Hermann Geiger
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Herr Staatsminister, ich frage Sie: Will die Staatsregierung, dass der von ihr für den Bundesverkehrswegeplan angemeldete und jetzt im „Vordringlichen Bedarf“ enthaltene Abschnitt der B 10, Autobahndreieck Neu-Ulm/Finningerstraße, entsprechend der vorliegenden Planung gebaut wird, sind zur derzeitigen Planung Alternativen vorhanden, und wird die Staatsregierung im Rahmen der parlamentarischen Beratungen versuchen, dass der genannte Teilabschnitt zugunsten von anderen Objekten wieder in den „Weiteren Bedarf“ zurückgestuft wird?
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Staatsminister, bitte.
Herr Staatsminister, können Sie mir erklären, wieso niemand zu finden ist, der dafür verantwortlich zeichnet, dass eine Straße höher eingestuft wird, während alle darüber klagen, wie sehr sie sich eingesetzt haben und doch nichts erreicht haben, wenn eine Straße nicht höher eingestuft wird? Die Situation in dieser Angelegenheit ist doch wohl einmalig.
Herr Staatsminister, welche fachliche Einschätzung zur bisher geplanten Straße hat eigentlich die Straßenbauverwaltung? Die Planung ist doch zu irgendeinem Zeitpunkt einmal eingereicht und für richtig empfunden worden. Ist zeitlich überhaupt abzusehen, wann mit den Alternativplanungen zu rechnen ist?
Herr Staatsminister, wenn ich Ihre Aussage richtig werte, könnte man daraus schließen, dass mittel- und langfristig beide Straßen in dieser Form ausgebaut werden?
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Bei der Änderung des Staatsvertrags zwischen dem Land Baden-Württemberg und dem Freistaat Bayern über die Zusammenarbeit bei der Landesentwicklung und über die Regionalplanung in der Region Donau-Iller geht es im Kern darum, den Wünschen vor Ort nachzukommen. Inhaltlich geht es vor allem darum, die Zahl der Verbandsräte um etwa die Hälfte zu reduzieren. Zugleich wird der Planungsausschuss als Verbandsorgan etabliert und mit Kompetenzen vor allem für die Teilfortschreibung des Regionalplans ausgestattet, damit die jetzt erforderliche zweifache und dreifache Beratung in den Ausschüssen und in der Verbandsversammlung für minimale Änderungen nicht mehr notwendig ist.
Diese inhaltlichen Änderungen sind vor Ort gewollt gewesen; ihnen ist auch in den Ausschüssen jetzt in der Beratung einstimmig zugestimmt worden.
Die vorgezogene Änderung ist notwendig geworden, da die Verbandsorgane zwischen dem 1. April und dem 30. Juni dieses Jahres neu gewählt werden müssen.
Meine Damen und Herren, bereits im Februar 1999 hat die Verbandsversammlung Donau/Iller diese Beschlüsse gefasst, damit im Prinzip die Ministerialbürokratie und die Ministerien die Regelung umsetzen können. Es hat dann immerhin schon im Jahr 2001 zu einem Positionspapier gereicht, und im Jahre 2002 ist sogar ein endgültiger Vertragsentwurf vorgelegt worden. Im Jahre 2003 jagen wir diese Ratifizierung des Vertrages jetzt in einer Form durchs Parlament, die eigentlich auf diese Art und Weise nicht vertretbar ist.
Meine Damen und Herren, vor Ort haben die Wahlhandlungen längst begonnen, und zwar nach altem Recht. Das neue Recht wird erst so in 14 Tagen oder drei Wochen tatsächlich in Kraft treten. Die Wahltermine der Verbandsmitglieder sind inzwischen zweimal verschoben worden, weil die Ministerien wohl nicht in der Lage waren, dem Landtag dies rechtzeitig einzureichen. Dem Landtag kann man wohl keinen Vorwurf machen, weil hier alles in schnellster Form beraten worden ist. Die Schuld liegt also woanders. Die Listen, die Aufstellungen bei den Bürgermeisterversammlungen und in den Fraktionen sind bereits abgeschlossen. Ich habe nach wie vor große Zweifel, ob dann, wenn jemand anschließend diese Wahl anficht, jetzt die Wahlhandlungen nach altem Recht und dann vielleicht Ende Juni nach neuem Recht durchgeführt werden, ob denn dies tatsächlich hält. Darauf bin ich gespannt. Ich habe in der Ersten Lesung hier deutlich nachgefragt, dieses rechtlich abzuklären, um nicht vor Ort, jetzt sage ich mal, ein kleines Abenteuer zu erleben. Da ist nichts passiert, es ist uns lediglich der Zeitablauf geschildert worden. Wie gesagt, von der fachlichen Situation her kann man den Dingen zustimmen, sie sind vor Ort gewollt und das ist auch richtig so.
Aber, meine Damen und Herren, eine Glanzleistung der Staatskunst unserer Ministerialbürokratie ist das, was hier geschehen ist, wohl in keiner Weise; man muss es eigentlich als eine echte Missachtung der Planungsregion vor Ort interpretieren. Wenn man den Ministerien vier Jahre Zeit lässt, könnte man eigentlich erwarten, dass die Sache dann auch zeitgerecht umgesetzt und ratifiziert werden muss. Es ist sicher auch kein Beispiel effizienter bürgernaher Verwaltung, auf die man bei uns immer so stolz ist und auf die man immer abhebt. Man kann sie eigentlich nur mit Schläfrigkeit entschuldigen.
Meine Damen und Herren, ich könnte mich jetzt über die bayerischen Ministerien noch furchtbar beschweren und sagen: Schaut’s rüber, wie es die Württemberger machen, die haben das toll vollzogen. – Aber da habe ich überhaupt keine Chance, die reichen das nämlich erst heute in ihrem Landtag ein und wollen es morgen verabschieden. Dazu kann man nur eines feststellen, es hat die alte Regel immer funktioniert: Die Südschiene funktioniert hier hervorragend. Trotzdem werden wir dem Gesetzentwurf zustimmen.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat Herr Haedke.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Nachdem der Staatsvertrag mit Baden-Württemberg über die Planungsregion Donau-Iller nicht mit den
Landesplanungsgesetzen und dem Raumordnungsgesetz kompatibel gemacht werden und gemeinsam dann darauf abgestimmt werden konnte, war es wohl notwendig, den Staatsvertrag vorneweg zu ändern. Diese Änderung ist sicher notwendig und auch sinnvoll, sie sieht nämlich im Prinzip Änderungen bei, der Neuwahl der Verbandsgremien im Regionalverband Donau-Iller vor.
Auch zu inhaltlichen Änderungen hätte man eigentlich nicht reden müssen, diese sind nämlich vor Ort gewollt und sicher auch zielführend. Sie betrifft die Reduzierung der Verbandsräte auf circa die Hälfte. Dann die Festlegung des Planungsausschusses als weiteres Organ bei gleichzeitiger Festlegung der Kompetenzen. Zusätzlich die Aufhebung der Verpflichtung des Regionalverbandes zur Bildung eines Planungsbeirates, nachdem nach wie vor gegeben ist, dass die Region selber, nämlich der Regionalverband auf freiwilliger Basis einen Planungsbereich einrichten kann, auch wenn man hier vielleicht bedauern muss, dass bei künftigen Entscheidungen und Fortschreibungen des Regionalverbandes wohl nicht mehr alle Gruppen ihren Einfluss in den Beratungen ausüben können.
Der Regionalverband Donau-Iller ist in den letzten Jahren durch seine sehr großen Gremien, man könnte auch sagen durch eine geringe Kompetenz in vielen Fragen und sicher auch bei Teilfestschreibungen in einzelnen Bereichen durch die sage ich mal, „Menge seiner Sitzungen“ in einen gewissen Ruf gekommen. In der Region ist er nur noch als „Butterbrezenklub“ bezeichnet worden. Daher kam sicher auch die Anregung vor Ort, diese Gremien sinnvoll zu verkleinern. Dem sollte man auch entsprechen.
Eines ist sicher noch hinzugekommen, sonst wäre wahrscheinlich der Unmut nicht so groß geworden: Nach Baden-Württembergischem Recht werden die Kommunen sehr viel stärker über Umlagen bei der Regionalplanung zur Kasse gebeten. Dann entsteht sehr häufig sehr schnell eine Diskussion: Das kostet Geld und bringt relativ wenig. Das lässt sich nachvollziehen. Das wäre alles in Ordnung, wenn es nicht eine andere Situation gäbe, nämlich die: Im Regionalverband könnte seit dem 1. April nach derzeit gültigem Recht wieder die Wahl der Verbandsräte stattfinden, wie es im Staatsvertrag heißt, dass nach einer Dreimonatsfrist der Verbandsdirektor die Zahl der Mitglieder wieder den jeweiligen Verbandsmitgliedern bekannt gibt.
Ich frage einfach die Staatsregierung: Nach welchem Recht hat denn der Verbandsdirektor den Verbandsmitgliedern wohl bekannt gegeben, wie viele Mitglieder künftig zu wählen sind? Die Änderung wird nämlich bis zu ihrer Rechtskraft noch lange auf sich warten lassen. Ich möchte es am Beispiel meines eigenen Landkreises schildern. Unser Landrat hat im Prinzip bereits einen Termin zur Abgabe der Wahlvorschläge zu einem Zeitpunkt festgesetzt, zu dem dieses Gesetz und der Staatsvertrag überhaupt noch nicht in Kraft sein können.
Da muss doch irgendjemand etwas kräftig verschlafen haben, sonst könnte man nicht in so eine Situation kommen.
Ich frage die Staatsregierung auch, was passiert denn, wenn ein Verbandsmitglied jetzt nach gültigem Recht im Laufe des kommenden Monats seine Verbandsmitglieder wählt und zwar nach der alten Zahl? Es gibt keine andere Rechtsgrundlage als die derzeit gültige. Und ich frage auch, welche Festlegung der Zahl der Verbandsräte ist denn künftig wohl rechtens, diejenige nach altem oder vielleicht diejenige nach neuem Recht, das irgendwann im Mai oder Juni verabschiedet werden kann?
