Protocol of the Session on April 14, 2000

Diese Tatsachen haben wir bei der Fortschreibung des Landesentwicklungsprogramms berücksichtigt. Mit dem Zusatz „über Dorfen“ werden die strukturelle Bedeutung und die Dringlichkeit der Linie gezielt angesprochen. Auch in den Reihen der Opposition wird dies zwischenzeitlich mehrheitlich offensichtlich so gesehen, wahrscheinlich bis auf ganz wenige Stimmen, die davon abweichen. Ich war selbst auf mehreren Hearings, auf denen auch die Vertreter der SPD für sich in Anspruch genommen haben, dass sich die SPD als Ganzes – Sie wurden als Ausnahme genannt – massiv für eine schnelle Verwirklichung der A 94 über Dorfen einsetzt.

(Frau Dr. Kronawitter (SPD): Nicht für diese Trasse!)

Als wir vor wenigen Wochen in der Staatskanzlei ein Hearing zum Thema „A 94“ durchgeführt haben, hat die Vertreterin der SPD hervorgehoben – daraus habe ich zitiert –, dass mit Ausnahme von Ihnen, Frau Kollegin Dr. Kronawitter, die SPD-Fraktion nahezu einhellig hinter dieser Trasse steht. In der Presse wurde über die Äußerung der Kollegin von der SPD berichtet. Ich habe keine andere Äußerung der SPD-Fraktion gehört. Es wäre interessant gewesen, wenn die SPD-Fraktion gesagt hätte, das, was die Vertreterin der SPD dort erklärt hat, würde nicht stimmen. Ich gehe davon aus, dass eine

Kollegin, die so etwas vor der IHK und den beteiligten Firmen aus der Region in der Öffentlichkeit sagt, sich dies gut überlegt hat.

Jedenfalls ist eindeutig, dass der Vertreter des Verkehrsministeriums, Herr Staatssekretär Ibrügger von der SPD, der die Verantwortung trägt – Bayern handelt hier nur im Rahmen der Auftragsverwaltung –, die Linienführung über Dorfen präferiert. Diejenigen, die dagegen sind, müssen sich gegen ihre eigene Regierung in Berlin stellen.

Wir haben die vorgesehene Linienführung in das Verfahren eingebracht. Es ist selbstverständlich, dass die Fragen im Zusammenhang mit der Linienführung im Planfeststellungsverfahren für die drei Abschnitte zwischen Forstinning und Heldenstein noch einmal eingehend behandelt werden. Die Regierung von Oberbayern wird als Planfeststellungsbehörde alle Gesichtspunkte sorgfältig prüfen und diese in die Abwägung zum Planfeststellungsbeschluss einbeziehen.

Frau Biedefeld, ich will noch ein Wort zu Ihren Äußerungen sagen, wir würden bei der Zuteilung von Mitteln gut wegkommen. Das kann ich schlicht nicht akzeptieren, weil das Gegenteil der Wahrheit entspricht. Wir haben aus dem Investitionsprogramm der Jahre 1999 bis 2002 für die Abwicklung laufender Maßnahmen 859 Millionen DM, für Verkehrsprojekte der deutschen Einheit 910 Millionen DM und für die Refinanzierung privat vorfinanzierter Projekte 204 Millionen DM bekommen. Für neue Vorhaben haben wir für vier Jahre 29,4 Millionen DM erhalten. Das heißt, es wird in Bayern in diesen vier Jahren mit keiner einzigen Maßnahme neu begonnen.

Ich habe an diesem Pult immer gesagt, dass wir im Bereich der Verkehrsprojekte der deutschen Einheit gut beteiligt sind, und zwar entsprechend der Notwendigkeit. Die Bundesregierung hat einen Grundsatzbeschluss gefasst, dass die Verkehrsprojekte der deutschen Einheit vorrangig weitergeführt werden sollen und dass Kürzungen nicht erfolgen. Es wäre noch schöner, wenn man dann ausgerechnet bei uns kürzen würde.

Für andere neue Projekte, die für die Verkehrsentwicklung dieses Landes ebenfalls von entscheidender Bedeutung sind – zum Beispiel A 3, A 6 und A 8 –, haben wir im Investitionsprogramm insgesamt 29,4 Millionen DM erhalten. Dazu sagen Sie, wir sind gut weggekommen. Es wäre Ihre Aufgabe als SPD, in Berlin dafür zu kämpfen, dass wir mehr Geld kriegen, und nicht auch noch eine skandalöse Benachteiligung zu verteidigen.

