sagen, die ökologische Landwirtschaft garantiert nicht eine BSE-risikofreie Produktion. Ich erinnere an das Beispiel Schweiz. Drei Öko-Betriebe sind dort von BSE befallen. Darum ist diese Diskussion absurd.
Das muss man auch einmal ganz klar sagen. Die ökologische Landwirtschaft hat nur eine Zukunft, wenn der Konsument, wenn die Hausfrau an der Ladentheke in den Supermärkten daran Interesse hat und das einkauft und nicht, wenn wir das politisch beschließen.
Ich möchte also zum Schluss sagen, es ist eigentlich traurig, wenn man – –
Das letzte Wort, Herr Präsident.
Es ist traurig, wenn man hier Schlagworte wie „Turbomast“ und „Agrarfabrik“ benutzt, um sein politisches Geschäft zum Schaden der Bauern zu machen.
Herr Präsident, mein lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, wir kommen einer hehren Aufgabe nach, wenn wir uns im Wettstreit miteinander um die bäuerliche Landwirtschaft, um Nachhaltigkeit, um den Erhalt unserer Lebensgrundlagen bemühen. Allerdings habe ich den Eindruck, dass Herr Kollege Schammann gerade eine Rede gehalten hat, als spräche er zu amerikanischen Städtern, nicht aber bei uns in Bayern.
Die Überschrift des vorliegenden Dringlichkeitsantrags ist ein Widerspruch in sich. Mir stellt sich dabei nämlich die Frage: Wo gibt es bei uns „agrarindustrielle Planwirtschaft“? Lieber Herr Kollege Schammann, eine Anhäufung von Schlagwörtern sollte nicht Inhalt unserer Diskussionen sein. Wenn man weiß, dass ein landwirtschaftlicher Betrieb in Bayern durchschnittlich 22 Hektar Land bewirtschaftet, stellt sich schon die Frage: Wo gibt es bei uns „agrarindustrielle Planwirtschaft“?
Jawohl, Herr Starzmann! – Meine Damen und Herren von den GRÜNEN, Sie sollten sich einmal hinter die Ohren schreiben: Die CSU vertritt in ihrer Agrarpolitik seit Jahren das Leitbild einer bäuerlichen Landwirtschaft, nicht irgendwelcher Agrarindustrien.
Das sollten Sie einmal zur Kenntnis nehmen. Für die bäuerliche Landwirtschaft kämpfen wir. Wir bemühen uns leidenschaftlich um sie. Wir wissen: In Bayern weisen zwei Drittel aller landwirtschaftlichen Betriebe weniger als eine Großvieheinheit auf. 95% der hiesigen Betriebe haben weniger als zwei Großvieheinheiten je Hektar vorzuweisen. Meine Damen und Herren von den GRÜNEN, angesichts dessen können Sie sich doch
nicht hier herstellen und in einer Art Verdummungsaktion versuchen, dem Plenum vorzumachen, wir hätten in der Landwirtschaft industrielle Verhältnisse.
Wir sind bestrebt, die Landwirtschaft zu unterstützen, damit zugunsten unserer Verbraucher die höchstmögliche Qualität von Nahrungsmitteln gewährleistet ist. Wir sind bestrebt, Solidarität mit unseren Verbrauchern aufzubauen. Diese Bemühungen kann nicht eine Gruppe für sich allein reklamieren, wie Sie es jetzt versuchen, meine Damen und Herren von den GRÜNEN. Ansonsten müsste ich jetzt etwas ganz anders sagen.
Herr Schammann, die letzten Worte Ihrer Rede waren bezeichnend. Die Bauern sollen also weg vom Subventionstropf. Gleichzeitig fordern Sie in dem vorliegenden Antrag acht Fördermaßnahmen.
Heute war hier schon vom Kabarett die Rede. Das möchte ich nicht wiederholen. Jedenfalls ist das, was Sie vorbringen, nicht haltbar.
Der Freistaat fördert die ökologische Landwirtschaft mit 40 Millionen DM jährlich. In meinem Heimatkreis ist es so – ich habe es über Nacht berechnen lassen –, dass ein 20-Hektar-Betrieb, der Ökolandbau betreibt, durchschnittlich 2500 DM jährlich mehr an Fördermitteln erhält als ein konventionell arbeitender Betrieb. Da kann man nicht sagen, wir unternähmen nichts. Meine Damen und Herren von den GRÜNEN, schauen Sie sich einmal an, wie es in den Bundesländern aussieht, in denen Sie an der Regierung beteiligt sind.
Neben der Förderung sind noch weitere Maßnahmen zu erwähnen. So gibt es in Bayern Berater für die ökologische Landwirtschaft, über das ganze Land verstreut. Meine Damen und Herren von den GRÜNEN, denken Sie einmal darüber nach, für welche Sparte mit 2000 bis 3000 Betrieben ein flächendeckendes Beratungsangebot besteht. Für die Landwirtschaft gibt es das, vor allem für die ökologische Landwirtschaft. Bei der Forschung sieht es genauso aus. Sie wissen ganz genau: Das Herkunftszeichen „Qualität aus Bayern“ wurde mit finanzieller Unterstützung des Freistaats kreiert. Ich war bei entsprechenden Messen und Ausstellungen. So meine ich: Wir können nicht davon ausgehen, dass in der Agrarpolitik nichts passiert.