Meine Damen und Herren, wenn man eigentlich Monate braucht – die Diskussion dauert in der Region schon über Jahre hinweg – und Zeit hätte, dies zu regeln, wenn man also über Monate hinweg weiß, dass man eine Gesamtregelung nicht schafft, stellt sich mir natürlich die Frage, warum man eigentlich den Regionalverband, der sowieso seine Probleme in der öffentlichen Darstellung hat, jetzt in eine Situation laufen lässt, in der niemand mehr weiß, ist diese Wahl, egal nach welchem Recht sie eigentlich künftig stattfindet, rechtskräftig oder nicht.
Herr Minister Schnappauf, wir fordern Sie auf jeden Fall auf, wenigstens im Rechts- und Verfassungsausschuss – ich nehme an, dass in der nächsten Woche beraten wird, sonst brauchen wir über den Zeitablauf überhaupt nicht mehr zu diskutieren – wenigstens dort klipp und klar festgelegt wird, wie die Rechtssituation ist. Für mich stellt sie sich nämlich so dar, dass man eigentlich ja fast in den Möglichkeiten auswählen könnte. Als Nichtjurist suche ich mir halt dann das raus, was gerade passt.
Ich glaube, in dieser Form mit dem Regionalverband umzugehen, nur weil man nicht rechtzeitig die Sache in den Landtag eingebracht und eine rechtzeitige Beschlussfassung nicht herbeigeführt hat, nachdem das Thema selber überhaupt nicht strittig ist, dafür gibt es eigentlich keine Entschuldigung. Sie haben mit dieser verspäteten Vorlage der Regionalplanung und vor allem dem Regionalverband Donau-Iller mehr als einen schlechten Dienst erwiesen.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Danke schön. Gibt es weitere Wortmeldungen? – Herr Haedke bitte.
Frau Präsidentin, meine Kolleginnen und Kollegen! Die Notwendigkeit, mit einem Gesetz über den öffentlichen Gesundheits- und Veterinärdienst, die Ernährung und den Verbraucherschutz sowie die Lebensmittelüberwachung dieses Feld neu zu regeln, ist, so glaube ich, von allen unbestritten. Wir haben bisher diese Themenfelder in vielen verschiedenen Gesetzen – das ist gerade gesagt worden –, im Gesundheitsdienstgesetz, im Lebensmittelüberwachungsgesetz und in Gesetzen zur Ernährungswirtschaft erfasst. Im Frühjahr und im Sommer 2001 kamen in der Folge der BSEKrise das Gesetz über die Zuständigkeiten in der Gesundheit, der Ernährung und des Verbraucherschutzes hinzu. Gleichzeitig wurde noch eine Verordnung über die Zuständigkeiten zum Vollzug des Futtermittelrechts erlassen.
Gerade bei diesem Umbau im Frühjahr und im Sommer 2001 ist vieles recht hektisch und unkoordiniert – man kann sagen: fast zufällig – entschieden worden. Es hing oft von Personen ab, wie ganze Verwaltungen zugeschnitten wurden. Wenn einzelne Zuständigkeiten ausfielen, hat man wieder neue Regelungen schaffen müssen. Manches ist in diesen Jahren auch ohne jegliche gesetzliche Grundlage vollzogen worden. Hier eine Neuordnung anzustreben ist sicher vernünftig.
Herr Minister Sinner, ob das dann zu einer Entbürokratisierung führen wird, kann man erst im Nachhinein beweisen; es hätte sicher niemand etwas dagegen. Wenn ich mir anschaue – das wird sich in den Beratungen noch zeigen – dass allein in Artikel 34 des Gesetzentwurfes 23 Ermächtigungstatbestände aufgeführt sind, fünf Gesetze geändert werden müssen und immerhin Gott sei Dank vier Gesetze aufgehoben werden, dann muss ich sagen: Wir werden sehen, was am Ende rauskommt und wir werden sehen, ob die Behörden dann wirklich in der Lage sein werden, mit weniger Bürokratie die Ziele
umzusetzen. Wir würden uns das sicherlich alle wünschen.
Herr Staatsminister, Sie haben diesen Gesetzentwurf der Organisationsstruktur Ihres Hauses ein bisschen angepasst. Das ist im Zuge eines durchgehenden Verwaltungsaufbaus sicher sinnvoll und richtig. Wir haben da nur ein Problem: Ob Ihr Haus bei der nächsten Regierungsbildung so aussehen wird, wie der Gesetzentwurf dies vorsieht, wissen wir nicht; Sie werden es sicher hoffen. Vielleicht ist diese Eile, die man jetzt im Zusammenhang mit diesem Gesetzentwurf an den Tag legt, daran ausgerichtet, gute Argumente dafür zu haben, die Struktur Ihres Hauses so zu belassen. Das wäre immerhin eine Erklärung dafür, dass wir jetzt mit einer unkorrigierten Drucksache an dieses Thema herangehen müssen.
Ein großes Problem, das sich auch jetzt schon im Verwaltungsvollzug zeigt – da bringt uns der Gesetzentwurf überhaupt nicht weiter –, ist, dass wir es den Landräten überlassen, die entsprechenden Strukturen zu schaffen. Wir haben dann wieder Kompetenzzentren und wenn der Landrat früher Veterinär war, haben wir eine andere Organisation als es in den anderen Landratsämtern der Fall sein wird. Im Zusammenhang mit diesem Problem werden wir in der Beratung sehen müssen, ob wir nicht zusätzlich noch etwas erreichen können.
Über die Aufgaben im Detail – Schwerpunktbildung, Gewichtung, Zuständigkeiten im gesamten Gesundheitsbereich, in der Ernährungsberatung und im Veterinärwesen – können wir heute nicht im Einzelnen diskutieren. Wir haben heute nur eine vorläufige Fassung bekommen; ich habe mich noch mit Informationen aus dem Internet auf diese Sitzung vorbereitet und habe vor einer halben Stunde feststellen müssen, dass Sie sogar schon den Namen des Gesetzentwurfs und einzelne Dinge geändert haben. Ich weiß, dass auch unsere Fraktion dem wohl zugestimmt hat. Es pressiert scheinbar furchtbar. Entweder hat man vorher langsam gearbeitet oder es fehlt nunmehr die Zeit; man muss diesen Umstand sehen. Ich meine, nachdem so viele notwendige Regelungen angesprochen worden sind, dass wir uns darüber unterhalten müssen, ob wir uns fachlich nicht kompetenter machen müssen und eine Anhörung durchführen sollten.
Sie haben zusätzlich zu den bisherigen Aufgaben bereits angesprochen, dass ein mobiler Veterinärdienst eingeführt werden soll. Darüber kann man diskutieren; ein solcher wird sicherlich sinnvoll sein. Auch gesetzliche Regelungen über die öffentliche Warnung im Lebensmittelbereich zu treffen ist sicher sinnvoll. Was mir bei diesem Thema besonders gefallen hat: Wir haben im letzten Jahr erlebt, Herr Sinner, wie Sie mit Begeisterung in Richtung Berlin auf Frau Künast eingeschlagen haben, dass diese völlig unfähig sei, die Probleme Risikoanalyse, Risikobewertung und Risikomanagement vernünftig voneinander zu trennen. Da lobe ich mir Sie, denn Sie schaffen das in einem Artikel, nämlich in Artikel 10, und dann ist das Problem gelöst. Wie es dann wirklich aussieht, werden wir in den Beratungen noch sehen. Den Beweis lassen wir uns dann in den Beratungen von Ihnen liefern.
Ein zweiter Grund, warum es Ihnen so pressiert könnte sein, Sie müssen das Gesetz noch durchbringen, bevor man in diesem Haus konkret über das Konnexitätsprinzip redet. Dann müssten Sie über die aufgrund dieses Gesetz entstehenden Kosten nachdenken. Die Rechnung, die Sie jetzt aufmachen, ist relativ einfach: Dem Staat entstehen fast keine Kosten, und bei den Kommunen machen wir es so, wie bisher, die haben bisher schon bezahlt, die werden auch künftig bezahlen. Wenn das Gesetz so in Kraft tritt, dann wird das funktionieren.
Angesichts der Haushaltsberatungen draußen in den Landkreisen wäre es dringend notwendig, dass man in dem Bereich etwas tut. Sie meinen, es würde zu einer Entlastung kommen. Wer all diese Aufgabenbeschreibungen nachvollzieht, der fragt sich schon, wie Sie das machen wollen, bei gleichem Personalstand weniger Kosten zu verursachen. Wir sind sehr gespannt, ob Sie eine Lösung gleich dem Perpetuum mobile gefunden haben. Wir werden die Frage in den Beratungen stellen. Die Eile, die Sie an den Tag legen, soll die Qualität der Beratungen nicht beeinträchtigen.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat Frau Schopper.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Im Mai letzten Jahres hat Herr Staatsminister Sinner den ersten Haushalt für dieses neu geschaffene Ministerium vorgestellt; damals unter dem Eindruck von BSE-Krise, Schweinemastskandal und der drohenden MKS. Heute, Herr Minister, versuchen Sie sich als Gesundheitsminister darzustellen, und zwar eigentlich mit derselben Methode wie damals: auf Berlin schlagen, sich selbst loben und überschätzen und dabei hoffen, dass niemand merkt, auf welch dünnem Eis Sie sich bewegen.
Man könnte es natürlich auch kürzer sagen: Man hat bei Ihrer Rede heute den Eindruck, Verbraucherschutz ist out, Gesundheitspolitik ist in. Da ist ein Feld zukünftiger politischer Auseinandersetzung vorprogrammiert. Damals wie heute sind wir der Meinung, dass für die Lösung der Probleme in diesem Land ein zusätzliches Ministerium nie notwendig gewesen ist.
Die anderen Bundesländer – auch die von der CDU regierten – haben keine großen organisatorischen Veränderungen vorgenommen und die krisenhafte Situation des letzten Jahres genauso gut oder, man kann auch sagen, genauso schlecht gemeistert wie wir. Sie weisen immer gerne auf Romano Prodi hin, der 1998 eine eigene Generaldirektion Gesundheit und Verbraucherschutz gebildet hat. Ich meine aber, das gesamte Krisenmanagement zu BSE, wie es die EU vorgeführt hat, stützt Ihre These relativ wenig.
