Herr Staatsminister, darf ich auf die Frage 4 zurückkommen? Sie haben die Frage der Frau Kollegin Hirschmann negativ beantwortet. Nun gibt es eine Presserklärung der Staatskanzlei, dass nach dem Runden Tisch die Futtermittelindustrie eine Selbstverpflichtung zur offenen Deklaration eingegangen sei. Darf ich aus Ihrer negativen Antwort schließen, dass es sich bei diesem Runden Tisch um eine reine Schauveranstaltung der Staatsregierung gehandelt hat?
Staatsminister Sinner (Verbraucherschutzministe- rium) : Diese Unterstellung weise ich natürlich zurück.
Wir haben infolge dieses Runden Tisches, der nicht nur dieses Thema behandelt hat, Gespräche geführt. Ich hatte Ihnen berichtet, dass die Vertreter der Futtermittelwirtschaft ihre grundsätzliche Bereitschaft erklärt haben. Das heißt, diese grundsätzliche Bereitschaft, die damals erklärt wurde und die offenbar auch Grundlage der Pressemitteilung war, ist vorhanden. Es ist aber eine konkrete Vereinbarung nicht erzielt worden.
Jetzt muss ich die Gegenfrage stellen, was ich nicht darf: Sollen wir jetzt zufrieden sein mit dem, was uns angeboten wird, oder sollen wir nicht im Interesse des Verbrauchers unsere Vorstellungen hier mit einbringen? Mein Versuch ist eben, eine Vereinbarung zu erzielen, die wirklich unseren Vorstellungen standhält. Dazu werde ich in Kürze Gespräche führen. So habe ich mich ausge
drückt. Das heißt also, wir sind in einem Dialogprozess mit der Futtermittelindustrie. Ich werde Sie über das Ergebnis dieser Gespräche informieren. Aber ich bitte festzuhalten, dass der Runde Tisch den Anstoß gegeben hat und dass wie überall der Teufel im Detail steckt. Wir haben nichts davon, wenn wir jetzt sehr schnell etwas machen, was dann den Anforderungen eines Verbraucherschutzes, wie wir ihn haben wollen, nicht standhält.
In welchem Umfang ist eine Ausweitung der bisher vorgesehenen kostenlosen Futtermittelproben vorgesehen, um den Schutz von Bauern und Verbraucherinnen und Verbrauchern vor Tiermehl und Antibiotika flächendeckend zu gewährleisten?
Staatsminister Sinner (Verbraucherschutzministe- rium) : Ich habe Ihnen vorhin in der Antwort auf die Frage des Herrn Kollegen Gartzke schon mitgeteilt, dass wir ein Kontingent von 1000 Untersuchungen haben. Wenn das nicht ausreichen sollte, kann man versuchen, noch etwas aufzustocken. Aber wir gehen im Augenblick davon aus, dass das ausreicht.
Herr Staatsminister, bei einer der ersten Fragen sind Sie auf polizeiliche Präsenz auf den Bauernhöfen, bei denen ein BSE-Fall oder -Verdachtsfall aufgetreten ist, eingegangen. Wenn ich Sie richtig interpretiere, haben Sie gesagt, das werde nicht notwendig sein oder Sie würden dafür sorgen, dass es nicht mehr so gemacht werde. In diesem Zusammenhang frage ich Sie: Ist die polizeiliche Präsenz auf dem Bauernhof, wo ein Verdachtsfall auftritt, nicht schon deshalb erforderlich, weil verhindert werden muss, dass der Landwirt Rinder in den Handel bringt?
Staatsminister Sinner (Verbraucherschutzministe- rium) : Ich habe vorhin gesagt, dass die polizeiliche Präsenz nicht erforderlich ist. Das hat Kollege Beckstein schon geregelt, also ist ein Anstoß von mir aus nicht notwendig. Die Folgen, die Sie jetzt anschneiden, also die des In-den-Verkehr-bringen von Rindern oder auch von Milch, sind Aufgaben der Veterinärbehörden. Ich meine, dass die Veterinärbehörden dies auch ohne ein großes Polizeiaufgebot sicherstellen können.
