Protocol of the Session on July 13, 2000

Zur Green Card und zur Blue Card: Ich habe am Dienstag bereits ausgeführt, ohne den Anstoß durch die Diskussion über die Green Card wären Sie nie auf die Blue Card gekommen. Das, was Sie vorgelegt haben, ist im Grunde ein Plagiat.

Zum Antrag möchte ich ausführen, wir hatten bezüglich des Zeitpunkts und der Form des Antrags Bedenken, und zwar deshalb, weil wir zu diesem Zeitpunkt die Diskussion über die Green Card geführt haben und es für die Beseitigung des Flaschenhalses zur Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze nötig war, die Green Card schnell einzuführen. Die Bundesregierung hat gezeigt, sie kann schnell handeln. Die Rede ist von der Messe in Hannover; drei Monate später gab es eine Regelung. Das ist eine Leistung, die man anerkennen muss und die für den Wirtschaftsstandort Deutschland richtig und wichtig war.

Eine andere Sache ist die Verbindung der Diskussion über die Green Card zum damaligen Zeitpunkt mit der Diskussion über die Einwanderung. Wir waren der Meinung, dass die Diskussion über ein Einwanderungsgesetz notwendig ist, dass sie aber mit großer Sorgfalt geführt werden muss. Deshalb hat die Bundesregierung die Einsetzung einer Kommission vorgeschlagen und die hoch geschätzte Frau Süßmuth gebeten, die Leitung zu übernehmen. Sie hat zugesagt. Was ist die Konsequenz? – Sie wird von der CDU/CSU und deren Scharfmachern – ich sage es einmal mit einem Ausdruck kirchlicher Kategorie – so gut wie exkommuniziert und steht knapp davor, ausgeschlossen zu werden. Wir brauchen eine gründliche Diskussion, und deshalb sind wir der Meinung, die Verknüpfung wäre zu dem damaligen Zeitpunkt nicht gerechtfertigt gewesen.

Bezüglich der Form ist zu sagen, wir haben in den vergangenen Wochen und Monaten mehrere Anhörungen durchgeführt und waren in diesem Fall in einem gewissen Umfang recht skeptisch, inwieweit eine solche Anhörung zielführend sein kann. Es gibt natürlich Kritik daran, wie die Staatsregierung das Problem der ausländischen Mitbürger – seien es Asylbewerber oder sonstige Ausländer – handhabt. Der Petitionsausschuss kann viele Beispiele nennen und ein Lied davon singen, wie unwahrscheinlich stur der Freistaat Bayern und Staatsminister Dr. Beckstein Petitionen auch unter dem Gesichtspunkt der notwendigen Besetzung von Arbeitsplätzen behandeln.

Das Einwanderungsgesetz fällt in die Zuständigkeit des Bundes. Eine sorgfältige Behandlung seitens des Bundes ist erforderlich. Dort, wo wir Gestaltungsmöglichkeiten und Chancen haben, praktisch etwas durchzusetzen, können wir etwas verändern. Deshalb bin ich der Meinung, dass es notwendig ist, über die Themen sorgfältig zu diskutieren, dass es aber wichtig ist, die Fragen im Bund zu klären.

Eine bayerische Einwanderungspolitik à la CSU und Beckstein wäre meiner Meinung nach, den Bock zum Gärtner zu machen.

Zu sagen: „Für jeden IT-Spezialisten mehr, einen Asylbewerber weniger“, ist der falsche gedankliche Ansatz. Denn mit dieser typisch bayerischen CSU-Haltung kommen wir derzeit nicht weiter. Lasst uns die Dinge in Berlin richtig gestalten. Bei der Abstimmung über den Antrag werden wir uns der Stimme enthalten.