Auf der Bundesebene hat das Gutachten, das unter der damaligen Präsidentin des Bundesrechnungshofs, Frau Hedda von Wedel, erstellt worden ist, sehr überzeugend dargelegt, dass Risikobewertung und Kommunikation auf der einen Seite und das Risikomanagement auf der anderen Seite sehr wohl in einem Hause angesiedelt sein können, wenn man vernünftige Strukturen einhält.
Dass die zwei vormaligen Ministerien Landwirtschaft und Forsten sowie das Staatsministerium für Arbeit, Sozialordnung, Familie, Frauen und Gesundheit ein deutlich geringeres Haushaltsvolumen verursacht haben, können nicht einmal Sie bestreiten; die Zahlen stehen ja im Haushalt. Ich darf sie einmal kurz darlegen: Das Landwirtschaftsministerium ist in seinen Ansätzen im ersten Nachtragshaushalt mit 23,7 Millionen e und jetzt im Ansatz für das Jahr 2003 mit 23,6 Millionen e völlig gleich geblieben. Man hat zwar die Kompetenzen dieses Ministeriums kräftig zusammengestutzt, die Kosten sind aber völlig gleich geblieben; da hat sich nichts getan. Die Gesamtkosten für das Ministerium im Einzelplan 10 betrugen im ersten Nachtragshaushalt 31,6 Millionen e, im vorliegenden Haushaltsplan 2003 betragen die Gesamtkosten für die zwei Ministerien einmal im Einzelplan 10 27,2 Millionen e und im Einzelplan 12 17,28 Millionen e, zusammen also 44,48 Millionen e. Dort, wo er aufgeteilt worden ist, hat sich der Ansatz von 31,61 Millionen e auf 44,48 Millionen e erhöht. Das ist eine kräftige Erhöhung, es sind gut 13 Millionen e, und das jedes Jahr. Wenn man es richtig rechnet, ist es eine Steigerung um 40%.
Die Lebensmittelkontrolleure, denen man jetzt eine Nullrunde vorschreiben will, werden für eine solche Argumentation sehr dankbar sein, wenn sie hören: Der Wasserkopf ist kräftig gewachsen, aber bei ihnen muss jetzt gespart werden.
Bei der Vorstellung Ihres ersten Haushalts stellten Sie eines in den Vordergrund: Sie wollten umpolen von der
Reaktion zur Aktion. Sie wollten mehr Lebensmittelsicherheit erreichen, und zwar mit mehr Kontrollen und aktivem Verbraucherschutz, durch innovative sichere Schlachttechniken, durch intensive BSE-Forschung, mit der geplanten DNA-Rinderdatenbank, durch Qualitätssicherungssysteme und durch intensive Öffentlichkeitsarbeit.
Man fragt sich natürlich heute: Was ist daraus geworden? Herr Minister Sinner, die Öffentlichkeitsarbeit ist sicher sehr intensiv gewesen. Das hat ja bereits im Haushaltsausschuss zu einer ganz netten Debatte geführt. Ob sie wirksam war, lasse ich einmal dahingestellt. Viel war es auf jeden Fall und vieles kam uns allen miteinander auch recht bekannt vor. Die Neuauflagen vieler Broschüren und Flyers haben sich oftmals nur dadurch unterschieden, dass das Bild von Minister Miller und Staatssekretärin Deml durch das von Staatsminister Sinner und Staatssekretärin Görlitz ersetzt worden ist, das Ersetzen von Frau Stamm war in vielen Broschüren eine ebenso notwendige Übung. Auch dafür ist furchtbar viel Geld ausgegeben worden.
Was aber, so glaube ich, schlimmer ist: Banalitäten und Rivalitäten mit Berlin prägen einen ganz beträchtlichen Teil Ihrer Presseerklärungen. Wer sich einmal die Mühe macht, Ihre Presseerklärungen einen Monat lang zu verfolgen, der wird das selber schnell erschreckend feststellen. Ob diese Öffentlichkeitsarbeit das große Bedürfnis der Bürgerinnen und Bürger nach echter, gesicherter Information erfüllt, das ja bei dem Bürgergutachten – Sie haben es ja vorher selber erwähnt –, das Sie selber in Auftrag gegeben haben, sehr deutlich zum Tragen gekommen ist, bezweifle ich sehr. Würden wir die Bürger heute fragen und ihnen dabei dieselben Fragen stellen, bekämen wir, da bin ich mir sicher, dieselben Antworten wie damals.
Der Begriff faire, fachliche und sachliche Information stammt aus dem Bürgergutachten. Wenn ich dagegen stelle, was an Informationspolitik läuft, muss ich sagen: Ein Drittel – ich habe es ein bisschen durchgezählt – dieser Pressemitteilungen setzen sich mit Künast auseinander, und zwar in zum Teil, man kann fast sagen, bissiger Form. Ich habe ab und zu den Eindruck, Sie haben ein bisschen Probleme mit der Popularität und den Erwartungen, die die Bürger an Künast stellen, weil Sie denen einfach nicht nachkommen können.
Da täuschen Sie sich ganz gewaltig, da kennen Sie die echten Daten nicht oder Sie wollen sie nicht zur Kenntnis nehmen.
Die Mittel für die DNA-Rinderdatenbank sind in dem neuen Haushalt auf weniger als ein Fünftel zurückgestutzt worden. Statt der geplanten 2,6 Millionen e weisen sie nur noch 427000 e aus; im Jahr 2004 genau das Gleiche. Es ist relativ einfach zu definieren: weniger Geld bedeutet auch hier weniger Quantum, weniger Qualität und weniger Informationen, um Verbraucherschutz wirklich durchzuführen.
Erhöhte Forschungsmittel für BSE, wie Sie sie vorhin angekündigt haben, konnte ich in Ihrem Haushalt in der Summe nicht finden. Innovativere, sichere Schlachttechniken waren ein Begriff – Schlachttechniken, die über das Maß hinaus gehen, wie sie in anderen Bundesländern praktiziert werden, sind ausgeblieben. Um das „Ingolstädter Modell“, über das man am Anfang viel diskutiert hat, ist es mehr als ruhig geworden.
Qualitätssicherungssysteme – ein Wort dazu: Im Oktober 2000 haben Sie gemeinsam mit Miller oder Miller mit Ihnen das Qualitäts- und Herkunftszeichen „geprüfte Qualität in Bayern“ vorgestellt. Sie haben in Ihrem Hause die Aufgabe der Kontrolle der Kontrolleure. Mehr als Presseerklärungen liegen derzeit nicht vor. Es kann wohl auch nicht anders sein – ich will es auch nicht so sehr kritisieren –, es ist ja gerade einen guten Monat her. Aber das dann bereits als Erfolg zu verkaufen, übersteigt die Realitäten. Wer miterlebt hat, wie schwer die Geburt dieses Zeichens war, wird warten müssen. Wir wünschen uns einen großen Erfolg, aber den sollten wir erst dann feiern, wenn er tatsächlich eingetreten ist.
Was dabei auch ein bisschen aufgefallen ist: Wenn man in der letzten Woche das Wochenblatt richtig gelesen hat, konnte man sehen, dass sich der Bauernverband in seiner Herbsttagung intensiv mit Verbraucherschutz und Qualitätssicherung auseinandergesetzt hat. Entweder Sie sind nicht vorgekommen oder Sie waren nicht eingeladen.
Von Verbraucherschutz war dort auf jeden Fall nichts mehr zu hören. Minister Miller hat es mit den Bauern wieder alleine gemacht. Ich habe den Eindruck, dort sind sie schon ausgegrenzt. Sie braucht man in diesem Bereich nicht mehr.
Was die BSE-Kontrollen anbelangt, so ist zwar mächtig kontrolliert worden, doch der Skandal über die Qualität der Prüfung in zugelassenen und nichtzugelassenen Laboren hat das Vertrauen in die Lebensmittelkontrollen sicher schwer geschädigt. In diesem Zusammenhang, Herr Staatsminister, wo ist eigentlich das zweifelhaft getestete Fleisch gelandet? Wir haben nie wieder etwas von dem Fleisch gehört, das damals vom Markt genommen und eingelagert werden musste. Ich hoffe im Interesse der Verbraucher und Erzeuger, dass das Ausschreibungsverfahren mit klaren und nachvollziehbaren Qualitätsstandards die Qualität der Tests auch wirklich gewährleistet. Wenn dabei noch Kosten gesenkt und darüber hinaus Verwaltungskosten eingespart werden können, ist das sicher zu begrüßen. Eines aber ist sicher: Einen zweiten Fehlschuss bei diesen Testverfahren werden Sie, Herr Minister, als Minister nicht mehr überleben.
Wenn Sie heute und hier an den Nitrofen-Skandal erinnern und dabei kräftig in Richtung Berlin und Frau Künast schlagen, dann sehen Sie nicht besonders gut aus, Herr Minister. Jeder denkt dann sofort an Ihr dama
liges Krisenmanagement, und die „Südfleisch“ lässt herzlich grüßen.
Über die Sinnhaftigkeit und die Notwendigkeit von BSETests bei der Schlachtung von Rindern unter 30 und vor allem unter 24 Monaten Lebensalter darf nachgedacht werden, das zeigen die Untersuchungsergebnisse. Was uns aber nach wie vor fehlt sind gesicherte Forschungsergebnisse. Sonst wäre man sicher in der Lage, relativ schnell Entscheidungen zu treffen.
