Herbert Fischer
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Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe während dieser Aktuellen Stunde das Protokoll der letztjährigen Aktuellen Stunde zum gleichen Thema durchgelesen. Ich habe von Ihnen nichts Neues gehört.
Ich habe nur in der Zeitung der KAB vom riesigen Engagement der neuen familienpolitischen Sprecherin der SPD auf Bundesebene, Renate Schmidt, gelesen, wonach man sich jetzt unwahrscheinlich stark für die Familien engagieren werde.
Sie haben von Verbesserungen für die Familien gesprochen. Dazu stelle ich fest, dass es nach wie vor die Steuerreform gibt, die auf Familien und Kinder wenig Rücksicht nimmt. Es gibt genügend Beispiele, dass die einkommensschwächeren Familien von der versprochenen Entlastung in Höhe von 1280 Euro weit entfernt sind. Hinzu kommt die Belastung durch die Ökosteuer. Außerdem gibt es die rentenunfreundliche Politik der Bundesregierung.
Es fehlt nach wie vor an einer gerechteren Berücksichtigung der Leistungen der Kindererziehung in der Sozialversicherung.
Ich zitiere aus Ihrem Eckpunkte-Papier von 1999. Darin heißt es: „Die eigenständige Alterssicherung von Frauen wird verbessert.“
Es wurden zwar die Renten der Frauen mit niedrigem Lohn stärker angehoben. Davon werden aber Mütter, die sich im vollen Umfang der Betreuung und der Erziehung der Kinder widmen, nur ganz schwach berücksichtigt und begünstigt.
Lesen Sie es nach.
Bei dieser Bundesregierung zählen offenbar nur Frauen, die voll im Beruf stehen. Leidtragende sind Frauen, die sich für eine längere Familienphase entscheiden.
Die werden am wenigsten gefördert, obwohl sie es am nötigsten haben. Wir haben in Bayern gezeigt, welche Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf notwendig sind.
Das Thema Teilzeitarbeitsplätze wurde angesprochen: Mit dem bayerischen Gleichstellungsgesetz von 1996 hat die Staatsregierung gute Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf geschaffen. Nach diesem Gesetz muss ein ausreichendes Angebot an Teilzeitarbeitsplätzen vorgehalten werden, und es müssen flexible Arbeitsplätze angeboten werden.
Wir wenden uns im zweiten Satz unseres Dringlichkeitsantrages erneut an die Gewerkschaften und an die Arbeitgeber, weil es uns um familiengerechtere Arbeitsbedingungen in der Privatwirtschaft und um eine Verbesserung in diesem Bereich geht.
Das Gesetz der Bundesregierung über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge führt zu einer Reduzierung von Frauenarbeitsplätzen. Dieses Gesetz ist kontraproduktiv.
Sie diskutieren über Familienpolitik. Sie sollten über die Arbeitsmarktpolitik und über die Wirtschaftspolitik der Bundesregierung diskutieren.
Ich denke, ich muss eine Minute Verlängerung der Redezeit bekommen.
Die Leidtragenden der derzeitigen katastrophalen Arbeitsmarktpolitik sind hauptsächlich die Familien und die Frauen; denn die Frauen sind von der Arbeitslosigkeit überdurchschnittlich stark betroffen. Auch Sie kennen die Statistik.
Was wir für eine effektivere Beschäftigungspolitik vorgeschlagen haben, das wurde von der SPD fast gänzlich abgelehnt.
Liebe Frau Kollegin Renate Schmidt, in der „Welt am Sonntag“ vom 24. Februar habe ich gelesen, dass die Realisierung der familienpolitischen Vorstellungen der SPD in Berlin erst in der kommenden Legislaturperiode angepackt werden soll.
Eichels Haushaltslöcher machen die Umsetzung unsicher. Renate Schmidt hat wortwörtlich gesagt: „Wir können alles nur schrittweise verwirklichen. Im Moment sind die Voraussetzungen dafür schlecht.“
Ich sage Ihnen, Frau Kollegin Schmidt, besser wird es für die Familien nur, wenn es im Herbst einen Regierungswechsel gibt.
Ich denke, dafür ist es höchste Zeit. Die von der SPD vor der letzten Bundestagswahl gegebenen Versprechen für die Familien wurden nicht eingehalten.
Vorhin hat ein Kollege gemeint, in den neuen Bundesländern gibt es eine ganze Menge von Ausbildungsplätzen, ein Überangebot zum Teil. Deshalb gibt es aber auch nicht mehr Kinder.
Ich denke, man sollte auch über den Wertewandel in Deutschland reden. Nur ein Wertewandel führt zu mehr Kindern.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Man könnte in diesem Ton weiterfahren und über die Ökosteuer und das 630-DM-Gesetz diskutieren, aber da würden Sie nicht gut aussehen.
