Wir stehen nach wie vor auf dem Standpunkt, dass dieses verfassungswidrig ist, und wir werden dies auch immer thematisieren, weil wir genau wissen, dass wir uns in Übereinstimmung mit der Mehrheit der Bevölkerung befinden.
Das ist kein Ablenkungsmanöver. Frau Kollegin Schopper hat in beredten Worten ausgeführt, dass Familienpolitik vom Ministerpräsidenten nur unter dem Stichwort Demografie gesehen wird. Sie ist vielleicht noch zu jung, um zu wissen, dass der Ministerpräsident früher der Vorsitzende der Familienkommission der CSU war.
Sie können nicht wegdiskutieren, dass die Einführung des Erziehungsgeldes, des Erziehungsurlaubs und die Anerkennung von Kindererziehungszeiten in der Rentenversicherung unter einer CDU/CSU-Regierung erfolgt sind. Die CSU hat daran maßgeblich mitgewirkt. Herr Kollege Schultz, Sie haben gesagt, dass es keine Bevölkerungsgruppe gebe, mit der so viel Schindluder getrieben worden sei, wie mit den Familien. Die Familie erhalte nur Almosen, die ihnen vorher aus der Tasche gezogen worden seien. Bayern gibt pro Jahr Leistungen in Höhe von einer Milliarde DM für die Familien aus. Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass es Freude machen muss, Kinder zu erziehen. Es ist wichtig, dass Kinder von unseren Familien erzogen werden. Das muss in Zukunft in unserer Gesellschaft anerkannt werden. Dafür wollen wir alle gemeinsam kämpfen.
Herr Präsident, liebe Kollegen und Kolleginnen! Liebe Frau Dr. Fickler, wenn der bayerische Ministerpräsident Dr. Stoiber der Vorsitzende der Familienkommission war, möchte ich ihn von dieser Stelle aus fragen, was er daraus gelernt hat. Warum hat er, als er der Vorsitzende war, wichtige Maßnahmen, die zur Stützung der Familien notwendig waren und weiterhin notwendig sind, nicht ergriffen? Warum hat das so lange gedauert?
Kollegen und Kolleginnen, eigentlich müssten wir die jetzige Initiative des Ministerpräsidenten, künftig allen Kindern bis zum dritten Lebensjahr 1000 DM zahlen zu wollen, prima finden; denn die Familiensituation wurde durch den Bericht der ehemaligen Sozialministerin Stamm sehr deutlich dargestellt. Die Sozialhilfedichte bei den unter Fünfzehnjährigen ist mit 3,9% beinahe doppelt so hoch wie die der Gesamtbevölkerung, die bei 2% liegt. Die Situation wird besonders bei denjenigen Kindern deutlich, die in diesen Familien leben und groß werden. Diese Familien müssen sehen, wie sie den täglichen Lebensunterhalt bestreiten können. Sie erwähnen die familienstützenden Maßnahmen, obwohl eine Ganztagsbetreuung vielen Familien entgegenkäme. Viele Frauen stehen nämlich nicht vor der Alternative, ob sie arbeiten wollen oder nicht, sondern sie müssen arbeiten, um den Lebensunterhalt zu bestreiten.
Deshalb müssen entsprechende Einrichtungen vorgehalten werden. Mit dem Hort allein ist es aber nicht getan. Wir brauchen Ganztagseinrichtungen. In diesem Hohen Hause sagen Sie dazu lediglich, dass Sie das allmählich mit der entsprechenden finanziellen Unterstützung voranbringen wollten. Warum haben Sie es aufgrund Ihrer Mehrheiten bisher nicht getan?
Der Ministerpräsident hat ein Bündnis gegen die Gewalt gegenüber Kindern gegründet. Gewalt entsteht in der Familie. Auf dieses Thema ist jahrelang nur unzureichend eingegangen worden. Viele Untersuchungen bestätigen, dass sich Gewalt in Situationen der Arbeitslosigkeit und der Krankheit entwickeln kann. Darauf sind Sie nicht eingegangen. Vielmehr versuchen Sie jetzt, durch schöne Reden darauf hinzuweisen, dass Sie von sich aus etwas tun wollen.