Was aber ist aus den anderen Kontrollen geworden, was ist zu erwarten gewesen? – Ich glaube, das zeigt ein ganz aktuelles Beispiel. Am letzten Donnerstag wurde in diesem Hause durch die Änderung des Lebensmittelsüberwachungsgesetzes die Zuständigkeit für die Kontrollen bei der Rindfleischetikettierung auf Ihr Haus übertragen. Seit September 2000 ist die Gewährleistung der Rückverfolgbarkeit bei Rindfleisch von der Theke bis zum Erzeuger ein zentrales Thema des Verbraucherschutzes geworden. Seit 01. 01. 2002 muss angegeben werden, wo die Tiere geboren, gemästet, geschlachtet und zerlegt worden sind. Dies ist notwendig und muss kontrolliert werden, darin sind wir uns einig. Klar ist auch, dass die Zuständigkeit besser in Ihrem Hause als im Landwirtschaftsministerium untergebracht ist. Was aber bisher vollzogen worden ist – im Kern wohl nichts –, und wie die Beratungen dieses Gesetzentwurfs hier im Haus abgelaufen sind, das ist für den bayerischen Verbraucherschutz ein Trauerspiel.
Ich möchte aufzeigen, wie das abgelaufen ist: In der ersten Drucksache mit der Nummer 14/9150 – ich denke, sie wird noch Seltenheitswert bekommen, weil sie ganz schnell wieder aus dem Verkehr gezogen worden ist – war noch zu lesen:
Im staatlichen Bereich ist der Gesetzentwurf insoweit kostenneutral, als an die Stelle von staatlichem Kontrollpersonal der Landesanstalt für Ernährung, das staatliche Personal der Landratsämter tritt. Hinzuweisen ist aber darauf, dass die Landesanstalt für Ernährung über derartiges Personal nicht verfügt.
Meine Damen und Herren, das wäre kabarettreif, wenn es nicht so traurig wäre.
Diese Version wurde also ganz schnell aus dem Verkehr gezogen. Anschließend wurde darauf hingewiesen, dass man künftig wohl 40 zusätzliche Stellen und weitere 6 Verwaltungsbeamte mit einem Kostenvolumen von 1,5 Millionen e braucht, um diesen Gesetzentwurf umzusetzen. Als der Gesetzentwurf dann im April 2002 beraten wurde, hat man uns erklärt, die Landratsämter seien bereits angewiesen, diese Kontrollen vor Ort durchzu
führen. Ich habe mich daraufhin vor Ort etwas erkundigt und musste feststellen, dass die Lebensmittelkontrolleure weder Vollzugsrichtlinien hatten noch dass sie eingewiesen waren. Sie sollten aber bereits Tätigkeitsberichte nach München liefern. Sie haben also noch nicht gewusst, was sie machen sollen, aber sie haben bereits die Erfolge gemeldet.
Das war so! In der nächsten Variante hieß es dann zu den Kosten:
In den Verhandlungen über den Entwurf des Doppelhaushalts 2003/2004 ist zu klären, ob die Überwachung der Rindfleischetikettierung im Geschäftsbereich des Staatsministeriums mit bereits vorhandenen Stellen und Mitteln erledigt werden kann. Wenn nein muss geklärt werden, in welchem Umfang Stellen und Mittel wegen der Änderung des Lebensmittelüberwachungsgesetzes zusätzlich erforderlich sind.
Für die Kommunen heißt es dort:
Durch die Aufgabenzuweisung an die Lebensmittelüberwachungsbehörden (Landratsamt, Kreisfreie Städte) fallen auf kommunaler Ebene zusätzliche Kosten in derzeit nicht qualifizierbarer Höhe an.
Es ist toll, wenn man das liest, und dann in diesem Hause soviel über Konnexität hört.
Bei der Mitberatung im Landwirtschaftsausschuss stand die Kostenfrage dann wieder im Mittelpunkt. Die Staatsregierung konnte auch keine Angaben zu den Kosten machen. Der Landwirtschaftsausschuss hat dann einstimmig beschlossen, folgenden Satz in die Begründung aufzunehmen: „Die Finanzausgleichsmittel sind bei Bedarf entsprechend zu erhöhen“. Im Haushaltsausschuss räumte die Staatsregierung dann ein, dass die notwendigen Personalmehrungen nicht Eingang in den Haushaltsplan gefunden hätten. Das bedeute, dass die Kontrollen künftig mit dem vorhandenen Personal durchgeführt werden. Herr Kiesel verwies damals im Ausschuss auf die Möglichkeit der Fremdvergabe aus Mitteln des Einzelplanes 12 in Höhe von 2 Millionen e. Man hat ihn aber dann schnell belehrt, dass diese Mittel bereits für den Vollzug der Trinkwasserverordnung verplant sind.
Zum Schluss bleibt also die Aussage: „Wenn Verstöße festgestellt werden, können Gebühren erhoben werden.“ Deshalb ist die Einsparung weder von Stellen noch von Mitteln geplant. – Ist das nicht ein wunderbares Beispiel für Herrn Traublinger, wie in Bayern der Mittelstand entlastet und gefördert wird?
Eines aber haben Sie geschafft, Herr Minister, bevor das Gesetz in Kraft getreten ist: Das Faltblatt war bereits fertig. Es war auch schon an die Ämter verteilt.
Das Faltblatt ist mit der großen Hoffnung formuliert worden, dass die Anbieter mehr auf das Etikett schreiben, als gesetzlich dafür vorgeschrieben ist. Dann sind Sie für die Kontrollen nicht mehr zuständig, und man kann kräftig auf Berlin verweisen und darauf, dass man es dort gefälligst ordentlich zu machen hat. Das sind die vertrauensbildende Maßnahmen, Herr Minister. Sie sollten Hausaufgaben machen, anstatt in blumigen Reden die eigene Probleme zu beschreiben und in bösen Reden über andere herzuziehen.
Was ich geschildert habe, ist die Realität. So sieht es aus, wenn es um Geld für den bayerischen Verbraucherschutz geht. Es ist nicht so, wie in den schönen Reden, die Sie vorhin gehalten haben. Realität ist vielmehr, dass die Verbraucherzentrale in Bayern ein Schattendasein führt, weil die nötige Finanzausstattung fehlt. Von einem flächendeckenden Angebot, wie es in anderen Bundesländern vorhanden ist, ganz zu schweigen. Schon eine geringfügige Verbesserung der Finanzausstattung haben Sie abgelehnt. Realität ist auch, dass sich in der Ernährungsberatung nichts verändert hat. Sie haben heute unter dem Titel „Kompetenzzentrum“ in den Landratsämtern das Gleiche, was Sie früher an den Landwirtschaftsämtern gemacht haben. Vormals hat man denen vor Ort misstraut, weil sie Teil der Landwirtschaftsverwaltung waren. Heute sind sie dem Landrat unterstellt, dass ist nicht viel besser. In der Zwischenzeit zeichnet sich immer mehr ab, dass sie jetzt der Veterinärabteilung unterstellt werden.
Herr Minister, auch ich habe Tierernährung studiert. Wenn Sie mich anschauen, sehen Sie ein lebendes Beispiel dafür, dass ich als Ernährungsberater nicht geeignet bin.
Sie sollten das den Ernährungsberatern und Ernährungsberaterinnen vor Ort auch nicht zumuten, indem Sie sie unter die Kuratel der Veterinäre stellen.
Über die Realität im Gesundheitswesen und bei der Prävention wird Frau Kollegin Hirschmann noch sprechen. Ich darf noch einmal zusammenfassen: Die Realität in Bayern beim Verbraucherschutz, bei der Verbraucherinformation und bei der Prävention ist die, dass sich kaum etwas verbessert hat.
Ich muss allerdings einräumen, dass sich das Verbraucherverhalten und die Verbrauchereinstellung etwa gleich verhalten haben. Die Menschen haben nur vergessen und verdrängt. Deshalb ist es ruhiger um Ihr Haus geworden. Aber auch der vorliegende Haushalt
wird nichts daran ändern. Sie hätten noch furchtbar viel zu tun, bis der Verbraucherschutz nicht nur dann im Mittelpunkt steht, wenn der nächste Skandal ins Haus steht. Ich bin überzeugt davon, dass Ihre Fraktion Ihnen diese Möglichkeit, diese lange Zeit nicht einräumen wird.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Auch wenn es schon spät ist, müssen wir uns noch mit diesem Thema beschäftigen. Ich möchte Ihnen kurz darstellen, um was es geht. Es soll in der Nähe von Schwangau bei den Königsschlössern ein Hotelkomplex errichtet werden. Dafür hat die Gemeinde eine Änderung des Flächennutzungsplanes und ein Bebauungsverfahren eingeleitet.
Ich möchte mich vorrangig mit den Einwendungen zur Abwägung durch die Gemeinde beschäftigen. Das Land
ratsamt Ostallgäu hat in seiner Stellungnahme an die Gemeinde im Kern unter anderen Punkten dargelegt – es handelte sich um die Städtebau- und Planungsrechtsabteilung –, dass die Interessenlage hier eindeutig überörtlich zu sehen sei. Man dürfe sagen: Wenn nicht an dieser Stelle, wo sonst schlägt das Schutzinteresse des Orts- und Landschaftsbildes vor Privatinteressen durch? Das schreibt der Abteilungsleiter des Landratsamtes. Ich glaube, das zeigt eindeutig die Situation auf, in der wir uns dort bewegen.
In ihrer Abwägung verweist die Gemeinde darauf, dass es in diesem Bereich bereits eine Bebauung gebe, die Entfernung zu den Schlössern mit über einem Kilometer relativ groß sei und dass man in diesem Raum eine Luxusgastronomie benötige und es keine alternativen Standorte gebe. Bei all dieser Argumentation wird die Baumasse, um die es bei diesem Verfahren geht, massiv heruntergespielt. Es soll in dieser Ebene vor den Schlössern ein Bauwerk mit etwa 100 Metern Länge entstehen, das in seinem nördlichen Teil zu einem Drittel über 45 Meter breit ist. Das ist ein Baukörper, der mehr als ein halbes Fußballfeld einnimmt. Die bisher vorhandene Baumasse eines ehemaligen Gutsbetriebs mit ca. 6300 Kubikmeter soll auf über 15000 Kubikmeter aufgestockt werden, und das alles im Außenbereich bei einer einzelnen Baumaßnahme.
