Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Ballungsraumzulage war einst als Hilfe für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gedacht, die bei den Lebenshaltungskosten im Ballungsraum München nicht mehr mithalten können. Herr Minister, Sie betätigen sich heute mit dieser Gesetzesvorlage als Kulissenschieber und letztlich als Taschendieb der kleinen Leute.
Sie nehmen das, was die rot-grüne Koalition mit ihren Steuergesetzen dem „kleinen Mann“ gegeben hat, wieder aus der Tasche.
Herr Kollege Wörner, der Diskussionsstil sollte der Würde des Hohen Hauses entsprechen. Das ist zwar heute schon manchmal entglitten, aber solche Bemerkungen passen nicht hier herein.
Herr Präsident, ich nehme den Begriff „Taschendieb“ zurück und sage, er benimmt sich so wie ein Taschendieb.
Es geht nicht an, dass die Änderung der Mietstufen 5 und 6 dazu benutzt wird, um etwas ganz anderes zu ändern. Sie wollen, im übrigen gegen den Willen Ihrer Parteifreunde, ganze Landkreise aus der Ballungsraumzulage herausnehmen, zum Beispiel Freising und Erding. Sie riskieren damit, dass der Flughafen nicht mehr die Arbeitskräfte bekommt, die er braucht.
Sie legen also sogar den Flughafen lahm, wenn es sein muss. Sie sind offensichtlich wild dazu entschlossen, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern – ich verweise
auf das Beispiel Lenggries und Fall, was Sie selbst einmal als Kulisse vorgeschlagen haben – wesentlich mehr wegzunehmen, als Sie darstellen. Der Betrag von 10 Millionen DM, den Sie einsparen, ist erheblich mehr als das, was durch die Änderung der Mietstufen 5 und 6 verloren gehen würde.
Wer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer weiterhin vor Mietpreisexplosionen schützen will, darf die Grenzen nicht willkürlich, sondern muss sie logisch ziehen. Deshalb gehören die Landkreise Erding, Freising und Starnberg dazu. Auch in einer der reichsten Gemeinden Bayerns, in Starnberg, muss der öffentliche Dienst genauso überleben können wie woanders. Glauben Sie, dass Sie bei den Mieten in Starnberg einen Polizisten dazu bewegen können, dort zu wohnen? Glauben Sie, dass Sie noch einen Polizisten finden, der in Erding oder Freising bei den dortigen Mieten überleben kann?
In der unsäglichen Begründung zu Ihrem Gesetz – so etwas habe ich überhaupt noch nie gelesen – schreiben Sie, dass die Mieten in München stagnieren. Wo leben Sie denn? Lesen Sie keine Zeitung, oder was? Wenn Sie Zeitung lesen würden, wüssten Sie, wie sich die Mietpreise in München von Woche zu Woche entwickeln. So etwas verstehe ich überhaupt nicht.
Sie glauben, Sie könnten die Ballungsraumzulage mit Bereinigungen und Korrekturen regeln. Der Münchner Personalreferent sagt mir, er brauche aufgrund Ihrer neuen Regelung mehrere Leute, die nichts anderes tun, als sich damit zu beschäftigen.
Sie nennen so etwas Einsparung. Bei den neuen Berechnungsgrundlagen hat die Verwaltung mit der Kontrolle derer, die noch berechtigt sind, wesentlich mehr zu tun als heute.
Sie schwindeln sich wieder einmal ganz elegant um die herum, die man schon in den Kreis der Berechtigten hineinnehmen müsste.
Sie sagen, dass jemand, der eine Staatswohnung hat, unter Umständen die München-Zulage nicht mehr bekommt, weil er schon begünstigt ist. Sie sprechen selbst von 30% weniger. Warum verfahren Sie denn nicht auch so bei Eigenheimbesitzern und Besitzern von Eigentumswohnungen, die sie über die Förderung des Staates bekommen haben? Genießen die einen besonderen Schutz?
Ich halte das, was Sie uns hier vorlegen, für nicht tragfähig. Mich wundert, dass sich die Münchner Abgeordneten, auch die Ihrer Partei, das gefallen lassen.
Die Münchner Abgeordneten haben in ÖTV-Veranstaltungen erklärt, so Kollege Haedke, sie seien mit Ihnen darin einig, dass mit Ausnahme von Fall und einiger anderer kleiner Korrekturen nichts gemacht zu werden brauche. Haben Sie Herrn Haedke falsch informiert, oder hat er wegen des Drucks in der Veranstaltung etwas Falsches gesagt? Es ist schade, dass man so mit den Dingen umgeht. Wir werden dieses Gesetz deshalb ablehnen.
Nächster Redner ist Herr Kollege Unterländer. Bis er an das Mikrofon kommt, habe ich Gelegenheit, Herrn Wörner zu sagen: Wenn ich die Verwendung eines Begriffs rüge, ist es nicht fair, diesen Begriff in einer Variation zu wiederholen.
(Beifall bei der CSU – Beck (CSU): Also geben wir das in den Ältestenrat! – Herrmann (CSU): Aber eine Sitzungsunterbrechung machen wir jetzt nicht!)
