Protocol of the Session on October 17, 2000

Frau Kollegin Lochner-Fischer, ich gehe davon aus, dass auch Sie eine Zwischenintervention beantragen. Nun, dann probieren wir das kurz.

Herr Minister! Sie stimmen doch mit mir darin überein, dass wir mit den 25,1% die Fusion hätten verhindern können, weil laut Aktienrecht die Zustimmung des Freistaats Bayern bei 25,1% notwendig gewesen wäre? Die Zustimmung war notwendig, um eine Fusion zu ermöglichen. Rein verfassungsrechtlich muss der Landtag darüber beschließen. Das bedeutet, der Bayerische Landtag und das Ministerium hätten die Möglichkeit gehabt, Viag-Veba, also e.on zu verhindern. Vor diesem Hintergrund hätte das Ministerium jeden Vertrag aushandeln können, weil die Unternehmen die Fusion wollten.

(Frau Biedefeld (SPD): Darum geht es!)

Dieser Vertrag, der jetzt ausgehandelt wurde, wurde eben nicht mit der Macht der Verhinderung einer Fusion ausgehandelt, sondern unter dem Motto: Wir wollen alle nur das Beste, wir wollen die Fusion. Bayern bleibt dabei auf der Strecke.

(Beifall bei der SPD)

Herr Staatsminister, bitte.

Der Sinn dieser Intervention erschließt sich mir nicht. Keiner von uns hat behauptet, die Fusion würde jetzt in Frage gestellt. Frau Kollegin, es wäre ein verhängnisvoller Fehler gewesen, die Fusion nicht durchzuführen. Das kann man auch heute noch, ein Jahr später, sagen. Ein „stand alone“ hätte das Bayernwerk niemals durchgestanden. Das Bayernwerk wäre zu einem Übernahmekandidaten geworden. Ohne unser Zutun wäre es heute handelsunfähig und möglicherweise auf dem Markt von irgend jemand übernommen worden.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Nachdem die Verhandlungen mit Viag und Alusuisse gescheitert waren, war es im letzten Sommer bzw. Herbst im Sinne einer weitsichtigen Politik und im Hinblick auf die Chemiestandorte, die Energieversorgung Bayerns und die Standorte der Telekommunikation richtig, dieser Fusion zuzustimmen. Wem es um die Zukunft dieses Landes, um die Zukunft der Arbeitsplätze und um die Verantwortung für diesen Freistaat ging, der musste zu dieser Fusion letztlich Ja sagen. Frau Kollegin, auch Sie haben das getan.

(Zuruf der Frau Abgeordneten Lochner-Fischer (SPD))

Ich frage Sie, Frau Kollegin, haben Sie bei zwei Beschlüssen im Haushaltsausschuss nicht zugestimmt? Sie können doch heute nicht den Eindruck erwecken, dagegen gewesen zu sein, obwohl Sie tatsächlich dafür gestimmt haben. Seien Sie doch eindeutig und redlich, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der CSU – Zuruf der Frau Abgeordneten Lochner-Fischer (SPD))

Ich berücksichtige jetzt die Interventionen nicht. Herr Staatsminister Huber hat insgesamt 15 Minuten geredet. Damit verlängert sich die Redezeit für jede Fraktion um 8 Minuten, wenn die Fraktionen diese Zeit beanspruchen wollen. Nächster Redner ist Herr Kollege Kaul.

(Dr. Kaiser (SPD): Da können wir zulangen!)

Herr Kollege Kaiser, es kommt nicht aufs Zulangen an, sondern auf den Inhalt.

Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mir hier noch etwas notiert. Frau Biedefeld, ich habe mich über Ihre Veränderung gewundert. Wir kennen uns doch aus der Arbeit im Ausschuss. Seitdem Sie aber Generalsekretärin Ihrer Partei sind, kann ich mich nur wundern. Lesen Sie die Sachen doch einmal nach, und gehen Sie dann noch einmal in sich.

Lassen Sie mich darauf zurückkommen, was der Ausgangspunkt dieser Diskussion war: Die Energie, die e.on herstellt. Es geht um die Edelenergie Elektrizität oder volkstümlich: Strom. Meine Damen und Herren, unser Hochtechnologiestandort Bayern wäre ohne diese Edelenergie nicht denkbar. Wir alle könnten – und hier spreche ich auch als Vorsitzender des Umweltausschusses des Bayerischen Landtags – unsere technologischen Umweltverbesserungen nicht umsetzen, wenn wir diese Edelenergie Strom nicht zur Verfügung hätten. Deshalb galt und gilt unsere ganze Aufmerksamkeit auch weiterhin der unterbrechungsfreien, aber auch bezahlbaren umweltfreundlich hergestellten Stromerzeugung.