Die jetzt vorhandene Baumasse ist im Normalfall eineinhalbgeschoßig mit einem Türmchen und im Kern zweigeschoßig mit Spitzdach. Daran orientiert soll die künftige Baumaßnahme ausschließlich dreigeschoßig bzw. zweigeschoßig mit voll ausgebautem Dach entstehen. Jeder weiß, dass es sich dabei um eine klassische dreigeschoßige Baumaßnahme handelt.
Das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege hat unter vielen anderen Einwendungen Folgendes formuliert: Dieser Wirkungsbezugsraum müsse nach den regionalplanerischen Zielen eine angemessene Berücksichtigung finden. Er sei im Sinne der Richtlinien des UNESCO Weltkulturerbekommittees zur Bewertung von Kulturlandschaften zu bewerten und Bestandteil der Denkmaleigenschaft der Schlösser Neuschwanstein und Hohenschwangau. Der Begriff der Nähe, so wird hier gesagt, sei nach Artikel 6 Absatz 1 Satz 2 des Denkmalschutzgesetzes in diesen Wirkungsbereich einzubeziehen.
Was aus dieser Gesamtstellungnahme geworden ist, kann ich aus einem Brief des Generalkonservators, den er an das Landratsamt gerichtet hat, kurz vortragen. Es heißt da folgendermaßen:
Für das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege stellt sich mit dem neuen Abwägungsbeschluss, den die Gemeinde vollzogen hat, die grundsätzliche Frage, wie überhaupt noch öffentlicher Schutz des Orts- und Landschaftsbildes in der Bauleitplanung vor Privatinteressen zu gewährleisten ist, wenn zur Aufstellung dieses bedeutenden Bebauungsplanes Bullachberg 17 Träger öffentlicher Belange keine Stellungnahme abgeben, darunter auch die Regierung von Schwaben, und von acht sich äußernden Träger öffentlicher Belange jedoch sieben grund
sätzliche und erhebliche Bedenken in der nach dem Baugesetzbuch vorgebrachten Form in der fachlichen Information und Empfehlung vorbringen.
Mit genau diesem Vorbringen hat sich der Gemeinderat in einer Form beschäftigt, die kaum noch nachvollziehbar ist.
Im Übrigen fordert das Landesamt für Denkmalpflege eine Umweltverträglichkeitsprüfung. Ich meine, das ist der entscheidende Punkt. Zur Prüfung der Erforderlichkeit der Durchführung, so heißt es da, sei nach dem Umweltverträglichkeitsgesetz ein Schwellenwert von 100 Betten notwendig. Und genau 100 Betten werden dort geplant. Es ist für mich unverständlich, dass bis heute das Landratsamt – geduldet durch die Regierung von Schwaben, die nicht einmal eine Stellungnahme abgegeben hat –, keinerlei Vorprüfung nach § 3 c Absatz 1 Satz 1 des Umweltverträglichkeitsgesetzes vorgenommen hat. Ich halte das bei einem solchen Verfahren für eine unerträgliche Situation. Wenn man schon nicht nach der allgemeinen Vorprüfung vorgeht, ist es dringend notwendig, nach der Anlage 2 des gleichen Gesetzes zu handeln.
Meine Damen und Herren, ich habe in den letzten Tagen versucht, mit der Wasserschutzbehörde abzuklären, wann es möglich ist, für ein Wasserschutzgebiet Ausnahmegenehmigungen zu erreichen. Der Sachgebietsleiter von Schwaben, Herr Luce, hat mir eine Viertelstunde lang erklärt, dass er sich eigentlich nicht vorstellen könne, dass in einem vorhandenen Schutzgebiet zusätzliche Situationen geschaffen werden könnten, um Ausnahmen zulässig zu machen; denn Ausnahmen seien im Grunde nur zulässig, wenn es das Wohl der Allgemeinheit erfordere oder wenn es im Einzelfall zu einer unbilligen Härte kommen würde bzw. wenn das Gemeinwohl dieser Ausnahme nicht entgegenstehe. Seine Aussage ging dahin, dass er sich nicht vorstellen könne, dass in Bayern im Einzelfall, wenn das Grundwasser in Frage stehe, von unbilligen Härten ausgegangen werden könne.
Im Wasserwirtschaftsamt Kempten gilt das aber augenscheinlich nicht, denn es wurde bereits im Nachhinein ein Schwarzbau genehmigt. Das Amt will wohl zulassen, dass in der engeren Schutzzone des Wasserschutzgebietes eine Sportanlage errichtet wird und zusätzlich genau auf der Grenze des Grundwasserschutzgebietes eine offene Wasseranlage genehmigt wird.
Der Staatsminister für Wissenschaft, Forschung und Kunst, Herr Zehetmair, hat in zwei Schreiben an unsere Fraktion bzw. an den Petenten erklärt, dass das Staatsministerium die in seiner Macht stehenden rechtlichen Möglichkeiten nutzen werde, um das Hotelprojekt am Bullachberg abzuwehren. Angesichts des Abwägungsergebnisses, das ja wohl die Staatsregierung in Abstimmung mit Staatsminister Zehetmair erarbeitet hat, demzufolge keinerlei Einwendungen mehr festgestellt werden können, stellt sich für mich die Frage: Hat dieses Ministerium keinerlei Macht, oder reichen die rechtlichen Möglichkeiten nicht aus, oder ist der Minister vielleicht der örtlichen und überörtlichen Lobby zum Opfer gefallen?
Die Abwägung musste wiederholt werden, weil die Gemeinde die Wirtschaftlichkeit von Alternativstandorten nicht geprüft hatte.
In der Abwägung ist nun festgelegt worden, es sei selbstverständlich möglich, ein Hotel in dieser Kategorie mit 50 Betten wirtschaftlich zu betreiben. Als das Vorgängermodell mit über 150 Betten auf dem Markt war, haben die gleichen Gutachter für den Antragsteller festgestellt, dass ein Hotel unter 150 Betten selbstverständlich nicht wirtschaftlich geführt werden könne. Anschließend haben sie genau das Gegenteil festgestellt. Es hängt eben nur davon ab, wer das Gutachten bezahlt.
Wir sind der Meinung, dass die Abwägung, die in diesem Fall bisher stattgefunden hat, absolut fehlerhaft ist. In die Abwägung ist die notwendige Umweltverträglichkeitsprüfung nicht einbezogen worden. Wir sind der Meinung: Dies muss dringend nachgeholt werden. Die Wertung der öffentlichen Belange ist in einer Weise vorgenommen worden, die zu einer objektiven Gewichtung der privaten Belange in keinem Verhältnis steht. Deshalb wiederhole ich den Antrag aus dem Ausschuss, nach § 84 Absatz 3 der Geschäftsordnung zu entscheiden und das Landratsamt zu beauftragen, die Abwägung der Gemeinde Schwangau zu beanstanden.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Vielen Dank, Herr Kollege. – Ich gebe bekannt, dass die CSU-Fraktion namentliche Abstimmung beantragt hat. Sollten wir die Abstimmung vor 19.00 Uhr nicht durchführen können, werden wir morgen früh um 9.00 Uhr mit der Abstimmung beginnen und heute die Diskussion zu Ende führen.
Das Wort hat Frau Kollegin Scharfenberg.
Herr Staatsminister, wie viele der 519 neuen Stellen im Bereich des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit, Ernährung und Verbraucherschutz sind bis zum 1. Oktober 2001 besetzt und wie verteilen sich die neu besetzten Stellen auf zusätzliche Kontrolleure und Veterinäre vor Ort und auf Stellen bei den Regierungen und dem Staatsministerium?
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Bitte, Herr Staatsminister.
Ministerium 156 Stellen und auf die nachgeordneten Behörden 226 Stellen. Für die Landratsämter und die Veterinärämter wurden im Haushalt des Staatsministeriums des Innern weitere 169 Stellenmehrungen ausgewiesen. Die Gesamtzahl der neuen Stellen nach dem Stellenplan des Nachtragshaushaltes beträgt somit 551.
Ich komme damit zum nachgeordneten Bereich. Dort waren die Stellenmehrungen zum 1. Oktober 2001 wie folgt besetzt: Bei den Landratsämtern gab es eine Stellenmehrung von 98 Tierärzten. Davon wurden 93 Stellen besetzt. Fünf Stellen blieben frei. In der Ernährungsberatung wurden zehn zusätzliche Stellen geschaffen, die alle besetzt werden konnten. Im Innenministerium wurden 79 Stellen für Veterinärassistenten geschaffen, die jedoch noch nicht besetzt worden sind. Für Lebensmittelüberwacher wurden 75 Stellen geschaffen, von denen 36 besetzt worden sind. Für den Verwaltungsdienst wurden 15 Stellen eingerichtet, die ebenfalls noch zu besetzen sind. Zu den Veterinärassistenten ist zu bemerken, dass hierfür ein eigenes Berufsbild geschaffen wurde und deshalb die Stellen noch nicht besetzt sind.
In der Gewerbeaufsicht wurden 25 zusätzliche Stellen geschaffen, die bereits besetzt sind. In den Landesuntersuchungsämtern Nord und Süd gab es insgesamt 74 Stellenmehrungen. Dort wurden 34 Stellen besetzt, 40 Stellen sind noch frei. Ich möchte für meinen Geschäftsbereich anmerken, dass wir derzeit ein Landesamt für Gesundheitswesen und Lebensmittelsicherheit konzipieren. Dieses Landesamt wird dem Landtag in der nächsten Woche vorgestellt. Der Landwirtschaftsausschuss wird das Amt in der nächsten Woche besuchen. Sobald das Konzept vorliegt, können wir diese 40 Stellen besetzen.
