Protocol of the Session on January 31, 2001

Ihr habt keinen Bauern in Eurer Truppe. Seid nicht so gescheit!

(Widerspruch bei Abgeordneten der SPD)

Tatsache ist, dass Ihr keinen Praktiker in Euren Reihen habt. Wenn eine Kuh ein krankes Euter hat, wird zuerst Topfen aufgelegt, um die Infektion zu kühlen. Wenn das nicht funktioniert, wird mit Beratung des Tierarztes Penicillin gespritzt. Dann wird zwischen fünf und acht Tagen gewartet. Tut man das nicht, ist die betreffende Kuh über Monate und Jahre hinweg ein Zellenausscheider und reduziert die Milchqualität erheblich. Sie sollten nicht einen solchen Papp reden, der fachlich nicht haltbar ist, Herr Schammann.

(Widerspruch des Abgeordneten Schammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Wenn Sie das nicht wissen, sollten Sie bei mir in die Lehre gehen.

(Frau Marianne Schieder (SPD): Gilt das Angebot für mich auch? – Hofmann (CSU): Wenn der kommt, werden die Kühe verrückt!)

Es ist von Turbomast gesprochen worden. Was frisst ein Bulle? 23 Kilo Mais, 1,3 Kilo Getreide, 1 Kilo Soja und 1 Kilo Heu – sonst nichts. Und da reden Sie von Turbomast. Das ist doch ungeheuerlich!

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Das ist eine ganz normale Mast. Sie sollten sich überlegen, ob Sie den Mais verteufeln, Herr Kollege Schammann. Wie sieht es denn aus mit unseren Grünlandbetrieben im Allgäu und in Oberbayern? Die leben doch von den Stierkälbern, die sie verkaufen können. Dann ist Schluss; denn die klassische Bullenmast ist mausetot. In der jetzigen Krise gehen bei einem Bullen 900 DM ab. Man kann die Bullenmast doch nicht noch einmal reduzieren und sagen: Jetzt nehme ich die Förderung für Maismast mit. Ihnen fehlt leider Gottes jeder Bezug, Herr Schammann.

(Beifall bei der CSU – Widerspruch bei Abgeordne- ten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Alle Fraktionen – auch die Starzmann-Truppe – haben Briefe bekommen, in denen sich Ökobauern wegen der Auslaufflächen massiv beschwert haben. Wir müssten das abschaffen, hieß es, wir müssten zum Minister gehen, wir sollten da unbedingt etwas tun. Dann wird von artgerechter Haltung gesprochen. Große Auslaufflächen haben wir Praktiker schon lange. Ich mache es schon seit 1965 auf meinem Hof. Da haben die noch gar nicht gewusst, was ein Laufstall ist. Es ist doch müßig zu versuchen, ökologische und konventionelle Landwirtschaft auseinander zu dividieren.

Frau Schieder hat viele Punkte angedacht, die meine volle Zustimmung finden.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CSU – Willi Müller (CSU): Die ist nur noch in der falschen Partei!)

Die kann durchaus zu uns kommen. Alle im Hohen Haus reden seit Wochen von Kontrolle, Kontrolleuren, Transparenz und gläsernen Verfahren.

Wer spricht aber von den Qualitätsberatern, die der Bauer dringend braucht? Er braucht Spezialberater, er braucht Qualitätsberater, um dies für den Verbraucher sicherzustellen. Das ist, glaube ich, genauso wichtig wie das Rufen nach Kontrollen. Das ist geradezu eine Lieblingsgeschichte, dass man hier PR-mäßig etwas verkauft, aber der Qualitätsberater, der spezialisierte Berater ist für mich mindestens genauso wichtig.

Meine Damen und Herren, man kann natürlich auch nicht eine Politik für 2% der Bauern machen, während man die 98% übrige Bauern verunglimpft, sie irgendwie in Frage stellt und für sie keine Lösung hat.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Das, Herr Schammann, ist keine Politik. Das ist plumpe Polemik. Das bringt überhaupt nichts.