(Beifall bei der SPD)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Dr. Runge das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich nehme Bezug auf die Ausführungen des Kollegen Scholz und wende mich an die Vertreterinnen und Vertreter der SPD. Wir haben eine Reihe von Fragen aufgeworfen, die man selbstverständlich – das gilt auch für Sie, Herr Söder – so oder so beantworten kann. Wir wollen die Diskussion auf eine breitere Basis stellen und erweitert wissen. Uns interessiert nicht nur IT, sondern auch eine Vielzahl anderer Branchen. Dann haben wir ganz konkret gefragt, wie es beispielsweise um die Regelungen bestellt ist, die bislang da sind, welche Möglichkeiten sie hergeben. Damit sind wir bei der Blue Card angelangt, und das zeigt, wie wichtig das Thema für Bayern ist; es ist nicht nur ein Bundesthema. Diese Blue-Card-Regelung wird von Ihnen als unbürokratisch gepriesen. Sie besteht im Wesentlichen aus der Dienstanweisung an die Ausländerbehörden und daneben in einer quasi Generalzustimmung, was das Visum betrifft, so eine Arbeitserlaubnis da ist. Genau an der Arbeitserlaubnis knackt es aber, das heißt, dass die Regelung dann doch nicht greift. Deshalb sagen wir: Lasst uns doch all das, was da ist, genau anschauen!

Herr Kollege Söder, ich war zwar nicht bei der Diskussion im Ausschuss dabei, nachdem ich Sie heute erlebt habe, kann ich aber nur den Vorwurf des Kollegen Scholz wiederholen: Sie haben sich mit unserem Antrag überhaupt nicht befasst. Ich vermute, Sie haben ihn sich außer der Überschrift, auf die Sie gerade eingegangen sind, gar nicht angesehen. Wenn Sie den Titel „Stärkung des Forschungs- und Wirtschaftsstandorts Bayern“ kritisieren, sage ich Ihnen, dass wir diesen Titel ganz bewusst gewählt haben, weil wir der Meinung sind, dass Sie zurzeit den Standort Bayern schwächen: mit Ihrer unliberalen Ausländerpolitik, mit Ihrer Politk, die darauf schaut, dass man rechte Stimmen bedient, mit Ihrer Poilitk, die ganz klar signalisiert, dass man die ausländi

schen Menschen nur ausnutzen, aber keine Integration will.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Der federführende Ausschuss für Wirtschaft, Verkehr und Technologie empfiehlt auf Drucksache 14/3940 die Ablehnung des Antrags. Wer dagegen zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und zwei Stimmen aus den Reihen der SPD. Gegenstimmen? – Das ist die CSU-Fraktion. Stimmenthaltungen? – Die übrigen Stimmen der SPD. Der Antrag ist damit abgelehnt.

Ich rufe auf:

Tagesordnungspunkt 22

Antrag der Abgeordneten Meyer, Guckert, Reisinger und anderer und Fraktion (CSU)

Beteiligung der Träger öffentlicher Belange (Druck- sache 14/3195)

Ich eröffne die Aussprache. Die Redezeit pro Fraktion beträgt 15 Minuten. Als erstem Redner erteile ich Herrn Abgeordneten Rotter das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Abbau von Bürokratie, Straffung und Beschleunigung der Verfahrensabläufe sowie Vereinfachung des Verwaltungshandelns sind übereinstimmende Forderungen aller politischen Parteien und auch der Fraktionen im Hohen Haus. Wir haben gestern unter anderem vom haushaltspolitischen Sprecher der SPD solche Forderungen gehört. Wenn es aber um die konkrete Umsetzung in die Praxis geht, melden sich häufig Bedenkenträger zu Wort und fragen: „Ja, geht denn das, dass wir zwingende Vorschriften und Richtlinien zu Empfehlungen machen, gehen denn auch die unteren Ebenen verantwortlich damit um?“ Die konkrete Umsetzung ist häufig schwierig.

Der vorliegende Antrag, der von unserer „Arbeitsgruppe Verwaltungsreform“ stammt, und sich mit der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange beim Bauleitverfahren befasst, meint es ernst mit Bürokratieabbau. Die Staatsregierung soll bei der Aufstellung von Bauleitplänen Vollzugsvorschriften zum Baugesetzbuch und der Bayerischen Bauordnung kritisch hinterfragen; es soll die Liste der zu beteiligenden Träger öffentlicher Belange nicht erweitert werden; es sollen Überschneidungen der Stellungnahmen der einzelnen nachgeordneten Behörden und Stellen vermieden werden – sie sollen sich auf ihren Zuständigkeitsbereich beschränken –; und es soll des weiteren Seitens der Staatsregierung gegenüber den Gemeinden klar gestellt werden, dass die sehr umfangreiche Liste keine in jedem Fall zwingend zu berücksichtigende Vorgabe darstellt, sondern dass die Gemeinden auf der Grundlage ihres in der Verfassung verbürgten Rechts auf Planungshoheit eine sachgerechte, eigen

verantwortliche Auswahlentscheidung unter Berücksichtigung der in der Liste aufgeführten Träger öffentlicher Belange zu treffen haben.

