Werner Schieder

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Last Statements

Herr Kollege Strehle, wie kommen Sie dazu, jetzt zu meinen, dass der SPD-Antrag ein Schaufensterantrag sei? Sie haben dem Antrag im Haushaltsausschuss doch zugestimmt. Ich kann mir nicht vorstellen – wir kennen uns ja lange genug –, dass Sie einem Schaufensterantrag zustimmen würden. Irgendetwas kann da doch nicht stimmen.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Nachdem Kollege Sackmann bedauerlicherweise mir nicht genehmigt hat, eine Zwischenfrage zu stellen, möchte ich anlässlich meiner Wortmeldung die Gelegenheit nutzen, um ein Problem, das mich durchaus bewegt, aufklären zu helfen.
Das Sprichwort sagt, man solle keine Katze im Sack kaufen. In dem „schönen“ CSU-Antrag ist davon die Rede, dass die „Subventionen konsequent abgebaut“ werden sollen. Ich möchte von Ihnen, Herr Kollege Sackmann – oder von wem aus der CSU-Fraktion auch immer – gerne wissen, was Sie damit meinen. Es sagt sich leicht, dass man Subventionen abgebaut haben wolle. Als jemandem, der beispielsweise jahrelang den Agrarhaushalt im Haushaltsausschuss betreut hat und jetzt auch einige Jahre lang den Etat des Wirtschaftsministeriums, sind mir durchaus große Summen bekannt, die in den beiden Etats als Subventionen stecken. Das wird auch jährlich im Bericht der Staatsregierung dargestellt.
Bevor ich einem solchen Antrag zustimme, möchte ich wissen, was Sie meinen. Nur so kann man es den Leuten erklären; denn auch die Bürgerinnen und Bürger sagen gerne, dass Subventionen abgebaut werden müssten. Wenn man aber darauf hinweist, dass sie auch betroffen seien, dann sehen die Dinge anders aus. Um
es konkret zu machen, Herr Kollege Sackmann: Sagen Sie uns doch bitte, ob Sie meinen, dass die nicht geringen Summen für die regionale Wirtschaftsförderung für Unternehmen in Bayern davon betroffen sind.
Nun gut, ich will es nur wissen. Ich will Ihnen weder etwas einreden noch Ihnen einen Ratschlag erteilen. Ich möchte es nur gerne wissen.
Mindestens so sehr würde mich interessieren, ob Sie mit dem Abbau von Subventionen auch die Subventionen für die Landwirtschaft meinen.
Das ist einer der größten Bereiche. Mit meiner Fragestellung möchte ich darauf, ob die Subventionen berechtigt sind, gar nicht eingehen. Das wäre eine eigene Debatte.
Ich erkläre sie Ihnen gerne, wenn Sie sie wissen wollen.
Jetzt möchte ich aber erst, dass der Antragsteller, der locker sagt, er wolle den konsequenten Abbau der Subventionen betreiben, Ross und Reiter nennt.
Die Frage muss legitim sein. Ansonsten können Sie nicht verlangen, dass wir dem Antrag zustimmen. Eine Antwort ist Ihnen anheim gestellt. Sie können sich auch feige aus der Affäre ziehen und nichts sagen. Das ist Ihnen unbenommen.
Ich möchte von Ihnen wissen – ansonsten gibt es meinerseits keine Zustimmung zu dem Antrag –, ob Sie einen Bereich, der in Rede steht – zum Beispiel den Agrarbereich – damit meinen. Ich muss Ihnen die Zahlen im bayerischen Haushalt nicht schildern. Sagen Sie bitte, ob Sie auch diese Subventionen meinen oder ob Sie diese ausdrücklich ausschließen wollen.
Also soviel Ehrlichkeit und Klarheit muss ich schon noch, denke ich, von einem Haushaltspolitiker verlangen dürfen.
Herr Staatsminister, weil Sie gerade die internationalen Steuervergleiche angesprochen haben: Würden Sie bitte zur Kenntnis nehmen, dass die Bundesrepublik Deutschland, insbesondere nach den Steuerreformen der Bundesregierung seit 1998, bei den Ertragsteuern im unteren Bereich des internationalen Vergleichsmaßstabs liegt und beispielsweise insbesondere in den Vereinigten Staaten der Körperschaftsteuersatz bei 40% liegt, und zwar in einem System ohne jede Anrechnung, während er bei uns bei 25% ist, und in den Vereinigten Staaten auch der Spitzensteuersatz bei der vergleichbaren Einkommensteuer mit den Zuschlägen der Bundesländer in den Vereinigten Staaten bei 45% liegt; und würden Sie dann auch zur Kenntnis nehmen, dass die Erbschaft- und Vermögensteuer in allen vergleichbaren Ländern höher ist als in Deutschland; wenn Sie dazu noch zur Kenntnis nehmen, dass es in den Vereinigten Staaten 3,1% und in Deutschland 0,9% sind, in Kanada 3,9%, im Vereinigten Königreich 3,9%, würden Sie dann vielleicht einräumen, dass Ihre Aussagen
in dem Bereich völlig daneben liegen?
Herr Staatsminister, würden Sie mir auf meine konkrete Frage entweder eine konkrete Antwort geben oder aber einräumen, dass Sie in der Sache nur herumphilosophieren?
Herr Staatsminister, soll ich Ihre Kommentierung der Vorgehensweise des Landes Berlin so deuten, dass die Staatsregierung für den Freistaat Bayern im Bundesrat jedwede Veränderung einer Zuteilung von Länderkompetenzen, um die Besoldung nach unten führen zu können, ablehnen wird?
Herr Staatsminister, inwieweit ist die Staatsregierung bereit, in Wiesau im Landkreis Tirschenreuth ein Kompetenz- und Gründerzentrum für IT-Kommunikation und Datenverarbeitung aufzubauen, dies vor allem vor dem Hintergrund, dass in Wiesau einerseits mit entsprechenden Fachabteilungen bei der Staatlichen Berufsschule – z.B. die Abteilung IT-Berufe, die Berufsschule für kaufmännische Assistenten mit dem Schwerpunkt Datenverarbeitung – und den am gleichen Standort befindlichen EDV-Schulen des Landkreises – Berufsfachschule und Fachschule – andererseits bereits bedeutende Bausteine für ein Kompetenzzentrum bestehen und auch die nahegelegene Fachhochschule Weiden in ein solches Zentrum eingebunden werden könnte?
Herr Staatsminister, sind Sie denn bereit anzuerkennen, dass der Landkreis Tirschen
reuth wegen der besonderen Strukturschwäche und wegen der bisher im Wesentlichen ausgebliebenen Unterstützungen seitens der Staatsregierung
eine besondere strukturelle Unterstützung durch den Freistaat Bayern braucht?
Sind Sie auch bereit anzuerkennen, dass es eine Aufgabe des Freistaates Bayern wäre, angesichts der von mir schon genannten und vorhandenen Bausteine für ein Kompetenzzentrum zusammen mit dem Landkreis eine eigene Initiative zu entwickeln?
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Bitte Herr Staatsminister.
Darf ich aus Ihrer sehr kurzen, aber auch eindeutigen Antwort entnehmen, dass die Staatsregierung kein Interesse daran hat, die strukturellen Probleme im Landkreis Tirschenreuth zu lösen?
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Staatsminister.
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich finde, dass die Debatten heute Nachmittag im Plenum recht interessant und abwechslungsreich waren. Allerdings hat sich die CSU über lange Strecken hinweg geradezu neurotisch in die Themen der Bundespolitik hineingesteigert. Deswegen finde ich es gut, dass wir uns jetzt wieder den Hausaufgaben der bayerischen Landespolitik zuwenden. Hier wird sich zeigen, inwieweit Sie bei den Themen, in die Ihnen weder der Bund noch sonst jemand hineinredet, Ihre Hausaufgaben gemacht haben, so wie man das von Ihnen erwarten und verlangen kann.
Ich will mit einem Wort des Dankes beginnen. Vielleicht ist das etwas, was uns eint. Weil der Haushalt des Finanzministeriums ganz überwiegend ein Personalhaushalt ist, möchte ich mich herzlich bei den Beschäftigten der Steuerverwaltung, der Schlösser- und Seenverwaltung, der Vermessungsverwaltung und der Lotterieverwaltung bedanken. Das sind alles Verwaltungen, die Geld in den Haushalt einbringen. Ich denke, die Beschäftigten haben unseren Dank verdient. Sie arbeiten nicht immer unter einfachen Bedingungen.
Ich glaube, einen besonderen Dank haben die Beschäftigten der Steuerverwaltung verdient; denn soweit die bayerische Steuerverwaltung überhaupt noch einigermaßen funktioniert, ist das den Beschäftigten zu verdanken und leider nicht dem Finanzminister.
Das ist der Grund, warum wir uns heute etwas intensiver mit den Problemen der Steuerverwaltung beschäftigen müssen.
Der Haushaltsausschuss hat sich in den letzten Jahren mehrfach mit den Problemen der Steuerverwaltung beschäftigt. Der Rechnungshof hat in den letzten Jahren mehrmals eklatante Mängel aufgezeigt und die massiven Steueraußenstände und die Bearbeitungslücken angeprangert. Auch wir haben wiederholt verbesserte personelle Bedingungen bei den Finanzämtern gefordert. Leider muss man aber heute feststellen, dass sich die Lage bei den Finanzämtern in den letzten Jahren im Großen und Ganzen nicht verbessert, sondern weiter verschlechtert hat. Noch nie war die Zahl der Beschwerden, die die Beschäftigten und ihre Vertretungen inzwischen auch in der Öffentlichkeit äußern, so groß wie heute. Noch nie gab es so viele Petitionen von Beschäftigten und ihren Vertretungen im Haushaltsausschuss, die sich händeringend an den Bayerischen Landtag wenden und dringend darum bitten, ihre Lage endlich zu verbessern. Das ist die Situation, die wir zu verzeichnen haben.
