bleiben oder arbeiten gehen. Deshalb ist es ausgesprochen notwendig, dass wir mehr Kinderbetreuungseinrichtungen anbieten, auch hier in Bayern.
Hier muss ich noch einmal bestätigen, was meine Vorrednerinnen schon gesagt haben: dass Bayern bei der Kinderkrippenversorgung mit 1,4% Schlusslicht ist, also nur marginalst eine Versorgung anbietet.
Ebenso ist es bei der Versorgung mit Kinderhorten, die bei 3,8% liegt. Ich verhehle nicht, dass im Kindergartenbereich das eine oder andere getan wurde. Wo Lob hingehört, soll man auch loben. Aber das kann nicht ausreichen. Gerade die Betreuung von Kindern unter drei Jahren ist sehr wichtig. In diesem Zusammenhang muss ich sagen: Es ist überhaupt nichts, was bei der Klausurtagung in Kreuth herausgekommen ist. Deshalb unsere Forderung: Ein Dachgesetz muss her, und alle Kinderbetreuungseinrichtungen müssen vom Staat gefördert werden. Ich meine, dass der Staat für alle Kinder verantwortlich ist und nicht nur für die zwischen drei und sechs Jahren.
Dabei wird immer die Kommunalpolitik angeführt. Was bei dem Ganzen aber vergessen wird, ist: Wenn die Förderung nicht über den Staat geschieht, werden die Kommunen und die Eltern allein gelassen. Man versucht, diese Aufgabe auf sie abzuschieben.
Glücklicherweise ist jetzt bei Ihnen auch schon angekommen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, dass es einen Zusammenhang zwischen Geburtenrate und Kinderbetreuung gibt. Ich habe es zwar vorhin schon wieder anders vernommen, also ganz haben Sie den Zusammenhang noch immer nicht erkannt. Wenn ich mir die Verhältnisse in den skandinavischen Ländern anschaue, gerade in Norwegen, wo die Betreuung von Kindern unter drei Jahren sehr gut ist und die Geburtenrate wesentlich höher ist als bei uns, dann legt das doch diesen Zusammenhang nahe. Frau Fickler wollte vorhin diesen Zusammenhang nicht erkennen. Interessant ist, dass München erstmals eine höhere Geburtenrate hat und viermal so viel Kinderkrippenplätze anbietet wie der Durchschnitt in Bayern.
Es gibt eine günstige Geburtenentwicklung in München. Herr Unterländer, ich weiß nicht, ob Sie auch Ihren Beitrag dazu geleistet haben. Das würde mich freuen.
Aber die Erkenntnis allein nützt noch nichts, wenn man nicht die politischen Handlungen daraus entwickelt. Die Kehrtwende der CSU kann ich zwar in einigen Formulie
rungen erkennen, aber die Beschwörungsformeln allein nützen noch nichts, wenn nichts unternommen wird.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, nicht nur Staat und Gesellschaft sind in der Verantwortung, da gebe ich Ihnen Recht. Auch die Wirtschaft muss das eine oder andere dazu beitragen. Ich glaube, wir alle wollen eine kinderfreundliche Gesellschaft in Deutschland, in Bayern, und wollen dazu beitragen. Die Bundesregierung muss sich nicht schämen, Herr Kobler, sie hat ihren Anteil schon geleistet. Tun Sie jetzt als Bayerische Staatsregierung ein Übriges.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Job und Familie, wie geht das zusammen? Das fragen sich junge Paare spätestens dann, wenn das erste Kind unterwegs ist. Da bedarf es sicherlich eines ausgeklügelten Systems verschiedener Elemente aus Familie, Betrieb, staatlichen Einrichtungen, sozialem Umfeld und anderen Personen.
Die Möglichkeit, Beruf und Familie miteinander zu vereinbaren – da gebe ich Ihnen durchaus Recht, und das zeigen auch die höheren Kinderzahlen in den skandinavischen Ländern –, ist ausschlaggebend für die Entscheidung, eine Familie zu gründen.
Das hängt nicht nur, Frau Kollegin Radermacher, von der Kinderbetreuung, nicht nur von der Zahl der Krippenplätze ab. Ich bitte keinen Glaubenskrieg daraus zu machen. Es gibt hierfür nicht die Lösung, sondern es gibt nur zahlreiche individuelle Lösungen.