Ich darf auf die Liste ganz kurz eingehen. Im Bauleitplanverfahren gibt es regelmäßig zu beteiligende Behörden und Stellen wie die Kreisverwaltungsbehörde, die als untere Bauaufsichtsbehörde, als untere Emissionsschutzbehörde und als untere Naturschutzbehörde, gefragt ist, die höhere Landesplanungsbehörde, das Wasserwirtschaftsamt, das Vermessungsamt, das Landesamt für Denkmalpflege, den regionalen Planungsverband und das Straßenbauamt. Dann gibt es noch eine weitere, wesentlich umfangreichere Liste, die je nach Lage des Einzelfalls abgefragt werden soll, zum Beispiel bei der Aufstellung eines Flächennutzungsplans oder entsprechend der Größe des Planungsgebiets eines Bebauungsplans. Beteiligt werden sollen hier die Autobahndirektion, das Gesundheitsamt, das Forstamt, das Amt für Landwirtschaft bis hinunter zu Kreishandwerkskammern, IHK, Kreisjungendring, Bayerischem Bauernverband und Kreisheimatpfleger.

Diese umfangreiche Liste reicht nach unserer Überzeugung wirklich aus, zumal sie ausdrücklich als nicht abschließend bezeichnet wird. Das heißt, der Planungsträger kann weitere Träger öffentlicher Belange anfragen, sofern er es im konkreten Bebauungsplanverfahren für sinnvoll hält. Bringen wir unseren Kommunen das Vertrauen entgegen, dass sie bei der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange eine sachgerechte Auswahlentscheidung treffen. Nur so kann Bürokratieabbau bei der Bauleitplanung in der Praxis tatsächlich gelingen. Stimmen Sie unserem Antrag zu.

(Beifall bei der CSU)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Abgeordneten Nentwig das Wort.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Bürokratieabbau klingt gut, Herr Rotter, obwohl die Überschrift des Antrags „Beteiligung der Träger öffentlicher Belange“ auf ein knochentrockenes Thema schließen lässt. Nein, das ist es weiß Gott nicht. Ich halte den Antrag für höchst gefährlich, tendenziell sogar für ungeheuerlich. Er muss im Parlament intensiv diskutiert werden. Denn wir sind doch fast alle auch Kommunalpolitiker.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Mit der Formulierung „flexibler und straffer Ablauf“ – wobei bei Ihnen die Betonung auf dem Wort „straff“ liegen dürfte – verraten Sie sich.

Im ersten Spiegelstrich des vorliegenden Antrags geht es darum, den Vollzug des Baugesetzbuchs und der Bayerischen Bauordnung kritisch zu hinterfragen, „jedenfalls aber die Liste der regelmäßig und im Einzelfall zu beteiligenden Behörden nicht zu erweitern“. Was da verlangt wird, widerspricht der gesetzlich geschaffenen Möglichkeit, besagte Liste zu erweitern, wenn – das

ist ohnehin nur sehr eingeschränkt möglich – ein enger sachlicher Zusammenhang gegeben ist. Meine Damen und Herren von der CSU, Sie wollen eine Art Maulkorb für die Interessenvertreter, eine Art Maulkorb für die Behörden.

Ich sage Ihnen: Die Kommunen handeln auf dem in Rede stehenden Gebiet letztlich in Eigenverantwortung. In unserer Bayerischen Verfassung wird gerade die kommunale Eigenverantwortung besonders betont. Was im ersten Spiegelstrich Ihres Antrags verlangt wird, läuft auf eine starke Beschneidung der Freiheit der Kommunen hinaus. Diese Antragspassage ist ohnehin völlig überflüssig.

Im zweiten Spiegelstrich geht es darum, dass alle, die sich im Rahmen der Aufstellung von Bauleitplänen und von Baugenehmigungsverfahren äußern, „auf das unbedingt Notwendige beschränken“. Auch diese Forderung ist völlig überflüssig. Schließlich haben wir in den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen festgeschrieben, dass sich diejenigen, die sich zu Wort melden, auf das Notwendigste beschränken sowie auf die Vorgänge, bei denen sie das Recht auf Abgabe einer fachlichen Stellungnahme haben.