Für diesen Zustand – oder besser gesagt: diesen Notstand – in der bayerischen Steuerverwaltung tragen Sie, Herr Finanzminister Prof. Dr. Faltlhauser, die Verantwortung. Sie haben auf jede Kritik des Rechnungshofs und auf jede Kritik unsererseits in den vergangenen Jahren – ich darf hier beispielsweise an die skandalöse Unterausstattung bei der Betriebsprüfung und der Steuerfahn
dung erinnern – immer hektisch mit dem Stopfen von Löchern geantwortet. Gleichzeitig haben Sie immer neue Löcher aufgerissen. Anstatt gerade jene Verwaltung, die überhaupt erst die Einnahmen für den Haushalt organisiert, besonders leistungsfähig zu machen – das wäre gerade in Zeiten knapper Finanzmittel eine prioritäre Aufgabe –, fällt Ihnen, Herr Staatsminister, nichts anderes ein als weiterer Personalabbau und das Festhalten an einer leistungsfeindlichen Besoldungsstruktur. Auf beide Punkte komme ich gleich zurück.
Ich will an dieser Stelle vorausschicken: Die unvermeidliche Folge einer solchen Politik sind Arbeitsüberlastung und ein inzwischen riesiger Beförderungsstau. Diese Linie setzen Sie leider auch im Doppelhaushalt 2003/2004 fort. Sie zeigen damit, dass Sie die Lage der bayerischen Steuerverwaltung und die Lage bei den Finanzämtern völlig verkennen. Deswegen fühlen sich die bayerischen Steuerbeamten von der Staatsregierung zu Recht im Stich gelassen.
Das ist nicht nur eine Behauptung von mir, sondern das zeigt auch eine vom Finanzministerium veranlasste große Umfrage, bei der einerseits den bayerischen Steuerbeamten von den Steuerzahlern Bestnoten für Kompetenz und Kundenfreundlichkeit erteilt werden und andererseits von den Beschäftigten der Finanzämter dem bayerischen Finanzminister schlechteste Noten gegeben werden. Die Mitarbeiter sind unzufrieden und frustriert. Die Zufriedenheit der Beamten ging in den letzten Jahren stark zurück. Dafür muss es wohl Gründe geben.
Meine Damen und Herren, ich will aus einer Vielzahl von Artikeln, die gerade in den letzten Monaten zu lesen waren, beispielhaft nur eine Pressestimme zitieren. In meiner Heimatzeitung war vor nicht allzu langer Zeit Folgendes zu lesen. Ich zitiere:
Überalterung, Arbeitsbelastung und Beförderungsstau: Tacheles redete Personalratsvorsitzender Johann Ott bei der Amtseinführung von Günther Eschenbacher. Bei ständig weniger Personal würden die Strukturen auf den Kopf gestellt; aus Zeitnot und angesichts enormer Fallbelastungen könnten oftmals keine steuerlichen Beanstandungen mehr erfolgen. Ott: Die Steuerbelastung kann deshalb nicht so festgesetzt werden, wie vom Gesetzgeber gefordert. Die Finanzverwaltung ist auf keinem guten Weg. Wir
er meint die Beschäftigten der Finanzämter
stellen uns unsere Arbeit anders vor, nämlich mit genügend Zeit, um steuerlich relevante Punkte aufzuklären, sagte Ott, der negative Auswirkungen sowohl auf die Steuergerechtigkeit als auch auf das Steueraufkommen befürchtet.
Soweit das Zitat. Ich glaube, dieser Personalratsvorsitzende hat die Situation sehr gut erkannt und die Probleme richtig formuliert. Seine Äußerung zeigt im Übrigen auch den nach wie vor vorhandenen ungeheueren Idealismus der Beschäftigten bei den Finanzämtern,
denen es nicht einfach darum geht, irgendeine Arbeit zu tun, sondern darum, ihre Pflicht im Sinne der Einnahmen für den Staat zu erfüllen und Steuergerechtigkeit herzustellen.
Genau das ist der Punkt: Uns, der SPD-Fraktion, geht es sicher auch um die Belange der Beschäftigten. Aber viel entscheidender sind für uns andere Gesichtspunkte. Wir sollten im Landtag bei den Haushaltsberatungen alle Weichen dafür stellen, dass die gesetzlich vorgeschriebenen Steuern tatsächlich bezahlt werden. Dass diese steuerlichen Mehreinnahmen dringend gebraucht werden, kann doch heute niemand ernstlich bestreiten.
Genauso wichtig ist für uns und war für uns immer die Frage der Steuergerechtigkeit.
Wenn gerade in Bayern die Menschen zunehmend den Eindruck haben, der ehrliche Steuerbürger sei der Dumme, dann müsste doch eigentlich für den Finanzminister Feuer auf dem Dach sein. Dann müsste er doch eigentlich handeln.
Wenn die Lage so ist, dann muss man sich doch auch nicht wundern, wenn in immer größerem Umfang falsche Erklärungen gegenüber dem Finanzamt gemacht werden. Das hat dann mit rechtstaatlichen Verhältnissen nichts mehr zu tun. Einer der obersten Grundsätze ist die Gleichmäßigkeit der Besteuerung nach Maßgabe der Gesetze. So steht es im steuerlichen Grundgesetz, der Abgabenordnung. Von diesem Grundsatz sind wir, Herr Staatsminister, in Bayern meilenweit entfernt. Das ist die Lage.
Hier plädiert niemand dafür – damit ich hier nicht missverstanden werde –, jede Steuererklärung akribisch bis aufs Letzte zu durchleuchten. Dafür plädiere ich nicht. Aber ein ordentliches Normalmaß, das Steuergerechtigkeit und Gesetzmäßigkeit der Verwaltung beachtet, muss auch in der Zukunft gewährleistet werden.
Ich komme zurück zur Frage des Personalmangels. Nach Ihren eigenen Angaben, Herr Staatsminister, die Sie mir in Form einer Antwort auf eine schriftliche Anfrage gegeben haben, klafft bei den bayerischen Finanzämtern zwischen der nach bundeseinheitlichen Kriterien durchgeführten Personalbedarfsberechnung und dem Personal-Ist eine Lücke von 1700 Stellen bei einer Gesamtbeschäftigtenzahl von etwa 18000 Personen. Das Interessante ist, dass diese Lücke in den letzten Jahren immer größer geworden ist. Ich behaupte gar nicht, wir müssten die Personalbedarfsberechnung akribisch umsetzen, weil sie – das gebe ich gerne zu – eine ideale Wunschbesetzung ausdrückt. Es lässt sich aber nicht mehr bestreiten, dass diese Lücke groß ist, weiter wächst und wir einen deutlichen Personalfehlbestand haben.
Sie bauen in diesem Doppelhaushalt 2003/2004 weitere Stellen ab, obwohl in den letzten fünf Jahren schon fast 1000 Stellen abgebaut worden sind. Man muss auch
sehen, dass in dieser von mir zitierten Personalbedarfsrechnung neue Aufgaben für die Finanzämter noch gar nicht eingerechnet sind, beispielsweise die Bauabzugsteuer und der Kosten-Leistungs-Vergleich, den Sie, Herr Staatsminister, zunächst in einem Pilotversuch bei einigen Finanzämtern und dann generell einführen wollen und werden. Mir ist von den Finanzamtsvorstehern gesagt worden, dass allein die Durchführung dieses Kosten-Leistungs-Vergleichs – ich will mich gar nicht darüber streiten, ob das eine sinnvolle Maßnahme ist oder nicht; Sie führen sie jedenfalls ein – bei jedem Amt durchschnittlich zwei Vollzeitarbeitskräfte bindet. Das sind bei 110 Ämtern in Bayern 220 Personen, die alleine für Ihren Kosten-Leistungs-Vergleich gebunden werden. Sagen Sie mir doch einmal, wie die Finanzämter in der Lage sein sollen, diese zusätzliche Aufgabe, die Sie ihnen zuschieben wollen, zu bewerkstelligen.
Herr Staatsminister, die Steuerabteilung des Finanzministeriums, das zuständige Personalreferat und das Organisationsreferat haben für diesen Haushalt 500 Stellen zusätzlich für die Finanzämter angefordert, und zwar als Minimum, damit der Laden überhaupt noch funktioniert. Sie sind aber an der Haushaltsabteilung bzw. an Ihnen, Herr Staatsminister, gescheitert. Es gibt keine neuen Stellen, sondern 100 weniger.
Ich finde, dass wir in Bayern bei der Staatsregierung ein Problem haben: Wir haben einen Finanzminister, der für die Steuerverwaltung und für den Haushalt zuständig ist. Das Problem ist, dass sich dieser Finanzminister leider nur als Haushaltsminister und nicht auch als Minister für die Steuerverwaltung versteht. Wir brauchen hier in Bayern einen Finanzminister, der sich auch als Minister für die Steuerverwaltung begreift und für deren Probleme ein Mindestmaß an Sensibilität aufbringt. Das ist leider nicht der Fall.
Jeder muss – auch Sie, Herr Staatsminister, sowie Sie, Herr Kollege Sackmann, müssen das tun – registrieren, dass die Fallzahlen bei den Finanzämtern in den letzten Jahren enorm angestiegen sind. Vollstreckungsfallzahlen plus 20 Prozent, Körperschaftsteuerfälle plus 21 Prozent; die Aufzählung ließe sich fortsetzen.
Was machen jetzt die Finanzämter angesichts dieser wachsenden Arbeitsflut, die nun einmal gegeben ist, ob einem das gefällt oder nicht? Auch die Steuergesetzgebung ist nicht einfacher geworden; das gefällt mir auch nicht, ich gebe es gerne zu. Das ist aber ein Faktum. Wir können uns über das Problem unterhalten, aber die Leute, die in den Ämtern arbeiten, stehen vor diesem Problem. Man kann die Probleme auch nicht wegdrücken. Wie helfen sich nun die Finanzämter?
Die Finanzämter helfen sich angesichts dieser Arbeitsüberlastung noch mehr als bisher schon, mit Abhaken und Abschreiben. Angesichts dieser Lage sind auch die steigenden Fehlerquoten, die der Rechnungshof laufend und zunehmend moniert, keine wundersame Erscheinung, sondern die notwendige Folge dieser Problematik.
Jetzt hören Sie einmal gut zu: Trotz dieses massiven und gesteigerten Abhakens und Abschreibens steht Bayern bei der bundesweiten Statistik über den Fortgang der Veranlagungsarbeiten hinten. Sollten Sie es nicht verstanden haben: Bayern ist nicht vorn, sondern hinten. Das zeigt doch: Die Probleme liegen auf der Hand.