Bei den Regierungen wurden insgesamt 14 zusätzliche Stellen für Tierärzte geschaffen, die derzeit noch frei sind. Diese Stellen werden jedoch bald besetzt sein. Sie sind Teil der Task Force, die wir momentan aufbauen. Außerdem wurden bei den Regierungen fünf zusätzliche Stellen für Apotheker geschaffen, die bereits besetzt sind. Insgesamt wurden 395 neue Stellen geschaffen, von denen 203 besetzt und 192 frei sind. Für das Verbraucherschutzministerium selbst stehen insgesamt 293 Stellen zur Verfügung, hiervon 156 Mehrungen. Zum 1. Oktober 2001 waren 249 Stellen besetzt. Das Ministerium ist also beinahe voll besetzt. Natürlich gibt es eine gewisse Fluktuation. In einigen Bereichen haben wir Schwierigkeiten, Mitarbeiter zu bekommen. Gerade bei Teamassistentinnen oder Informatikern ist der Münchner Markt ziemlich leergefegt.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Erste Zusatzfrage: Herr Kollege Geiger.
Herr Minister, es ist nachvollziehbar, dass noch keine Bewerber für ein Berufsbild vorhanden sind, das erst noch geschaffen werden muss. Können Sie trotzdem abschätzen, wann diese Stellen besetzt sein werden? Außerdem möchte ich Sie fragen, ob bei den Lebensmittelüberwachern davon auszugehen ist, dass diese auf dem Markt nicht zu bekommen sind.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Bitte, Herr Staatsminister.
Die Stellen für den Verwaltungsdienst bei den Landratsämtern werden besetzt, sobald die neu eingestellten Anwärter die Ausbildung beendet haben. Bei den Landesuntersuchungsämtern erarbeiten wir gerade das Konzept. Nachdem dieses Konzept dem Landtag vorgestellt wurde, werden wir diese Stellen zügig besetzen.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Ich bitte nun Herrn Geiger, seine eigene Frage zu stellen.
Herr Staatsminister, wie viel Haushaltsmittel, welche im Rahmen der Verbraucherinitiative Bayern 2001/2002 für BSE-Hilfen in Höhe von insgesamt 245 Millionen DM zur Verfügung gestellt wurden, sind bisher für die Entsorgungskosten Tiermehl, Entsorgungskosten Altfuttermittel, Futteruntersuchung, BSESchnelltests, Schlachtstätten und Liquiditätshilfen ausbezahlt worden und mit welchem Mittelbedarf wird für die einzelnen Teilbereiche noch gerechnet?
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Bitte, Herr Staatsminister.
Unter den einzelnen Ansätzen im Einzelplan 08 und im Einzelplan 12 besteht jeweils innerhalb der Einzelpläne gegenseitige Deckungsfähigkeit. Das bedeutet, dass bezogen auf die einzelnen Haushaltsansätze Mehr– oder Minderausgaben bei einer Haushaltsstelle im Rahmen der auf den jeweiligen Einzelplan entfallenden Mittel aus der Verbraucherinitiative ausgeglichen werden können. Der Haushaltsgesetzgeber hat angesichts der bekannten Unwägbarkeiten bei der weiteren Bewälti
gung der BSE-Folgen der Verwaltung ganz bewusst dieses flexible Instrumentarium an die Hand gegeben.
Zu berücksichtigen ist, dass wir diese Maßnahmen bei der EU modifizieren mussten. Dies ist inzwischen geschehen. Manche Maßnahmen konnten jedoch nicht am 9. Mai, also zum Zeitpunkt der Verabschiedung des Haushalts, anlaufen. Nur bei den BSE-Tests haben wir vorweg ausbezahlt, weil dies sehr dringend war.
Nun zum Thema „Tiermehl“. Dieses Thema fällt in den Bereich des Einzelplans 12. Rückwirkend bis zum 2. Dezember 2000 haben wir die für die Verbrennung von Tiermehl und Tierfett sowie die für den Transport zur Verbrennung nachgewiesenen Kosten, maximal 220 DM pro Tonne Tiermehl oder Tierfett, erstattet. Die Bayerische Tierseuchenkasse ist mit der Auszahlung beauftragt worden. Sofort nach der grundsätzlichen Genehmigung durch die EU-Kommission, die zunächst nur in mündlicher Form erfolgte, hat die Bayerische Tierseuchenkasse mit der Auszahlung der geprüften Anträge begonnen. Bis Ende September 2001 sind an die Tierseuchenkasse zur weiteren Verteilung knapp 7,1 Millionen DM ausbezahlt worden. Bis zum Jahresende werden voraussichtlich insgesamt 21 Millionen DM abfließen.
Zum Modifizierungsverfahren ist zu sagen, dass hier Probleme bestanden, weil das, was wir als Verbraucherschutz betrachten, von anderen Ländern als wettbewerbsverzerrende Maßnahmen betrachtet wurde.
Wir mussten in der Begründung immer noch nachbessern.
Wie viel Mittel darüber hinaus im Jahr 2002 benötigt werden, hängt davon ab, für wie lange die EU-Kommission dieses Sofortprogramm endgültig genehmigt. Wir haben jetzt eine Genehmigung. Die Vollzugshinweise sehen zunächst eine Befristung bis 31. März 2002 vor. Wenn dies EU-rechtlich möglich und zulässig ist, beabsichtigt die Staatsregierung eine Fortführung des Programms über den 31. März 2002 hinaus, allerdings bis längstens 31. Dezember 2002.
Zu den Entsorgungskosten bei Altfuttermitteln. Das betrifft Einzelplan 08. Wir haben am 14. Februar 2001 als erstes Bundesland die Entsorgung und Entschädigung für Futtermittelaltbestände durchgeführt. Bis 28. Februar 2001 haben wir zunächst bei den Landwirten eine Sammelaktion durchgeführt und rund 4000 Tonnen Altfuttermittel eingesammelt. Unmittelbar anschließend sind dann von Händlern rund 3400 Tonnen Material eingesammelt worden. Von den Herstellern sind rund 4800 Tonnen abgeben worden.
Diese Altfuttermittel wurden verbrannt. Die Maßnahme ist im August abgeschlossen worden. Die Entschädigung des Warenwerts und der Entsorgungskosten ist größtenteils bewilligt. Bisher wurden 9,27 Millionen DM ausgezahlt. Die Auszahlung wird noch fortgeführt. Ein Betrag von 12,65 Millionen DM ist noch auszuzahlen.
Dann zu den Kosten für Futtermitteluntersuchung. Es betrifft Einzelplan 08. Angesichts des Zeitablaufs darf ich
nur kurz darauf hinweisen, dass ich das vorhin schon beantwortet habe. Es handelt sich um 523 Proben, wofür rund 61000 DM ausgezahlt worden sind.
Weiter zum BSE-Schnelltest. Das gehört zu Einzelplan 12. Mit diesem Programm sollen die durch die verpflichtende BSE-Testkostenerstattung verursachten Mindererlöse bei den Landwirten so weit wie möglich ausgeglichen werden. Das heißt, wir erstatten bei Tests von Rindern mit mehr als 24 Monaten. Wer jüngere Tiere testet, hat keinen Anspruch auf Erstattung. Der Test hat dann auch keinerlei Aussagewert.
Die EU-Kommission hat dieses Sofortprogramm zunächst zum 31. März 2002 notifiziert. Wir haben bis Ende September 2001 18,5 Millionen DM ausgezahlt. Bis Ende des Jahres 2001 haben wir einen Bedarf von 30,8 Millionen DM und zum 31. März 2002 einen Bedarf von 43 Millionen DM.
Die Staatsregierung bereitet zur Zeit einen Folgeantrag an die EU-Kommission zur Fortführung der staatlichen Kostenerstattung bei den BSE-Schnelltests über den 31. März 2002 hinaus vor. Das wird Klarheit darüber bringen, wie viel Mittel wir im nächsten Jahr noch brauchen und ob es eine Genehmigung gibt oder nicht. Entsprechend wird der Mittelbedarf sein. Entscheidend ist aber, dass die Verbraucherinitiative generell nicht über den 31. Dezember 2002 hinausgeht. Wir können die haushaltsmäßige Absicherung des BSE-Tests im Rahmen der Deckungsfähigkeit des Einzelplans 12 – Verbraucherinitiative – darstellen.
Dann komme ich zu den Schlachtstätten. Es betrifft wieder den Einzelplan 12. Fleisch und Nebenprodukte der Schlachtung bestimmter Rinder aus derselben Schlachtgruppe, in der ein BSE-Rind positiv getestet worden ist, dürfen nicht mehr in den Verkehr gebracht werden und sind unschädlich zu beseitigen.
Wir haben die Chargenschlachtung eingeführt. Das heißt, das Instrumentarium bzw. die Schlachtwerkzeuge werden gewechselt, um die Kosten in Grenzen zu halten, wenn ein BSE-Fall auftritt. Wir haben bei den 57 BSE-Fällen praktisch nur 18 Tiere, die im Schlachtvorgang durch den Schnelltest identifiziert wurden, als krank erklärt. Der Rest der Tiere ist Gott sei Dank überhaupt nicht in die Schlachtstätte gekommen.
Wir entschädigen auf freiwilliger Basis seit 19. Dezember 2000 aufgrund eines Ministerratsbeschlusses den durchschnittlichen Wert eines Schlachtkörpers sowie die Kosten der Reinigung und der Desinfektion der Schlachtstätte. Bis Ende September 2001 sind über 500000 DM ausgezahlt worden. Bis zum Jahresende werden voraussichtlich 3 Millionen DM ausgezahlt. Auch hier ist das Ende nach der Notifizierung zunächst bis zum 31. März 2002 vorgesehen. Wir wollen das Programm wie alle übrigen BSE-Hilfen bis zum 31. Dezember 2002 fortführen. Wir müssen aber einen Nachfolgeantrag bei der EU-Kommission zur Notifizierung einreichen.
Als letztes komme ich zu den Mitteln für Liquiditätshilfen. Dies betrifft Einzelplan 08. Rinderhaltende Betriebe, die
durch die BSE-Krise in finanzielle Not geraten sind, können eine Förderung in Form von Zinszuschüssen für Kapitalmarktdarlehen erhalten. Der Zinszuschuss für den Landwirt beträgt bis zu 4%, das Darlehen bis zu 150% des ermittelten Schadens. Der Darlehensmindestbetrag beträgt 10000 DM. Der Höchstbetrag ist 100000 DM.
