Ich meine deshalb, wenn Herr Eichel sagt, sein Konzept sei europatauglicher: sein Konzept ist in Wahrheit weni
Es geht uns nicht allein um den Spitzensteuersatz. Auch das will ich hier erklären. Wir haben 35% vorgeschlagen. Uns geht es vielmehr um die Neigung der Einkommensteuerkurve. Wenn ich aber von der Einkommensteuerkurve und ihrer Neigung spreche, dann spreche ich von der steuerlichen Belastung für jede zusätzlich verdiente Mark. Mein Sohn hat gerade seinen Abschluss als Betriebswirt in Regensburg gemacht; ich bin sehr glücklich darüber. Er und seine Kolleginnen und Kollegen sind derzeit auf Stellensuche oder haben bereits einen Vertrag. Diese jungen Frauen und Männer verdienen heute in der Regel als Berufsanfänger 65000 bis 75000 DM. Im Alter von 31 Jahren, wenn sie dann etwa 98000 DM verdienen, unterliegen sie nach den Plänen von Herrn Eichel einem Steuersatz von bis zu 45%. Damit wird bei einem jungen, leistungsfähigen Menschen jede zusätzliche Mark mit mehr als 50 oder gar 60% belastet. Das ist leistungsfeindlich, und genau das müssen wir verhindern.
Das verändern wir aber nur, wenn es uns gelingt, die Einkommensteuerkurve abzuflachen. Das gelingt aber nur mit einem niedrigeren Spitzensteuersatz und wenn dieser Spitzensteuersatz erst später einsetzt, etwa bei 110000 DM, so wie wir das vorgeschlagen haben. Das wäre eine Steuerpolitik, die erstens alle entlastet und nicht nur große Körperschaften und die zweitens die Leistungsträger entlastet, die mehr verdienen und aufsteigen wollen und deshalb mehr in die Gesellschaft einbringen.
Meine Damen und Herren, der Umstand, dass wir ein eigenes Konzept eingebracht haben dokumentiert doch, dass diese Opposition in Berlin nicht blockieren will, sondern einen konstruktiven Beitrag für ein besseres Steuersystem und für deutlichere Entlastungen in diesem Lande leisten will. Wir ringen darum, dass die Bundesregierung endlich versteht, dass wir ein konstruktives Gespräch suchen. Wenn die Bundesregierung aber weiterhin nicht bereit ist, in ein konstruktives Gespräch mit uns einzutreten, dann ist sie dafür verantwortlich, wenn es im Vermittlungsausschuss nicht vorangeht.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin verblüfft, dass die Rednerliste so kurz ist. Herr Minister Faltlhauser hat gerade angemahnt, die Diskussion zu versachlichen. Daran halte ich mich sehr gerne.
Wir haben bereits bei der letzten Plenarsitzung eine ähnliche Diskussion geführt, anlässlich der Aktuellen Stunde und mehrerer Dringlichkeitsanträge zur Steuerreform. In der Diskussion haben wir durchaus auch Kritik an einzelnen Punkten der Steuerreform geübt, wie am Optionsmodell, am zu frühen Spitzensteuersatz und an der Ungleichbehandlung bei den Veräußerungserlösen. Während die linke Seite hier damals unserem Antrag zugestimmt hat – Frau Kollegin Kellner hat bereits darauf hingewiesen –, haben Sie diesen Antrag abgelehnt. Dabei enthielt er im Wesentlichen die Punkte, die Sie, Herr Minister Faltlhauser, jetzt als Ihre Forderungen vorgetragen haben. Herr Minister Faltlhauser, Sie haben das Beispiel Ihres Sohnes genannt. Im Übrigen kann ich Sie hier etwas beruhigen: Die Gehälter der Studienabgänger im Fach Betriebswirtschaft sind in der Regel höher als die, die Sie genannt haben. Wenn Sie der Meinung sind, dass in diesem Fall der Spitzensteuersatz zu früh ansetzt, warum haben Sie dann unserem Antrag nicht zugestimmt? Keiner hier leugnet, dass es Kritikpunkte gibt. Wichtig ist doch, dass jetzt wirklich etwas geschieht. Wir sollten auch noch einmal festhalten, dass die Hauptgewinner dieser Steuerreform in erster Linie die Familien und die kleinen und mittleren Unternehmen sind.