Ich sage Ihnen noch etwas: Neben der gestiegenen Arbeitsbelastung gibt es noch einen anderen Grund, warum das nicht mehr funktioniert. Sie haben 1997 bei Arthur Andersen ein Organisationsgutachten in Auftrag gegeben. Dieses Gutachten hat 2 Millionen gekostet. Interessant ist auch: Der Minister hat mehrmals erklärt, dass die meisten Anregungen in diesem Gutachten für bessere Organisationsabläufe von den Beschäftigten selber kamen. Warum man dann 2 Millionen für ein Gutachten gebraucht hat, lasse ich einmal dahin gestellt. Dieses Gutachten ist jedenfalls die Grundlage dafür, dass Sie in den letzten Jahren Personal abgebaut haben.
Eine wesentliche Voraussetzung dieses Gutachtens, wonach man 900 Stellen abbauen könne, war die Annahme, dass es bei den Finanzämtern Zug um Zug eine völlig neue EDV-Welt mit einer allumfassenden EDV-gestützten Überprüfung der Steuererklärungen geben sollte. Nur hat sich diese Annahme leider nie erfüllt. Diese schöne EDV-Welt existiert vielleicht in den Köpfen einiger, die sie haben wollen, aber in der Praxis gibt es sie nicht. Warum existiert sie nicht? Weil beispielsweise allein 30 Programmierer fehlen, die die Programme schaffen, damit das Ganze ein Mindestmaß an Funktionsfähigkeit aufweist. Diese EDV-Welt gibt es nicht. Ich leugne nicht, dass Sie bei den Finanzämtern in Bezug auf EDV-Ausstattung in den letzten Jahren Anschaffungen getätigt haben – das ist auch gut so –, aber es ist ein großer Unterschied zwischen einem PC und einem funktionierenden Programm. In den Finanzämtern funktioniert es eben nicht, weil es diese neue EDV-Welt nicht gibt; jedenfalls nicht die, die das Organisationsgutachten damals als Grundlage angenommen hat. Deshalb gibt es keine Rechtfertigung für den Personalabbau und deswegen funktioniert auch die ganze Sache nicht.
Sie müssen zur Kenntnis nehmen, Herr Staatsminister: Es mag Gründe dafür geben, dass das nicht funktioniert hat. Einen habe ich ja genannt, nämlich den, dass Sie viel zu wenig Programmierer eingesetzt haben; das haben Ihnen auch die Steuerabteilung und die Organisationsabteilung sicher schon mehrmals gesagt. Die Probleme sind da und Sie, Herr Staatsminister, müssten die Probleme eigentlich kennen. Darf ich Sie einmal daran erinnern – es ist noch nicht so lange her –, dass Ihnen auf der Tagung der nordbayerischen Finanzamtsvorsteher im Frühjahr in Rötz der Sprecher der nordbayerischen Finanzamtsvorsteher in aller Eindringlichkeit die Lage der Finanzämter klargemacht und Ihnen deutlich gemacht hat, dass die Finanzämter – insbesondere die in den größeren Städten – vor dem Kollaps stehen, wenn Sie nicht endlich etwas tun.
Das nehmen Sie anscheinend nicht zur Kenntnis. Sie haben das ungern gehört und verdrängen diese Probleme, anstatt sie zu lösen, Herr Staatsminister.
Wir fordern in diesem Doppelhaushalt 400 zusätzliche Stellen für die Steuerverwaltung. Sie haben gesagt, es sei für weitere Stellen kein Geld vorhanden. Dieses Argument geht aber im Fall der Steuerverwaltung ins Leere. Wir gehen nicht davon aus, dass diese 400 zusätzlichen Stellen den Haushalt belasten. Wir sind im Gegenteil davon überzeugt, dass diese Stellen nicht nur sich selbst finanzieren, sondern zusätzliche Steuernahmen einbringen.
Jeder, der sich mit dieser Thematik beschäftigt hat, weiß, dass der Außendienst zusätzliches Geld bringt. Jeder Umsatzsteuersonderprüfer bringt im Jahr 1,2 Millionen e, jeder Betriebsprüfer eine halbe Million e und jeder Fahnder annähernd 1 Million e. Diese Personengruppen finanzieren sich doch selbst. Gerade in den letzten fünf Jahren, in denen die Betriebsprüfung aufgestockt worden ist, wird dies bestätigt. Wir haben eine rasante Zunahme der Prüfungs-Mehrergebnisse, weil die Zahl der Betriebsprüfer erhöht worden ist. Dies geschah allerdings auf Kosten des Innendienstes, weswegen dieser nicht mehr richtig funktioniert.
Neuere Untersuchungen, die früher nicht zur Verfügung standen, belegen, dass sich auch der Innendienst selbst trägt. Dazu hat im Frühjahr oder Sommer der Rechnungshof von Baden-Württemberg eine interessante Studie vorgelegt. Darin hat er festgestellt, dass erhebliche Mehreinnahmen zu erzielen sind, wenn die Steuererklärungen in einem gewissen Mindestumfang, den ich vorhin geschildert habe, überprüft werden. Und auch der Pilotversuch bei den Finanzämtern zum Kosten-Leistungs-Vergleich kommt zu einem ähnlichen Ergebnis. Bisher haben Sie uns diese Zahlen vorenthalten, und Sie werden wissen, warum. Mir ist aber trotzdem bekannt geworden, wie sich die Lage darstellt. Es ist interessant zu erfahren, dass auch im Innendienst innerhalb der Steuerveranlagung trotz der gegenwärtigen Situation zusätzliche Steuereinnahmen erzielt werden. Aus diesen Erkenntnissen sollte man auch bei den Haushaltsberatungen Konsequenzen ziehen und die Stellen einsetzen, damit wir wieder eine funktionsfähige Steuerverwaltung bekommen.
Ich möchte mich nun der leistungsgerechten Besoldung zuwenden. Der Finanzminister hat mir mitgeteilt, dass 6000 Beschäftigte – ich habe vorhin gesagt, dass wir 18000 Beschäftigte haben – seit Jahren, viele davon schon seit vielen Jahren, auf die längst überfällige Beförderung warten. Wenn es so weitergeht, werden viele von denen bis zum Erreichen der Altersgrenze nicht mehr befördert werden können. Das sind aber nicht Leute, die irgendeine beliebige Arbeit machen und befördert werden sollen, sondern es geht um etwas anderes. In der Steuerverwaltung sind die meisten Arbeitsplätze einer sogenannten Dienstpostenbewertung unterzogen. Das heißt, dass die Arbeitsplätze genau beschrieben sind und festgelegt, welcher Besoldungsstufe sie zuzuordnen sind. Und da gibt es recht interessante Ergebnisse.
Zunächst einmal stellen wir beim mittleren Dienst fest, dass bei der Arbeitsplatzbewertung – das betrifft die Leistungs- und Qualitätsanforderungen – Stellen zugewiesen sind, aber eine ungeheuer große Lücke zwischen der Besoldung nach den zugewiesenen Dienst
posten und der tatsächlichen Ausweisung klafft. Im mittleren Dienst sind allein 2000 Leute auf Dienstposten nach A 9 oder A 9Z eingesetzt, sie werden aber nicht nach diesen Besoldungsstufen bezahlt, sondern sie bekommen weniger. Ich frage Sie, Herr Staatsminister, was das mit einer leistungsgerechten Besoldung zu tun hat.
Ein ähnliches Bild ergibt sich beim gehobenen Dienst. Da werden Dienstposten bewertet, Leistungskriterien aufgestellt und beispielsweise eine Bewertung nach A 12 oder A 13 vorgenommen. Bezahlt wird der Mitarbeiter aber nach A 10 oder nach A 11. Das hat mit einer leistungsgerechten Besoldung nichts zu tun. Hier besteht Handlungsbedarf.
Ich darf das Hohe Haus darauf hinweisen, dass der Haushaltsausschuss – ich bin seit 1990 im Landtag, – schon mehrmals Vierjahrespläne beschlossen hat, damit die leistungsgerechte Besoldungsstruktur hergestellt wird und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entsprechend ihrer bewerteten Arbeit bezahlt werden. Das Problem ist aber, dass diese Vierjahrespläne alle nach zwei Jahren gestoppt worden sind. Sie und ihre Vorgänger haben schon mehrmals versprochen, dass das Problem endlich gelöst wird. Zum letzten Mal haben Sie vor zwei Jahren bei der Beratung des Doppelhaushalts 2001/2002 versprochen, dass das im kommenden Doppelhaushalt zu 100% eingelöst wird. Jetzt sind wir wieder meilenweit davon entfernt.
Wer über Jahre hinweg solche Versprechen abgibt und sie nicht einlöst, der hat im Übrigen auch keine Legitimation, sich einen ganzen Nachmittag lang über angebliche Versprechen der Bundesregierung zu beschweren, die angeblich nicht eingelöst worden sind. Lösen Sie erst einmal Ihre eigenen Versprechen ein.
Nordrhein-Westfalen muss im Vergleich zu Bayern geradezu ein El Dorado für die Steuerbeamten sein. Von den Beschäftigten des mittleren Dienstes in Nordrhein-Westfalen sind 59% in den Spitzenämtern entsprechend der Dienstpostenbewertung angesiedelt. Jetzt raten Sie einmal, wie die Lage in Bayern ist. In Bayern sind es knapp 33%. Bayern ist nicht vorne, sondern Bayern ist hinten. Wenn Sie sich einmal ein Beispiel an Nordrhein-Westfalen in Bezug auf die leistungsgerechte Besoldung der Steuerbeamten nähmen, dann wären wir in Bayern einen erheblichen Schritt weiter.
Die relativ wenigen Stellenhebungen, die Sie jetzt durchführen, sind weit von der Erfüllung des Plans entfernt. Es handelt sich um eine Mogelpackung. Denn die Beschäftigten müssen diese Stellenhebungen durch Verzicht auf verschiedene Besoldungsbestandteile an anderer Stelle selber bezahlen. Das halten wir angesichts der Lage, dass die Beschäftigten der Finanzämter ohnehin schon von ihrem Arbeitgeber enttäuscht sind, nicht für den richtigen Weg. Sie sollten deswegen einen Blick in unseren Antrag werfen und das anders machen.