Herr Staatsminister, Sie haben gesagt: Wenn Verunreinigungen der Futtermittel festgestellt werden, müssen die Abnehmer informiert werden. Jetzt konkret: Wer ist der Abnehmer, der Handel oder der Landwirt? Ich habe bis jetzt ein einziges Mal den Namen einer Firma gehört, das war die Firma Deuka. Da war der politische Druck aber schon sehr groß. Bei mir rufen ständig Landwirte an, die noch nie über irgendwelche Feststellungen informiert worden sind. Also konkret: Wer ist der Abnehmer, der Handel oder die Landwirtschaft?
Staatsminister Sinner (Verbraucherschutzministe- rium). Ich habe vorhin deutlich gesagt, dass die Landwirte informiert werden. Die Landwirte, die Futtermittel aus Chargen bezogen haben, die beanstandet wurden, werden auch informiert. Ich weiß nicht, ob Sie vorhin diese Beantwortung mitverfolgt haben. Es handelt sich in der Regel um kleinere Chargen. Das heißt, betroffen sind eine Handvoll Landwirte. Hier wäre eine öffentliche Warnung aus den Gründen, die ich vorhin dargelegt habe, überzogen. Wenn es sich um Sonderfälle handelt – z. B. bei Deuka –, kann ich zunächst einmal davon ausgehen, dass der Landwirt dies mitbekommt. Es ist durch alle Medien gegangen.
Entschuldigung, Frau Kollegin Schieder. Ich muss erst die anderen Fragesteller vorlassen. Die nächste Zusatzfrage stellt Frau Kollegin Dr. Baumann.
Herr Minister, war es nicht vielmehr ein Versehen, dass der Landwirtschaftsminister vor der Firma Deuka gewarnt hat, weil die Staatsregierung seit mehr als zehn Jahren, also seit dem „Birkel-Urteil“, aus Angst vor Schadensersatzansprüchen keine Warnungen mehr ausspricht?
Staatsminister Sinner (Verbraucherschutzministe- rium) : Ich kann Ihnen nicht zustimmen. Es entspricht vielmehr dem Vorgehen der Staatsregierung, in einem solchen Fall notfalls zu warnen. Ich weiß jedoch, dass es mit dem Nudel-Urteil Probleme gegeben hat. Dieses Urteil zeigt die ganze Brisanz in solchen Angelegenheiten. Deswegen sind wir auf Untersuchungsergebnisse angewiesen, die auch gerichtsfest sind.
Ich will noch einmal auf die Frage 1, nach den Kosten für die Futtermitteluntersuchungen für die landwirtschaftlichen Betriebe zurückkommen. Herr Minister, Sie haben gesagt, das pro Test 100 DM zur Verfügung gestellt würden und dass 2 Millionen DM insgesamt zur Verfügung stünden. Das würde bedeuten, dass 20000 Tests insgesamt durchgeführt
werden können. Ich gehe aber davon aus, dass es mehr landwirtschaftliche Betriebe gibt, welche solche Tests durchführen lassen möchten. Stimmen Sie in dieser Einschätzung mit mir überein und wie wollen Sie das Problem lösen, dass zwar mehr Betriebe Tests durchführen lassen wollen, die entsprechenden Mittel dafür aber nicht zur Verfügung stehen?
Staatsminister Sinner (Verbraucherschutzministe- rium) : Ich habe den Betrag von 100 DM aus dem Kopf referiert. Ich glaube, die Zahl stimmt. Ich habe es jedenfalls gestern so mitbekommen. Wenn das Geld nicht ausreichen würde, müssten wir entsprechend mehr Mittel bereitstellen.