Ein wesentlicher Punkt ist, dass wir sehr daran arbeiten müssen, dass Paare und Frauen, die Kinder haben, in beruflicher Hinsicht nicht nach wie vor Nachteile zu erleiden haben. Die Situation ist so – das streiten wir auch nicht ab –, dass immer mehr Frauen arbeiten gehen müssen, auch aus finanziellen Gründen.
Allein die Zahl der erwerbstätigen Mütter schulpflichtiger Kinder ist in den letzten zehn Jahren in Bayern von 44 auf 61% gestiegen. Es gibt viele junge Frauen – auch das ist unbestritten –, die eine gute Ausbildung haben, die ihren Beruf ausüben wollen, teilweise auch müssen und es sich nicht erlauben können, lange aus diesem Beruf auszusteigen. Wir verschließen die Augen keineswegs vor der Realität, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist nicht nur eine Frage des Staates, ist nicht nur eine Frage der Kinderbetreuung, sondern sie ist auch zuvörderst eine Frage der Wirtschaft und die Frage, wie die Betriebe damit umgehen. Die Wirtschaft erkennt, dass aufgrund der demografischen Entwicklung in den nächsten Jahren und Jahrzehnten das Arbeitskräftepotenzial deutlich zurückgehen wird. Die Wirtschaft hat erkannt, dass es im globalen Wettbewerb nicht mehr hinnehmbar ist, die vielfältigen Potenziale, die Frauen heute im Erwerbsleben bieten, ungenutzt zu lassen.
Viele Unternehmen haben dies erkannt und bieten heute ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Möglichkeiten zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf und zum beruflichen Aufstieg zum Beispiel durch flexible Arbeitszeitmodelle, neue Arbeitsstrukturen, Kinderbetreuungsmöglichkeiten, Tele- und Netzwerkarbeit, Jobsharing, Personalentwicklungskonzepte, Qualifizierungsmaßnahmen und vieles mehr. Viele große und kleine Firmen arbeiten vorbildhaft. Die Bayerische Staatsregierung hat solche Betriebe bereits als Vorbilder ausgezeichnet.
Viele Unternehmen haben längst erkannt, dass familienfreundliche Initiativen nicht nur den Familien der Mitarbeiter helfen, sondern auch ihren eigenen Nutzen mehren, denn gut ausgebildete und vor allem zufriedene Mitarbeiter sind heute ein Wettbewerbsvorteil. Mitarbeiter sind wiederum dann zufrieden, wenn auf ihre persönlichen Bedürfnisse und die Bedürfnisse ihrer Familien soweit wie möglich eingegangen wird. Wie gesagt, viele Unternehmen haben erkannt, dass sie selbst einen Nutzen davon haben, wenn sie Familien unterstützen. Die Fluktuationsquote wird gesenkt; die Betriebe erhalten ausreichend Fachpersonal; Stress und auch die Abwesenheitsquote werden abgebaut.
Die CSU-Landtagsfraktion hat vor einigen Wochen eine Anhörung durchgeführt, zu der Betriebe eingeladen waren, die uns über familienfreundliche Rahmenbedingungen berichtet haben. Eines ist ganz klar: Wenn wir wollen, dass die Wirtschaft familienfreundlicher arbeitet, dann dürfen wir von Seiten der Politik keine gesetzlichen Regelungen mit einem festen Modell überstülpen, sondern dann müssen wir Rahmenbedingungen festsetzen, mit denen jeweils individuelle arbeitnehmerfreundliche Lösungen gefunden werden können. Zu viele Regeln sind kontraproduktiv. Ich nenne nur das Teilzeitarbeitsgesetz, strenge Arbeitszeitregelungen, den Arbeitsschutz und einen überzogenen Datenschutz. Das sind Dinge, die es Betrieben schwer machen, familienfreundliche Regelungen zu finden.
Viel besser wären individuelle und freiwillige Betriebsvereinbarungen, die jeweils die Notwendigkeiten im Betrieb erfassen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, deshalb ist es notwendig, dass Sie beim Bund darauf hinwirken, dass überflüssige Regelungen, die hinderlich sind, abgebaut werden.