Ich fasse zusammen: Eine leistungsgerechte Bezahlung und eine verbesserte Personalausstattung könnten die
bayerische Steuerverwaltung wieder auf einen guten Weg bringen. Das wäre auch ein Beitrag, Einnahmen für den öffentlichen Haushalt zu sichern. Das ist in der jetzigen Zeit notwendig und wichtig, und es wäre auch ein Beitrag dazu, dass es wieder mehr Steuergerechtigkeit gibt. Das ist für uns ein hohes Gut. Noch, meine Damen und Herren, hätten Sie bei den Beratungen des Einzelplans eine Chance, die bayerische Steuerverwaltung wieder auf einen guten Weg zu bringen. Deshalb bitte ich Sie, unseren Anträgen zuzustimmen.
Herr Kollege, weil Sie gerade von Schwerpunkten in der Steuerfestsetzung sprechen: Würden Sie bitte zur Kenntnis nehmen, dass gerade die Einkommensteuererklärungen der Arbeitnehmer, was Belege und Nachweise anbelangt, besonders genau geprüft werden, während bei den Selbstständigen das Allermeiste abgeschrieben wird?
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Fall Maxhütte ist insofern ein außergewöhnlicher Sonderfall, als es das einzige Stahlwerk in Bayern ist und es die Staatsregierung trotz jahrelanger Bemühungen nicht verstanden hat, diesen einzigen Stahlstandort in Bayern zu sichern. Nach dem Aus der Maxhütte ist sie mit ihrem Vorhaben ganz eindeutig gescheitert.
Der Sonderfall Maxhütte besteht auch darin, dass es sich nicht um irgendein Unternehmen handelt, für das die Staatsregierung mit ihren Sanierungsbemühungen als Moderator auftritt und versucht, das Unternehmen zu stützen, sondern der Freistaat Bayern ist Mitgesellschafter und damit Mitunternehmer der Maxhütte und deswegen in ganz herausragender und exponierter Verantwortung. Dieser Verantwortung ist die Staatsregierung nicht gerecht geworden.
Ich will die vielfältigen Bemühungen des Freistaates Bayern, des Haushaltsausschusses und der Staatsregierung durchaus anerkennen, denn es ist nicht wenig Geld bereitgestellt worden. Trotzdem muss sich die Staatsregierung kritische Fragen gefallen lassen. Ich will dazu zwei Punkte nennen:
Das Erste ist Folgendes, meine Damen und Herren! Warum ist das Projekt letztendlich gescheitert? – Man könnte viele Dinge als objektiven Hintergrund aufzählen. Vieles mag durchaus korrekt sein. Entscheidend ist aber Folgendes: Unseres Erachtens nach war der entscheidende Fehler, dass der Eigner der Lech-Stahlwerke, Herr Aicher, von der Staatsregierung als Mitgesellschafter in das Boot genommen worden ist. Diese strategische Weichenstellung war falsch, das war der entscheidende Fehler,
denn dieser Mitunternehmer hatte, was von Anfang an erkennbar war, kein Interesse an der Fortführung und dem Wiederaufbau der Maxhütte, sondern er hat nur egoistische Eigeninteressen vertreten. Dafür trägt die Staatsregierung eindeutig die Verantwortung.
Das Zweite in dem Zusammenhang ist Folgendes: Hier wurde schon kurz erwähnt, dass der Ministerpräsident im März 2000 nicht irgendwo, sondern Aug‚ in Aug‚ mit
der Belegschaft der Maxhütte vor Ort eindeutige Erklärungen abgegeben hat. Diese lauteten: Jetzt haben wir eine Lösung. Die Lösung heißt E-Ofen. Die Maxhütte hat Zukunft. Die Maxhütte werde jetzt vom Ministerpräsidenten zur Chefsache gemacht und erklärt, das Unternehmen werde deshalb erfolgreich sein.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, vor diesem Hintergrund ist das jetzige eindeutige Aus der Maxhütte eine riesengroße Blamage für den Ministerpräsidenten.
Eigentlich kann man nur eine Schlussfolgerung daraus ziehen: Einer Sache kann nichts Schlimmeres passieren, als dass sie der Ministerpräsident zur Chefsache erklärt.
Meine Damen und Herren, die Schließung der Maxhütte ist zweifelsohne ein außerordentlicher wirtschaftlicher Schock für die gesamte Region und die Oberpfalz insgesamt. Es geht nicht nur um die 850 betroffenen Arbeitnehmer, sondern auch um die Zulieferer und Handwerker. Wegen der wirtschaftlichen Verflechtungen sind es weit über 2000 Arbeitnehmer, die betroffen sein werden.
Das ist umso dramatischer, als im Gegensatz zu Ihrer Schönrednerei, Herr Kollege Sackmann oder wer auch immer das vorgetragen hat, von einer Aufsteigerregion Oberpfalz nicht die Rede sein kann und insbesondere die nördliche Oberpfalz eine der strukturschwächsten Regionen in Bayern ist. Das muss einmal festgehalten werden. Ich weiß, dass Sie in der Oberpfalz zu Hause sind. Ich weiß aber nicht, ob Sie überhaupt noch ein Gefühl dafür haben, was die Menschen in dieser Region, insbesondere in den von mir angesprochenen Teilen, denken und vor welch ungeheuren Schwierigkeiten bezüglich der Arbeitsplätze, Ausbildungsplätze usw. diese Menschen stehen.
Ich verweise noch kurz auf den Dringlichkeitsantrag der SPD und bitte Sie, diesen Antrag zu unterstützen. Es ist völlig klar, dass wir zunächst einmal soziale Auffanglösungen unter anderem in Form von Beschäftigungsgesellschaften fordern. Das muss der Freistaat Bayern finanziell unterstützen und sichern. Es ist notwendig, dass der Abbau der Industrieanlagen mit Ausnahme der Teile, die z. B. unter Denkmalschutz stehen, und der Rückbau des Geländes einschließlich der Altlastenbeseitigung zügig vonstatten gehen. Denn es kommt darauf an, das Gelände frei zu machen, um neue Möglichkeiten zu schaffen.
Die Sanierung des Schlackenbergs wird wahrscheinlich die Aufgabe einer ganzen Generation sein. Diese Sanierung muss der Freistaat Bayern als Eigentümer und unter eigener Regie durchführen. Es wäre völlig verkehrt, dies einem anderen zu übereignen, auch nicht einer Gebietskörperschaft. Dann geht es nämlich mit Genehmigungen usw. hin und her. Der Freistaat Bayern
muss unbürokratisch und auf direktem Wege seine Verantwortung übernehmen.
Meine Damen und Herren, sehr wichtig ist für uns Folgendes: Die Stadt Sulzbach-Rosenberg und der Landkreis Amberg-Sulzbach sind an die Grenzen der finanziellen Belastbarkeit gelangt. Herr Kollege Sackmann, auch das sollten Sie sich einmal bei Ihrem – entschuldigen Sie, wenn ich das sage – blöden Gerede von der Aufsteigerregion vor Augen halten.
Die Gebietskörperschaften stehen vor enormen finanziellen Problemen. Die Stadt Sulzbach-Rosenberg hat eine Verschuldung pro Einwohner von 2500 e. Das ist die Grenze der Belastbarkeit. Diese Verschuldung resultiert nicht daraus, dass die Stadt schlecht gewirtschaftet hätte, sondern weil sie in der Vergangenheit ungeheure Mittel für begleitende Maßnahmen im Zusammenhang mit der Maxhütte aufgewendet hat.
Ein Sonderprogramm ist für die Region notwendig, um einen neuen Technologie- und Industriepark zu schaffen, um neue Arbeitsplätze zu schaffen und zukunftssichere Unternehmen anzusiedeln. Gleichzeitig ist erforderlich, die gesamte Region 6 in ein Aufbau- und Förderprogramm einzubinden. Das muss die Staatsregierung leisten, und solange Sie keine Sensibilität für die Probleme dieser Region zeigen, werden Sie diese Aufgabe nicht sachgerecht lösen können.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Dass die CSU heute die Kommunalfinanzen zum Thema der Aktuellen Stunde macht, finde ich gut; denn Kommunalfinanzen sind ein prekäres, aktuelles und auch ein problematisches Thema. Dass die CSU heute versucht, das Problem der schwierigen Kommunalfinanzen auf den Bund abzuwälzen, finde ich schäbig;
denn eine Partei, welche die kommunale Steuerkraft in den letzten Jahrzehnten so ausgehöhlt hat wie die CSU, wer die Gewerbekapitalsteuer als eine verlässliche Größe der kommunalen Einnahmen abgeschafft hat, wer heute darüber diskutiert, auch die Gewerbesteuer abzuschaffen, wohl wissend, dass es einen angemessenen Ausgleich dafür nicht geben wird, wer so handelt und diskutiert, der hat jede innere Legitimität verloren, die Bundesregierung zu kritisieren.
Ich will das wirklich noch einmal dezidiert sagen. Wer war es denn, der die Gewerbekapitalsteuer abgeschafft hat? – Herr Kollege Ach, ich erinnere Sie an unsere Debatten im Haushaltsausschuss, in denen ich heftig gegen Ihre Vorstellungen eingetreten bin. Sie haben heute gesagt, die Gewerbesteuer sei keine verlässliche Größe mehr. Wie wahr! Aber diese Aussage beinhaltet auch, dass die Gewerbesteuer einmal eine verlässliche Größe war. Wir haben Ihnen in den Debatten damals gesagt: Wenn Sie die Gewerbekapitalsteuer abschaffen, dann bedeutet das, dass die Gewerbesteuer in einer Weise konjunkturreagibel wird und dass das für die Gemeinden die größten Probleme mit sich bringen wird. Diese Lage haben wir heute.
Deshalb finde ich es eine ziemliche Frechheit – entschuldigen Sie diesen Ausdruck –, wenn Sie sich jetzt hier hinstellen und so tun, als hätten Sie mit der ganzen Geschichte nichts zu tun. Sie haben die Gewerbekapitalsteuer abgeschafft. Heute sehen Sie die Folgen und beschweren sich auch darüber. Das nenne ich den Gipfel der christlichen Scheinheiligkeit.