Theresa Schopper hat auf die Wohnsituation hingewiesen. Ich möchte darauf auch noch einmal eingehen. In den Stadtteilen, in denen Familien sozialer Armut dahinvegetieren, gibt es zu wenig Kinderbetreuungseinrich
tungen. Diese Situation muss auch in dem Modell „soziale Stadt“ berücksichtigt werden. Dadurch können und müssen Familien gestärkt werden. Ein weiteres Thema, das Sie so gut wie gar nicht angesprochen haben, sind unsere ausländischen Kinder. Auch diese Kinder werden in Familien groß. Wo bleiben hier Ihre unterstützenden Maßnahmen? Ich darf Sie an die Integrationsanträge unserer Fraktion erinnern, die Sie weitgehend abgelehnt haben. Wenn Sie es mit der Familienpolitik ernst meinen, müssen Sie alles tun, um diese Situation zu verbessern. Sie müssen auch die ausländischen Familien in Ihre Überlegungen einbeziehen. Das wäre echte Integration.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition! Für mich ist es Gold wert, dass Sie zu diesem Thema eine Aktuelle Stunde beantragt haben. Dadurch hat die CSU die Möglichkeit, das Herzstück der bayerischen Politik, nämlich die Familienpolitik, ins Rampenlicht zu stellen. Sie sollten mithelfen, auf Bundesebene Defizite bei der Familienförderung zu beseitigen, nachdem die Familienförderung in erster Linie eine Aufgabe des Bundes ist.
Frau Kollegin Dr. Fickler, Sie haben dankenswerterweise schon darauf hingewiesen, dass Bayern über eine Milliarde DM pro Jahr allein für die Kinderbetreuung ausgibt. Hinzu kommen rund 400 Millionen DM für das Landeserziehungsgeld. Wir brauchen uns also vor Ihnen in keiner Weise zu verstecken. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wir haben mit dem Landeserziehungsgeld in Höhe von 500 DM, das für das dritte Lebensjahr für zwölf Monate gewährt und ab dem dritten Kind auf 600 DM angehoben wird, eine tolle Leistung angeboten. Kein anderes Land dieser Republik erbringt eine solche Leistung.
Drei CDU-regierte Länder haben ein abgestuftes Modell – ich möchte es fast als Miniaturprogramm bezeichnen – eingeführt, nämlich Sachsen, Baden-Württemberg und Thüringen. Bei den SPD-regierten und den rot-grün regierten Ländern herrscht hingegen völlige Fehlanzeige.
(Frau Renate Schmidt (SPD): Die bieten dafür Ganztagsbetreuungen, Kindergarten– und Krippenplätze an!)
Diese Länder blicken voller Neid auf Bayern und die großartigen Leistungen, die wir erbringen. Normalerweise müsste der Bund das Kindergeld ab dem dritten Lebensjahr übernehmen. Dies war bisher jedoch nicht möglich. Frau Kollegin Werner-Muggendorfer, die Opposition braucht sich wegen der minimalen Aufstockung
des Kindergelds, der Kinderfreibeträge, des Erziehungsgelds und der Anhebung der Einkommensgrenzen überhaupt nicht aufzuplustern.
(Frau Werner-Muggendorfer (SPD): Warum hat das die Vorgängerregierung nicht gemacht? – Weitere Zurufe von der SPD)
Seit 1986 haben sich die Einkommen um zirka 40 bis 50% erhöht. Sie haben die Freibetragsgrenzen um 10 bis 12% erhöht.
Sie finanzieren diese Mehrausgaben mit den Einsparungen durch die zurückgehenden Geburtenzahlen. Das ist sozusagen eine Gegenfinanzierung. Sie verschweigen dabei jedoch, dass Sie das Erziehungsgeld in Höhe von 600 DM nicht aufgestockt haben. Mit der Budgetierung des Bundeserziehungsgeldgesetzes haben Sie eine Mogelpackung geschaffen. Sie verkürzen nämlich die Leistungen von 24 auf 12 Monate, erhöhen die Leistung von 600 DM auf 900 DM und sparen dabei 3600 DM ein. Diese Mogelpackung haben Sie auf dem Rücken der Kinder geschaffen.