Sie müssen auch wissen, meine Damen und Herren, wir haben nicht nur eine Professur für den Öko-Landbau eingerichtet, sondern wir zahlen in Bayern auch überdurchschnittlich viel für den Öko-Landbau. Ich muss mich wiederholen: In meinem Landkreis – ich habe eine Erhebung machen lassen – bekommt der Öko-Bauer bei gleicher Größe der Fläche, nämlich 20 Hektar, 2500 DM mehr Staatszuschuss als der konventionelle Landwirt. Das ist belegbar, meine Damen und Herren.

Und ein Weiteres: Glauben Sie denn, dass wir mit einer von mir aus mit 80 oder 90% subventionierten ÖkoLandwirtschaft diese hochhalten? Das entscheidet der Verbraucher.

Ich merke, meine Zeit geht zu Ende, Herr Präsident. Erlauben Sie mir vielleicht noch drei Sätze.

(Frau Radermacher (SPD): Erlauben wir sie ihm?)

Ich möchte sagen, die ökologische Landwirtschaft garantiert nicht eine BSE-risikofreie Produktion. Ich erinnere an das Beispiel Schweiz. Drei Öko-Betriebe sind dort von BSE befallen. Darum ist diese Diskussion absurd.

(Zuruf des Abgeordneten Schammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Das muss man auch einmal ganz klar sagen. Die ökologische Landwirtschaft hat nur eine Zukunft, wenn der Konsument, wenn die Hausfrau an der Ladentheke in den Supermärkten daran Interesse hat und das einkauft und nicht, wenn wir das politisch beschließen.

Ich möchte also zum Schluss sagen, es ist eigentlich traurig, wenn man – –

Herr Kollege Ranner, Sie strapazieren den Präsidenten schon sehr.

Das letzte Wort, Herr Präsident.

Es ist traurig, wenn man hier Schlagworte wie „Turbomast“ und „Agrarfabrik“ benutzt, um sein politisches Geschäft zum Schaden der Bauern zu machen.

(Beifall bei der CSU)

Ich hoffe, dass der Präsident nicht dem Vorwurf ausgesetzt wird, dass er den konventionell wirtschaftenden Landwirt benachteilige.

Die nächste Wortmeldung stammt von Herrn Kollegen Geiger. Bitte schön.

(Frau Radermacher (SPD): Der bekommt vielleicht auch ein paar Minuten mehr!)

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Das Zauberwort dieser Tage ist ganz eindeutig. Es heißt, Vertrauen beim Verbraucher wiederzugewinnen. Jeder redet davon, das Entscheidende wird aber sein, wie wir dieses Vertrauen wirklich wiedergewinnen können.

Da darf ich an eines gleich anknüpfen: Es muss wieder so sein, dass das gesamte Fleischangebot des Marktes, also nicht nur Teilbereiche, von hoher Qualität ist und dass es auch in der Vermarktung und in der Verarbeitung in seiner Qualität nicht beeinträchtigt wird. Auch das gehört dazu, auch das haben wir in den letzten Wochen und Monaten ja miterlebt.

Meine Damen und Herren, was ist eigentlich Qualität, wenn wir über Fleischqualität reden? Wie definieren wir diesen Begriff eigentlich? Die einen probieren es über Inhaltsstoffe, die anderen über Schadstofffreiheit oder Schadstoffminderung, wieder andere über Frische, über Geschmack, über Konsistenz. Das ist sind alles richtige Teilbereiche und Teilaspekte, aber wir haben eigentlich keine klare Definition, weil wir all diese Aspekte einander nicht zuordnen können. Weil wir Qualität so nicht definieren können, behelfen wir uns mit Produktionsstandards und sagen dann: Wenn wir nach diesen Standards definieren, können wir wohl davon ausgehen, nachdem die Zusammenhänge wohl nachvollziehbar sind, dass wir dann wohl am ehesten eine vernünftige Qualität haben.

