Protocol of the Session on February 15, 2001

die er bisher schon nicht eingehalten hat? Wie wird er dann das neue Gesetz einhalten?

Weil heute schon viel von der Kenntnis die Rede war, darf ich sagen, meine Damen und Herren: Ich weiß, wovon ich rede. Als Arbeitgeber muss ich mit meinen Mitarbeitern in guter Weise auskommen, um gemeinsam die selbst gesteckten Unternehmensziele zu erreichen.

Ich muss darauf hinweisen, dass es gerade die kleinen und mittleren Betrieben sind, die negativ von der neuen Gesetzgebung betroffen sein werden,

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

und zwar auch und insbesondere unter dem Aspekt der Kosten.

(Klinger (CSU): Sehr gut!)

Es gibt seriöse Berechnungen – streiten wir uns nicht um eine Milliarde mehr oder weniger –, nach denen die Wirtschaft mit über 7 Milliarden DM zusätzlich betroffen sein wird.

(Werner (SPD): Haben Sie das selber ausgerechnet?)

Diese Beträge müssen erst erwirtschaftet, müssen erlöst werden. Es kann sein, dass Sie nicht genau wissen, wie das mit den Erlösen ist. Aber ich sagen Ihnen, ich habe damit Erfahrung und weiß, wie ernst sich diese Belastung darstellt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich meine, dass unter diesen Aspekten Investitionsentscheidungen und Entscheidungen ganz allgemein zur Zukunftsfähigkeit der Betriebe negativ beeinflusst werden.

(Herbert Müller (SPD): Ist Ihr Betrieb betroffen?)

Selbstverständlich, ich bin sehr wohl davon betroffen. Aber das ist nicht das Thema.

(Herbert Müller (SPD): Haben Sie über 200 Leute?)

Nein, ich werde keinen freigestellten Betriebsrat haben,

(Wörner (SPD): Da schau her! Das sind Sie aber stolz, dass Sie keinen freistellen müssen!)

weil ich unter 200 Mitarbeiter habe.

(Wörner (SPD): Es wäre trotzdem freiwillig möglich!)

Die Kosten sind beachtlich und diese Kosten werden gerade den Mittelstand erneut treffen. Das kann nicht das Ziel sein, meine Damen und Herren.

Nicht umsonst sagt Ihr Bundeswirtschaftsminister – den ich sehr ungern zitiere –, dass dieses Gesetz extrem mittelstandsfeindlich sei.

(Herbert Müller (SPD): Die alte Fassung!)

Das kann ich nur unterstreichen.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Gerade für das Handwerk, das mittelständisch strukturiert ist, werden die Kosten bei über 4 Milliarden DM liegen. Meine Damen und Herren, das kann nicht unser Interesse sein, und deswegen appelliere ich an Sie, unsere Resolution zu unterstützen.

(Werner (SPD): Da müssen Sie mit seriösen Zahlen kommen, dann vielleicht!)

Allerdings habe ich da wenig Hoffnung, denn Sie sehen das unter ideologischen Aspekten und wollen jetzt die Versprechungen, die Sie vor der Wahl 1998 gegenüber dem DGB gemacht haben, einlösen. Das ist Ihre Absicht, und das lehnen wir ab.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Nächster Redner ist Herr Kollege Dr. Scholz.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ich spreche aus 20jähriger Erfahrung im Umgang mit dem Betriebsrat auf Arbeitgeberseite,

(Werner (SPD): Hört, hört!)

und zwar sowohl als Bereichsleiter in dem Unternehmen als auch als Geschäftsführer von Tochterunternehmen, als jemand, der mit dem Betriebsrat variable Arbeitszeiten oder Prämien vereinbart hat. Zu den Ausführungen von Herrn Dinglreiter, Herrn Breitschwert und Herrn Söder – der von diesen Dingen sowieso nur von außen erfahren hat und praktisch dazu überhaupt nicht Stellung nehmen kann – muss ich sagen:

(Breitschwert (CSU): Ich weiß, wovon ich rede!)

Was haben Sie für eine Vorstellung von der Tätigkeit eines Betriebsrats? Sie liegen völlig daneben.

Heute geht es um das Betriebsverfassungsgesetz, das heißt um die Betriebe, und es geht nicht um das Mitbestimmungsgesetz.