In Zusammenarbeit mit dem Bayernwerk – ich bitte Sie, Frau Kollegin Biedefeld, sich daran zu erinnern – haben wir die technologische Ertüchtigung der Kohlekraftwerke in Bayern erreicht. Wir haben Programme zur Förderung erneuerbarer Technologien ins Leben gerufen. Allein mit dem Programm „Energie Zukunft Bayern“ hat das Bayernwerk ab 1996 100 Millionen DM für Energiesparmaßnahmen und zur Förderung erneuerbarer Energien bereitgestellt. Dazu hat der damalige Viag-Vorstandsvorsitzende Obermeier folgendes gesagt:

Erneuerbare Energien und der rationelle Energieeinsatz sind wichtige Zukunftsaktionen, die gefördert werden müssen. Wir sehen diese Förderung als eine Bringschuld der Energieversorgungsunternehmen an.

Erinnern Sie sich an die Aktion „Zukunftspfennig“, über die die SPD zunächst gelächelt, dann aber doch dabei mitgemacht hat. Mit diesem Zukunftspfennig hat das Bayernwerk nach langen Verhandlungen und nach Zögern freiwillig einen Aufschlag auf den Strompreis zugelassen und die Einkünfte daraus wieder zweckgebunden in erneuerbare Energien oder in Energiesparmaßnahmen investiert.

(Frau Biedefeld (SPD): Das ist nicht schlecht, reicht aber nicht aus!)

Werte Kolleginnen und Kollegen, diese Kooperation des Landtags und der Staatsregierung mit dem bayerischen Stromerzeuger Bayernwerk im Viag-Verbund brachte Bayern mit an die Spitze der Nutzung erneuerbarer Energien, aber auch mit an die Spitze der CO2-freien Energien.

Frau Kollegin Biedefeld, Sie haben vorhin kritisiert und aufgezeigt, was nach Ihrer Meinung in Bayern alles schlecht ist. Nehmen Sie zur Kenntnis, dass die meisten Anträge zur Förderung erneuerbarer Energien und für Energiesparmaßnahmen aus Bayern kommen.

(Frau Biedefeld (SPD): Weil der Bund Gelder zur Verfügung stellt!)

Frau Kollegin, nicht nur die bayerischen Programme, sondern auch die Anträge für Bundesprogramme kommen aus Bayern. Das hängt damit zusammen, dass die Menschen in diesem Land, auch aufgrund der von uns gemachten Politik, in Sachen Umweltschutz wesentlich sensibler sind, sensibler auch im Hinblick darauf, was wir tun müssen.

(Dr. Hahnzog (SPD): Ha, ha! – Frau Biedefeld (SPD): Dank des Geldes der Bundesregierung!)

Außerdem war Bayern mit einer Nettostromerzeugung von 70000 Gigawatt-Stunden bei einem Stromverbrauch von 67600 Gigawatt-Stunden stromautark. Nun sollen also, wie wir gehört haben, in Bayern 1900 MegawattStunden – die einen sprechen von 1900 Megawatt der Minister hat vorhin von 1600 Megawatt gesprochen, doch das ist in der Folge gleichgültig – stillgelegt werden. Bayern wird von einem stromautarken Wirtschaftsstandort zu einem Stromimportstandort. Das muss uns nachdenklich machen.

(Frau Biedefeld (SPD): Das hätte schon lange stattfinden müssen!)

Meine Damen und Herren, nachdem e.on dies bekannt gegeben hat, hat das Unternehmen am 09.10.2000 eine Presseerklärung herausgegeben, aus der ich zitiere:

e.on-Energie wird mit den betroffenen Landesregierungen und den politischen Entscheidungsträgern vor Ort eingehende Gespräche über Nachnutzungsmöglichkeiten und wettbewerbsfähige Zukunftsinvestitionen führen.

Hier appelliere ich an unsere Staatsregierung. Bleiben Sie bei diesen Gesprächen hart. Bleiben Sie hart, bei all den für den Wirtschaftsstandort Bayern notwendigen Auseinandersetzungen. Deshalb bitte ich Sie, werte Kolleginnen und Kollegen, um eine breite Mehrheit für den Antrag, den wir dazu gestellt haben.

Ich appelliere aber auch an die Staatsregierung: Fragen Sie bei all den Verhandlungen bitte auch nach der Herkunft des zukünftig zu importierenden Stromes. Denn unser Hochtechnologiestandort Bayern braucht in Zukunft noch dringender diese Edelenergie Strom, die stets verfügbar sein muss. Sie muss bezahlbar sein und sie muss umweltverträglich hergestellt sein.