(Rotter (CSU): Die Praxis sieht aber ganz anders aus!)

Knüppeldick kommt es jedoch beim dritten Spiegelstrich des vorliegenden Antrags. Diesen Abschnitt habe ich eingangs gemeint, als ich von der höchst gefährlichen Tendenz der zur Diskussion stehenden Initiative sprach. Hier fordern die Antragsteller, „gegenüber den Gemeinden in geeigneter Weise klarzustellen, dass die Liste der Träger öffentlicher Belange keine in jedem Fall zur Berücksichtigung zwingende Vorgabe darstellt, sondern die Gemeinden auf der Grundlage ihrer verfassungsrechtlich verbürgten Planungshoheit jeweils eine eigenverantwortliche Auswahlentscheidung unter Berücksichtigung der in der Liste aufgeführten Träger öffentlicher Belange zu treffen haben.“ Das bedeutet, dass die Liste keinesfalls erweitert wird. Derlei ist letztlich ein Freibrief, etwa für so manche Kommune, unliebsame Behörden, die etwas monieren, oder Initiativen, die sich im Sinne der Bürger für etwas engagieren, von der Anhörung auszuschließen. Das ist ungeheuerlich.

(Zustimmung bei Abgeordneten der SPD)

In der Liste sind Träger öffentlicher Belange aufgeführt, die für eine Anhörung in Betracht kommen. Sie kommen aber nur in Betracht. Der Gemeinde ist freigestellt, wen sie anhört. Die Liste reicht von der Autobahndirektion über das Gesundheitsamt, das Forstamt, den Landkreis selbst, die Kirchen, die Bahn, die Postdirektionen, die Industrie- und Handelskammern bis zum Kreisjugendring. Von den Kreisjugendringen haben wir Briefe erhalten. Die Stadt- und die Kreisjugendringe sind nämlich im Bayerischen Jugendring zusammengefasst. Dieser wehrt sich vehement gegen die jetzt vorgesehene Ausgrenzung. Wir betrachten beispielsweise die Kreis- und die Stadtjugendringe, wenn es um die Bauleitplanung geht, als Fürsprecher für Kinderspielplätze und spezielle Einrichtungen für Kinder und Jugendliche. Solche Insti

tutionen künftig auszuschließen, halte ich für höchst gefährlich, zumal ich meine, dass es auf kommunaler Ebene gar nicht schadet, möglichst viel Demokratie zu praktizieren, auch wenn das manchmal unbequem sein mag.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Es mag sein, das dies manchmal unbequem ist. Doch muss ich mich damit auseinandersetzen können und wollen. Als Kommunalpolitiker muss ich mich doch auch mit Unbequemem befassen und darüber diskutieren. Meine Damen und Herren von der CSU-Fraktion, ich halte Ihre Ansätze, bestimmte Verfahren zu straffen, für höchst gefährlich. Meiner Einschätzung nach verraten Sie damit gewisse andere Absichten. Der vorliegende Antrag stellt nichts anderes als einen Anschlag auf erreichte Bürgerrechte dar, vor allem auf die flexible Handhabung des Baurechts.

Mitwirkung von möglichst vielen ist doch etwas Gutes. Die geltenden Regelungen geben feste Termine vor. Wenn diese von den angeschriebenen Behörden nicht eingehalten werden, so die geltende Vorgabe, geht man automatisch davon aus, dass diese zu dem jeweiligen Thema nichts zu sagen haben. Das ist doch bereits klar und deutlich festgelegt. Es kann doch nicht davon die Rede sein, dass sich durch die Beteiligung vieler Stellen etwas verzögerte. Vielmehr ist klar festgelegt: Wenn sich die Angeschriebenen nicht innerhalb einer gesetzten Frist melden, bedeutet dies, dass sie nichts zu dem betreffenden Vorgang zu sagen haben. Außerdem haben wir festgelegt, dass die Auslegung der jeweiligen Unterlagen und das Anschreiben der Träger öffentlicher Belange gleichzeitig erfolgen kann. Insofern verliert man durch die Einbeziehung der Träger öffentlicher Belange keine Zeit.