Die EU-Kommission hat dieses Programm erst Ende Juli 2001 genehmigt. Erst ab dem Zeitpunkt konnte mit der Bewilligung begonnen werden. Der Mittelabruf erfolgt vierteljährlich. Eine Auszahlung war bisher nur marginal möglich.
Derzeit liegen 1500 Anträge vor. Das Bewilligungsverfahren läuft. Der Mittelbedarf ist aber erst nach Ende der Antragsfrist – das ist nach den bisherigen Richtlinien der 31. Dezember 2001 – und nach Abarbeitung der Anträge exakt feststellbar.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Gibt es Zusatzfragen? – Danke schön. Damit ist die Zeit für die Fragestunde ausgenutzt. Vielen Dank, Herr Staatsminister.
Ich rufe auf:
Tagesordnungspunkt 9
Beratung der zum Plenum eingereichten Dringlichkeitsanträge
Zur gemeinsamen Behandlung rufe ich auf:
Geplanter Donauausbau – politische Entscheidung für Raumordnungsverfahren (Drucksache 14/7493)
und den nachgezogenen
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Maget, Gartzke, Peters und anderer und Fraktion (SPD)
betreffend Anhörung zum Donausausbau (Drucksa- che 14/7502)
Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Gibt es Wortmeldungen? – Frau Kellner, bitte.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor knapp fünf Monaten begann eine erstaunliche Entwicklung: Die Mitglieder der Staatsregierung, die CSU und der Bauernverband haben in der Agrarpolitik und in der Verbraucherschutzpolitik plötzlich Dinge gefordert, die auf ihrer Seite bisher fast unaussprechlich waren.
Zu hören war von neuen Weichenstellungen in der Agrarpolitik. Man kann auch sagen „Wenden“ – die Richtung ist nur nicht vorgegeben. Es wurden Ausdrücke verwendet wie „transparente, gläserne, umweltverträgliche Produktion“, „Antibiotikaverbot“, „Tiermehrverfütterung“ und „Tiermehlherstellung“. Es ging um die Beschränkung von Tiertransporten, um artgerechte Tierhaltung, um die Förderung des Ökolandbaus – ausnahmsweise nur 10% statt 20% –, um die lückenlose Kontrolle auf allen Erzeugungsstufen und die Stärkung einer unabhängigen Verbraucherberatung und -information.
Meine Damen und Herren, all das wurde bis zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt meist als böswillige, inkompetente, wirklichkeitsferne Spinnerei der Opposition dargestellt.
Dieser Zeitpunkt ist klar zu definieren: Es ist der 17. Dezember des letzten Jahres, nämlich der Zeitpunkt, als wir den ersten BSE-Fall hatten. Von diesem Zeitpunkt an
gingen den Mitgliedern der Staatsregierung und der CSU all diese Worte ohne Scham über die Lippen; keiner konnte sich mehr daran erinnern, was er die letzten Monate und Jahre zuvor zu diesem Thema eindeutig gesagt hat.
Meine Damen und Herren, am peinlichsten war für mich eigentlich der Eindruck, den Bauernverbandspräsident Sonnleitner gemacht hat. Man hat ja gemeint, er war schon immer Verbraucheranwalt Nummer 1. In der Zwischenzeit rudert er kräftig rückwärts.
Was hat denn diesen Wechsel bewirkt? Wie gesagt, das war der BSE-Fall; dann kam noch der Schweinemastskandal hinzu. Das Vertrauen der Verbraucher in die Fleischproduktion war weg, speziell beim Rindfleisch. Das Zauberwort war nun in aller Munde, nämlich das Vertrauen der Verbraucher wieder zurückzugewinnen. Die verunsicherten Bauern, getrieben von der Angst um ihre Viehbestände und um ihre Existenz, gingen auf die Straße. Viele wussten eigentlich gar nicht, wie ihnen geschah. Sie hatten sich darauf verlassen, was gängige Meinung war und was als gesichertes Wissen schien. Sie fühlten sich nicht nur als Opfer; sie waren es auch – wenn man auch dazu sagen muss: nicht alle. Die Bauern spürten, dass sie die Rechnung bezahlen müssten für das Gerede vom BSE-freien Deutschland, von der absolut sicheren Tiermehlproduktion und von der lückenlosen Futtermittelüberwachung. Für andere war aber viel wichtiger, dass auf Plakaten von demonstrierenden Bauern plötzlich die Namen Stoiber, Miller und Stamm standen, dass Demonstrationen ohne den Veranstalter BBV größer waren als Veranstaltungen des Bauernverbandes
und dort auch noch Plakate mit dem Namen Sonnleitner auftauchten. Meine Damen und Herren, da war Feuer auf dem Dach. Die Angst, die absolut sichere Wählerklientel zu verlieren, war mindestens so groß wie die Angst vor gesundheitlichen Schäden der Bürger.
Frau Stamm musste gehen, Miller durfte bleiben. Die große Kompetenzlösung, Prof. Hermann, konnte nicht erscheinen. Herr Sinner und Frau Görlitz waren zwangsläufig zweite Wahl. Schaden war auf der ganzen Ebene entstanden, der Nimbus des Ministerpräsidenten deutlich geschädigt. Schadensbegrenzung war angesagt. Meine Damen und Herren, wie macht man das? – Mit Geld. Anders sind die 600 Millionen DM ja nicht zu erklären. Wer die Erklärung des BBV-Präsidenten von Herrsching dieser Tage gelesen hat, weiß diese Größenordnung auch einzuschätzen. Sonnleitner sagt, die Staatsregierung habe den Bauern zwar viel Geld zur Verfügung gestellt. Aus dem Munde eines Verbandspräsidenten will dies schon etwas heißen. Er beklagt sich dann noch, dass die seelischen Wunden nicht geheilt wurden.
600 Millionen DM mehr für die Bildungspolitik oder auch nur ein paar Millionen DM mehr für eine effektive Ver
braucherberatung waren bis zu diesem Zeitpunkt undenkbar.
Die Kassenlage und vor allem das Ziel eines ausgeglichenen Haushalts haben immer als Argument hergehalten, dass das nicht machbar sei. Diese 600 Millionen DM heute sind die Reparaturkosten für die Versäumnisse und den Nachholbedarf in der Verbraucherpolitik und der Entschädigungsversuch für Verluste der Landwirtschaft und des Handels.
Herr Staatsminister Sinner, Sie haben in Ihrer Regierungserklärung die Versäumnisse der Bayerischen Staatsregierung beim Namen genannt. Sie räumten ein, dass zu wenig Personal eingesetzt worden ist. Es blieb Ihnen ja auch nichts anderes übrig. Wenn man jetzt einen Haushalt vorlegt, der 360 zusätzliche Stellen enthält, müssten diese auch vorher gefehlt haben. Sie räumten ein, dass die Kontrolle sensibler hätte sein müssen, dass sie risikobewusster und prozessorientierter hätte sein müssen und dass es an einer vorausschauenden Risikoanalyse gefehlt hat. Das ist vornehm ausgedrückt. Man könnte das auch einfacher sagen. Insider haben schon immer gewusst, wo und wie man suchen muss, damit man etwas findet, nur wurde dies nicht getan.
Sie sagten auch, dass Rechtsgrundlagen für das Handeln unzureichend und widersprüchlich sind. Wenn Herr Staatsminister Miller dann erkannt hat, dass Restmengen tierischen Eiweißes nicht sicher analysiert werden konnten, wäre es seine Pflicht gewesen, tatsächlich etwas zu tun, anstatt jahrelang zuzuschauen und im Nachhinein die mangelnden rechtlichen Möglichkeiten zu beklagen.
Sie haben das zwar alles sehr schön zurückhaltend formuliert, aber es ehrt Sie, Herr Sinner. Anderen, die deutlich mehr Verantwortung als Sie für diese Politik tragen, hätten solche Aussagen auch recht gut angestanden.
Im Nachtragshaushalt ist auch eine Bürgschaft für das Russlandgeschäft enthalten. Die Begründung dazu lautet, dass es allemal besser sei, Fleisch zu exportieren und wenn es sein muss auch zu verschenken als zu vernichten. Diese Begründung ist in der Zwischenzeit obsolet. Das Schlachtprogramm Nummer 1 der EU läuft nächste Woche am 18. Mai aus. Dann ist dieses Thema erledigt. Dann wird interveniert, und es findet eine normale Einlagerung statt. Damit ist das Thema eigentlich erledigt. Welche Wirkung diese Ankündigung aber hatte, war allen klar. Der Ministerpräsident ist als Retter in der Not dagestanden, sogar noch mit außenpolitischer Kompetenz, und Staatsminister Miller hat das bei jeder Gelegenheit durch das Land getragen. Wo hätten die Bauern im Januar und Februar sonst noch applaudieren sollen, wenn nicht bei solchen Meldungen? Dass dies eine Luft
nummer war und bleibt, werden die Betroffenen hoffentlich schnell vergessen.
Die sorgfältige Entfernung oder Nichtfreilegung von Risikomaterial ist zweifelsfrei eine der entscheidenden Vorsorgemaßnahmen zur Verringerung des BSE-Risikos. Sie, Herr Staatsminister Sinner, haben dazu neue Schlachttechniken angekündigt. Seit Monaten wird vom Ingolstädter Modell gesprochen. Schlachtzahlen aus Ingolstadt liegen mir zumindest bis heute nicht vor. Auch auf Angaben über die Übertragbarkeit auf andere Regionen und vor allen Dingen, was das Entscheidende ist, auf größere Schlachtmengen warten wir immer noch.
Wir sind der Meinung, dass der Verbraucherschutz und die Landwirtschaft in einem Ministerium sinnvoll zusammengefasst gehörten. Forschung, Ausbildung und Beratung sind an der Verbrauchersicherheit bei Lebensmitteln und auch an der Nachhaltigkeit der Landwirtschaft zu orientieren. Es ist richtig: Wir brauchen Verbraucherschutzzentren vor Ort. Teams aus Gesundheitsamt, Veterinärabteilung, Umweltbereich und den zum 1. Mai bereits versetzten Ernährungsberatungen könnten sicher zu Kompetenzzentren für Verbraucherberatung und Verbraucherschutz ausgebaut werden. Da wir aber wissen, wie unsere Landräte in ihrem Bereich wirken und werken, lässt sich natürlich daran zweifeln, dass die sichere, offene, objektive und unabhängige Verbraucherberatung in dem Maße zustande kommt, wie wir es uns wünschen.