(Beifall bei der CSU)

Vollends unerträglich wird Ihr Verhalten, wenn es um das „Anti-Stau-Programm“ für die Jahre 2003 bis 2007 geht. Für diese Zeit erhalten wir vom Bund zirka 575 Millionen DM zugewiesen.

(Frau Biedefeld (SPD): Stimmt doch gar nicht!)

Wir erhalten für den Straßenbau ca. 575 Millionen DM. Die Benachteiligung Bayerns ist doch ganz offensichtlich. Soll ich meinen Brief von Herrn Klimmt vorlesen?

Diese 575 Millionen DM entsprechen einem bayerischen Anteil der Straßenbaumittel von 15,7%. Über Jahrzehnte hinweg hat Bayern nach einem Schlüssel 19,3% aus dem Fernstraßenhaushalt erhalten. Dieser Schlüssel basierte auf Kriterien, wie der Größe der Bevölkerung, der Länge des Straßennetzes und der Verkehrsbelastung. Dieser Schlüssel wird von der jetzigen Bundesregierung für Bayern von 19,3% auf 15,7% heruntergesetzt. Gleichzeitig wird der Schlüssel für NordrheinWestfalen von 26,2% auf 32,7% erhöht. Doch Sie sprechen davon, dass wir gut beteiligt werden. Wir werden vielmehr in skandalöser Weise benachteiligt!

(Zurufe von der SPD)

Diese Benachteiligung ist offensichtlich. Vor der Wahl in Nordrhein-Westfalen wird der nordrhein-westfälische Anteil auf nahezu ein Drittel der Gesamtmittel erhöht. Unser Anteil hingegen wird von 19 auf 15% heruntergesetzt. Dennoch kommt die bayerische SPD und sagt: Wir sind gut bedient. Ich appelliere an die Kollegen der SPD, sich in erster Linie als Vertreter des Freistaats und der bayerischen Bevölkerung zu verstehen

(Loscher-Frühwald (CSU): Das sollten sie!)

und nicht nur als Funktionäre der bayerischen SPD. Sie müssten sagen: Bei dieser Benachteiligung darf es nicht bleiben. Wir brauchen zumindest denselben Schlüssel, der in den vergangenen Jahrzehnten galt.

(Beifall bei der CSU)

Wir verlangen nicht, dass unser Schlüssel von 19,3% angehoben wird. Das wollten wir zwar gerne, doch man kann anführen, dass unterschiedliche Gesichtspunkte dagegen sprechen. Die Tatsache aber, dass wir eine Reduzierung um fast 5% erleiden müssen, und dass das von den Abgeordneten der bayerischen Opposition noch gelobt wird, das ist eine ganz schlimme Sache. Das werden wir in der nächsten Zeit auch in der Öffentlichkeit darstellen.

(Zurufe von der SPD)

Wenn der Kollege der SPD, Herr Kollege Dr. Jung – ich sehe ihn gerade nicht – in Nürnberg zum Beispiel vom Ausbau der A 3 redet, dann werde ich fragen, wie er sich verhalten hat. Wenn Kollege Hufe sich in Nordbayern zur A 6 äußert, dann werde ich ihn fragen, wie er sich dazu stellt.

(Zuruf der Frau Abgeordneten Biedefeld (SPD) – Weitere Zurufe von der SPD)

Draußen, vor Ort, werden wir Sie fragen und nicht hier im Parlament, wo man die Loyalität der Partei hochhalten kann. Warum stimmen Sie zu, wenn Bayern benachteiligt wird, nur damit man ein Nordrhein-Westfalen-Unterstützungs-Programm machen kann?

(Beifall des Abgeordneten Loscher-Frühwald (CSU))

Das kann nicht akzeptiert werden. Sie haben das in die Debatte eingeführt. Es ist unwahr, wenn man es in dieser Weise im Raum stehen lässt.

(Beifall bei der CSU – Frau Biedefeld (SPD): Sie sagen nicht die Wahrheit!)