Einen Nebenappell möchte ich an die Vertreter unserer Staatsregierung richten und ihnen vielleicht auch einen Hinweis geben, um sich auf die Gesprächspartner aus Hannover besser einstellen zu können: Lesen Sie vorher die beiden Bücher von Hannes Burger – sein erstes Buch heißt „Bayerns Preußen sind die besten“ und das Fortsetzungsbuch „Bayern, deine Preußen“ –, dann werden Sie sicherlich Erfolg haben.

Mein zweiter Appell geht an die Bundesregierung – Frau Generalsekretärin, hören Sie zu, vielleicht können Sie hier helfen –: Legen Sie endlich ein schlüssiges Energieprogramm vor,

(Frau Biedefeld (SPD): Das liegt doch vor!)

in dem nicht nur ausgestiegen wird, sondern in dem die Lebensader Energie für den Hochtechnologiestandort gesichert wird,

(Frau Biedefeld (SPD): Lesen Sie es doch bitte!)

in dem endlich Langzeitstrategien, Frau Kollegin, aufgezeigt werden, in dem wir aber auch Stellung nehmen zu den internationalen Verpflichtungen zur CO2-Reduktion – was wichtig ist, was dabei aber allzu sehr untergeht –, in dem aber auch klar wird, dass wir an dem hohen Technologiestandard, den wir uns mit umweltfreundlicher Energieerzeugung erarbeitet haben, festhalten können. Denn, meine werten Kolleginnen und Kollegen, wir sind dabei, unseren Technologievorsprung auf diesem Gebiet zu verspielen.

Mein letzter Appell geht an e.on-Energie: Bayern wird mit seinem Anteil aus dem Bayernwerk sicherlich ein verlässlicher Partner bleiben. Aber im Gegenzug erwarten wir von e.on auch, dass es seinen regionalen Verpflichtungen gegenüber dem Freistaat Bayern nachkommt, so wie wir es in unserem Antrag gefordert haben, als Rechtsnachfolger des Bayernwerkes im Sinne der von mir eingangs erwähnten früheren guten Zusammenarbeit mit dem Bayernwerk.

(Beifall bei der CSU)

Nächster Redner ist Herr Kollege Schläger. Bitte schön.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Herr Staatsminister Huber, ich verstehe Ihre vorherige Aufregung ganz gut; denn sowohl Ministerpräsident Stoiber als auch die gesamte CSU-Staatsregierung stehen vor dem Scherbenhaufen ihrer Energiepolitik.

(Beifall bei der SPD)

Schauen Sie, der Schwerpunkt der Stilllegungen des e.on-Konzerns liegt in Bayern. Von 1500 wegfallenden Arbeitsplätzen wird die Hälfte in Bayern abgebaut. Wenn Sie von der CSU sich in der Vergangenheit genauso intensiv für die konventionellen Kraftwerke eingesetzt hätten wie für die Atomkraftwerke, dann hätten wir jetzt diese prekäre Situation nicht.

(Beifall bei der SPD)

Sie haben zitiert und Daten genannt. Lassen Sie mich auch einige Daten auflisten.

Am 22. Oktober 1998 demonstrierten die Kolleginnen und Kollegen aus den Kraftwerken hier in München, um auf die Bedrohung ihrer Arbeitsplätze aufmerksam zu machen. Damals wiegelten Sie ab. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende, Kollege Miller hat das recht deutlich gemacht. „Standort Arzberg nicht bedroht“, war die Schlagzeile in der Presse. Er sagte damals, 1998:

Wir werden Ende November oder Anfang Dezember mit Vertretern des Viag-Konzerns vor Ort in Arzberg zusammenkommen. Ich denke, da fällt uns etwas Vernünftiges ein.

Ich muss Ihnen heute sagen: Schade, es ist Ihnen eben nichts Vernünftiges eingefallen. Und die Einfallslosigkeit Ihrer gesamten Energiepolitik hat sich dann in den nächsten zwei Jahren permanent fortgesetzt.

(Beifall bei der SPD)

Ein weiteres wichtiges Datum, das man sich anschauen muss: Am Donnerstag, dem 12. November 1998, gab die Staatsregierung im Ausschuss für Wirtschaft, Verkehr und Technologie einen Bericht über die Standortentscheidungen der Bayernwerk AG. Bereits damals wiesen wir von der SPD darauf hin, dass man die 25,5-prozentige Beteiligung entsprechend nutzen müsse, um Einfluss auf die Konzernentscheidungen zu nehmen. Dies ist nicht geschehen.