Dann haben wir hier – das möchte ich auch noch kurz einflechten – einen Antrag der GRÜNEN. Der Antrag der GRÜNEN fordert doch allen Ernstes, wenn man das einmal in der Summe nimmt, dass die Staatsregierung aufgefordert wird, die grüne Politik in der rot-grünen Koalition in Berlin durchzusetzen. Wenn das eine der Gipfel der christlichen Scheinheiligkeit ist, dann nenne ich Letzteres den Gipfel der grünen Naivität.
Ich halte mich lieber an das Wort, das Herr Kollege Dinglreiter zitiert hat. Er hat nämlich gesagt, hilfreich wäre ein Blick auf die ungetrübte Realität. Das finde ich auch. Was ist denn die ungetrübte Realität und die Grundlage all dieser Debatten um Kommunalfinanzen? – Die Grundlage dafür ist – und daran führt kein Weg vorbei –, dass verantwortlich für die Finanzausstattung der Kommunen die Bundesländer sind. Das ist der Kern unserer Finanzverfassung in der Bundesrepublik Deutschland.
Sie tragen die Verantwortung in Bayern für die Finanzausstattung der bayerischen Kommunen. In diesem Zusammenhang will ich noch einmal betonen, meine Damen und Herren von der CSU: Wer selbst im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werden. Wer so wie Sie den kommunalen Finanzausgleich in Bayern in den letzten zehn Jahren ausgezehrt und ausgehöhlt hat, dem fehlt jede innere Legitimität, die Bundesregierung zu kritisieren.
Ich will Ihnen dazu in der kurzen Zeit einige wenige Zahlen nennen. Der kommunale Finanzausgleich ist der Kern. Schauen Sie sich die Neunzigerjahre bis heute an. Das Haushaltsvolumen des Freistaates Bayern ist in dieser Zeit um 37% gestiegen. Die Leistungen im kommunalen Finanzausgleich, Freistaat Bayern an die bayerischen Kommunen, sind im gleichen Zeitraum nur um 28% gestiegen. Die Leistungen an die Kommunen neben dem Finanzausgleich, also andere Zuschüsse, sind in dieser Zeit nur um 20% gestiegen. Hier sehen Sie doch, dass sich die Schere zwischen der Haushaltsentwicklung des Freistaates einerseits und der Haushaltsentwicklung der Kommunen in Bayern andererseits notwendigerweise zu Lasten der Kommunen auseinander entwickeln muss. Dafür tragen Sie die Verantwortung.
Das Problem wird auch bei einem anderen Vergleich deutlich.
Die einheitlichen Bundesstatistiken zeigen, dass der Freistaat Bayern seine Verschuldung in den Neunzigerjahren um 26% erhöht hat, aber die bayerischen Kommunen ihre Verschuldung in
der gleichen Zeit um fast 50% erhöhen mussten. Diese Zahl zeigt deutlich, dass Sie die Schuldenlast der Gesamtverantwortung Freistaat Bayern und Kommunen eindeutig auf die bayerischen Kommunen abgewälzt haben. Sie haben Ihren Haushalt auf Kosten der Kommunen saniert.
Das ist ein längerfristiges Problem, das Sie zu verantworten haben. Natürlich wird das in einer prekären Konjunkturlage noch schwieriger. Ich empfehle Ihnen, dass Sie zuerst einmal Ihre Hausaufgaben machen.
Herr Staatsminister, bezüglich der künftigen Abwasserbeseitigung für die Ortsteile Schurbach und Kössain der Stadt Waldershof im Landkreis Tirschenreuth frage ich die Staatsregierung, ob und mit welchem Ergebnis die Errichtung einer eigenständigen und ortsnahen Entsorgungsanlage anstelle eines Anschlusses der Ortsteile an die zentrale Kanalisation vor allem unter Berücksichtigung der entstehenden Kosten geprüft wurde und mit welchen Gründen der dem zuständigen Wasserwirtschaftsamt bekannten Argumentation der Interessengemeinschaft „Preiswerte Abwasserentsorgung Schurbach“ nicht gefolgt wird.
Vor dem Hintergrund, dass für die Bauwirtschaft die öffentlichen Aufträge eine enorme Bedeutung haben und dass zwei Drittel dieser öffentlichen Aufträge von den Kommunen kommen, frage ich Sie, ob Sie mit mir übereinstimmen, dass die kommunale Finanzkraft ein ganz ausschlaggebender Faktor dafür ist, dass die Bauwirtschaft gerade in den strukturschwachen Regionen gut floriert.
In diesem Zusammenhang frage ich Sie, ob nicht der unterfinanzierte kommunale Finanzausgleich in Bayern und der Umstand, dass der Freistaat Bayern seinen Haushalt ganz wesentlich auf Kosten der Kommunen schönt und die Kommunen damit in die Verschuldung getrieben hat, ein wesentlicher Grund für die Krise der Bauwirtschaft in Bayern sind.
Da Sie die Frage der Finanzierbarkeit anspreche, frage ich Sie, ob es richtig ist, dass Sie, Ihre Fraktion und Ihre Staatsregierung in den vergangenen Jahren immer alles finanziert haben, was Ihnen politisch wichtig war?
Herr Staatsminister, bei einer der ersten Fragen sind Sie auf polizeiliche Präsenz auf den Bauernhöfen, bei denen ein BSE-Fall oder -Verdachtsfall aufgetreten ist, eingegangen. Wenn ich Sie richtig interpretiere, haben Sie gesagt, das werde nicht notwendig sein oder Sie würden dafür sorgen, dass es nicht mehr so gemacht werde. In diesem Zusammenhang frage ich Sie: Ist die polizeiliche Präsenz auf dem Bauernhof, wo ein Verdachtsfall auftritt, nicht schon deshalb erforderlich, weil verhindert werden muss, dass der Landwirt Rinder in den Handel bringt?
Herr Staatsminister, trifft es zu, dass vor der Anerkennung des Deutschen Ordens als Körperschaft des öffentlichen Rechts nur Orden anerkannt worden sind, die ungefähr 200 bis 300 Mitglieder hatten? Trifft es zu, dass dies der erste Fall ist, bei dem ein Orden mit 30 oder 40 Mitgliedern anerkannt worden ist?
Herr Kollege Dr. Kaiser, würden Sie mir zustimmen, wenn ich sage, dass ein Bayerischer Ministerpräsident die Verpflichtung hat, bei seinen Entscheidungen das Gemeinwohl im Auge zu haben, Objektivität und Sachgerechtigkeit, und dass der Ministerpräsident bei den Vorgängen, die Sie gerade dargestellt haben, einen eigensinnigen, privat orientierten Kurs der Klientelbefriedigung verfolgt hat?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst zwei Feststellungen machen.
Erstens. Die SPD-Fraktion hat schon im letzten Jahr erkannt, dass eine gesetzliche Regelung der jetzt in Rede stehenden Materie notwendig ist,
und die entsprechenden Vorarbeiten aufgenommen. Die SPD-Fraktion hat ihren Gesetzentwurf bereits im Februar dieses Jahres im Landtag eingebracht. Bis zu diesem Zeitpunkt haben Sie immer noch bestritten, dass es einer solchen gesetzlichen Regelung bedürfe, meine Damen und Herren von der CSU-Fraktion. Auch bei der Ersten Lesung unseres Gesetzentwurfs waren Sie sich noch nicht im Klaren darüber, ob Sie für oder gegen ein solches Gesetz sein würden. So will ich hier einmal festhalten: Wir haben gute Vorarbeit geleistet und als erste Fraktion einen Entwurf für ein Gesetz zur Vergabe von Bauaufträgen im Freistaat Bayern eingebracht.
Zweitens. Die SPD-Fraktion hat im vergangenen Jahr auch erkannt, dass wir mit einer neuen Vorschrift weit über das hinausgehen müssen, was Sie bisher mit der Tariftreueerklärung über den Verwaltungsweg geregelt haben, meine Damen und Herren von der CSU. Denn wir haben gesehen, dass sich die geltende Bestimmung, die Sie jetzt zum Gesetz erheben wollen, in der Praxis als unzureichend erwiesen hat und dass die von ihr erwarteten Wirkungen mit dieser Regelung nicht erreicht werden. Vor diesem Hintergrund haben wir nicht nur einen Gesetzentwurf eingebracht, sondern auch eine zielführende Lösung vorgeschlagen, eine umfassende und stringente Regelung.
Angesichts dieser beiden Gesichtspunkte und der Tatsache, dass die SPD-Fraktion hier im Landtag schon Anfang der Neunzigerjahre in einigen Anträgen eine Regelung zur Tariftreue gefordert hat, die Sie aber abgelehnt haben, meine Damen und Herren von der CSU, kann man jederzeit mit Fug und Recht feststellen: Was die Regelung zur Tariftreue in Bayern anbelangt, hat die SPD-Fraktion eine Vorreiterrolle gespielt und spielt sie noch heute.
Meine Damen und Herren, es ist hier schon mehrmals darüber gesprochen worden, worum es im Kern geht. Von dieser Regelung sind zigtausend Bauarbeiter und hunderte einheimischer Firmen, insbesondere kleinere Firmen, betroffen. Probleme tun sich insbesondere für diejenigen Handwerksbetriebe auf, die sich an Recht, Gesetz und die Tarifverträge halten. Diese Firmen sind durch den Unterbietungswettbewerb, der sich über Jahre entwickelt hat, unter Druck geraten. Auf dem Bausektor ist eine massive Verdrängungskonkurrenz zu verzeichnen. Immer weniger Betriebe halten sich an die tarifvertraglichen Regelungen, weil auf dem Bausektor ein ruinöser Wettbewerb stattfindet. Je mehr Betriebe aus der Tarifregelung aussteigen, desto mehr Betriebe fühlen sich motiviert, dies gleichfalls zu tun, um konkurrenzfähig zu bleiben.
Wir müssen auf dieses Problem mit geeigneten Maßnahmen antworten und eine Regelung finden, weil es nicht angehen kann, dass Betriebe, die sich nicht an Tarifverträge halten, einen Vorteil bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen haben.