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Vertreter der SPD-Fraktion hat den bayerischen Staatsminister der Finanzen in die Nähe eines Taschendiebs gerückt. In der Konsequenz frage ich mich, wie das Verhalten der Bundesregierung zu beurteilen ist, welche die Besoldungserhöhungen den Beamten über mehrere Monate hinweg vorenthält.
Das ist insbesondere für die geringer Verdienenden, für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes im einfachen und gehobenen Dienst, eine besondere Belastung. Im Mai dieses Jahres haben wir mit großer Mehrheit beschlossen, dass die Ballungsraumzulage weiter gezahlt wird. Wir haben von der Staatsregierung ein Konzept verlangt. Dieses Konzept ist nun vorgelegt worden.
Wir stimmen darin überein, dass die Ballungsraumzulage in erster Linie zur Personalgewinnung gedient hat, als sie im Jahr 1991 eingeführt worden ist. Im Übrigen kam damals erheblicher Widerstand von Seiten vieler bundesweit organisierter Gewerkschaften, gerade auch aus dem Bereich des DGB.
Das können Sie nicht so einfach vergessen. Es ist notwendig, dass die Ballungsraumzulage weiter gezahlt wird. Über dieses Thema haben wir im Mai diskutiert, und ich sage Ihnen: Aus meiner Sicht ist dieses Konzept mit seinen Eckpfeilern logisch. Wir haben damals festgestellt, dass das in manchen Bereichen zu Ausfransungen führt. Wir brauchen eine Definition eines Ballungsraumes. Wie Sie der Begründung zu diesem Gesetzesent
wurf entnehmen können, haben auch die Berufsverbände und die kommunalen Spitzenverbände darauf hingewiesen, dass sie zwar mit der Definition im Landesentwicklungsplan und in der Anlage 2 nicht einverstanden sind, sie haben aber keine Alternative hierzu genannt.
Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Es fallen wesentliche Bereiche des Landkreises München aus der Mietstufenregelung heraus. Ich frage Sie, ob es dann wohl sinnvoller ist, den Ballungsraum über das Landesentwicklungsprogramm zu definieren. Es ist in der Begründung ausdrücklich festgehalten, dass im Jahr 2002 eine Fortschreibung dieses Landesentwicklungsprogrammes erfolgt.
Darin sind die von Ihnen genannten vermeintlichen Entwicklungen, die hier nicht berücksichtigt sind, durchaus mit einzubeziehen.
Bei den Höchstgrenzen für die Gewährung der Ballungsraumzulage eröffnet sich hier eine Chance für diejenigen, die eine Ballungsraumzulage dringend benötigen. Es sind gerade die jungen Familien, die Berufsanfänger – auch im gehobenen Dienst –, die haben mit diesen Höchstgrenzen wesentlich eher die Chancen haben, in den Genuss der Ballungsraumzulage zu kommen. Es sollte hier nicht starr an Besoldungsordnungen festgehalten werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren von den Oppositionsparteien, Sie haben im Übrigen mit dieser Abschmelzregelung, die der Gesetzentwurf jetzt vorsieht, die Möglichkeit, eine absolut sozialverträgliche Regelung durchzusetzen.
Diese Regelung sieht vor, dass eine Einstellung der Zahlung für die Gebiete, die nicht in der Anlage 2 des Landesentwicklungsprogrammes enthalten sind, erst zum Jahr 2005 erfolgt. Vom Grundsatz her ist das der richtige Weg. Die Details und die Einzelheiten kann man nicht in einer ersten Lesung behandeln. Darüber müssen wir in den Ausschussberatungen sehr intensiv diskutieren. Wir werden das miteinander tun. Sie können aber davon ausgehen, dass wir an der Weiterentwicklung der Ballungsraumzulage im Interesse der Beschäftigten und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im öffentlichen Dienst gemeinsam festhalten werden.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Von der Ballungsraumzulage bleibt nach diesem Gesetzentwurf wirklich nicht mehr viel übrig. Eine derartige Verkleinerung der Gebietskulisse werden wir nicht mittragen. Über eine Verringerung der Ballungsraumzulage für alle, die eine günstige Staatsbedienstetenwohnung haben, lassen wir mit uns reden. Diese Verkleinerung des Gebietes werden wir aber nicht hinnehmen. Die Umstellung von den Besoldungsgruppen auf feste Gehaltsummen findet auch unsere grundsätzliche Zustimmung.
Der Einschränkung des Kreises der Begünstigten können wir aber nicht zustimmen. Das muss man sich noch einmal genauer anschauen. Im Endeffekt kämen viel weniger Leute in den Genuss der Ballungsraumzulage. Sie haben zwar gegenüber dem ursprünglichen Entwurf die Verdienstgrenzen etwas angehoben. Trotzdem werden eine Reihe von Beamten sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Tarifbereich aufgrund dieser Umstellung die Ballungsraumzulage künftig nicht mehr erhalten.
Der stellvertretende Vorsitzende des Bayerischen Beamtenbundes Willi Wolf sagt über den Gesetzentwurf zur Ballungsraumzulage, sie sei die schlechteste Vorlage, die ein Ministerium je ausgearbeitet hat.