Der Ökobetrieb wird in Bayern mit durchschnittlich 32000 DM im Jahr gefördert. Dies macht rund 62% des Gewinns aus. Daran wird der zweite Widerspruch Ihrer Antisubventionsphilosophie erkennbar, die Sie gerade hier verkündet haben, Herr Kollege Schammann. Auch ich bin gegen Subventionsmentalität. Ich wäre auch dankbar, wenn der Bauer über den Preis für seine Produkte zu angemessenen Erträgen käme. Wenn ich glaubte, dass dies gelingen kann, wäre ich blauäugig. Ich müsste sagen: Wir sind nicht in Europa; es gibt keine
internationalen Verflechtungen. Tatsache ist: Wir befinden uns im Wettbewerb mit anderen Anbietern von Agrargütern.
Noch eine Bemerkung. Meine Damen und Herren von den GRÜNEN, wenn Sie die „Agenda 21“ genau lesen, werden Sie feststellen: Dort steht, dass man im Hinblick auf die Sicherung der Welternährung in den Gunstlagen intensiv wirtschaften müsse. Aber Sie sprechen von Überschüssen.
Wir hier in Europa haben mit die günstigste Agrarsituation in der Welt. Wenn man weiß, dass nur 11% der Fläche der Welt nutzbar sind und wir die günstigste Situation haben, dann kann man nicht sagen, wir produzieren nichts. Das ist doch schizophren.
Meine Damen und Herren, ich komme zu den neun Forderungen des Antrags. In Nummer 1 wird eine Deckelung bei der Förderung gefordert. Lieber Herr Kollege, anscheinend haben Sie nicht gelesen, dass es beim KULAP eine Deckelung auf 24000 DM gibt. Es ist interessant, dass Sie gerade auf die Ökobetriebe eingehen. Ich habe daheim drei Briefe von Ökoverbänden liegen, die auf die Deckelung schimpfen, weil sie von der Fläche her doppelt so groß sind wie die anderen. Das ist ein Widerspruch. Sie sollten Ihre Hausaufgaben machen und mit Ihren Berufskollegen zusammen klären, ob man die Deckelung beibehalten soll. Es geht hier ebenfalls um eine Frage der Glaubwürdigkeit. Ihre Forderung ist nicht haltbar.
Sie wissen sehr wohl, bei der Diskussion um die Agenda 2000 gibt es seit jeher die Forderung nach einer degressiven Ausgleichszahlung. Erst jüngst hat unser Herr Staatsminister sich ganz klar dafür ausgesprochen. Herr Kollege Schammann, in diesem Punkt sind wir uns einig. Es kann nicht angehen, dass Ihre königliche Hoheit, die Königin von England – –
Es kann nicht angehen, dass Ihre Majestät, die Königin von England, 9 Millionen DM an Ausgleichszahlung bekommt und der Bauer in meinem Bezirk einschließlich sozialer Leistungen 13000 DM. Davon muss die Familie leben. Wir sind uns einig, in diesem Punkt gibt es Handlungsbedarf.
Ich komme zu Nummer 3 des Antrags betreffend die Förderung des umweltschonenden Landbaus. Ich komme aus einer KULAP-Region und kann Ihnen sagen, es gibt bereits Auflagen in Bezug auf Hektar. Es existieren konkrete Bindungen bezüglich des Viehbesatzes pro Hektar und zum Spritzmitteleinsatz. Es handelt sich dabei um ganz konkrete Vorgaben. Man kann nicht sagen, das Privileg hat nur die ökologische Landwirtschaft und die übrige Landwirtschaft – immerhin 98% – darf schräg angesehen werden. So haben wir nicht gewettet.
Zum Thema „Gentechnik“ möchte ich Folgendes erzählen: Vor 40 Jahren haben wir auf unserem Hof noch Getreide angebaut. Damals war ich bei einem Saat
zuchtvermehrer in der Landwirtschaftsschule zu Besuch. Der hat gesagt, er braucht 30 Jahre, bis er eine neue Sorte, die leistungsstark und resistent ist, gezüchtet hat. Wenn man den Prozess jetzt mit Hilfe der Gentechnik und der Genomanalyse verkürzen kann, wirft das Fragen auf. Sicher kann das nicht der 8. Schöpfungstag sein. Sicher sind Grenzen einzuhalten. Selbstverständlich muss man Sicherheitsmechanismen einbauen. Darüber sind wir uns einig. Dazu haben wir jede Menge von einschlägigen Anträgen eingereicht und im Agrarausschuss und im Plenum verabschiedet. Ich frage mich, warum das Thema jetzt aufgewärmt wird. Für meine Begriffe ist die Diskussion überholt.