Als nächster Rednerin erteile ich Frau Kollegin Paulig das Wort.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Hier sind ein paar Bemerkungen zu machen. Herr Minister Dr. Beckstein, Sie wissen ganz genau, dass wir bei der Bahn vor einem riesigen Scherbenhaufen stehen. Unter der alten Bundesregierung wurde über Jahre und Jahrzehnte in die Sanierung und Modernisierung der Bahn nichts investiert.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Das ist ein Scherbenhaufen und den gilt es jetzt aufzuarbeiten. Sie wissen auch, dass wir GRÜNEN uns dafür einsetzen, dass wir jährlich 5 Milliarden DM erhalten, um diesen Scherbenhaufen aufzufangen. Es geht um Modernisierung, Sanierung und den mittel- und langfristigen Erhalt der Nebenstrecken.

Sie wissen auch, dass Sie Ihre Forderungen leicht erheben können, weil Sie nicht in der Verantwortung stehen, diese Gelder über den Bundeshaushalt zu finanzieren. So ist es eine leichte Geschichte. Wir haben einen hoch verschuldeten Bundeshaushalt, und wir bemühen uns, diesen Haushalt zu konsolidieren. Da kann man nicht alle Wünsche, die die CSU hat, um den Freistaat zuzuplanieren, umsetzen. Der Punkt ist doch, dass Sie immer noch keine ökologischen Prioritäten setzen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nehmen wir doch einmal Ihr Jammern im Hinblick auf die ICE-Trasse durch den Thüringer Wald. Das ist eine Strecke, die immense Gelder verschlingt, die nur aus Brücken und Tunnelbauten besteht und eine hochwertige, wertvolle und schöne Landschaft zerstört. Wir werden uns bemühen müssen, andere Trassen auszubauen, Lücken zu schließen und die Fahrzeugtechnik zu modernisieren, um mit vernünftigen Fahrzeiten nach Berlin zu kommen. Das ist unsere Aufgabe!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir wissen doch, was die privat vorfinanzierte ICETrasse über Nürnberg und Ingolstadt kostet. Sie wird letzten Endes zwischen 9 und 15 Milliarden DM kosten. Es sind doch abenteuerliche Finanzierungskonzepte, die Sie hier mit der privaten Vorfinanzierung vorlegen. Das können wir uns im Hinblick auf die nachfolgenden Generationen auf Kosten der Jugend doch nicht mehr leisten! Wir werden den Haushalt an die Wand fahren, wenn wir diese Konzepte umsetzen. Jede Mark kann nur einmal und nicht fünf Mal ausgegeben werden, meine Damen

und Herren von der CSU. Das müssen Sie irgendwann begreifen.

Wo ich mich wirklich sehr wundere, ist, dass Ihr Wirtschaftsminister 520 Millionen DM in die Münchner S-Bahn stecken will. Wo sind diese Millionen denn geblieben? Ich fahre täglich zwei Mal S-Bahn, manchmal sogar vier Mal. Wenn ich pünktlich sein will, dann muss ich zwei S-Bahnen früher fahren. Jahraus, jahrein, jedes Jahr, vor allem im Winter, aber auch in den übrigen Jahreszeiten, haben wir ein Desaster bei der S-Bahn. Da helfen die Ankündigungen von Wirtschaftsminister Dr. Wiesheu überhaupt nicht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wo ist das Geld denn versickert? Wo sind die 520 Millionen DM, die im Gespräch waren? Ich kann davon nichts feststellen, weder was die Informationsfreudigkeit anbelangt noch was die Technologie betrifft.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Was die Hightech-Offensive der Bayerischen Staatsregierung anbelangt, wo geht das Geld denn hin? Es geht in Branchen, die sowieso schon boomen, anstatt das Geld endlich für Hightech bei den öffentlichen Verkehrsmitteln auszugeben oder Standorte wie Mittelfranken oder die Nürnberger Region auszubauen oder um Wettbewerbsvorteile in der Technologie bei Schiene, Bahn und Bus zu erhalten. Dort haben wir die Defizite, doch Sie investieren trotz unserer Mahnungen nichts. Das sind aber die Defizite, die es wirklich zu beheben gilt.