Meine Damen und Herren, es gibt siebenmal soviel Betriebe über 200 Mitarbeiter, als es Unternehmen gibt, und das Betriebsverfassungsgesetz richtet sich an Betriebe. Die Veränderungen in den Aktiengesellschaften, in den GmbHs, in den Konzernen führen dazu, dass

es immer mehr kleine Betriebseinheiten gibt, und dafür ist dieses moderne Gesetz notwendig.

Zum Mittelstand und den Kosten. Herr Kollege Breitschwert, wenn Sie bei unter 200 Mitarbeitern einen Betriebsrat haben und einen Betriebsratsvorsitzenden, dann hat dieser schon jetzt freigestellte Arbeitszeit, wenn er in seiner Funktion etwas zu tun hat.

Wenn dieselbe Person – das kann durchaus eine ganze Person sein – freigestellt ist, bedeutet das nicht – so kommt diese Berechnung zustande –, dass deshalb Mehrkosten für eine Person entstehen; denn der bisherige Betriebsratsvorsitzende rechnet nicht einzelne Stunden ab, sondern wird insgesamt freigestellt, sodass etwa ein Kostenanteil von 0,1 auftritt.

Diese blöde 7- und 4-Milliarden-Rechnung ist so aufgebaut, als ginge sie davon aus, dass überall eine neue Person hinzukommt. Insofern ist die bisherige Relation völlig falsch und wird das Problem nicht getroffen. Daher ist die Regelung nicht mittelstandsfeindlich. Dies kann nur derjenige behaupten, der nicht weiß, wie sehr sich die Betriebsräte insbesondere in kritischen Situationen in ihren Betrieben einsetzen.

Täuschen Sie sich nicht: Auch die Start-ups und New Economy haben ihre Probleme, welche sich nicht mit Mitbeteiligung und Shares abhandeln lassen, sondern sie brauchen eine Interessenvertretung. Dies ist schon gar nicht im Handwerk mittelstandsgefährdend. Das Handwerk ist so strukturiert, dass es im Wesentlichen kleine Beschäftigtenzahlen aufweist; es gibt nur wenige Großbetriebe. Insofern ist die Grenze nicht das Problem. Der Kostenfaktor ist in geringem Maße gegeben. Die 7 Milliarden sind 7-fach – wenn nicht mehr – überhöht.

Das, worauf es dem Mittelstand ankommt, hat diese Regierung angepackt: Senkung der Arbeits- und Sozialkosten, Senkung der Steuern auf ganzer Ebene. Auch das 630-DM-Gesetz ist für den Mittelstand ein Erfolg.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Dinglreiter, es war wahrscheinlich Ihre Reinigungsfirma, die mit 630-DM-Geschäften anderen Reinigungsunternehmern Konkurrenz gemacht und sie verdrängt hat. Jetzt herrscht Wettbewerbsgleichheit, und das ist die Erfolgsgeschichte dieser Regierung mit Blick auf den Mittelstand. Die Steuerreform ist ebenfalls eindeutig ein Erfolgsrezept für den Mittelstand. Das wissen die Handwerker, Einzelhändler und diejenigen, die mit ganz anderen, niedrigeren Steuersätzen einsteigen.

(Werner (SPD): Vor allem für den Mittelstand! – Zuruf von der SPD: Seehofer!)

Deshalb haben Sie eine falsche Vorstellung davon, was in den Betrieben geschieht, auch aus der Sicht des Mittelstands und der kleinen und mittleren Unternehmen.

(Beifall bei der SPD)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Fischer, bitte.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Man könnte in diesem Ton weiterfahren und über die Ökosteuer und das 630-DM-Gesetz diskutieren, aber da würden Sie nicht gut aussehen.

(Zuruf des Abgeordneten Hans-Joachim Werner (SPD))

Herr Kollege Werner, Sie haben vom sozialen Frieden gesprochen. Sozial ist vor allem auch derjenige, der Arbeit schafft. Sie sollten die öffentlichen Diskussionen über das Betriebsverfassungsgesetz ernster nehmen. Ein Betriebsverfassungsgesetz, das die Tarifparteien entzweit, ist kontraproduktiv. Es ist bereits darauf hingewiesen worden, dass sich das bisherige Betriebsverfassungsgesetz bewährt hat. Ich erinnere daran, dass dieses Betriebsverfassungsgesetz vor 30 Jahren von der Union auf den Weg gebracht wurde.

(Werner (SPD): Das ist etwas ganz Neues!)