In Nummer 5 des Antrags wird gefordert, dass unter der „guten fachlichen Praxis“ nur noch der ökologische Landbau verstanden werden soll. Ich habe schon angesprochen, dass es im Kulturlandwirtschaftsprogramm einschneidende Auflagen gibt. Einschneidende Vorgaben gibt es auch in der Düngemittelverordnung. Im Bereich des Getreides gibt es den Begriff der Schadschwellen. Außerdem existieren Wasserschutzauflagen. Ich frage mich, warum Sie neben unseren Fachgesetzen noch eine Deckelung brauchen und warum Sie noch mehr Reglementierungen für die Bauern wollen. Dafür, dass Sie den Begriff der „guten fachlichen Praxis“ auf die 2% der Betriebe beschränken wollen, die ökologischen Landbau betreiben, habe ich sehr wenig Verständnis.
Ich komme zu Nummer 6 betreffend die Förderung dezentraler Strukturen. Ich habe vorhin schon gesagt, dass wir eine Reihe von Fördermaßnahmen haben. Hierher gehören auch die CMA und die Landesvereinigung der bayerischen Milchwirtschaft. Es ist eine so genannte Injector-Wirkung, dass Sie hier bei der Werbung mit dabei sind. Ich habe kein Verständnis für Ihre Forderung.
Dazu kommt, das Bild der Landwirtschaft bestimmen Hausfrau und Hausmann mit ihrem Einkaufsverhalten. Entscheidend ist, wie die Leute sich im Supermarkt verhalten. Die Ursache dafür, dass bei uns die Metzger und Bäcker, also die handwerklichen Nahrungsmittelveredler, nach und nach verschwinden, liegt im Einkaufsverhalten der Menschen. Grund für den Streit über den Bau von Supermärkten – zum Beispiel Wal-Mart – in der Prärie, ist das Verhalten der Leute. Herr Kollege Schammann, dieses Verhalten können Sie nicht reglementieren. Im Gegenteil: Das Bessere oder Interessantere wird gekauft.
Zu Nummer 8 betreffend die artgerechte Tierhaltung darf ich aus meiner Praxis sprechen. Ich bin seit meinem 12. Lebensjahr in der Landwirtschaft tätig. Mancher wird darüber schmunzeln, aber ich gehe seit meinem 12. Lebensjahr tagtäglich in den Kuhstall und weiß deshalb, wovon ich spreche. Seit 1965 haben wir einen Laufstall und einen Auslauf für unsere Tiere. Damals haben die Öko-Landwirte noch gar nicht gewusst, dass es so etwas gibt. Sie haben nicht einmal erfasst, dass das möglich ist. Heute haben wir das Problem, dass die Öko-Bauern uns Briefe schreiben, in denen steht, sie können die Auslauffläche nicht sichern und die Vorgabe muss weg. Es geht wieder um die Glaubwürdigkeit. Herr Schammann,
da haben Sie eine große missionarische Aufgabe in Ihrer Truppe zu erfüllen. Ich hoffe, Sie sind dabei erfolgreich.
Im letzten Spiegelstrich geht es um die offene Futtermitteldeklaration. Wir haben dazu bereits einen Antrag im Bayerischen Landtag verabschiedet. Wenn Sie allerdings fordern, dass die Futtermitteldeklaration sofort und nur in Bayern durchgeführt werden soll, dann muss ich sagen, Sie haben anscheinend noch nicht gemerkt, dass wir in der Europäischen Union leben und im Wettbewerb stehen. Sie haben nicht verstanden, dass die Verkehrsund Warenströme über Tausende von Kilometern laufen. Deswegen muss die Deklaration jetzt sofort europaweit erfolgen. Wir Bayern können das allein nicht leisten.
Ich bin nicht nur deswegen für die Deklaration, weil der Verbraucher geschützt werden muss, sondern auch deswegen – jetzt kommt der Bauer zum Durchbruch –, weil den Bauern die Möglichkeit gegeben werden muss, zu kontrollieren, ob wirklich das im Futter enthalten ist, was angegeben ist. Bei der geschlossenen Deklaration ist es schon passiert, dass Billigmacher eingemischt wurden. Der Bauer hat das nicht gemerkt. Er hat seine Kilo-Stärke-Einheiten oder NEL, wie jetzt die Energiebezeichnung heißt, berechnet und nicht gewusst, was drin ist. Es ist auch eine Frage der Wirtschaftlichkeit, dass der Bauer weiß, was im Futter enthalten ist. Insofern sind wir uns einig. Herr Schammann hat anscheinend nur nicht gelesen, dass die Forderung längst umgesetzt ist.
Abschließend möchte ich sagen, abgesehen von der letzten Forderung, die an sich richtig ist, handelt es sich bei dem vorliegenden Antrag um einen Schaufensterantrag, der untauglich ist, eine ganze Reihe von Widersprüchen in sich birgt – ich habe versucht, einige zu verdeutlichen – und im Wesentlichen überholt ist. Ich würde die verehrten Kolleginnen und Kollegen bitten, dem Antrag nicht zuzustimmen.