Deswegen sollten wir eine Regelung festschreiben, wonach ein Unternehmer nur dann einen öffentlichen Bauauftrag bekommt, wenn er zuverlässig ist, sprich, wenn er sich an Tarifverträge hält und sich gegenüber seinen Arbeitnehmern fair und rechtlich korrekt verhält. Heute geht es um die Frage, ob der Gesetzentwurf der SPD oder der Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Lösung dieses Problems die bessere Regelung enthält. Lassen Sie mich zunächst einmal ein paar wesentliche Punkte des SPD-Gesetzentwurfs ansprechen:
In Artikel 1 dieses Entwurfs wird zunächst die Zuständigkeit geregelt. Das ist von Bedeutung, da die SPD eine deutlich umfassendere Regelung einführen will. Dieser Gesetzentwurf soll nicht nur für den Freistaat Bayern, sondern auch für die Kommunen gelten. Außerdem soll er für alle nachgelagerten Institutionen gelten, die in staatlicher oder kommunaler Hand sind. Je breiter die Verpflichtung, um so wirkungsvoller kann gegen den Unterbietungswettbewerb im Bausektor vorgegangen werden.
In Artikel 2 wiederholen wir zwei Grundsätze, die bereits im deutschen Vergaberecht verankert sind, die wir jedoch expressis verbis noch einmal für den Freistaat Bayern unterstreichen wollen. Wir wollen, dass öffentliche Aufträge nur an fachkundige, leistungsfähige und zuverlässige Unternehmer vergeben werden. Im nächsten Absatz wird geregelt, dass mittelständische Interessen durch die Teilung der Bauaufträge in Fach- und Teillose angemessen zu berücksichtigen sind. Meine Damen und Herren, wenn Sie Ihre vielfältigen Sonntagsreden über den Mittelstand ernst nehmen, sollten Sie diesen Absatz im Vergabeverfahren verankern; denn nur wenn man in kleineren Fach– und Teillosen vergibt, haben auch die kleineren und mittelständischen Handwerksbetriebe eine Chance, sich zu beteiligen.
Deshalb verstehe ich nicht, dass Sie nicht bereit sind, diesen Satz zu übernehmen.
In Artikel 3 findet sich die grundsätzliche Regelung, wonach öffentliche Bauaufträge nur an zuverlässige Unternehmen vergeben werden dürfen. In diesem Artikel 3 haben wir beschrieben, was nach unserer Auffassung ein zuverlässiger Unternehmer ist. Ein zuverlässiger Unternehmer muss seine Steuern und Sozialabgaben ordnungsgemäß bezahlen, das Entsendegesetz und die Vorschriften gegen die illegale Beschäftigung beachten und sich in seinem Tätigkeitsbereich an die für ihn geltenden Tarifverträge halten. Nur unter diesen Voraussetzungen ist ein Unternehmer zuverlässig und nur dann soll er in den Genuss öffentlicher Aufträge kommen. Meine Damen und Herren, ich möchte nicht im Detail auf die Nachunternehmerregelung des nächsten Absatzes eingehen. Dieser Punkt ist bereits in den Ausschüssen gelegentlich thematisiert worden. Auf Rat der Gewerkschaftsseite und der Unternehmerseite haben wir die Regelung, die bisher im Verwaltungswege gilt, erweitert.
Meine Damen und Herren, um zu gewährleisten, dass staatliche Aufträge nur an zuverlässige und tariftreue Unternehmen vergeben werden, sieht Artikel 4 unseres Gesetzentwurfs ein relativ einfaches Verfahren vor. Der Unternehmer soll einen Auszug aus dem Gewerbezentralregister vorlegen. Das macht Sinn, da im Gewerbezentralregister alle Verstöße gegen Vorschriften gegen die illegale Beschäftigung und vieles andere festgehalten sind. Nur diejenigen Unternehmer, die hier ein weißes Blatt abgeben können, sind zuverlässig. Wir verlangen außerdem einen Nachweis über die Bezahlung von Steuern und Sozialversicherungsabgaben. Gelegentlich wird ein solcher Nachweis im Vergabeverfahren ohnehin
gefordert. Insofern ist diese Regelung keine Neuigkeit. Wir möchten aber sicherstellen, dass es grundsätzlich so gehandhabt wird.
Schließlich müssen wir sicherstellen, dass die Unternehmen tariftreu sind. Die Frage lautet, wie dies verifiziert werden könnte. Wir schlagen vor, wer sich um einen öffentlichen Auftrag bewirbt, soll eine Bescheinigung des Betriebsrates respektive der Tarifvertragsparteien vorlegen, in der bestätigt wird, dass er sich in seinem Unternehmen an die Tarifverträge hält.
Dies ist ein wesentlicher Unterschied zum Entwurf der CSU oder der Staatsregierung. Die Staatsregierung fordert von den Unternehmern lediglich, dass sie sich selbst bescheinigen, tariftreu zu sein. Dies halten wir für unzureichend. Jeder objektive Betrachter dieser Materie wird einsehen, dass wir einen öffentlichen Auftrag nicht vergeben können, weil der betreffende Unternehmer von sich selber behauptet, tariftreu zu sein. Wir brauchen eine Instanz, die diese Tariftreue beweist.
Wir wollen, dass die Tariftreue einem Unternehmen von dritter Seite bescheinigt wird. Meine verehrten Damen und Herren von der CSU, wir wären in dieser Frage zu einem Kompromiss bereit. Wir könnten uns zum Beispiel darauf verständigen, dass diese Bescheinigung im Einvernehmen oder im Benehmen mit dem Betriebsrat erstellt wird. Dazu sind Sie jedoch nicht bereit. Sie verzichten auf jede Kontrolle von dritter Seite. Der Unternehmer kann sich selbst bescheinigen, dass er tariftreu ist. Wir wollen, dass die Tariftreue eines Unternehmers verifiziert wird. Wir brauchen eine effektive, wirksame und durchschlagende Regelung.
Wir verlangen, dass der Unternehmer zuverlässig ist. Ein zuverlässiger Unternehmer muss in seinem Betrieb generell die Tarifverträge beachten. Dies wird im Gesetzentwurf der CSU nicht gefordert. Sie fordern lediglich, dass der Unternehmer bei der Ausführung des staatlichen Auftrags die Tarifverträge einhält bzw. den entsprechenden Tarifvertrag beachtet. Der Unternehmer muss den Tarifvertrag somit nur bei der Ausführung des einzelnen Auftrags einhalten.
Ich schließe daraus, Ihnen ist es völlig egal, ob ein Bauunternehmer in seinem Betrieb Tag für Tag, Woche für Woche und Monat für Monat die Tarifverträge mit Füßen tritt, solange er sie bei dem staatlichen Auftrag einhält. Das genügt Ihnen. Um aber eine wirkliche Unterbietungskonkurrenz zu vermeiden, wollen wir nicht eine punktuelle Erfüllung des Tarifvertrages, sondern eine generelle Beachtung der Tarifverträge erreichen. Der Unternehmer muss sich grundsätzlich daran halten.
Herr Kollege, seit wann ist es denn verfassungswidrig, von einem Unternehmer etwas zu verlangen, wozu er nach anderem Recht sowieso verpflichtet ist? Das ist doch völlig absurd.
Meine Damen und Herren, Artikel 5 enthält Regelungen, die für den Fall, dass Probleme auftreten, den öffentlichen Auftraggebern entsprechende Kontrollmöglichkeiten geben. Im Notfall können die Auftraggeber vor Ort durch Einsicht in die Bücher auch entsprechende Kontrollen durchführen. Das in Artikel 4 vorgesehene Verfahren, wonach Bescheinigungen vorzulegen sind, haben Sie als zu bürokratisch kritisiert. Dazu darf ich festhalten: Gerade dieses Verfahren gewährleistet einen äußerst unbürokratischen Ablauf.
Herr Kollege, ich habe eine Redezeit von 30 Minuten.
Herr Kollege, es tut mir leid, ich habe diese Redezeit mit dem Präsidium vorbesprochen. Wir werden dann halt morgen abstimmen. Ich möchte schon die Gelegenheit haben, zu dieser wichtigen Materie zu sprechen. Nachdem wir entsprechende Vorarbeiten geleistet haben, möchte ich auch, dass dieses Thema ernst genommen und nicht im Handumdrehen hier im Plenum behandelt wird.
Lassen Sie mich noch einmal auf die Frage der Bürokratie bei der Vorlage der Bescheinigungen zurückkommen. Ein Unternehmer, der rechtstreu und tariftreu ist, ist auch ein Unternehmer, der nach unserer Definition als zuverlässig gilt. Ein solcher hat die allerwenigsten Probleme, die drei geforderten Bescheinigungen vorzulegen. Wer sich an die rechtlichen und tariflichen Bestimmungen hält, hat überhaupt kein Problem, diese Nachweise beizubringen. Bürokratisch wird das Verfahren nur für den, der sich nicht an die Vorschriften hält, weil der sich dann herumstreiten muss, bis er die Bescheinigungen bekommt. Für den ordentlichen Kaufmann und Unternehmer ist es aber ein Leichtes, diese Bescheinigungen erteilt zu bekommen.
Meine Damen und Herren, noch ein paar Anmerkungen zum Gesetzentwurf der Staatsregierung. Einen Teil meiner Einschätzungen habe ich schon vorgetragen. Nehmen Sie doch bitte zur Kenntnis, dass die Staatsregierung nichts anderes macht, als eine schon bisher als Verwaltungsvorschrift existierende Regelung zum Gesetz zu machen. Alles das ist bisher schon so geregelt gewesen, nur nicht per Gesetz, sondern per Verwaltungsvorschrift. Interessant ist nun, welche Erfahrungen bei der Anwendung der Verwaltungsvorschrift zur Tariftreue gesammelt werden konnten. Wenn die Erfahrungen in den vergangenen Jahren positiv gewesen wären, könnte man die Verwaltungsvorschrift zum Gesetz machen. Die Praxis zeigt aber, dass Sie mit Ihrer bisherigen Regelung keine positiven Erfahrungen gemacht haben.