Ich sehe überhaupt keinen Anlass dazu, Ihrem Antrag zuzustimmen, meine Damen und Herren von der CSUFraktion. Die SPD-Fraktion hält ihn für höchst gefährlich. Er ist zudem teilweise überflüssig, weil alles festgelegt ist. Ich bitte Sie recht herzlich darum, die im Zusammenhang mit Bauleitplanung und Baugenehmigungen praktizierte Demokratie nicht zu behindern. Ich hoffe und wünsche, dass sich zumindest die Kommunen nicht daran halten werden, was der vorliegenden Antrag vorgibt. Denn das wäre schädlich für unsere Demokratie.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Frau Zweite Präsidentin Riess: Das Wort hat nun Frau Kollegin Kellner.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! In dem vorliegenden Antrag geht es der CSU-Fraktion nicht um Bürokratie-, sondern um Demokratieabbau.

(Zustimmung beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Denn ginge es ihnen tatsächlich um Bürokratieabbau, würden sie eine andere Vorgehensweise vorschlagen, Kolleginnen und Kollegen von der CSU. Ich habe lange genug einem Bauausschuss und einem Stadtrat angehört. Daher weiß ich, wie dort gearbeitet wird. Dass es Verzögerungen gibt, die bei den Bauwilligen zu Verärgerung führen, ist unbestritten. Doch Grund für diese Verzögerungen ist nicht, dass zu viele Träger öffentlicher Belange beteiligt würden. Vielmehr sind sie darauf zurückzuführen, wie die eingegangenen Einwendungen behandelt werden.

Man könnte beispielsweise – Erfahrungen dazu gibt es zur Genüge –, wenn größere Bauvorhaben anstehen, alle Betroffenen zu einem Gespräch an einen Tisch holen und dann gemeinsam herausarbeiten, wo die Knackpunkte liegen. Dass es Probleme geben wird, ist schließlich meistens schon vorher bekannt. Durch ein solches Gespräch kommt man schneller zu einer Entscheidung, als wenn man Einwendungen im Umlaufverfahren per Aktenordner von einer Abteilung in die nächste schiebt. Denn wenn gerade jemand in Urlaub ist, kann es schon vier Wochen dauern, bevor ein Vorgang abgezeichnet und weitergegeben wird. Das derzeit übliche Verfahren ist unsinnig. Doch braucht man nicht den vorliegenden Antrag, um es zu ändern.

Meine Damen und Herren von der CSU, Sie wollen sich lediglich unliebsame Einwendungen vom Hals halten. Ich weiß, was geschehen wird. Wer ist denn ein Träger öffentlicher Belange, der Einwendungen erhebt? Das ist in erster Linie das Wasserwirtschaftsamt. Wenn es um die Ausweisung von Baugebieten geht, wird der von den Grundstücksbesitzern vor Ort erzeugte Druck immer stärker. Als Beispiel nenne ich nur Neustadt an der Donau. Frau Kollegin Werner-Muggendorfer kann bestätigen, was ich gerade schildere. Da werden plötzlich wieder Neubaugebiete in hochwassergefährdeten Arealen ausgewiesen. Das Wasserwirtschaftsamt wendet sich dagegen. Der Stadtrat, meistens die Stadtratsmehrheit, windet sich, weil man die Grundstücksbesitzer nicht enttäuschen will. Meine Damen und Herren von der CSU, wenn es nach Ihnen ginge, könnte man in Zukunft sagen: Das Wasserwirtschaftsamt mault sowieso. Also laden wir es gar nicht mehr dazu ein, sich an dem Verfahren zu beteiligen.

Kolleginnen und Kollegen, so geht es nicht. Wir müssen die Träger öffentlicher Belange, die wirklich sachkundige Einwendungen erheben, noch wesentlich ernster nehmen als bisher. Ich habe es doch erlebt: Wenn der Stadtratsmehrheit etwas nicht genehm ist, wird es niedergestimmt. Dann heißt es: Wir entscheiden, wir machen was wir wollen. – Wenn das nächste Hochwasser kommt und die Menschen, deren Häuser sich im Hochwassergebiet befinden, den Schaden haben, kann man wieder beschließen, Zuschüsse zu verteilen, um die Hochwasserfolgen zu mildern. – So sieht die Praxis aus. Aber so kann man nicht vorgehen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)