Sie müssen flexible Möglichkeiten schaffen, denn nur so gelingt es uns gemeinsam mit den Tarifparteien, die erkennen müssen, dass sie die Bemühungen um die Familie in den Mittelpunkt stellen müssen, die Rahmenbedingungen in den Betrieben familienfreundlich zu gestalten. Mit Überregularien werden wir dies nicht schaffen.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ehrlich gesagt bin ich etwas betroffen von der Art und Weise, wie die Diskussion hier und heute von der Opposition geführt wird. Ich habe gedacht, wir hätten gerade in der Familienpolitik Berührungspunkte. Mir hat schon der Titel der Aktuellen Stunde nicht gefallen: „Familien – Die vergessenen Leistungsträger in unserer Gesellschaft“. Sicher sind die Familien Leistungsträger in unserer Gesellschaft, aber ich denke, die Familien sind weit mehr als Leistungsträger in unserer Gesellschaft. Sie sind für unsere Gesellschaft unverzichtbar. In der Familie finden unsere Kinder Geborgenheit, Fürsorge, Verlässlichkeit und Liebe. Deswegen sehe ich die Familien nicht nur als Leistungsträger. Hier werden den Kindern durch die Erziehung wichtige soziale und gesellschaftliche Werte vermittelt. Familien leisten für mich Unersetzbares für Gesellschaft, Staat und den Einzelnen. Familien sind ein Wert für sich, genauso wie die Kinder, die in diesen Familien aufwachsen.
Ich würde von der Opposition auch erwarten, dass sie einmal auf die familienpolitischen Leistungen der rot-grünen Bundesregierung eingeht. Man denke nur an den Eiertanz der Bundesregierung bei der anstehenden Erhöhung des Kindergeldes. Zunächst hieß es, es gibt 30 DM mehr; dann gab es wieder nichts.
Dann hieß es, Kinderbetreuungseinrichtungen werden gefördert. Später war wieder von 30 DM die Rede, allerdings unter dem Vorbehalt der nächsten Steuerschätzung. Behandelt man nach Ihrer Auffassung so die Leistungsträger?
Ich möchte noch auf einige Punkte eingehen, die mir aufgefallen sind. Sie haben das Bild der Frau als Nachhilfelehrerin, Taxifahrerin und Pflegerin mit einem negativen Unterton geschildert. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich war selbst 30 Jahre im Haushalt tätig und sehe das Bild der Familienfrau völlig anders als Sie.
Herr Maget, Sie sollten das einmal machen, dann würden Sie vielleicht nicht mehr lachen. Sie würden die Realität des Lebens kennen und nicht einfach locker darüber hinweggehen. Das sind Dinge, die durchaus betroffen
machen. Ich bin der festen Überzeugung, dass sich auch und gerade in diesem Bereich die Frauen selbst verwirklichen können. Das ist für mich überhaupt keine Frage.
Die Bayerische Staatsregierung greift die Familienpolitik sicher nicht nur unter dem Stichwort „demografische Entwicklung“ auf, sondern auch vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Situation, in der sich die Familien in Deutschland heute befinden. Die Opposition hat die Leistungen der Regierung Kohl angegriffen. Wissen Sie, von welchem Stand beim Kinderfreibetrag Bundeskanzler Kohl 1982 ausgegangen ist? Bei der Übernahme der Regierungsverantwortung von Bundeskanzler Schmidt gab es keine Kinderfreibeträge. Damals gab es 0 DM Freibetrag.
„Gott sei Dank“ sagen Sie, Herr Fraktionsvorsitzender. Gut dass ich das weiß, denn dann kenne ich Ihre tatsächliche Einstellung zu diesem Thema.
Von der Bundesregierung wurden seinerzeit das Erziehungsgeld, der Erziehungsurlaub und die Anrechnung der Erziehungszeiten für die Rentenversicherung eingeführt. Lassen Sie mich etwas zu Ihrer Rentenreform sagen. Ich zitiere aus der „Zeit“, die nicht gerade als rechtslastig verschrieen ist. Das Zitat lautet: „ Womöglich haben die Herren Fraktionsvorsitzenden auch nur darauf gewartet, dass die Frauen- und Familienministerin Christine Bergmann einmal zum Mikrofon geht und dem Hohen Haus zuruft, was die offenbar kinderlosen Abgeordneten nicht wissen, dass die Erziehung zweier Kinder viele Jahre dauert und ein aktiver Beitrag zur Rentenversicherung ist, der genauso viel zählt wie die Erwerbstätigkeit.“ Der Artikel „Die betrogene Familie“, der die rotgrüne Bundesregierung angreift, endet mit folgender Aussage: „Verächtlicher kann man Kinder nicht einstufen.“