Herr Kollege Unterländer hat schon gesagt, dass wir jetzt das Familiengeld von 1000 DM auf 1200 DM erhöhen wollen, um Synergieeffekte zu nutzen.
Als weitere Ziele nenne ich das Familiengeld, steuerliche Freistellungen und die Sicherung des Existenzminimums.
Das sind wichtige Investitionen für die Familien im 21. Jahrhundert. Ich betone nochmals: Die großen Entscheidungen in der gesamten Familienpolitik – das wissen Sie genauso gut wie ich – sind in den fünfziger, siebziger, achtziger und neunziger Jahren von der Union ausgegangen. Wir sind die wahre Lobby für die Familien und die Familienpolitik.
Die Familienpolitik der Schröder-Regierung, Frau Kollegin Schmidt, bietet fast nur Show statt Substanz.
Wie sieht es denn bei der Steuerbelastung aus? Ihre Reform bringt doch für Familien mit Kindern weniger als für Kinderlose. Ihre Steuerreform ist ein Programm zur Prämierung der Kinderlosigkeit, nicht mehr. Sie belasten die Familien mit Verbrauchsteuern übermäßig,
mit der Ökosteuer. Die Ökosteuer ist höchst unsozial, sie ist, auf die Familien angewandt, miserabel. Schauen Sie sich doch die Meldungen des heutigen Tages über die Kaufkraftentwicklung an: 2,6 bis 2,8%. Die Familien sind wirklich die Melkkuh für alle anderen. So ist es bei der Ökosteuer. Es ist auch bei der Rente nicht anders. Sie möchten Familienpolitik betreiben, die Renten mit 5,70 oder 5,80 DM gegenfinanzieren. Für uns gibt es überhaupt nichts anderes als 50 DM.
Herr Präsident, liebe Kollegen, liebe Kolleginnen! Ich habe irgendwo gelesen, dass der Herr Ministerpräsident die Familie ins Zentrum der Politik gestellt habe. Ich frage mich, wo das Zentrum heute ist – also nicht hier drinnen.
Familien als Leistungsträger unserer Gesellschaft, das ist ein Thema, das uns alle interessieren sollte und interessieren muss. Es wird sehr oft vergessen, was Familien für unsere Gesellschaft leisten. Das ist auch das Thema unserer heutigen Aktuellen Stunde.
Das Bundesverfassungsgericht hat auf diese Leistungen hingewiesen und herausgestellt, was für eine hohe Kompetenz Familien haben, egal, wo man anfängt. Das eine oder andere könnte man jetzt dazu ausführen. Ich glaube, das größte Humanvermögen, das wir haben, sind die Familien. Deshalb sollten wir es richtiger einschätzen und nicht unterschätzen, so wie es das eine oder andere Mal der Fall ist. Aber ganz notwendig ist – das habe ich bei den Vorrednern der CSU festgestellt –, dass wir uns zunächst auf den Familienbegriff einigen. Das ist, glaube ich, noch nicht wirklich angekommen. Das Modell „Mama, Papa, Kind oder Kinder“ funktioniert leider nicht mehr, sondern für uns ist Familie da, wo Kinder sind.
Leider, muss ich ganz ehrlich sagen, wird politisch nicht entsprechend darauf reagiert. Es kümmern sich nämlich immer mehr Alleinerziehende um Kinder, und das sind natürlich auch Familien, die wir nicht vergessen dürfen. In erster Linie betrifft es Frauen, die für Kinder allein verantwortlich sind. Aus diesem Grunde möchte ich den Bereich Kinderbetreuung noch einmal herausheben; denn die Frauen, die allein für Kinder verantwortlich sind, haben nicht die Wahl, ob sie bei den Kindern zu Hause
bleiben oder arbeiten gehen. Deshalb ist es ausgesprochen notwendig, dass wir mehr Kinderbetreuungseinrichtungen anbieten, auch hier in Bayern.