Dabei gibt es aber folgendes Problem: Wenn wir uns anschauen, was in den letzten Wochen beim Verbraucher als Standard herübergekommen ist, braucht sich eigentlich niemand zu wundern, dass das Vertrauen wegbricht. Ich warne ganz entschieden davor, jetzt dem Verbraucher zu sagen, dass er sich falsch verhalte, dass er hysterisch reagiere oder sonst etwas.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Nein, er reagiert auf das, was er tagtäglich in der Öffentlichkeit erlebt. Und was erlebt er? Vielleicht betrifft das nur einen Teilbereich; das können wir vielleicht einräumen. Aber das, was er erlebt, ist für Vertrauen sicherlich nicht geeignet, nämlich die Fütterung unserer Nutztiere, speziell das, was in der letzten Zeit im Bereich der Verfütterung von Tiermehl, und zwar – man muss es dazu sagen, weil es der Verbraucher Woche für Woche serviert bekommen hat –, inklusive der Kadaverrückführung in den Ernährungskreislauf. Auch dem haben wir bisher zugeschaut. Wenn der Verbraucher das sieht, wird das sein Vertrauen in diese Produktion nicht stärken.

Dasselbe gilt natürlich auch für das, was in diesen Tagen über den Schweinemastskandal vermittelt worden ist.

Wenn wir uns überlegen, wie lange wir alle miteinander gebraucht haben – da brauchen wir gar nicht nach rechts oder nach links oder sonst wohin zu schauen –, bis wir im Prinzip nach 15 Jahren in der Gesamtentwicklung Tiermehl aus der Verfütterung verdrängt haben, so bestärkt auch das nicht das Vertrauen beim Verbraucher. Das soll sich niemand einbilden, auch wenn sich das jetzt so darstellt und so verkauft wird.

Auch Frau Künast musste dieser Tage erleben, dass ein endgültiges Tiermehlverbot in der EU noch lange nicht ausgestanden ist, sondern dass sehr viele, bei denen es eben nicht diese Betroffenheit beim Verbraucher gibt, wie wir sie derzeit erleben, schon längst wieder darüber nachdenken, wie sie das Tiermehl heimlich, still und leise wieder einbringen können.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Das werden wirklich die Probleme der Zukunft sein.

Meine Damen und Herren, wer Haltungsbedingungen, wie sie uns die Bilder in den letzten Wochen speziell bei Schweinen und Geflügel gezeigt haben, sieht, begleitet von schlechtem Betriebsmanagement, der braucht über Vertrauen nicht zu reden. Das hat auch mit Qualitätsproduktion nichts zu tun. Ich sage gleich dazu: Wir wissen, dass das nur ein Teilbereich ist, aber dieser Teilbereich wirkt derzeit öffentlich. Mit ihm müssen wir uns auseinandersetzen. Dieser Teilbereich spricht nicht von Vertrauen und Qualität, sondern eigentlich von Ekel und Abscheu. Das müssen wir sehen. Da ist manchem das Essen wirklich vergangen und sogar Bauern können das nachvollziehen.

Jetzt kommt der illegale und kriminelle Einsatz verbotener Antibiotika zur Wachstumsförderung hinzu. Auch das, was wir heute Morgen gehört haben, wie das abgelaufen ist, hat mit Vertrauen nichts zu tun. Ich glaube, ich kann es mir ersparen, darauf einzugehen. Aber wenn die Betroffenen und die Ausüber feststellen, dass es fünf Jahre dauert, bis überhaupt Verfahren eingeleitet werden, wird sich daran sicherlich nichts ändern.

Meine Damen und Herren, wer beobachtet hat, wie lange es gedauert hat, bis ein Teil der Antibiotika verboten worden ist – erst im Jahre 1999 sind vier verboten worden –, der kann jetzt nur hoffen, dass es nicht so lange dauern wird, bis die weiteren vier Antibiotika, die

jetzt alle miteinander verbieten wollen, tatsächlich verboten sein werden.

Die größte baden-württembergische Zeitung hat heute Morgen in einer Überschrift auf der ersten Seite geschrieben: „Akt blinder Regulierungswut“, dargestellt vom Bundesverband für Tiergesundheit. Das sind genau die Lobbyisten, die in dieser Zeit immer damit gearbeitet haben. Wir müssen wirklich ausnahmslos alle diese Wachstumsförderer verbieten.

Herr Kollege, Ihre Redezeit ist abgelaufen. Sie achten offenbar nicht auf mein Signal. Bitte kommen Sie zum Ende.

Lassen Sie mich noch ein paar kurze Sätze sagen, und zwar einen.