Herr Kollege Werner, Sie haben vom sozialen Frieden gesprochen. Sozial ist vor allem auch derjenige, der Arbeit schafft. Sie sollten die öffentlichen Diskussionen über das Betriebsverfassungsgesetz ernster nehmen. Ein Betriebsverfassungsgesetz, das die Tarifparteien entzweit, ist kontraproduktiv. Es ist bereits darauf hingewiesen worden, dass sich das bisherige Betriebsverfassungsgesetz bewährt hat. Ich erinnere daran, dass dieses Betriebsverfassungsgesetz vor 30 Jahren von der Union auf den Weg gebracht wurde.
Das Betriebsverfassungsgesetz war auf einen ausgewogenen Interessensausgleich zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber ausgerichtet. Es hat den Betriebsfrieden gefördert, in den Betrieben eine vernünftige Arbeit gewährleistet und dadurch zur Wohlstandsmehrung beigetragen.
Niemand wird bestreiten, dass die Arbeit der Betriebsräte schwieriger geworden ist und dass die Anforderungen gestiegen sind, weil sich durch die Globalisierung vieles geändert hat und die Arbeitswelt komplexer geworden ist. Deshalb ist es notwendig – insofern stimmen wir wohl überein –, das Betriebsverfassungsgesetz zeitgemäß zu gestalten.
Bei „zeitgemäß“ denke ich auch an ein neues Verständnis von Mitbestimmungsprozessen, an Individualrechte und an das Mitbestimmungsrecht des einzelnen Arbeitnehmers am Arbeitsplatz. Aber darüber macht sich der Referentenentwurf wenig Gedanken.
Für mich wird künftig eine partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber stärker notwendig. Aber auch innerhalb des Betriebsrates darf nicht auf einen vernünftigen Interessensausgleich verzichtet werden, wie dies durch Aufgabe des Minderheitenschutzes vorgesehen ist. Bundeskanzler Schröder hat noch vor wenigen Tagen gesagt, die Demokratie dürfe weder auf den Staat noch auf die Politik beschränkt werden, sondern müsse in allen gesellschaftlichen Bereichen wirksam sein. Den Bereich seines künftigen Betriebsverfassungsgesetzes hat der Bundeskanzler dabei wohl nicht gemeint. Da denkt er nicht
an Demokratie; denn auch dazu gehört der Minderheitenschutz. Der Bundeskanzler denkt nur an seine Bringschuld gegenüber dem DGB, sonst hätte er die Wahlbestimmung zum Betriebsverfassungsgesetz nicht dahingehend geändert, dass künftig der Minderheitenschutz für kleine Gewerkschaften – Frau Kollegin Dodell hat bereits darauf hingewiesen – wegfällt. Der Minderheitenschutz wurde 1989 aufgrund gerichtlicher Entscheidungen in das Betriebsverfassungsgesetz ausdrücklich mit aufgenommen. Dadurch wurden alle an den Betriebswahlen beteiligten Gewerkschaften und Gruppierungen bei den Freistellungen und in den Ausschüssen entsprechend den Wahlergebnissen beteiligt. Im Riester-Vorschlag wird dies alles liquidiert: Die Mehrheit soll künftig allein entscheiden, wer welche Posten bekommt.
Wenn wir dies im Landtag so handhaben würden, sähe die Opposition schlecht aus und es wäre von ihr niemand in einem Ausschuss vertreten.
Ich habe nichts dagegen, dass nach dem künftigen Betriebsverfassungsgesetz die Geschlechter entsprechend ihrem zahlenmäßigen Verhältnis im Betriebsrat vertreten sind. Aber die Berücksichtigung der Interessensunterschiede hätte auch für gewerkschaftliche Minderheiten gelten müssen. Auch die bestehenden Interessensunterschiede zwischen Arbeitgeber und Angestellten sind nicht ausreichend berücksichtigt, wenngleich man einer Aufhebung des Gruppenprinzips zustimmen kann.
Von der Absenkung der Schwellenwerte und der Zahl der Feststellungen hängt das Wohl der Arbeitnehmer sicher nicht ab. Auch haben betriebsfremde Aufgaben und Themen nichts im Betriebsverfassungsgesetz und im Betrieb zu suchen, sondern führen zur Politisierung des Betriebs und zu einem schlechten Betriebsklima. Ich bin für familienfreundliche Arbeitsplätze, für Weiterbildung und den Gesundheits- und Umweltschutz. Doch umweltpolitische Grabenkämpfe haben in den Betrieben nichts zu tun.