Man muss sehr viel tun, damit das wirklich umgesetzt werden kann.
Der Kern der staatlichen Verbraucherpolitik muss jedoch die Kontrolle all der bereits vorhandenen und der neu hinzukommenden Ge- und Verbote in der Produktion, im vorgelagerten Bereich, in der Verarbeitung auf allen Ebenen und im Handel betreffen. Wir haben ja unsere Erfahrung. Deshalb muss dringend gehandelt werden. Es hilft nichts, Antibiotika zu verbieten, wenn anschließend die Kontrollen nicht funktionieren. Es hilft nichts, Futtermittel-Positivlisten zu erstellen, wenn sie anschließend nicht kontrolliert werden. Das sind die entscheidenden Dinge.
Es zeichnet sich ab, dass wir eine Menge an Gütesiegeln, Zertifizierungen bis hin zu plumpen Verbrauchertäuschungen bekommen werden. In der Zwischenzeit kann man jeden Tag in der Zeitung lesen, dass eine Metzgerei mit irgendeinem Partner ein neues Siegel und ähnliche Garantien entwickelt. Ihre dringende Aufgabe ist, hier Ordnung, Sicherheit und Vertrauen zu schaffen. Das ist Verbraucherpolitik.
Herr Sinner, dafür brauchen Sie viel Geld – das räumen wir alle ein – und auch auf Dauer viel Geld. Sie haben relativ viel Geld zur Verfügung gestellt bekommen. Das Entscheidende ist aber, dass das Geld überwiegend für
Agrarwirtschaft ausgegeben wird, es sich also um Mittel handelt, die eigentlich klassisch zum Einzelplan 8 gehören.
Für echt, dauerhafte Verbraucherpolitik bleibt jetzt und wohl auch in Zukunft zu wenig übrig. Es ist zu befürchten, meine Damen und Herren: Mit jedem Prozentpunkt, wie sich die Schlachtungen von Rindern wieder dem vor Jahresniveau nähern, wird sich die Einstellung zur verbraucherorientierten Ernährungswirtschaft schnell wieder ändern. Heute, bei 80% Vorjahresniveau, fordert der Bauernverband Ehrenerklärungen. Bei 90% wird er Entschuldigungen verlangen, und bei 100% wird die Forderung nach Abschaffung staatlicher Kontrollen und die Einführung der Eigenkontrolle nicht auf sich warten lassen.
Er zimmert bereits kräftig an seinem neuen Feindbild. Es heißt Künast. Er wird dabei vom bayerischen Landwirtschaftsminister täglich kräftig unterstützt.
Meine Damen und Herren, es ist zu befürchten, dass die Forderungen und Wünsche, sowie die berechtigten Interessen der Verbraucher auf der Strecke bleiben. Mit dem Totschlagargument wird sicherlich gerechtfertigt werden – wir haben dies vorher ausführlich gehört – dass der Verbraucher derjenige sei, der schuld sei, weil er nicht bereit sei, deutlich mehr für die Ernährung auszugeben. Meine Damen und Herren, wer hat denn bisher die Zeche gezahlt? – Das waren mit die Bauern aber auch die Verbraucher als Steuerzahler.
Der Nachtragshaushalt unterstützt genau dieses. Deswegen können wir ihm nicht zustimmen.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Gibt es weitere Wortmeldungen? – Herr Dr. Gröber, bitte.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Das Zauberwort dieser Tage ist ganz eindeutig. Es heißt, Vertrauen beim Verbraucher wiederzugewinnen. Jeder redet davon, das Entscheidende wird aber sein, wie wir dieses Vertrauen wirklich wiedergewinnen können.
Da darf ich an eines gleich anknüpfen: Es muss wieder so sein, dass das gesamte Fleischangebot des Marktes, also nicht nur Teilbereiche, von hoher Qualität ist und dass es auch in der Vermarktung und in der Verarbeitung in seiner Qualität nicht beeinträchtigt wird. Auch das gehört dazu, auch das haben wir in den letzten Wochen und Monaten ja miterlebt.
Meine Damen und Herren, was ist eigentlich Qualität, wenn wir über Fleischqualität reden? Wie definieren wir diesen Begriff eigentlich? Die einen probieren es über Inhaltsstoffe, die anderen über Schadstofffreiheit oder Schadstoffminderung, wieder andere über Frische, über Geschmack, über Konsistenz. Das ist sind alles richtige Teilbereiche und Teilaspekte, aber wir haben eigentlich keine klare Definition, weil wir all diese Aspekte einander nicht zuordnen können. Weil wir Qualität so nicht definieren können, behelfen wir uns mit Produktionsstandards und sagen dann: Wenn wir nach diesen Standards definieren, können wir wohl davon ausgehen, nachdem die Zusammenhänge wohl nachvollziehbar sind, dass wir dann wohl am ehesten eine vernünftige Qualität haben.
Dabei gibt es aber folgendes Problem: Wenn wir uns anschauen, was in den letzten Wochen beim Verbraucher als Standard herübergekommen ist, braucht sich eigentlich niemand zu wundern, dass das Vertrauen wegbricht. Ich warne ganz entschieden davor, jetzt dem Verbraucher zu sagen, dass er sich falsch verhalte, dass er hysterisch reagiere oder sonst etwas.
Nein, er reagiert auf das, was er tagtäglich in der Öffentlichkeit erlebt. Und was erlebt er? Vielleicht betrifft das nur einen Teilbereich; das können wir vielleicht einräumen. Aber das, was er erlebt, ist für Vertrauen sicherlich nicht geeignet, nämlich die Fütterung unserer Nutztiere, speziell das, was in der letzten Zeit im Bereich der Verfütterung von Tiermehl, und zwar – man muss es dazu sagen, weil es der Verbraucher Woche für Woche serviert bekommen hat –, inklusive der Kadaverrückführung in den Ernährungskreislauf. Auch dem haben wir bisher zugeschaut. Wenn der Verbraucher das sieht, wird das sein Vertrauen in diese Produktion nicht stärken.
Dasselbe gilt natürlich auch für das, was in diesen Tagen über den Schweinemastskandal vermittelt worden ist.
Wenn wir uns überlegen, wie lange wir alle miteinander gebraucht haben – da brauchen wir gar nicht nach rechts oder nach links oder sonst wohin zu schauen –, bis wir im Prinzip nach 15 Jahren in der Gesamtentwicklung Tiermehl aus der Verfütterung verdrängt haben, so bestärkt auch das nicht das Vertrauen beim Verbraucher. Das soll sich niemand einbilden, auch wenn sich das jetzt so darstellt und so verkauft wird.
Auch Frau Künast musste dieser Tage erleben, dass ein endgültiges Tiermehlverbot in der EU noch lange nicht ausgestanden ist, sondern dass sehr viele, bei denen es eben nicht diese Betroffenheit beim Verbraucher gibt, wie wir sie derzeit erleben, schon längst wieder darüber nachdenken, wie sie das Tiermehl heimlich, still und leise wieder einbringen können.
Das werden wirklich die Probleme der Zukunft sein.
Meine Damen und Herren, wer Haltungsbedingungen, wie sie uns die Bilder in den letzten Wochen speziell bei Schweinen und Geflügel gezeigt haben, sieht, begleitet von schlechtem Betriebsmanagement, der braucht über Vertrauen nicht zu reden. Das hat auch mit Qualitätsproduktion nichts zu tun. Ich sage gleich dazu: Wir wissen, dass das nur ein Teilbereich ist, aber dieser Teilbereich wirkt derzeit öffentlich. Mit ihm müssen wir uns auseinandersetzen. Dieser Teilbereich spricht nicht von Vertrauen und Qualität, sondern eigentlich von Ekel und Abscheu. Das müssen wir sehen. Da ist manchem das Essen wirklich vergangen und sogar Bauern können das nachvollziehen.
Jetzt kommt der illegale und kriminelle Einsatz verbotener Antibiotika zur Wachstumsförderung hinzu. Auch das, was wir heute Morgen gehört haben, wie das abgelaufen ist, hat mit Vertrauen nichts zu tun. Ich glaube, ich kann es mir ersparen, darauf einzugehen. Aber wenn die Betroffenen und die Ausüber feststellen, dass es fünf Jahre dauert, bis überhaupt Verfahren eingeleitet werden, wird sich daran sicherlich nichts ändern.
Meine Damen und Herren, wer beobachtet hat, wie lange es gedauert hat, bis ein Teil der Antibiotika verboten worden ist – erst im Jahre 1999 sind vier verboten worden –, der kann jetzt nur hoffen, dass es nicht so lange dauern wird, bis die weiteren vier Antibiotika, die
jetzt alle miteinander verbieten wollen, tatsächlich verboten sein werden.
Die größte baden-württembergische Zeitung hat heute Morgen in einer Überschrift auf der ersten Seite geschrieben: „Akt blinder Regulierungswut“, dargestellt vom Bundesverband für Tiergesundheit. Das sind genau die Lobbyisten, die in dieser Zeit immer damit gearbeitet haben. Wir müssen wirklich ausnahmslos alle diese Wachstumsförderer verbieten.
Lassen Sie mich noch ein paar kurze Sätze sagen, und zwar einen.
Direkt zu Minister Miller: Eines sollten wir, glaube ich, nicht tun. Wir sollten all das nicht übersehen, was an grauem Markt, was an Kultur des Wegsehens entstanden ist. Ich nenne nur die Stichworte „Vertragstierärzte“ und „Betreuungstierärzte“. All das gehört in die Gesamtbetrachtung mit hinein. Wenn wir an diese Dinge nicht herangehen, dann reden wir jetzt, warten, bis BSE vorbei ist, und hoffen, dass der Skandal im Bereich Schweinefleisch bald wieder vergessen wird. Das wird nicht reichen.