Ich möchte, was die Personengesellschaften anbelangt, auf die Zwischenrufe von Herrn Kollegen Vocke und auf den Beitrag von Herrn Kollegen Sackmann eingehen. Was Sie zu diesem Thema hier vorgetragen haben, das entstammt Schriftstücken Ihrer Partei, die Sie im Bierzelt vortragen können oder am Biertisch, aber nicht in einer fachlichen oder politischen Diskussion. Sie behaupten immer, diese Steuerreform wäre nur etwas für die Kapitalgesellschaften und die großen Unternehmen, aber nichts für die kleinen Unternehmen. Das ist einfach nicht richtig. Sie verwechseln dabei den Spitzensteuersatz mit der durchschnittlichen Steuerbelastung. Sie behaupten überall, große Unternehmen müssten künftig nur noch 25% Steuer zahlen, während die Kleinen künftig bis zu 47% bezahlen müssten. Das ist aber völlig falsch.
Große Personengesellschaften profitieren vor allem – darauf ist Frau Kollegin Kellner eingegangen – von der pauschalierten Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuerschuld. Die Kleinen, die geringverdienenden Personengesellschaften profitieren vom niedrigeren Eingangssteuersatz und der Erhöhung des Grundfreibetrages. Bei den meisten Personengesellschaften liegt der Steuersatz doch nicht annähernd bei 38%, mit denen künftig die Kapitalgesellschaften belastet werden. Dieser Prozentsatz setzt sich aus 25% Körperschaftsteuer, dem Solidarbeitrag und der Gewerbesteuer zusammen. Ich greife ein Beispiel heraus: Von den Mitgliedern des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks – dabei handelt es sich um die größeren Handwerksbetriebe – zahlen 70% keine Gewerbesteuer. Das bedeutet, der Gewinn dieser Unternehmen liegt unter 48000 DM. Sie können sich also vorstellen, mit welcher durchschnittlichen Einkommensteuerbelastung diese Firmen rechnen müssen. Der Steuersatz liegt dann vielleicht bei 15 oder 20%, und trotzdem behaup
Was den Systemwechsel anbelangt mit dem Anrechnungsverfahren einerseits und dem Halbeinkünfteverfahren andererseits, so bin ich persönlich davon überzeugt, Herr Faltlhauser, dass es zielführender wäre, beim Anrechnungsverfahren zu bleiben. Da streite ich mich auch gerne mit meiner Kollegin Kellner.
Ich bin beispielsweise dafür, Kapitalerträge aus dem Ausland halbeinkünftig zu besteuern. Das wäre schließlich auch eine Möglichkeit. Wenn Sie, Herr Minister Faltlhauser aber sagen, die Crème de la crème der Wissenschaftler stehe auf Ihrer Seite, dann ist das so nicht richtig. Sie wissen sehr wohl, dass auch namhafte Steuerrechtsexperten genau anders herum argumentieren. Wenn Sie sich gerade an diesem einen Punkt festklammern, dann zeigt das doch sehr deutlich, wessen Geistes Kind Sie sind. Sie suchen krampfhaft nach Gründen, diese Steuerreform abzulehnen. Dabei manövrieren Sie sich zunehmend in eine Sackgasse. Es fällt Ihnen immer schwerer, Ihr Gesicht zu wahren.