Das ewige Gejammer, dass Bayern kein Geld vom Bund bekommt, ich kann es bald nicht mehr hören. Sie wissen genau, dass Bayern durch die Sonderfinanzierung, die es jetzt gibt, von allen westlichen Bundesländern für den Ausbau von Fernstraßen am meisten erhält. Das müssen Sie doch endlich einmal zur Kenntnis nehmen, anstatt ständig zu jammern. Wenn Sie mit diesem Finanzangebot verantwortlich umgehen könnten, dann könnten Sie auch die Ausbaumaßnahmen umsetzen, die am dringendsten notwendig und die ökologisch verantwortbar sind. Davon wollen Sie aber nichts wissen. Sie wollen nicht denken.

Zur A 94. Selbstverständlich ist es notwendig, die Wirtschaftsräume im Osten Münchens anzubinden. Das ist ganz klar. Das bedeutet aber auch, dass wir schon seit Jahren in der Verantwortung sind, die B 12 angemessen auszubauen. Es wäre Ihre Aufgabe gewesen, den Ausbau zu beginnen und voranzutreiben. Die A 94, auch wenn sie jetzt im Landesentwicklungsplan verankert wird, wird die Misere nicht beheben. Zur Anbindung des Wirtschaftsraums brauchen wir den Ausbau der B 12 und gleichzeitig die Modernisierung und den Ausbau der Bahnstrecke.

Ein letzter Punkt und dabei wende ich mich an das gesamte Haus, insbesondere aber an den Kollegen Volker Hartenstein, der ein Kollege dieses Hauses ist, aber nicht mehr meiner Fraktion. Wir GRÜNEN stehen nach wie vor hinter einem verantwortlichen Forschungskonzept, was die Neutronenforschung anbelangt, lieber Kol

lege Volker Hartenstein, falls du anwesend bist. Wir lehnen selbstverständlich die Aufnahme des ForschungsReaktors-München II in der vorgegebenen Form in das Landesentwicklungsprogramm ab. Wir sind auch nicht dabei, besondere Flugverbindungen für den Import von Plutonium oder hochangereichertem Uran 235 aus Russland herauszusuchen. Das ist nicht unsere Intention. Wir sagen ganz klar: Wir wollen den Einsatz von hochangereichertem Uran in diesem Forschungsreaktor nicht, weil er allen internationalen verantwortlichen Friedensabkommen widerspricht, die sich dafür einsetzen, dass dieser waffenfähige Stoff nicht in Umlauf kommt. Wir wollen ihn nicht aus Russland und auch nicht aus anderen europäischen Quellen. Wir begrüßen es, dass die USA in Verantwortung sagen: Wir liefern diesen Stoff nicht mehr. Verantwortliche Forschungspolitik bedeutet doch, dass endlich die modernen Technologien umgesetzt werden. Es wurde in neuen Verfahren ein dichter Brennstoff entwickelt. Diesen dichten Brennstoff gilt es im neuen Forschungsreaktor zu nutzen, um zu guten Forschungsmöglichkeiten zu kommen. Das ist machbar; es entstehen keine Einbußen für die wissenschaftliche Forschung. Was Sie, meine Damen und Herren von der CSU, aber mit dem HEU-Einsatz machen, ist unverantwortlich.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte auch ein Wort an die SPD richten. Sie befinden sich in Nordrhein-Westfalen im Wahlkampf, aber Sie wissen genau, hier möchte ich vor allem Staatssekretär Catenhusen ansprechen, die Entsorgungsfrage für die hochradioaktiven Brennstäbe des Forschungsreaktors München II ist nicht gelöst.

Es liegt keine Genehmigung vor. Die Genehmigung für Ahaus ist im Gespräch. Irgendwohin muss dieses Zeug, wenn das Lager in Garching voll ist. Dann wird es Catenhusen treffen, dann wird es Nordrhein-Westfalen treffen, dann werden nämlich die Brennstäbe aus dem Forschungsreaktor Garching in Ahaus zwischengelagert werden. Da ist auch die SPD über die Bundesregierung, über Nordrhein-Westfalen in der Verantwortung, endlich Barrieren für den Einsatz des hochradioaktiven Urans zu errichten. Hier ist eine gemeinsame bundespolitische Verantwortung gegeben. Ich würde mir sehr dringend wünschen, dass dieser Verantwortung nachgekommen wird und auch ein Staatssekretär Catenhusen endlich die notwendigen Entscheidungen in der Bundesregierung veranlasst.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)