Herr Staatsminister, ich möchte daran anschließen. Nach Informationen aus den Reihen der Landwirte und aus dem Bauernverband gehen Sie davon aus, dass die Kraftfutterbestände getestet und dass Proben gezogen und Analysen gemacht werden können. Bis Ende Januar des Jahres 2001 sollen aber weniger als 150 Proben möglich gewesen sein, weil die von Ministerpräsident Dr. Stoiber dafür zugesagten Mittel nicht zur Verfügung gestellt worden sind. Darauf hätte ich gerne eine Antwort.
Wir bleiben aber dabei, dass wir in einer Fragestunde sind, und dementsprechend formulieren wir auch Fragen.
Staatsminister Sinner (Verbraucherschutzministe- rium) : Herr Kollege Schultz, darauf bin ich bereits bei der Beantwortung der ersten Frage eingegangen. Ich kann gerne noch einmal wiederholen, dass die Zahl von 150 Proben nicht bestätigt werden kann. Wir haben für Februar zwischen 600 und 900 Proben vorgesehen, und in den weiteren Monaten können wir jeweils bis zu 1000 Proben nehmen. Darauf bin ich vorhin bei der Frage 1 in aller Ausführlichkeit eingegangen. Ich gehe davon aus, dass mit dieser Größenordnung der Bedarf zunächst einmal abgedeckt werden kann. Ich weise noch einmal darauf hin, dass die Zahl 150 schlicht und einfach nicht stimmt. Ich weiß nicht, woher Sie diese Information haben. Ich wiederhole noch einmal, damit es im Gedächtnis bleibt: Im Februar werden es 600 bis 900 Proben, und in den Folgemonaten jeweils 1000 Proben sein.
Herr Minister, Sie haben zusammen mit der Bayerischen Staatsregierung bisher wie bei vielen anderen Vorgängen auch immer auf die freiwillige Selbstverpflichtung gesetzt. Sind Sie mit mir der Meinung, dass das Prinzip der freiwilligen Selbstverpflichtung gescheitert ist, so dass wir wieder vermehrt auf Kontrollen setzen müssen?
Staatsminister Sinner (Verbraucherschutzministe- rium) : Ich bin mit Ihnen nicht unbedingt einer Meinung. Das ergibt sich aus meinen Antworten auf Fragen aus den Reihen Ihrer Fraktion zu dem Problem, was die Futtermittelindustrie mit der freiwilligen Deklaration macht. Wir wollen natürlich versuchen, diese freiwillige Deklaration so schnell wie möglich durchzusetzen. Das war auch Gegenstand Ihrer Frage und Ihrer Forderung von vorhin.
Unabhängig davon gibt es eine Entschließung des Agrarausschusses des Bundesrates zur offenen Deklaration. Das heißt also, wir gehen beide Wege. Ich sage aber ganz deutlich, dass wir weiterhin auch mit der freiwilligen Selbstverpflichtung arbeiten müssen. Ein Schwerpunkt unserer Arbeit wird es sein, Zertifizierungssysteme zu entwickeln, die auch überwacht werden können. Ich weiß nicht mehr, welcher Kollege vorhin nach der Zertifizierung nach DIN ISO 2000 bei den Futtermittelherstellern gefragt hat. Ich glaube, es war Kollege Hartmann. Aus dieser Frage ergibt sich, dass auch in den Reihen Ihrer Fraktion, Herr Kollege Wörner, solche Zertifizierungen als durchaus geeignete Maßnahme betrachtet werden. Wir wollen also die Zertifizierung intensivieren, und im Rahmen von QHB wollen wir gemeinsam mit dem Landwirtschaftsministerium überlegen, wie wir geeignete Zertifizierungsinstrumente im Hinblick auf eine gläserne Nahrungskette entwickeln können.
Unabhängig davon verstärken wir natürlich auch die Kontrollen. Das zeigen schon die Zahlen, die ich Ihnen genannt habe. Damit haben wir letztlich noch einmal ein Sicherheits- und Auffangnetz.
Danke schön, das waren jetzt 15 Zusatzfragen zu diesem Komplex. Ich rufe jetzt die nächsten Fragen auf und fasse die Fragen 11 bis 15 und 17 und 18 zusammen. Die Fragesteller sind Frau Gote, Kollege Hartenstein, Frau Marianne Schieder, Frau Paulig, Herr Nentwig, Herr Leichtle und Herr Wörner.