Wir können es uns im Grunde auch relativ leicht machen. Gerade bei Ihrem Versuch des Auseinanderdividierens von kleinen und mittleren Unternehmen und großen Gesellschaften argumentieren wir jetzt einfach so: Die CSU will die steuerliche Entlastung von Kapitalgesellschaften verhindern. Das ist ein Schlag gegen die internationale Wettbewerbsfähigkeit; es ist ein Schlag gegen den Standort Deutschland. Das sollten Sie eigentlich nicht tun. Unterstützen Sie unseren Antrag, der wirklich sehr, sehr moderat formuliert ist. In ihm heißt es ja nur, dass wir eine zügige Steuerreform brauchen, die wirklich für alle eine Entlastung bringt. Damit nutzen wir dem Standort, damit nutzen wir der Wirtschaft und damit nutzen wir letztlich den Menschen in Deutschland.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Nachdem ursprünglich ausgemacht war, dass es keine zweite Runde geben soll, frage ich, ob es weitere Wortmeldungen gibt. – Das ist nicht der Fall. Damit ist die Aussprache geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung. Dazu werden die Anträge wieder getrennt. Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 14/3853 – das ist der Antrag der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und die Fraktion der SPD. Kollege Hartenstein ist nicht anwesend. Gegenstimmen? – Das ist die Fraktion der CSU. Stimmenthaltungen? – Ich sehe keine. Damit ist dieser Dringlichkeitsantrag abgelehnt.
Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 14/3858 – das ist der Antrag der SPD-Fraktion – seine Zustimmung
geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind ebenfalls die Fraktion der SPD und die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Kollege Hartenstein ist nicht anwesend. Gegenstimmen? – Das ist die Fraktion der CSU. Stimmenthaltungen? – Ebenfalls keine. Damit ist dieser Dringlichkeitsantrag ebenfalls abgelehnt.
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Paulig, Elisabeth Köhler, Christine Stahl und Fraktion (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)
Für eine Neuorientierung in der Migrations- und Integrationspolitik – für ein weltoffenes Bayern (Druck- sache 14/3867)
: Frau Präsidentin, meine Kolleginnen und Kollegen! Das Thema Zuwanderung, Einwanderung, Asyl ist ein Dauerthema, aber es ist kein Dauerbrenner. Ein Dauerbrenner wäre es, wenn es immer hochschwappte, aber die Thematik wird in Wellen behandelt.
Ein Beispiel: Asylsuchende gibt es seit Jahrzehnten. Im Jahr 1980, als die Zahl der Asylbewerber in einem Jahr auf über 100000 anstieg, gab es eine Riesendebatte. Das Ergebnis war, dass die damalige Regierung Schmidt gemeint hat, das Problem dadurch in den Griff bekommen zu können, dass man ein zweijähriges Arbeitsverbot verhängt. Daraufhin gingen die Asylbewerberzahlen drastisch zurück. Im übernächsten Jahr waren es weniger als 20000. Aber dann hat sich unter den Asylbewerbern herumgesprochen, dass man auch mit zwei Jahren Arbeitsverbot gut leben kann, und die Zahlen stiegen an. Mitte der Achtzigerjahre, inzwischen unter der Regierung Kohl, hatten wir wieder über 100000. Daraufhin wurde ein fünfjähriges Arbeitsverbot verhängt. Auch dies hat nichts genützt.
Ein anderes Beispiel: die Novellierung des Staatsangehörigkeitsrechts. Im Zusammenhang damit ist plötzlich die Debatte aufgekommen. Das Thema ist praktisch eskaliert, als von uns die Unterschriftenaktion gestartet wurde. Einige Zeit später war wieder Ruhe.
Das jüngste Beispiel: Green Card. Ja, liebe Kolleginnen und Kollegen, was ist denn da passiert? Der Herr Bundeskanzler Schröder war auf der CeBit und irgendjemand hat ihm gesagt: Wir haben nicht mehr genügend Arbeitskräfte. Herr Schröder ist sofort vor die Presse gegangen und hat gesagt: Dann müssen jetzt solche Spezialisten hereinkommen.
Also, auch der Bundeskanzler ist keine politische Eintagsfliege, sondern er muss auf längere Sicht denken.
Was die Green Card angeht, so ist es doch nicht so, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass es jetzt plötzlich an diesen Arbeitskräften mangelt. Ich zitiere aus dem Landtagsdienst vom 7. Juli 1988, also vor zwölf Jahren. Damals haben sich einige Mitglieder des Bayerischen Senats beklagt – ich zitiere –, dass die vorhandenen Arbeitsplätze vielfach wegen des Mangels an gut ausgebildeten Fachkräften nicht besetzt werden könnten und dass mancher Betrieb überhaupt nicht mehr bestehen könnte, wenn er nicht auf Gastarbeiter zurückgreifen könnte.