Herr Staatsminister Dr. Beckstein, wir hatten dieses Thema doch schon im März letzten Jahres in einer Fragestunde besprochen. Auf meine Frage nach den Erfah
rungen haben sie damals eine sehr ernüchternde Bilanz gezogen. Sie haben gesagt: „Exakte Erfahrungen, inwieweit die bei Bauaufträgen verlangte Tariftreue- und Nachunternehmererklärung auch eingehalten wird, liegen nicht vor.“ Das waren Ihre Worte. Weiter haben Sie gesagt: „Es existiert eine Menge von Umgehungsmöglichkeiten“. Sie haben mir gesagt, dass Sie diese Umgehungsmöglichkeiten in öffentlicher Sitzung nicht sagen könnten. Deshalb haben Sie erklärt: „Wenn Sie mich nach der Sitzung persönlich ansprechen, sage ich Ihnen gern, wo ich die zentralen Probleme sehe und wie die Vorschriften in der Praxis umgangen werden.“ Sie haben mir hinterher auch erzählt, wie die Unternehmer diese Vorschriften umgehen, und dass man dagegen nichts machen könne.
Schon im Plenum haben Sie uns erzählt, dass die Vorschriften in der Praxis kaum Bedeutung hätten, und hinterher haben Sie mir auch noch die einzelnen Fälle genannt. Dennoch machen Sie die Regelung, die ganz offenbar in der Vergangenheit auch nach Ihrer eigenen Einschätzung schon ziemlich wirkungslos war, zum Gesetz und behaupten auch noch, ein gutes Werk getan zu haben. Das kann doch keine vernünftige Regelung sein.
Mit Ihrem Gesetzentwurf haben Sie allenfalls ein schlechtes Plagiat unseres Entwurfes zu Stande gebracht. Außerdem ist dieser Gesetzentwurf nur der Aufguss einer Regelung, die schon in den vergangenen Jahren die Bewährungsprobe der Praxis nicht bestanden hat. So können wir aber nicht fortfahren, und deswegen brauchen wir erweiterte Regelungen, sonst können wir sie am Ende gleich in den Papierkorb werfen, aber das kann nicht Sinn der Sache sein.
Meine Damen und Herren, lassen Sie es mich noch einmal deutlich machen: Ein Unternehmer, der sich nicht generell an die für ihn geltenden Tarifverträge hält, sondern nur selber erklärt, er halte sich bei öffentlichen Aufträgen daran, hat immer einen Kostenvorteil gegenüber den Unternehmern, die sich generell ordentlich verhalten. Deswegen ist es den Unternehmern, die sich nicht immer an die Tarifverträge halten, bei der Abgabe von Angeboten möglich, bei der Kalkulation irgendwelche Kosten deutlich niedriger auszuweisen als ihre Mitbewerber. Damit haben sie nach wie vor einen Vorteil.
Ich bin einzelnen Vergabefällen nachgegangen. In einem Fall kommt der billigste Bieter aus Thüringen. Er gibt die Tariftreue-Erklärung ab und kalkuliert den Mittellohn mit zirka 19 DM. Der Mittellohn – das ist in etwa der Durchschnittslohn für den Auftrag – liegt in Bayern aber bei 25 bis 26 DM. Ich habe in diesem Fall der Vergabebehörde gesagt, dass man dieses Angebot doch gar nicht bewerten dürfe, weil ersichtlich sei, dass der Unternehmer die Tariftreuepflicht nicht erfüllt. Daraufhin wurde mir nach Rücksprache mit der Obersten Baubehörde erklärt, dass man rechtlich nichts machen könne, wenn der Unternehmer die Tariftreueerklärung abgegeben hat. Sie erlassen hier eine Regelung, die Sie in der Praxis niemals einzuhalten bereit sind. Vor der Öffentlichkeit aber tun Sie so, als würden Sie etwas regeln.
Ich komme zunächst einmal zum Schluss. Ich möchte noch einmal betonen, dass wir ohne Zweifel den besseren Gesetzentwurf vorgelegt haben. Diesem Entwurf werden wir selbstverständlich auch zustimmen. Wir werden uns beim Gesetzentwurf der Staatsregierung der Stimme enthalten, weil wir nicht den missverständlichen Eindruck erwecken wollen, dass wir nicht grundsätzlich bereit wären, eine Regelung zu unterstützen, auch wenn sie eine äußerst dürftige minimalistische Regelung ist. Herr Dr. Beckstein, Sie bleiben aber nach der Bilanz, die Sie für Ihre interne Verwaltungsregelung gezogen haben, weit hinter den Anforderungen eines geregelten Arbeitsmarktes auf dem Bausektor zurück. Ich bitte Sie deshalb darum, dass Sie gemeinsam mit uns gelegentlich an Nachbesserungen arbeiten.
Ich möchte auch die Fraktion des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN darum bitten, sich zu überlegen, ob sie dem Entwurf der Staatsregierung zustimmen kann, denn in den Ausschüssen haben sie überall diesem Entwurf zugestimmt. Vor allem bitte ich Sie auch zu bedenken, welche „Erfolge“ wir bisher in der Praxis mit dieser Regelung erzielt haben. Ich bitte Sie daher jedenfalls um Zustimmung zum Gesetzentwurf der SPD, weil er auf jeden Fall die weiterreichenden und besseren Regelungen für unsere kleinen Bauhandwerksbetriebe und für die vielen Bauarbeiter in Bayern darstellt.
Herr Staatsminister, ich möchte Sie fragen, warum Sie sich gerade in dieser Frage so engagieren. Sie haben doch 16 Jahre lang in Bonn mitregiert. Warum haben Sie das damals nicht gemacht?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe nur fünf Minuten Redezeit, so dass ich mich auf das Wesentliche beschränken will.
Erstens. Der Vorlage des Gesetzentwurfs der Staatsregierung hätte es nicht bedurft; denn dem Landtag liegt bereits ein Gesetzentwurf der SPD vor, der diese Materie regelt, und zwar – wie ich behaupten möchte, jetzt aber nicht eingehend begründen kann – besser und effektiver regelt als der Gesetzentwurf der Staatsregierung.
In der Aktuellen Stunde vorhin hat Staatsminister Dr. Faltlhauser gesagt, die Opposition solle gefälligst jeweils konkrete Alternativen zu den politischen Themen vorlegen, die wir hier behandeln. An dieser Stelle darf ich Ihnen sagen: Zu dem Thema, das wir jetzt besprechen, liegt schon längst eine sehr konkrete und überlegte Alternative vor, nämlich der ausformulierte Gesetzentwurf der SPD.
Sie sind offenbar unter Zeitdruck geraten und haben sich aufgrund der Initiative der SPD beeilt, in dieser Frage nachzuziehen.
Zweitens. Man soll nicht etwas machen, nur damit etwas geschehen ist, sondern man soll etwas machen, das uns dem Ziel näher bringt, in der Bauwirtschaft, beim Bauhandwerk und zugunsten der Bauarbeiter Schritt für Schritt zu einem fairen und vernünftigen Wettbewerb zurückzukommen. Wir dürfen das Thema nicht nur auf die Frage der ausländischen Billigarbeitskräfte als Problem eingrenzen. Dieses Problem ist nämlich rein rechtlich nicht mehr so krass wie ehedem, da die neue Bundesregierung zusammen mit den Tarifvertragsparteien erhebliche Fortschritte beim Entsendegesetz und den Mindestlohntarifvereinbarungen erreicht hat. Das war ein großer Fortschritt.
Es geht nicht nur um die ausländischen Billiganbieter, sondern darum, dass sich einheimische Bauunternehmen zunehmend nicht mehr an die geltenden Tarifverträge halten und für viele Bauarbeiter der Tarifvertrag nur noch auf dem Papier steht. Der Druck hin zum niedrigsten Angebot führt zu einem ruinösen Wettbewerb.
Drittens. Sie regeln in Ihrem Gesetzentwurf nur, was Sie in den letzten Jahren schon auf der Verwaltungsebene geregelt haben. Ich darf daran erinnern – Herr Dr. Beckstein ist jetzt nicht da –, dass wir hier darüber schon diskutiert haben. Ich selbst hatte Gelegenheit, mich mit ihm darüber zu unterhalten. Aus all den Gesprächen, Diskussionen und seiner Antwort auf meine mündliche Anfrage ergibt sich klar, dass die bisherige Regelung völlig ineffizient war.
Er hat gesagt, man könnte die zahlreichen Umgehungsmöglichkeiten nicht verhindern, hat resigniert gewirkt und den Eindruck erweckt, hier könne man nichts machen. Aus diesen Erfahrungen müsste man mit einer gesetzlichen Regelung die Konsequenzen ziehen; das tun Sie aber nicht, meine Damen und Herren von der CSU, sondern Sie machen eine Show und tun so, als würden Sie etwas regeln, während Sie dem Problem im Kern nicht näher kommen.
Viertens. Sie verlangen, dass jemand, der einen öffentlichen Auftrag bekommt, bei dessen Ausführung die Tarifverträge einhält, sprich den Tariflohn bezahlt. Was aber geschieht, wenn der gleiche Unternehmer eine Woche später einen privaten Auftrag ausführt und dabei in seinem Unternehmen die Tarifverträge völlig missachtet? Darauf geben Sie überhaupt keine Antwort. Herr Innenminister hat mir selbst gesagt – das wissen wir auch aus anderen Gesprächen –, dass die Tarifverträge eben nicht eingehalten werden. Deswegen fordern wir: Nur wer sich in seinem Unternehmen generell an die geltenden Tarifverträge hält, soll den öffentlichen Auftrag bekommen. Nur diese Regelung gewährleistet Effizienz.
Fünftens. Ein wesentlicher Unterschied zwischen Ihrem und unserem Gesetzentwurf liegt darin, dass Sie bei der Tariftreueerklärung nichts anderes verlangen, als dass sich der Bauunternehmer selbst bescheinigt, dass er tariftreu ist. Wir aber verlangen, dass das ein Dritter bescheinigt, nämlich der Betriebsrat oder die Tarifvertragsparteien. Man kann doch auch nicht zulassen, dass sich jemand selbst bescheinigt, ein ordentlicher Steuerzahler zu sein; das muss ein Dritter bescheinigen.
Wir werden noch in den Ausschüssen Gelegenheit haben, darüber sehr ausführlich zu beraten.
Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Bevor ich etwas zu einigen Details dieses Gesetzentwurfs sage, möchte ich eine Vorbemerkung zum Thema Wettbewerb ganz allgemeiner Art machen, weil ich glaube, dass dies die zentrale Überschrift ist, unter der wir dieses Thema politisch und auch in der juristischen Auseinandersetzung behandeln sollten.
Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir also einige Anmerkungen zum Thema Wettbewerb. Ich glaube, dass der Wettbewerb auf Märkten ein taugliches und auch ein unersetzliches Instrument ist, wenn der Wettbewerb die Chance hat, seine positiven Seiten und Effekte zu entfalten. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn es über den Wettbewerb gelingt, in einen Wettbewerb um bessere Leistungen zu treten, einen Wettbewerb um bessere Ideen, einen Wettbewerb um einen besseren Service. In diesem Zusammenhang kann der Wettbewerb dann auch seine wohlstandsfördernden Effekte entfalten.
Es gibt aber auch eine negative Seite des Wettbewerbs. Wettbewerb ist negativ, wenn er ruinös wird, wenn es nur noch darum geht, den Wettbewerb durch permanente Unterschreitung bei den Kosten und dann auch bei den Tarifen und Löhnen zu gewinnen. Wenn sich diese negative Seite des Wettbewerbs in einem Bereich zunehmend entfaltet, wird er ruinös und ist nicht mehr wohlstandsfördernd. Dieser Seite des Wettbewerbs muss politisch entschieden mit allen Instrumenten entgegengetreten werden, die der Gesetzgeber dafür hat.
Das ist genau die Situation, die seit einigen Jahren im Bau herrscht; das muss man gar nicht breit erklären. Es gibt Niedriglöhnerkolonnen, das Unwesen mit den Subunternehmen; beständig werden Preise unterboten, so dass ein ordentlicher und zuverlässiger Unternehmer, der sich an die Gesetze und Tarifverträge hält, immer weniger Chancen im Wettbewerb hat. Diesem ruinösen Wettbewerb muss entschieden entgegengetreten werden.
Ein Instrument dafür ist das Vergabegesetz, das wir einbringen; denn die öffentlichen Auftraggeber haben in diesem Zusammenhang eine besondere Verantwortung. Kein Mensch hat dafür Verständnis, dass öffentliche Aufträge aufgrund des von mir geschilderten Mechanismus Unternehmen zugute kommen, die sich nicht an Recht und Gesetz halten und Tarifverträge nicht einhalten. Deswegen müssen wir hier eine große Hürde aufbauen.
Es geht nicht an, dass Unternehmer, die sich gesetzeswidrig oder gegen Tarifverträge verhalten, einen Wettbewerbsvorteil haben. Ein solcher Wettbewerb ist nicht gesund.
Ich will noch einige Bemerkungen zu den zentralen Vorschriften dieses Gesetzentwurfs machen. Wir schreiben in Artikel 2 vor, dass die mittelständischen Unternehmen durch die Vergabe in kleinen Losen besonders berücksichtigt werden müssen. Gerade die kleineren und mittelständischen Bauunternehmer leiden unter dem Druck des ruinösen Wettbewerbs und können ihm allmählich nicht mehr standhalten. Deswegen haben wir gerade da immer mehr Arbeitsplätze verloren.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen Zeitler? –
Herr Kollege Zeitler, diesen Zusammenhang können Sie nicht herstellen, weil das mit dem Thema überhaupt nichts zu tun hat.
Sie wollen vom Thema ablenken. Auch in Bayern gibt es zig Firmen, bei denen Sanierungsbemühungen mit Hilfe staatlicher Gelder gestartet worden sind; Banken, Arbeitnehmer und Kunden haben ihren Anteil eingebracht, um das Unternehmen zu erhalten. Was reden Sie hier eigentlich für einen Unsinn?
Wir schreiben in Artikel 2 vor, dass in besonderer Weise mittelständische Interessen zu berücksichtigen sind. Wir regeln in Artikel 3 – das ist die zentrale Vorschrift –, dass öffentliche Bauaufträge grundsätzlich nur an Unternehmen vergeben werden dürfen, die sich an Recht und Gesetz halten, die ihrer Steuerzahlungspflicht und ihrer Sozialversicherungspflicht nachkommen und die sich an das Entsendegesetz und strikt an die für sie geltenden Tarifverträge halten. Das ist eine Kernvorschrift.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen Dr. Kaiser?
Ich habe zwar nur eine begrenzte Redezeit, aber bitte, Herr Kollege Dr. Kaiser.
Herr Kollege Dr. Kaiser, dem stimme ich zu. Außerdem sind die nur neidisch, weil Bundeskanzler Schröder die Sanierung zu Stande gebracht hat. Kohl hat die Lösung solcher Fälle während der 16 Jahre seiner Regierungszeit nicht geschafft.
Mit Artikel 3 stellen wir die Tariftreueerklärung auf eine gesetzliche Grundlage. Das ist notwendig, weil, wie wir aus vielen Erklärungen des Innenministers wissen, sich die Tariftreueerklärung, die es in Bayern auf Druck der IG Bau und des DGB im Verwaltungswege gibt, nicht durchgesetzt hat. Sie ist keine ausreichende Grundlage und hat keinen Biss. Die Tariftreueerklärung benötigt eine gesetzliche Grundlage, auch angesichts verschiedener Urteile, die dazu inzwischen gefällt worden sind. Die gesetzliche Kompetenz ergibt sich im übrigen auch aus dem Vergaberechtsänderungsgesetz, das seit dem 1. Januar 1999 gilt. Diese landesgesetzgeberische Kompetenz schöpfen wir aus.
Mit Artikel 4 wollen wir erreichen, dass das Verfahren möglichst unbürokratisch und einfach abgewickelt wird. Der Bieter, der sich um einen öffentlichen Auftrag bewirbt, muss demzufolge schon bei der Abgabe eines Gebots Bescheinigungen vorlegen, aus denen der öffentliche Auftraggeber ohne weitere Nachforschungen ersehen kann, dass es sich um einen zuverlässigen Unternehmer handelt. Das ist der Kern des Problems: dass öffentliche Aufträge nur an zuverlässige Unternehmer erteilt werden sollen.
Herr Kollege, ich lasse keine Zwischenfrage zu, weil meine Redezeit begrenzt ist. Ich bitte jetzt um Fairness. Gerade Sie sollten sich dieses Themas annehmen.
Die Bescheinigungen sollen vom Gewerbezentralregister stammen, weil man daraus auf einen Blick sehen kann, ob jemand das Entsendegesetz einhält, gegen die Vorschriften gegen illegale Beschäftigung und anderes verstößt. Das ist eine ganz einfache Handhabung. Wir wollen, dass eine Bescheinigung der Finanzbehörde und der Sozialversicherungsträger vorgelegt wird, dass der Unternehmer zuverlässig ist, also Steuern und Sozialabgaben abgeführt hat. Wir wollen weiter eine Bescheinigung über die Tariftreue des Unternehmers. Bisher bescheinigt sich der Unternehmer das im Verwaltungswege selbst. Es ist kein guter Weg, jemanden sich selbst bescheinigen zu lassen, dass er gesetzes- und tariftreu
ist. Eine solche Bescheinigung kann logischerweise nur von einer dritten Instanz erstellt werden.
Ich darf Sie darauf hinweisen, dass es nach dem Betriebsverfassungsgesetz Aufgabe der Betriebsräte ist, die Einhaltung von gesetzlichen und tariflichen Bestimmungen zu überwachen und auf deren Einhaltung zu bestehen. Deshalb schlagen wir vor, der Betriebsrat solle bescheinigen, dass ein Unternehmer die Tarifverträge einhält. Wenn ein Bewerber diese Bescheinigungen vorlegt, kann er in den Kreis der Bieter aufgenommen werden; das wirtschaftlichste Angebot wird nach dem Vergaberecht ausgewählt. Wer die Bescheinigungen nicht vorlegt, kann von vornherein vom Gebot ausgeschlossen werden.
Darüber hinaus enthält der Gesetzentwurf einige Regelungen, damit seine Bestimmungen durchgesetzt werden können. Ein derartiges Gesetz darf nicht nur auf dem Papier stehen, sondern muss in der Praxis angewendet werden und braucht deshalb Biss. Wir wollen erreichen, dass auf dem Arbeitsmarkt, insbesondere im Bausektor wieder Recht und Ordnung herrscht und der Tarif Gültigkeit hat. Wir brauchen einen geordneten Arbeitsmarkt im Interesse unserer kleineren einheimischen Bauhandwerksbetriebe und insbesondere im Interesse unserer Bauarbeiter hier in Bayern.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Nächste Wortmeldung: Herr Brosch, bitte.
Herr Kollege Brosch, würden Sie die Güte haben, zur Kenntnis zu nehmen, dass der Sachverhalt, den Sie eben schildern, uns sehr wohl bekannt ist? Sie werden doch wohl nicht erwarten, dass wir hier einen Gesetzentwurf zu einem derart wichtigen Thema einbringen, ohne inhaltlich voll kompetent zu sein und zu wissen, was auf diesem Gebiet los ist. Wir werden im Laufe der Gesetzesberatungen natürlich klarmachen, warum es trotz der von Ihnen angesprochenen BGH-Entscheidung Sinn macht, dass der bayerische Gesetzgeber tätig wird.
Wie beurteilt die Staatsregierung aus heutiger Sicht die Mineralölsteuererhöhungen in der Amtszeit von Bundesfinanzminister Dr. Theo Waigel (CSU) vom 01.07.1991 von 60 auf 82 Pfennige, also um 22 Pfennige, und vom 01.01.1994 von 82 auf 98 Pfennige, also um weitere 16 Pfennige?
Herr Staatsminister, sind Sie bereit anzuerkennen, dass zwischen der doch sehr drastischen Mineralölsteuererhöhung der alten Bundesregierung und den avisierten Mineralölsteuererhöhungen der neuen Bundesregierung ein wesentlicher Unterschied dergestalt besteht, dass die alte Regierung diese doch erheblichen Summen in ihren Haushalten einfach
vereinnahmt hat, während die neue Bundesregierung den Gesamtbetrag dieser Erhöhungen in vollem Umfang an die Beitragszahler der Rentenversicherung zurückgibt?