Frau Präsidentin, noch einen Satz. Das Betriebsverfassungsgesetz muss auf die Zukunftsfähigkeit unserer Betriebe, auf die Sicherung von Beschäftigung gerichtet sein. Ein ideologisch gefärbtes Betriebsverfassungsgesetz hilft uns nicht weiter. Der Entwurf der Bundesregierung ist ideologisch gefärbt.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat nun Herr Wörner.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Kollegin Scharfenberg, der Sachverhalt ist von Ihnen nicht richtig wiedergegeben worden. Zur Abschiebung kam es nur deshalb, weil man sich nicht freiwillig zur Ausreise bereit erklärt hatte.
Deshalb kam es zur Abschiebehaft und zur Abschiebung.
Wir haben das ausführlich im Ausschuss diskutiert.
Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, immer wenn es für die Opposition opportun ist, wenn sich Unterstützerkreise für eine ausländische Familie einsetzen, wird die Petition im Plenum hochgezogen.
Sie können es gar nicht oft genug hören, Herr Hahnzog. Da versucht die Opposition, uns gegen die Unterstützerkreise auszuspielen, und da tut die Opposition so, als kenne sie die Rechtslage nicht. Es ist immer das glei
che Spiel. Diese Platte wiederholt sich hier im Landtag immer wieder.
Diesmal musste sogar der Videofilm eines Regensburger Lokalsenders herhalten,
weil man auf Emotionen setzt, statt auf eine sachliche Auseinandersetzung.
Passen Sie doch einmal auf und hören Sie zunächst einmal zu.
Das Video beantwortet nicht die Frage, warum ein Aufenthalt beendet werden musste. Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, die Damen und Herren im Petitionsausschuss werden mir das bestätigen: Mir ist die Berichterstattung im Petitionsausschuss nicht leicht gefallen. Es berührt natürlich schon, wenn insbesondere der Aufenthalt von Kindern beendet werden muss, die sich in den Jahren des Hierseins sehr gut integriert haben. Aber weil unser Land ein sehr begehrtes Land für Asylbewerber ist, werden wir und insbesondere die Mitglieder des Petitionsausschusses laufend mit den Problemen konfrontiert, die aufenthaltsbeendigende Maßnahmen mit sich bringen.
Aus vielen gleich gelagerten Fällen wissen wir um die schwierigen Zustände in vielen Heimatländern der Asylbewerber. Aber gerade im Interesse der vielen gleich gelagerten Fälle müssen unsere Entscheidungen sachgerecht und auch nachvollziehbar sein. Wir leben in einem Rechtsstaat, in dem man die Entscheidungen der Verwaltungsbehörden durch die gerichtlichen Instanzen nachprüfen lassen kann.
Hier hatte die Ausländerbehörde mit Schreiben vom 13.01. dieses Jahres der Familie A. mitgeteilt, dass die Voraussetzung für die Erteilung von Aufenthaltsbefugnissen nicht vorliege und kündigte aufenthaltsbeendigende Maßnahmen an. Dagegen wurde geklagt. Im Eilverfahren hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass nach der Sach- und Rechtslage weder Anspruch auf Duldung noch sonst auf Abschiebeschutz besteht. Ich zitiere wörtlich das Verwaltungsgericht:
Die Ausländerbehörde ist nicht gehindert, vielmehr gesetzlich verpflichtet, die Antragsteller auf der Grundlage des rechtskräftigen Bundesamtsbescheids vom 29.11.1993 abzuschieben.
Ich denke – wir weisen auch immer wieder darauf hin –, dass wir uns im Petitionsausschuss nicht als Obergericht sehen können. Wir haben gerichtliche Entscheidungen
zu respektieren, auch dann, wenn es dem einen oder anderen wehtut. Von der Opposition wird hier immer vorgebracht, die Altfallregelung werde bei uns anders ausgelegt.
In diesem Fall ging es insbesondere um das Problem des Sozialhilfebezugs. Der VGH hat sich auch mit dieser Frage beschäftigt und hat ausdrücklich erklärt, dass dies nicht so gesehen werden könne.
Meine Damen und Herren, ich möchte auch hier der Opposition vorhalten, dass die SPD dort, wo sie in der Regierungsverantwortung steht, kaum anders entscheidet als in Bayern.
Ich gehe davon aus, dass heute der Landtag die Entscheidung des Petitionsausschusses bestätigt. Und lassen Sie mich noch eines sagen, meine Damen und Herren: Im Petitionsausschuss hat einer der Unterstützer erklärt, er halte die Ausländerpolitik Bayerns, so wie sie im Lande gehandhabt wird, für richtig. Er stehe dazu. Aber in diesem einen Fall mögen wir doch einmal eine Ausnahme machen.
Sehen Sie, das eben ist das Problem für viele Tausende gleich gelagerte Fälle.