Diese Thematik hatten wir also schon damals. Der damalige Kanzleramtsminister Schäuble hat 1991 gesagt – ich zitiere –:
„Wir werden langfristig nicht umhin können, die Schrumpfung der deutschen Bevölkerung zumindest teilweise durch einen verstärkten Zuzug von Ausländern auszugleichen.“
Meine Damen und Herren, das war vor zehn Jahren. Das heißt also, wir hätten diese Problematik eigentlich lösen müssen, aber es fehlte und fehlt bis heute ein schlüssiges, praktikables und im Deutschen Bundestag mehrheitsfähiges Konzept, das dann auch von den Ländern, sprich im Bundesrat, angenommen wird.
So ein Konzept kann nur geschaffen werden, wenn rational, emotionslos und im Ergebnis letztlich auch parteiübergreifend vorgegangen wird und auch der Wille zu einem Gesamtkonzept da ist.
Meine Damen und Herren, das fehlt offensichtlich bei der Bundesregierung, und deshalb wollen wir mit unserem Antrag die Staatsregierung in ihrem Bemühen unterstützen, so ein Gesamtkonzept beim Bund einzufordern und dann auch zu erreichen. Eben weil wir die Sorge haben, dass das nicht gemacht wird, haben wir diesen Antrag heute eingebracht.
Allerdings muss das Thema Gesamtkonzept auch die Frage der Asylbewerber einbeziehen. Dazu hat der Bundespräsident dieser Tage gesagt, dass man das nicht machen könne. Einwanderung, so sagte er, sei eigennützig, Asyl sei uneigennützig und deshalb sei zwischen bei dem eine Art Brandmauer.
Meine Damen und Herren, der Herr Bundespräsident hat aus meiner Sicht dann Recht, wenn er die Asylbewerber meint, die richtige Asylbewerber sind, also politisch Verfolgte. Dann können wir das natürlich nicht aufrechnen.
Wenn es aber so ist, wie ich meine, dass nämlich die meisten Asylbewerber genau das gleiche Ziel verfolgen wie ein anderer, der über die Green Card zu uns kommen will, nämlich bei uns Beschäftigung zu erhalten und entsprechend verdienen zu können, müssen wir diese Leute natürlich auch mit in dieses Gesamtkonzept hineinnehmen.
Wenn wir ein Gesamtkonzept zum Thema Zuwanderung wollen – das kommt in unserem Dringlichkeitsantrag zwar nicht zum Ausdruck, aber das möchte ich einbezie
hen –, müssen wir auch die Probleme der Spätaussiedler sehen und in das Gesamtkonzept hineinbringen.
Um gleich zwei Sätze zum Antrag der GRÜNEN einzubinden: Meine Damen und Herren, wir wollen kein Gesetz, das den Titel „Einwanderungsgesetz“ trägt. Denn wir brauchen schließlich nicht nur die Zustimmung, die Akzeptanz in den Parlamenten, wir brauchen auch eine gewisse Akzeptanz bei der Bevölkerung. Der Begriff „Einwanderungsgesetz“ würde ganz zweifelsfrei signalisieren, dass wir über diejenigen hinaus, die ohnehin zu uns zuwandern, weitere Zuwanderer bekommen wollen.
Deshalb sind wir zu der Überlegung gekommen, ein Zuwanderungsbegrenzungsgesetz oder überhaupt ein Zuwanderungsgesetz zu erlassen, wobei wir da selbstverständlich auch analysieren müssten, warum wir in den letzten beiden Jahren zu einem Negativsaldo gekommen sind. Es sind mehr weggezogen als zugezogen sind.
Dazu habe ich in der letzten Debatte schon Folgendes gesagt: Ein positives Saldo haben wir noch bei den Türken. Wenn wir in Bayern im letzten Jahr ein Plus von 3000 hatten, dann sagt diese Zahl noch gar nichts, sondern diese Zahl wird erst dann bedeutungsvoll, wenn wir wissen, dass 42000 weggezogen und 45000 zugezogen sind. Die 42000, die weggezogen sind, sind kein Problem mehr. Ein Problem ist es aber, die 45000 einzugliedern und zu integrieren.