Frage 11 von Frau Gote, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Werden die bayerischen Landesuntersuchungsämter den Elisa-Test auf Rinder-DNA für die Untersuchung von Mischfutter auf Tiermehl validieren, ab wann wird der Test gegebenenfalls eingesetzt werden und welche Untersuchungsdichte ist vorgesehen?
Frage 12 von Herrn Hartenstein, fraktionslos: Bis zu welchem Tag wurden in Bayern (unter Mitverwendung von) aus BSE-Risikomaterialien – insbesondere Hirnmasse aus Rindern – ohne die ansonsten geforderte
Sterilisation (20 Minuten lang anhaltendes Erhitzen auf 133 Grad Celsius bei 3 Bar Druck) Fette/Öle für die Lebensmittelindustrie hergestellt, auf welcher Rechtsbasis geschah dies und welche Initiativen hat die Staatsregierung gegebenenfalls ergriffen, um dieser menschenverachtenden Praxis ein Ende zu bereiten?
Frage 13 von Frau Marianne Schieder, SPD: Trifft es zu, dass bei Mineralfutter für Rinder Knochenmehl und Rinderkopfknochenmehl, bei dem die Hirnanteile nicht sauber herauszutrennen sind, verwendet wurden und wie hat die Staatsregierung darauf reagiert?
Frage 14 von Frau Paulig, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wie wurden Tierfette in Kälber-Milchaustauschern, in Kälberstartern und in Mitteln gegen Kälberdurchfall erhitzt bzw. behandelt, aus welchen Quellen kamen diese Tierfette und welche Firmen in Bayern haben diese Produkte (bitte Angabe mit Markennamen) vertrieben?
Frage 15 von Herrn Nentwig, SPD: Trifft es zu, dass sogenannte Knochensammler von der Verpflichtung zur Sterilisation von Schlachtabfällen befreit waren, wenn ja, bis wann und wie viele Fälle in Bayern hat dies betroffen?
Frage 17 von Herrn Leichtle, SPD: Wie beurteilt die Staatsregierung die Befreiung der sogenannten Knochensammler von der Verpflichtung zur Sterilisation von Schlachtabfällen und welche Initiativen hat sie ergriffen, um die Befreiung der sogenannten Knochensammler von der Verpflichtung zur Sterilisation von Schlachtabfällen abzustellen?
Frage 18 von Herrn Wörner, SPD: Wie beurteilt die Staatsregierung die Gefahren, die von einer Verarbeitung von Schlachtabfällen ohne Drucksterilisation ausgehen?
Staatsminister Sinner (Verbraucherschutzministe- rium) : Zunächst zur Frage von Frau Kollegin Gote nach den Elisa-Tests. An den Landesuntersuchungsämtern werden derzeit zwei verschiedene Elisa-Test-Verfahren angewandt, die im Zusammenhang mit dieser Frage von Interesse sind. Zum einen ist es ein Elisa-Test zum Nachweis der ordnungsgemäßen Erhitzung von Tiermehl. Der andere Elisa-Test dient der Tierartenbestimmung. Er wird unter anderem eingesetzt, um festzustellen, ob in Lebensmitteln wie zum Beispiel Wurstwaren Rinderprotein enthalten ist. Zur Prüfung, ob in Futtermitteln Tiermehl vorhanden ist, ist der Erhitzungstest ohnehin nicht geeignet. Der Test zur Tierartenbestimmung, also der Test, ob in der Wurst Rinderprotein enthalten ist, kann hier nicht angewandt werden. Warum? Bei der ordnungsgemäßen Erhitzung von Tiermehl unter Drucksterilisationsbedingungen – 133 Grad Celsius mit 3 Bar und 20 Minuten lang – werden die Eiweißstrukturen soweit zerstört, dass ein Nachweiß von tierischem Protein nicht